Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1942

Spalte:

276-277

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Ockham, Guilelmus de

Titel/Untertitel:

Quaestio prima principalis Prologi in primum librum Sententiarum 1942

Rezensent:

Loewenich, Walther

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

27;") Theologische Literaturzeitung 1942 Nr. 9/10 '276

Von diesem Mangel abgesehen, stellt das Buch eine sehr ausführlich berichtet. Seine scharfe Kritik an der
gute Leistung dar, die den Leser in das Verständnis „Plutokratie" seiner Zeit ist in ihrer ganzen sozialen
der großen Alexandriner zwar nur an einem Punkte, aber Wärme gut nachempfunden, das ungeheuer Moderne an
dafür um so intensiver einführt. Das Interesse, das dem i Chrysostomos tritt klar hervor. Im Mittelpunkt steht
Verf. abzuspüren ist und das auch den Leser gefangen ! hier die Erkenntnis, daß Arbeit keine Strafe, sondern
hält, ist eine Art Nachwirkung der beiden großen alt- j eine Schöpfung der Güte Gottes ist. Auch dem viel verkirchlichen
Gelehrten. Die evangelische Theologie wird i nachlässigten Theodoret von Kyrrhos wird H. voll gesteh
heute die Lösung ihrer Fragen nicht bei den Alexan- recht, seine Beziehungen zum Handwerk werden gerade-
drinern holen (die anglikanische Theologie könnte das ' zu neu entdeckt. Bei den Abendländern aber und beim
schon eher!); aber sie wird sich von ihnen immer wieder Mönchtum ist die apologetische Tendenz wieder zu stark
auf bestimmte Probleme weisen lassen können, die auch zu merken; wie häufig katholische Autoren steht H. dem
die unsrigen sind oder wenigstens heute wieder werden. Osten unbefangener gegenüber als dem Westen. Ambro-
Heidelberg Martin D i b e 1 i u s sius ist viel weniger originell, Augustin doch wesentlich

I widerspruchsvoller als der Verf. meint. Das Lob der
Holtzapfel, H.: Die sittliche Wertung der körperlichen Ar- j Landwirtschaft ist in der Hauptsache alte römische Jäheit
m christiichen Aitertum. mirzmn: m^orUg iw. (29S.). ; dition; Vergils Georgica haben auch bei den Kirchen-
Die Würzburger Preisschrift gibt einen Überblick 1 viel stärker gewirkt als H. ahnen läßt. Immerhin
über die Wertung der Arbeit vom Späthellenismus bis I ^at ,der,Ve.rf- d*s Verdienst, of verschwiegene Haltungen
ins 6. Jahrhundert, wobei der Verf. gute patristische J" der frühen Kirche nachdrücklich zu betonen Am pro-
v^~±~iL- i o;„h v>„;u„ I blematischsten sind die ausführlichen und stoffreichen

te über das Mönchtum. Wenn einerseits richtig
positive Wertung der Arbeit in großen Gruppei

Kenntnisse aufweist. Leider sind eine Reihe syste- I T T m • *™tum""ku u!lu *l?"™™a

matischer und sogar apologetischer Bemerkungen einge- j Abschnitte über das Mönchtum Wenn einerseits richtig

streut, die ohne Schaden hätten wegbleiben können. Der *uf v'e! P^,tlve Wertung der Ar.be't in, gro[kn 0™FP«»

einleitende Aufsatz über die Wertung der Arbeit in der ' des Monchtums hingewiesen und das begründende Ma-

griechisch-römischen Kulturwelt wird der Lage nicht
völlig gerecht. Gewiß ist im allgemeinen die Arbeit im
Griechentum gering geschätzt, aber allein die Tatsache
der zahlreichen Handwerkergleichnisse in der Philosophie
sollten ebenso vor Überspitzungen warnen wie die
liebevollen Zeugnisse des Kunsthandwerkes der hellenistischen
Zeit. Für den Hellenismus stimmen die verallgemeinernden
Sätze des Verf. in keiner Weise; etwas
mehr Material aus Papyrusbriefen, aus Inschriften, besonders
Grabinschriften, aber auch aus der Diatribe hätte
ihn eines anderen belehrt. Völlig sinnlos sind solche apologetischen
Sätze wie der, daß der antiken Arbeit „Gott
gefehlt habe"! Dabei werden gerade in hellenistischer
Zeit die Götter gern arbeitend dargestellt! So ist der

terial reichlich gesammelt ist, so ist doch die andere
Seite übersehen oder zu sehr verschwiegen. Worin der
„gewaltige Unterschied zwischen! christlichem Mönchsideal
und außerchristlichem Asketentum", den der Verf.
ohne zureichende Kenntnis des „außerchristlichen Aske-
tentums" behauptet, immer bestehen und bestanden haben
soll, ist nicht einzusehen. Es ist schade, daß unter
solchen Urteilen der positive Wert der Kapitel sehr leidet
. Wertvoll ist das Aufspüren der Beweggründe für
die Aufnahme der Arbeit in das christliche Mönchsideal,
hier geht der Verf. einmal aus dem bloßen Referieren
wirklich heraus. Bei den Aegyptern hätte Schenute auf
keinen Fall übergangen werden dürfen!

