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Ausgabe:

1942

Spalte:

226-228

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Baus, Karl

Titel/Untertitel:

Der Kranz in Antike und Christentum 1942

Rezensent:

Kollwitz, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 1942 Nr. 7/8

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entlegene Belege, sondern auch eine Übersicht über
alle bisherigen Ableitungshypothesen. Sehr erfreulich
ist vor allein die methodische Behandlung, nämlich
der Verzicht auf einlinige Herkunft und der Blick
für den hoch synthetischen Charakter im Grunde aller
hellenistischer und frühchristlicher Sachverhalte. Das
Gleiche gilt für Acedia, die erste mir bekannte wirklich
ausreichende Behandlung des überraschend reichen Begriffes
. Aus Vögtles Artikeln wäre für alle weitere Arbeit
am Lexikon beachtlich und nachahmenswert, daß bei
ihm mit dem Text äußerst sparsam umgegangen wird,
vor allem nichts Selbstverständliches gesagt ist, dagegen
mit den Quellen wünschenswert verschwenderisch.

Juristisches. In gründlicher juristischer Arbeit
untersucht Wenger die Absetzung als Strafe sowohl
im öffentlichen als auch im Privatrecht, wobei der tiefgreifende
Unterschied zwischen griechischer und römischer
Auffassung besonders im Beamtenrecht unterstrichen
wird, weil er auch im Christentum wiederkehrt. Das
kommt allerdings in dem christlichen Teil von Hofmann
nicht klar heraus, doch zeichnet sich dieser wieder durch die
Beherrschung des kirchenrechtlichen Materials aus. Abt
und Aebtissin (Emonds) sind religionsgeschichtlich
gut fundierte Arbeiten. Mit Recht wird die Bedeutung
Aegyptens hier stark unterstrichen, jedoch nicht verein- {
seitigt. Die griechische Auffassung vom „pneumatischen
" Vater-Sohnverhältnis ist doch zu stark kultisch
gesehen; schon die Hermetik müßte davor warnen! Zu
Adoption hat Wenger die juristischen Teile sehr gut
bearbeitet, bei den religionsgeschichtlichen hat Oepke das
reiche von Joh. Leipoldt gesammelte Material mitverwen- |
den können, so daß eine sehr umfassende Stoffülle entstanden
ist. Nur eine merkwürdige Unlogik oder Flüchtigkeit
ist Oepke unterlaufen: nachdem der ganze erste |
Teil feststellt, daß Adoption im Orient selten oder kaum I
geläufig, in der griechisch-römischen Welt dagegen üb- j
lieh ist, dann gerade bei den griechischen Mysterien
(Eleusis) Adoption nachgewiesen wird, wird behauptet:
„Alle diese Erscheinungen führen in den Orient". Was |
soll man mit solchen Bemerkungen überhaupt anfangen? i
Bei Aequitas (Jonkers) fehlt ein Hinweis auf die
archäologische Bedeutung des Begriffes in der Symbol- '
spräche (Wage, Totenkopf usw.).

Esc natologisches: Abyssos und Acheron
(Käthe Schneider) sind zwei sehr gute Arbeiten, vorbild-
lieh in Kürze und Reichhaltigkeit. Dagegen ist Aetas i
aurea (Kurfess) viel zu fragmentarisch; solche nicht !
einmal halbe Arbeit muß in den zukünftigen Lieferungen
vermieden werden. Der Verfasser hat einfach willkürlich
ein paar Gedanken und Stellen, nicht einmal in guter
Ordnung zusammengerafft.

Magisches: Drei Aufsätze von Stemplinger: Abmessen
, Abstreifen und Abwaschen zeigen
Sachkunde und Proben auch entlegener Stoffe, leider j
würde man auch hier gern noch etwas mehr Belege
finden.

Liturgisches: Abendgebet (Baumstark) und
Advent sind Artikel, die im Nichtchristlichen und
Christlichen gleichmäßig durchgearbeitet sind. Bei Advent
fehlt leider ein Hinweis auf vorchristliche Aus- I
legung des Namens Eleusis (Act. 7, 52), auf den Epi- [
phauesbeinamen und die Verehrung des Antiochus und !
Demetrios Poliorketes als (leoi xaTaßavreg. Sprachge- j
schichtlich sauber ist Actio (Casel). Hierher gehören
endlich noch Acer r a und Acheiropoietos.

