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Ausgabe:

1942

Spalte:

249-251

Kategorie:

Psychologie, Religionspsychologie

Autor/Hrsg.:

Burkhardt, Hans

Titel/Untertitel:

Die seelischen Anlagen des nordischen Menschen 1942

Rezensent:

Wielandt, Rudolf August

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Theologische Literaturzeitung 1942 Nr. 7/8

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Erfolglosigkeit des religiösen Unterrichts weithin darauf
zurückzuführen ist, daß der jugendlichen Seele Erfahrungen
und Erkenntnisse zugemutet werden, die über ihre
Fassungskraft hinausgehen. Sodann weist sie darauf hin,
daß die religiöse Unterweisung von einer sehr eingehenden
psychologischen Grunderkenntnis getragen werden
muß. Besonders wichtig ist, was über das eschatologi-
sclie Weltverständnis, das Sünden- und das Schuldbewußtsein
gesagt werd (S. 103 ff.). Allerdings scheint es
mir bedenklich, dieses ganze Problemgebiet als unkindes-
gemäß zu stark beschneiden zu wollen. Hier gilt auch,
was Ziehen gegen Ende seiner Untersuchung von der
unvermeidbaren Verfrühung gesagt hat (S. 156). Ein
Blick auf die Religionsgeschichte lehrt uns, daß das
Schuldbewußtsein zum frühesten Erlebnis der primitiven
Seele gehört (etwa im Sinne von R. Ottos kollektivem
Kreaturgefühl). Ferner haben wir Bedenken gegen die
Beibehaltung einer einheitlich - geschichtlichen Bibelbetrachtung
: „Die Geschichte der Bibel ist Heilsgeschichte"
(S. 75, 125). Verf. sieht von einer rassischen Beurteilung
der Bibel ab (S. 126). Wenn es auch richtig ist, daß die
alttestamentlichen Erzählungen weithin kindesgemäßer
sind als die neutestamentlichen Stoffe (S. 126), so müßte
doch im positiven Teil deutlich gesagt werden, daß
diese Stoffe oft ihre Anschaulichkeit nur durch die Bearbeitung
erhalten haben. Hier müßte notwendig ein
Hinweis darauf erfolgen, daß Stoffe aus der germanischen
und deutschen Geschichte in christlicher Ausdeutung
dieselbe Anschaulichkeit gewinnen können. Soweit
wir sehen, gibt es darüber schon mannigfache Ansätze.
Es fehlt aber noch eine gemeinsame Grundeinstellung
zu diesem ganzen Fragengebiet.

Im einzelnen sind noch manche Fragen an den Verf.
zu stellen. Wir halten es z. B. nicht für richtig, wenn
kritiklos fremde Überzeugungen zustimmend erwähnt werden
. Z. B. soll nach Doerne die Evangeliumslehre das
Ziel haben, das jenseits der Möglichkeiten von Verstand
und Vernunft liegt, den Glauben (S. 61). Eine solche
Aufteilung widerspricht dem Wesen des christlichen
Glaubens, der den Menschen in seiner Ganzheit betrifft
. Es ist allerdings verständlich, was gemeint
sein soll. Im übrigen ist gerade der Ernst hervorzuheben
, mit dem der besonderen Eigenart des religiösen
Phänomens im Unterricht nachgegangen wird. Unsere
künftigen Bemühungen um einen neuen religiösen Unterricht
werden viel von dieser dankenswerten Untersuchung
lernen können.
Jena Heinz Erich E i s c n Ii u t Ii

Burkhardt, Hans: Die seelischen Anlagen des nordischen
Menschen. Eine rasscnpsychol. Untersuch«. Mit 1 Textzeichng.
Berlin: Nibelungenverlag 1941. (194 S.) 8n = Nordische Forschungen
. RM 3.00; Hlw. RM 4.50.
Der Verfasser gibt seine Darstellung in einer Reihe
von Aufsätzen, die mehr oder weniger lose nebeneinander
stehen und auch gelegentlich aufeinander übergreifen
. So kann man sie in verschiedener Reihenfolge lesen.
Sie lesen sich, bei aller sachlichen Gedrungenheit, recht
gemeinverständlich. Der Verfasser hat zu dieser Form
einen sachlichen Grund. Er sieht in ihr das „anpassungsfähigste
Vorgehen". Denn die Rassenpsychologie sei
heute noch nicht „eine voll ausgereifte Wissenschaft".
Sie hat bis jetzt nur „vielgestaltige Ansätze" (Vorrede).
So setzt sich der erste Aufsatz anknüpfend und bekämpfend
mit Adlers Individualpsychologie auseinander, die
„nur zweckhafte Verhaltungsweisen" kenne (S. 16), aber
„keine ursprünglichen seelischen Kräfte". Er knüpft an
Jung an und meint, daß dessen „persona-Begriff" sich
ziemlich mit der rassenmäßigen Betonung der äußeren
rassischen Eigenschaften decke (S. 24). Indem er dann
an die „biologischen Voraussetzungen" geht, sucht er
das Wesen „germanischer Landschaft", samt der „Reizempfindlichkeit
" des „nordischen Menschen" zu schildern
(S. 27 ff.). Dabei wünschte man hier zum ersten
Male eine genauere geographische Begrenzung des jetzigen
oder einstigen Hauptsitzes der nordischen Rasse;

