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Ausgabe:

1942

Spalte:

228-230

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Johansson, Nils

Titel/Untertitel:

Parakletoi 1942

Rezensent:

Fiebig, Paul

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Theologische Literaturzeitimg 1942 Nr. 7/8

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spielt; hingewiesen sei nur auf die Untersuchungen von
Gage und Alföldi. Semper et ubique victor gehört zu den
immer wiederkehrenden Prädikaten der Münzen und Inschriften
, mit dem kaiserlichen Siege ziehen pax, libertas,
iustitia, qoncordia, securitas und all die anderen Kulturgüter
der pax Romana auf der Erde ein, aus dem Sieg
empfängt auch das Gottesgnadentum des Kaisers seine
letzte Legitimierung (Kollwitz, Oströmisohe Plastik 50).
Man wird, wenn man dies bedenkt, die umfassende Bedeutung
des Kranzes und gerade des Siegeskranzes im
höfischen Zeremoniell der Spätzeit verstehen. Es ist
nicht nur bei der siegreichen Heimkehr des Kaisers aus
dem Krieg, daß man ihm Siegeskränze überreicht; bei
jeder Darbringung des aurum coronarium resp. oblati-
cium, bei jedem Gesandtenempfang, bei jedem Jubiläum
und bei jeder adventus sohwingt jetzt der Gedanke des
Sieges mit, die bei diesen Gelegenheiten überreichten
Kränze sind Siegeskränze. Aus der politischen Sphäre
dringt der Siegesgedanke dann auoh in die religiöse
herüber. In Christus sieht man mit besonderer Vorliebe
den vr/.\zic, y.ai tootchioO/oc (Euseb.); sein Tod, seine
Himmelfahrt und seine Parusie werden in der Sprache
des Predigers wie des Künstlers zum Sieg und zum
Triumphzug des himmlischen Königs. Und wieder ist
der Kranz das umfassende Symbol dieser Stimmung.
Kränze überreichen Christus in zahlreichen Darstellungen
die Märtyrer, einen Lorbeerkranz setzt im Passionszyklus
des Sarkophages Lat. 171 der Soldat Christus auf,
einen Siegeskranz trägt der Engel des Opfers im Bodenmosaik
der Kirche von Aquileja (zur Benennung Th.
Klauser in: Heilige Überlieferung 218 unter Bezug auf
E. Peterson, Das Buch von den Engeln 69 ff.).

Ein besonderes Kapitel hätte der Kranz als Ehrung
verdient, nicht nur wegen der relativen Häufigkeit dieses
Gesichtspunktes, sondern mehr noch wegen der Bedeutung
, die ihm im Rahmen der Auseinandersetzung Antike
und Christentum zukommt. Ursprünglich auf ganz
bestimmte Formen des Kranzgebrauches beschränkt —
vor allem wird man hier an die Ehrung verdienter Bürger
denken (129 ff.) — entwickelt sich der Gedanke
der Ehrung allmählich zu einer Grundbedeutung des
Kranzes überhaupt. Er liegt der Verleihung des Kranzes
an verdiente Persönlichkeiten, an Dichter und Schauspieler
zugrunde, er ist die Grundbedeutung aller Kranzdar-
bringungen an den Kaiser und an Christus, wenn man
von den Siegeskränzen im engeren Sinne absieht, ja er
spricht auch beim Siegeskranz des Soldaten und des
Triumphators mit. Eine Ehrung bedeutet es schließlich
auch, wenn man die Bilder des Kaisers (zur Bekränzung
der Kaiserbilder H. Kruse, Studien zur offiziellen Geltung
des Kaiserbildes 24. 29. 39. 46f. u.a.; das Kaiserbild
heißt imago laureata schlechthin), hoher Beamter
(Delbrueck, Consulardiptychen Nr. 41. 45; auch die ornamentalen
Ränder Nr. 13. 14. 33. 34 sind wohl aus
ähnlichen Kränzen entwickelt; mit dem Kranz der Magistratspersonen
haben diese Kränze nichts mehr zu tun),
von Stadtpersonifikationen (ebd. Nr. 49. 50), von Dichtern
(Terenzbild) mit Kränzen schmückt. Mit Kränzen
ehrt man die imagines maiorum (RE. 9,1102) und auch
die Mehrzahl der Kränze, die auf Sarkophagen die imagines
clipeatae der Verstorbenen umschließen, dürften im
gleichen Sinne zu verstehen sein. Auch die Kränze, die
den Namen des Kaisers, Christi oder eines Beamten umgeben
, gehören — wenigstens soweit sie der Spätzeit angehören
— in diesen Zusammenhang. In vielen der genannten
Fälle schiebt sich der Gedanke der Ehrung an
die Stelle des anderen der kultischen Weihung durch den
Kranz, wie er in der älteren Überlieferung bezeugt ist
(z. B. Kranz des Wettkämpfers, des Triumphators usw.).
Mit einer gewissen Berechtigung könnte man den Ehrenkranz
die säkularisierte Form der kultischen Weihung
durch den Kranz nennen. Es bedarf keines besonderen
Hinweises, wie sehr ein solcher Bedeutungswandel die
Übernahme des Kranzes in die christliche Welt erleichtern
mußte.