Symbolworte u. ä.: Steine: Lückenlos, auch in
ihrer medizinischen und Zauberbedeutung sind Achat !
und Adlersteiu (Käte Schneider, Stemplinger).
Pflanzen: Bei Aehre fehlt ein Hinweis auf Isis, mag
die Aehre dort auch von Eleusis stammen, wie ich glaube
(Rech). In gewohnter Art Abrotonon (Stemplinger
). Tiere: Sehr ausführlich und vorbildlich ist Aal
(Klauser): so müßten alle Tierartikel sein. Dagegen
läßt Adler (Th. Schneider) viel zu wünschen übrig.
Einiges deute ich an: das Problem der Entstehung des
byzantinischen Doppeladlers, der Ursprung des Kaiser- i

kultadlers vom tarsischen Sandon, der Adler in der Apo-
kalyptik. Bei Affe (Grün) fehlt das wichtige Relief von
Ariccia mit seinen noch ungelösten Fragen. Zahlen-
und Buchstaben Symbolik: A und O (Lohmeyer)
stellt das bekannte Material gut zusammen. Achtzahl
(K. Schneider) und Achteck (K. Schneider) sind wie
alle Arbeiten der durch ihre Vasenarbeit bekannt gewordenen
Verfasserin recht gut, beim ersten Aufsatz würde
ich Mth. 5, 3 ff. aus textkritischen Gründen ausschalten
und die Lohmeyersche Apokalypsenhypothese erwähnt
haben, obwohl ich sie für falsch halte. Sonstiges:
Vollständig ist Abraham (Klauser) mit einem Anhängsel
von Staerk.
Königsberg-Pr. z. Zt. im Heeresdienst Carl Schneider

Baus, Dr. theol. Karl: Der Kranz in Antike und Christentum.

Eine religionsgescliichtüche Untersuchung mit besonderer Berücksichtigung
Tertullians. Bonn: Peter Han-rtein 1940. (X, 250 S., 23
Abb. auf 10 Taf.) gr. 8" — Tlicophaneia. Beitr. /.. Religions- u.
Kirchcngesch. d. Altertums Bd. 2. RM 12.50; geb. RM 15—.

Die Verwendung des Kranzes in der Antike ist eine
überaus mannigfaltige. Der Mensch, der zum Opfer
tritt, der Beamte, der gewisse Funktionen seines Amtes
ausübt, der Sklave, der freigelassen wird, der Wettkämpfer
, der im Kampfe siegreich geblieben ist, der Soldat
, der aus der Schlacht heimkehrt, die Brautleute, der
Tote, sie alle tragen den Kranz. Mit dem Kranze
schmückt man das Bild der Gottheit, Kränze bringt man
dem Kaiser dar, mit Kränzen ziert man an Festtagen
Häuser und Türen. Kaum eine Äußerung antiken Lebens
ist denkbar ohne den Kranz. Es ist kein geringerer als
Tertullian, der — vor allem in de Corona militis — die
Frage nach der christlichen Beurteilung des Kranzes
gestellt hat; seine Argumentation bildet daher auch den
Ausgangspunkt der vorliegenden Studie, die noch von
F. J. Dölger angeregt wurde.

Tertullian lehnt bekanntlich den Gebrauch des Kranzes
für den Christen ab. Sein Grund ist dabei zuletzt
ein theologischer: der Kranz ist im Wesen ein kultisches
Symbol. So mannigfach seine Verwendung auch
sein mag, stets bedeutet er eine religiöse Weihe seines
Trägers (44ff.). Tertullian weiß selbst, daß schon damals
der religiöse Ursprung des Brauches in vielen Fällen
nicht mehr bewußt war und daß der Gebrauch des Kranzes
in diesen Fällen in christlichen Kreisen nicht mehr
als anstößig empfunden wurde (vgl. z. B. das S. 169 zum
Soldatendienst und -kränz Gesagte). Aber auch hier
bleibt er seiner grundsätzlichen Ablehnung treu (47 f.).
An dieser Stelle Tiegen offenbar die Grenzen Tertullians
und der Wirksamkeit seiner Schrift. Aus ihr spricht ein
heißblütiger Mensch mit viel Temperament; man wird
sich hüten müssen, seine Äußerungen ohne weiteres zu
verallgemeinern. In Kreisen der christlichen Gemeinde
begann sich offenbar damals schon eine ruhigere Beurteilung
der Frage durchzusetzen.

Immerhin schrumpft die Mannigfaltigkeit antiken
Brauchtums in christlicher Zeit doch auffallend zusammen
. Eine ganze Reihe von Formen, erinnert sei nur an
die Bekränzung von Priester und Kultbild, an den Kranz
als Abzeichen von Beamten, an den Gebrauch des Kranzes
beim Mahl, lassen sich bei christlichen Autoren gar
nicht oder doch nur selten belegen. Umgekehrt entstehen
in der Spätzeit, und zwar beginnend schon im Bereich
der paganen Kultur, eine Reihe von neuen Be-
deuti.ngsin'halten. Vor allem ist es die Idee des Sieges-
kranzes, die nun alles überlagert. Es ist nicht nur der
Soldat und der Wettkämpfer, die den Kranz als Zeichen
des Sieges empfangen; er ist Siegeskranz auch für den
Toten und den Märtyrer. Selbst die Brautleute empfangen
ihn jetzt als Symbol des Sieges, „weil sie nicht von
der Lust bezwungen wurden" (Joh. Chrys.; vgl. Baus
101). Eine besondere Bedeutung bekommt der Sieges-
kranz nun auch im höfischen Zeremoniell. Es ist bekannt
, welche Rolle der Gedanke des Sieges für die
Kaiseridee und die politische Propaganda der Spätzeit