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Ausgabe:

1942

Spalte:

289-290

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Dietzfelbinger, Hermann

Titel/Untertitel:

Wegweisung für den Konfirmandenunterricht 1942

Rezensent:

Steinbeck, Johannes

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Seite 1

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289

Theologische Literaturzeitung 1942 Nr. 9/10

'2U0

widmet; der umfangreichste Teil aber rührt an die Frage nähme in den Verlag des Burckhardt-Hauses „jedem an-
nach dem Glauben an Gott. In allen diesen Abschnitten deren Pfarrer zeigen, wie ein kirchlicher Konfirmanden-
will M. den rätselvollen Kraftkern, um den Denken und Unterricht gestaltet sein sollte". Diese etwas naive Gleich-
Glauben kreisen, sichtbar werden lassen. Diese strahlen- setzung von Kirche und lutherischer Orthodoxie wird
de Kraftmitte ist der Glaube an Gott, ist die Lebens- hoffentlich vielen Pfarrern nicht einleuchten,
macht des Evangeliums, die in der Gestaltung des Le- Die katechetische Methode des Verfassers ist die,
bens und Forschens ihre Realität erweist; er ist das Um- daß er den Stoff des Unterrichts aus der heil. Schrift zu
greifende von Natur und Wissenschaft. Der gläubige erheben sucht. Das ist zweifellos ein Vorzug vor der anMensch
sieht die Natur, die ein harmonisches Ganze ist, deren Methode, ihn bloß aus dem kleinen Katechismus
eine Harmonie in Gegensätzen, als den Gedanken Gottes zu schöpfen. Denn man führt die Konfirmanden durch
an. Der biologische Standpunkt, den M. vertritt, ist ge- die biblische Methode besser und unmittelbarer an die
kennzeichnet durch Stichworte wie: Nutzmäßigkeit der Quellen der christlichen Lehre heran. Weshalb aber der
Organisation, Opferordnung des Lebens in der Natur, Verfasser gegen eine mehr systematische Ordnung der
Harmonie der Naturordnung, die im Spiel der Gegen- , einzelnen Stoffgebiete opponiert, ist nicht recht einzu-
sätze erscheint, Antagonismus des Lebens. Der II. Teil sehen. Bei seiner Ordnung der Kapitel geht es doch
ist vorwiegend dem unerforschlichen Geheimnis, das hin- recht durcheinander. Er ordnet 1) die Konfirmation,
ter den menschlichen Kulturschöpfungen steht, der Be- 2) die Bibel, 3) zum dritten Glaubensartikel, 4) zum er-
trachtung der verschiedenen Begabungsphänomenen (Be- sten Glaubensartikel, 5) die Zehn Gebote, 6) Jesus Chri-
gabung des Einzelnen und Kulturbegabung der Rassen stus, 7) die Heil. Taufe, 8) die Kirche, 9) das Gebet,
und Völker) und dem Sichtbarmachen der Gesetze der i 10) das Heil. Abendmahl. Das Gebet gehört aber doch
Begegnung und Adoption der geistigen Kräfte der ein- | mit dem Glauben zusammen (Abschnitt 3), die Taufe ist
zelneu Menschen und Völker gewidmet. Der III. Teil be- als kirchliche Handlung nach der Kirche zu besprechen,
faßt sich mit dem Glauben an Gott. Wie die „Spur von das sittliche Leben des Christen kommt hier zweimal vor,
einem himmlischen Reflekt" (Goethe) ging dieser schon ■ unter 3) und 5) usw. Eine andere Anordnung der Kapi-

durch die vorangehenden Kapitel. Der Sprung ins Reli
giöse ist kein Attentat auf die Naturwissenschaft und
die Wissenschaft überhaupt (siehe auch Planck, Mie,
Dennert, Titius, Neuberg, Konrad Günther). Die Natur
weist nicht von Gott weg, sondern weist auf die Schö

tel wäre also besser. Dagegen ist der Stoff innerhalb
der einzelnen Kapitel übersichtlich geordnet. Ein Vorzug
ist, daß die Kinder nicht mit dogmatischem Stoff
überladen werden. Es ist das Wichtige und Wesentliche,
was der Frömmigkeit unmittelbar naheliegt, hervorgeho-

pfermacht und Weisheit Gottes hin, so wie die Ge- j ben. Allerdings soll alles nur Skizze sein, aber es ist

schichte, deren Ziel die sittliche Weltordnung ist, darü- sehr zu empfehlen, diese nicht zu weit auszuführen. An

ber hinaus weist, daß Gott sittliche Persönlichkeit ist. ' einzelnen Stellen werden nützliche apologetische Hin-

Der religiöse Glaube sieht in Natur und Geschichte das i weise gegeben, die man ruhig noch vermehren könnte.