So hat das Buch seine zwei Seiten. Wertvoll ist es

des anti-

ganze erste, meist aus sekundären Quellen gearbeitete dann daß es eine vielfach falsche Auffassung de
Abschnitt durchaus unbefriedigend. Der kurze an- ke" Christentums und seines Verhältnisses zur Welt
schließende Abschnitt über das Antike Judentum bringt "Ä^^ÖJ^JZ^&lt

nur einige willkürlich ausgewählte Stellen.

Besser sind die christlichen Abschnitte bearbeitet.
Allerdings zerstört auch hier die Apologetik oft einfachste
Tatbestände. Wie unsauber der Verf. auch hier oft
methodisch arbeitet, zeigt, daß er z. B. die Arbeitsgleichnisse
Jesu als Beweis für dessen positive Haltung zur I KIRCHENGESCHICHTE: SPÄTMITTELALTER

tischen Quellen her. Was ihm fehlt, ist eine tiefere
Durchdringung und ein Überschauen größerer Zusammenhänge
.

Königsherg-Pr., z. Zt. im Heeresdienst Carl Schneider

Arbeit heranzieht, während er das der hellenistischen Phi
losophie nicht zugesteht. Jesus zu einer Art Reformator
der körperlichen Arbeit zu machen und dabei unbekümmert
willkürlich alle unpassenden Stellen zu übergehen
oder umzuexegisieren, ist schon ein ziemlich starkes
Stück. Richtig ist dagegen die Hochwertung der Handarbeit
bei Paulus gezeichnet. Hier kommt in der Tat etwas
Neues auf, das sich weder aus dem Osten noch aus
dem Westen voll erklären läßt. Die Patristik ist bieder
und fleißig exzerpiert. Freilich ist vieles recht unorganisch
aneinandergereiht, dadurch wirkt manches Kapitel

UND REFORMATIONSZEIT

Ockham, Guillelmi: Quaestio prima principalis Prologi in
primum librum Sententiarum cum interpretatione Oabrielis Biel
quam ad fidem codicum restituit Philotheus Böliner O. F. M. Zürich:
Goctschmann; Paderborn: Schöningh. (64 S.) gr. 8° = Textuum
Guillelmi Ockham fasc. I. RM 3.20.

Von den Werken Ockhams gibt es bisher nur wenige
ungenügende alte Ausgaben. Bei der dogmengeschichtlichen
Bedeutung dieser Werke ist das ein bedauerlicher
äir'reichTich"geistlose"Auf;zähfungr tertulTian wird zu | Mißstand, der schon oft genug schmerzlich empfunden

positiv gewertet; was hier als tiefe Arbeitsphilosophie er- , wurde. Ein Unternehmen wie das vorliegende, das we-

scheint, ist in Wahrheit nichts anderes als die sehr nüch- i nigstens einige Texte Ockhams in kritischer Ausgabe

ferne Realistik des Unteroffiziers, der Tertullian von sei- bringen will, ist daher durchaus zu begrüßen. Geplant

nem Vater her zeit seines Lebens geblieben ist. Solche ist die Herausgabe einiger zusammenhängender Texte

abgegriffene Diatribebilder wie die vom Gold und Eisen j aus dem Sentenzenkommentar und einiger vollständiger

für eine Arbeitsethik Tertullians auswerten zu wollen, ist Traktate. Das 1. Heft bietet die Quaestio prima prin-

grotesk. Gut ist der Abschnitt über Clemens. Nicht nur, cipalis des Prologs aus dem Sentenzenkommentar. Die

daß hier Staehlins schöner Index vernünftig benutzt ist, Ausgabe stutzt sich vor allem auf 4 Codices des 14.

sondern der Verf. hat auch die Eigenart des Clemens- ; Jahrhunderts, nämlich auf München Univ.-Bibliothek 52,

sehen Arbeitsethos, nämlich die Gottesimmanenz bei der Troyes 718, Florenz Bibl. Naz. A. 3. 801 und Oxford,

Berufsarbeit, deutlich herausgearbeitet. Den sehr kompli- Balliol. Coli. 299. Andere Codices sind verglichen. Ein

zierten Verhältnissen bei Origenes wird er dagegen nicht : Hinweis auf den Straßburger Wiegendruck von 1483

gerecht: ein Blick etwa in Hai Kochs schönes Buch hätte wäre noch erwünscht gewesen. Der Apparat bringt Va-

ihm hier manche wichtige Aufschlüsse geben können, rianten und Quellenangaben. Beigefügt ist die Interpre-

Verdienstlich ist der nur etwas zu knappe Hinweis auf tation von Gabriel Biel nach der Ausgabe von Wendelin

die sozialethische Bedeutung der Kappadoker. Gut hat Steinbach. Die Quaestio behandelt die Frage: Utrum

sich H. auch in Chrysostomos eingelesen, über den er sit possibile intellectum viatoris habere notitiam eviden-