Ergänzungen lassen sich natürlich bei einer Arbeit wie der angezeigten
immer nachtragen. Im ganzen ist das Material durchaus
beherrscht; Unsicherheiten verrät gelegentlich die Behandlung der
Denkmäler. — 59 f. Die Bilder der Katakomben — iotoouu nennt
sie eine spätere Terminologie — müssen für die Frage der Bildeir-
; Verehrung ausscheiden. Diese entsteht erst bei Einzelbildern Christi
! oder der Heiligen. Eine Bekränzung derartiger Bilder setzt erst
: spät ein; ich wüßte kein vorikonoklastisches Beispiel zu nennen.

Als sie dann aufkommt, geht die Anregung wohl nicht mehr vom
; antiken Kultbild, sondern von der der Zeit geläufigen Bekränzung
I der Kaiserbilder resp. der Bilder verehrter Persönlichkeiten aus. Oe-
( rade auf die Beziehung zum Kaiserbild wird in der Literatur des
Bilderstreites ja mehr als einmal hingewiesen. — 70 f. Ein bekränztes
j Palatium ist dargestellt in den Langhausmosaiken von S. Apollinare
nuovo, Bekränzung der Häuser und Türen anläßlich der Krönung
| Justins II. erwähnt Coripp. in laud. Just. 3, 62 ff. Die Anni. 8S ge-
. nannten Münzen bieten keine Hausbekränzung, wie der Text vermuten
I läßt, sondern kranztragende Putten mit der Umschrift; gaudium
j Augusti nostri. Das gleiche Motiv kehrt auch an der Marcus- und
Arcadiussäule und am Oaleriusbogen wieder. — 107. Das Goldglas
Taf. 5, 3 ist — was für die Zeit der Übernahme von einiger Be-
I deutung ist — durch die Form der Frisuren ziemlich genau in das
j 3. Jahrzehnt des 4. Jh. zu datieren. — 136 f. Zum Gebrauch des
Totenkränzes ließe sich noch hinweisen auf die beiden Stellen Euseb.
hist. eccl. 6, 5, 6 und Greg. Magn. dial. 4, 47. In beiden Fällen ist
I ein im Traum erscheinender Kranz das Zeichen des nahen Todes. Auch
an zwei Stellen der Miracula S. Demetrii darf erinnert werden;
114 und 159 werden hier die die Stadt umgebenden Scharen der
Slaven mit einem Totenkranz verglichen. Auch das Grab selbst wird,
wie die Malereien der Katakomben häufig genug bezeugen, mit Kränzen
geschmückt, und zwar spätestens seit konstantinischer Zeit (ein
paar beliebige Beispiele aus Jordanorum RivAC 5, 1928, 1o7ff.
Abb. 8, 16, 28, 29, 37, 40, 41, 42; 43). Dabei verbindet sich; und
zwar schon im Bereich paganen Lebens, mit dem älteren Gedanken
der Weihung durch den Kranz, mit dem Gedanken der Ehrung und
des Sieges die weitere Vorstellung des Paradeisos, in den der Tote
eingegangen ist (zum Paradeisos in der Grabsymholik etwa H. U.
v. Schönebeck, RivAC. 14, 1937, 289 ff.). Es vereinfacht den sehr
komplizierten Prozeß der Übernahme des Kranzes in das christliche
Brauchtum zu sehr, wenn man, wie B. es S. 137 tut, aus dem Wcihe-
kranz der Antike nach einer Lücke der Auseinandersetzung sich den