denn „die weitwelligen Siedlungsgebiete großer Teile
Schwedens" (S. 28) sind doch nur ein kleiner, besonderer
Teil, während die Fjordlandschaft „ein Ausnahmefall
" genannt wird. Bei solcher Verschiedenheit bleibt
die „biologische Ableitung" recht offen, zumal der Verfasser
grundsätzlich dann wieder „derartige Einwirkungen
auf die Erbmasse" für unmöglich erklärt (S. 32). Er
behauptet sogar dann das Umgekehrte, nämlich daß sich
die nordische Rasse „gegen eine oft feindliche Witterung
wehren" mußte, wodurch sie zur „selbständigen Leistung
" kam (S. 33 f.). Er stellt einen ausgeprägten „Widerwillen
gegen starke und anhaltende Gerüche" fest
(S. 37). Durch solche Selbsttätigkeit hat sie denn auch
als Bauer „Schritt vor Schritt der Umwelt gegenüber
einen festen Stand" gewonnen (S. 40), und zwar mit
der typischen Einzelhofsiedlung, während sie „Zwischenhändler
- und Dialektikereigenschaften" nicht besitzt (S.
42). Jedenfalls hat sie ein „ungewöhnlich starkes Naturgefühl
" (S. 43). Im „Aufbau der Persönlichkeit" hat
sodann die echte Einsamkeit (Nietzsche) bei ihr „eine
besondere Bedeutung" (S. 48). Der Verfasser gebraucht
dafür den ursprünglich psychiatrischen Hilfsbegriff „Au-
i tismus" (S. 48). Das soll „die Selbständigkeit gegen-
j über der Außenwelt" bezeichnen (S. 48). Er bejaht also
nicht, wie Klages, das „Tiefen-Es", sondern das „Tiefen
-Ich" (S. 54 ff.). In solcher Ich-Tiefe wurzelnd scheine
der nordische Mensch frei zu sein von allen „reaktiven
Unterlegenheits- und Überlegenheitsgcfühlen" (S.
60). Daher stamme auch die echt nordische „Schamhaf-
tigkeit der Seele" (S. 65). Freilich kann dieser „nordische
Abstand" auch „unerfreuliche Formen" annehmen
(S. 76). Aus diesem seelischen Abstand erklärt sich dann
I auch das Wesen des nordischen Humors (S. 80). Dem
' Nordischen fehlt „die düstere und wühlende Leidenschaft
(S. 85). Hinsichtlich der äußeren Gestalt hat der
! „schlanke nordische Mensch steile, ausholende Art der
, Bewegungen" (Clauß, S. 88). Er ist eine „augenmäßig
begabte Rasse" (Lenz, S. 92). Er hat „starken Sinn für
I Maß und Gestalt" (S. 95). Allerdings fließen daraus
! „etwas steife und dämpfende Formen des Umgangs"
(S. 98) bis zur „steifen Selbstgerechtigkeit". Darein
paßt nun freilich nicht ganz der „fälische Typus"
j (S. 99 ff.), der jedoch nur „ein bestimmter Schlag
J der nordischen Grundrasse" zu sein scheint (S. 100 ff.),
j Allerdings nun geht der Nordische „allzu leicht dem
Leben der Gemeinschaft verloren" (S. 107). Vergleicht
man nun ferner die nordische Rasse mit Jungs Kategorien
" „extra-" und „introvertiert", so ist sie zweifellos
das letztere (S. 109 ff.). Vergleicht man sie mit Kretsch-
tners Konstitutionslehre, so decken sich dessen Typen
nicht mit dem nordischen Wesen; sondern es gibt auch
bei der nordischen Rasse Schizothyme wie Zyklothyme
(S. 117 ff.). An Geisteserkrankungen finden sich in ihr
j viel häufiger die schizophrenen als die manisch-depressi-
ven (S. 123 ff.). „Die Selbstmordneigung" ist bei ihr er-
J höht (S. 131), wegen ihrer „Gefahr der... Eigenbrötelei"
(S. 136). Sie möchte ihren „inneren Bildern nicht untreu
werden" (S. 142). Sie „erhöht das Wesen der Frau"
I (S. 147). Was endlich die Wertung der nordischen Rasse
l anbetrifft, so gibt der Verfasser, was wohl sehr bedeut-
j sam ist, zu, daß diese Grundlinien auch für Menschen
und Völker verbindlich sein können, bei denen „daneben
! erhebliche Anteile nichtnordischen Blutes nachweisbar
sind" (S. 156). Als solche Werte nennt er das „Apollinische
" (S. 158), die „große Seele" (S. 162), die gefaßte
Selbstbeherrschung, das besondere Eigentumsempfinden
i (S. 173 ff.). Schwierig ist es freilich mit der Gemein-
1 Schaftsfähigkeit (S. 186 ff.). Der Verfasser bekämpft hier
wieder Adler (und Fritz Künkel), weil sich diese „gegen
jede ichsüchtige... Haltung richten" (S. 190). Es scheint,
; daß er ihnen nicht ganz gerecht wird. Und er gibt selbst
wieder rund als „die eigentliche Gefahr der nordischen
Rasse... die individualistische Haltung" zu (S. 192).

Das der Inhalt dieses kleinen, aber sehr reichhaltigen
und lehrreichen Buches. Es ist besonnen geschrieben.