Walten Gottes. Aber freilich läßt sich andererseits auch nicht alles ver-

In mehreren Kapiteln setzt sich M. auseinander mit
den modernen Verächtern und Verneinern, die das Christentum
und Evangelium ablehnen. Der Glaube an die
lebenserneuernde Macht des Evangeliums ist nicht in
einer bloßen Wahnidee begründet. Das Christentum verneint
nicht das Leben, sondern das gottentfremdete Le-

teidigen, was der Verfasser als kirchliche Lehre vorträgt.
So z. B. nicht seine Gleichsetzung von Bibel und Wort
Gottes, sein Festhalten an der Erzählung von Schöpfung
, Paradies und Sündenfall, seine mangelnde Betonung
der Menschlichkeit Jesu, das Fehlen des für das
Werk Jesu zentralen Gesichtspunktes des Reiches Gottes,

ben aus dem Machtgebot des Ich. Das Ich darf nicht seine Auffassung der Taufe als Wiedergeburt des Säug
das Szepter führen, nicht das Ich, sondern Gottes Gebot | lings, sein wörtliches Verständnis der Abendmahlsworte
ist das Maß aller Dinge. u.a. Hier müßte der Verfasser noch tiefer forschen. For-
Zum Schluß richtet M. ein mahnendes Wort an die mell ist das Bemühen zu begrüßen, den Stoff durch anJugend
, die er nicht überreden will, die er aber auffor- schauliche Beispiele und durch gelegentliche Zitate aus
dert: Verachtet die Wissenschaft nicht! Verachtet auch i dem Munde bedeutender christlicher Persönlichkeiten zu
das Christentum nicht! Denn die Formen des Schein- illustrieren.

und Antichristentums sind nicht Beweise für den Unwert i Breslau Joii. Steinbeck
des Christentums und Evangeliums.

Wir schließen unser Referat dieses Buches das nicht Künssb Eberha,.d Frhr v : schwurgebärde und Schwuraus
dem Bedürfnis nach Selbstrechtfertigung geschr.e- | fingerdeutung. Frdburgi. Br.: Herder & Co. 1941. (IV, 31 s.)
ben ist, mit 2 Kernsatzen: „Die Kirche mag unterliegen, gr. 8o _ Das Rechtswahrzeichen. Beitr. ?.. Rechtsgesch. u. recht!,
das deutsche Volk Christus verwerfen, aber damit ist das Volkskunde. H. 4. RM 1.80.
Evangelium nicht getroffen" (S. 268)I und Der Christ Uer vor kur/em plötzlich, für die Wissenschaft viel
bleibt der Suchende, und doch der Findende der Un- ; m früh) von uns geschiedene Betreuer des Deutschen
gläubige, und doch der Gläubige, der Kämpfende, und Rechtswörterbuches und Meister der rechtshistorischen
doch der Siegende" (S. 278). Volkskunde liefert in dieser seiner vorletzten Schrift,
Köln Hermann Reuter deren Erscheinen er gerade noch erlebte, einen wertvollen
Beitrag zur Geschichte des Eides und damit auch
od AYTicruv Ttiirni ftf II' zur Religionsgeschichtc. Im Ma. wurde der Eid unter
lKAIS.llM.ht, inzuLULrin Berührung des Evangelienbuches oder eines Reliquien-
UND RELIGIÖSE VOLKSKUNDE kästchens, des „Heiligen", oder aber mit erhobener Hand

---- gegen Osten geleistet, wie in heidnischer Zeit unter Be-

Dietzfelbinger, liennann: Wegweisung fürden Konfirman- rührung heiliger Gegenstände (Eidring, Stab, Waffe)
denunterricht. Berlin: Burckhardtliaus-Verlag 1940. (63S.) 8". RM-75. oder gegen die Sonne. Dabei werden seit dem 13. Jh.
Unter den vielen Leitfäden für den Konfirmanden- häufig zwei, seit dem 14. besonders in Südwestdeutsch-
unterricht nimmt der vorliegende insofern eine besondere land drei Finger als Eidfinger in den Quellen genannt,
Stelle ein, als er ursprünglich im Auftrag des Bayri- die ersten drei der rechten Hand. v. K. weist nun die
sehen Landeskirchenrats für die Bayrische Landeskirche regelmäßige Deutung der drei Schwurfinger auf die
ausgearbeitet war, also wohl eine Art offizieller oder Trinität nach, besonders in der Schweiz seit dem Appenoffiziöser
Lehrplan für den Konfirmandenunterricht in zeller Landrecht von 1405, von da aus über große
der lutherischen Kirche Bayerns sein soll. Dogmatisch Teile Süddeutschlands sich verbreitend und sich bis ins
trifft das auch zu, da dieser kleine Leitfaden die luthe- 19. Jh. erhaltend: „Alss ich hütt falsch schwer, also bit
risch-orthodoxe Lehre vertritt. Nach dem Vorwort von ich gott den vatter, gott den son, und gott den hailgcnn
Pfarrer Volkmar Herntrich soll er nun auch durch Über- | gaist, und die gannzen hailgenn dryfaltigkait, dass ich