Siegeskranz, des Christentums entwickeln läßt. — 170 ff. und 180 ff.
Hinter dem Lebenskranz des Christen und hinter dem Kranz des Märtyrers
steht nicht nur der Gedanke an den Wertkampf, sondern wenigstens
ebensosehr der andere an den Sieg des Soldaten; das Leben
als militia Christi ist ja eine der ganzen christlichen Antike geläufige
Vorstellung. — 190 ff. Die Kranzdarbringung der 24 Ältesten war
auch dargestellt in Cosma e Damiano und S. Prassede. Daß hier
und bei der Kranzdarbringung der Märtyrer noch der alte Bratich
mitspricht, den Siegeskranz der Gottheit zu weihen, scheint mir
unwahrscheinlich. Das antike Material zu diesem Brauch liegt doch
sehr viel früher, als daß es hier noch einmal fruchtbar werden
konnte. Sehr viel wahrscheinlicher ist die andere Möglichkeit,
daß hier die Kranzspende an den Herrscher ins Christliche herübergewirkt
hat. Gerade die ersten Denkmäler des Themas, Sarkophage
aus der Mitte des 4. Jh., entstammen einer Zeit, in der die Kaiseridee
und der Kaiserkult für das Christusbild fruchtbar werden; und
auch die späteren Denkmäler stehen in einer Denkmälerschicht ausgesprochen
höfischen Charakters. Zum politischen Sinn des Themas
auch E. Peterson, Das Buch von den Engeln 25 ff. Bei der Kranz-
I darbringung der Magier dagegen spielt, wie ein Vergleich mit entsprechenden
Darstellungen unterworfener Perser zeigt, auch der Gedanke
des Sieges hinein; Christus wird als Sieger und Friedensbrin-
ger anerkannt. Für die Verbindung von Kranzdarbringung durch Magier
und Märtyrer wäre auch auf S. Apollinare nuovo hinzuweisen. —
211 f. Daß der Kranz auf dem Thron Christus selbst repräsentiert,
scheint mir aus dem Material nicht hervorzugehen; der Kranz ist auch
nicht Insignie wie Zepter und Krone in der Aran. 429 genannten Stelle
oder wie Kreuz und Buch in den christlichen Denkmälern. Im Rahmen
der sonst feststellbaren Bedeutungen kann es sich hier nur um
eine Ehrung handeln, und zwar entsprechend dem Brauch der Spätzeit
um eine königliche Ehrung. — 220. Der Kranz und das Lamm
im Deckenmosaik von S. Giovanni Evang. setzt sich zusammen
aus den Früchten der vier Jahreszeiten; die Symbolik des Kranzes verbindet
sich hier mit dem Gedanken des Glückes und der Fülle, die
mit Christus und seinem Siege für die Welt angebrochen sind (zur
politischen Symbolik der Jahreszeiten etwa L'Orange, Der spätantike
Bildschmuck des Konstantinsbogens 159). Ein ähnlicher Kranz umgibt
das Bild des Konsuls auf dem Diptychon Delbrueck Nr. 41.
Halle a. S. J. Ko 1 1 w i t z

I

Johansson, Nils: Parakletoi. Vorstellungen von Fürsprechern für
I den Menschen vor Oott in der alttestamentl. Religion, im Spätjudcntum