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Ausgabe:

1942 Nr. 7

Spalte:

217-218

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Björck, Gudmund

Titel/Untertitel:

En didaskon 1942

Rezensent:

Bauer, Walter

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Seite 1

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217 Theologische Literaturzeitung 1942 Nr. 7 8 '218

vergnügliche „Funus et ossilegium linguae Hellenisti- angesehen. Björck dagegen unterscheidet zwei selbstän-

cae", mit dem noch im selben Jahr ein Anonymus (wohl dige, völlig artverschiedene Spracherscheinungen, jede

Salmasius selber!) den Sieg des Salmasius über den Geg- ihren eigenen Oesetzen folgend und ohne gegenseitige

ner feiert, eine Erwähnung verdient hätte. Ros hebt übri- Beziehungen.

gens richtig hervor, daß der Kampf mehr um Worte Die eine, der nach Kap. 1 mit seiner Einführung
ging. Es folgt im dritten Abschnitt (S. 20—27) die Zeit und den Vorbemerkungen, die vor allem auch die
der „Observationenliteratur": während das Ergebnis der „Scheinperiphrasen" ausscheiden, das zweite Kap. gewid-
vorhergehenden Epoche eher ein Sieg der Hebraisten ge- met ist, stellt sich als „adjektivische" Periphrase dar.
wesen war, werden jetzt noch krampfhafter als von den : Typus ist: 6 vöu.oc, cruuepäpcov iaxlv = das Gesetz ist nützfrüheren
Puristen auch die oberflächlichsten Anklänge an lieh. Im Grunde ist das gar keine Periphrase, sondern
profangriechische Schriftsteller herausgesucht (wobei so- das Partizipium tritt als Prädikativ an Stelle eines ge-
gar mehr als einer die homerischen Epen als verkappte wohnlichen Adjektivs (wohl auch Substantivs) ein. Es
Geschichte der Juden erklärt!). Der nächste Abschnitt i läßt sich denn auch beobachten, daß in solchen Fällen
stellt allgemeine Betrachtungen über das Verfahren der nur derartige Partizipien auftreten, die als Adjektiva ent-
beiden Richtungen an (S. 27—33). In Kürze wird die weder schon verwendet werden oder deren Gebrauch als
durch die Blüte der klassischen Philologie zu Beginn des ; solche in der Luft lag. Die adjektivische Periphrase er-
19. Jhs. eingeleitete moderne logisch-rationale Betrach- setzt d an n das Verbum finitum (6 v6|m>s ou|«plgei), wenn
tung des Bibelgriechischen festgestellt (S. 33—35), und j sich das Schwergewicht von der Handlung auf das higen-
dann kommt zum Schluß (S. 35—45) die Gegenwart zur schaftliche verlegt und wenn aus irgendeinem äußeren
Geltung, wobei besonders die Kritik an Deißmann brei- Grunde die entsprechende einfache Verbalform entweder
ten Raum einnimmt. (S. 47—66 folgen Literaturangaben gar nicht gebraucht werden kann oder doch Sinn oder

und Anmerkungen.)

Heute ist der Streit zwischen den Hebraisten und
Puristen zur Ruhe gekommen (ich verweise der Einfach

Form des Satzes stören würde.

Ganz anders steht es mit der „progressiven" Periphrase
, so genannt, weil sie im Gegensatz zur „adjektivi-

heit wegen auf meine Literaturangaben: Blaß-Debrunner" j sehen" Periphrase, die das Vorhandensein einer Eigen-

S. 291 (wo für „Gött. Gel.-Anz. 1916" „1926" zu schrei- Schaft konstatiert, einen zeitlichen Ablauf schildert. Diese

ben ist); dazu noch z.B. Debrunner Gnomon 4 (1928) Art von Periphrase ist für das NT kennzeichnend; Ty-

443 f. und Theol. Blätter 1929, 237, Bonaccorsi a. a. O. pus: 6 'iriaoOc, fjv ötödoxcov. Der Unterschied zwischen bei

LXXXI—XC1) dank den sprachlichen und theologischen
Forschungen der letzten Jahrzehnte: Daß das griechische
Alte Testament, die Septuaginta, als Übersetzung den
semitischen Ursprung an der Stirne geschrieben trägt,

den Periphrasen wird vom Englischen her beleuchtet:
he was writing (progr.) neben dem ganz anders gearteten
: the argument is convincing (adj.). Die englische
Progressivform stellt einen Rahmen her, der etwas ande-

ist nie ernsthaft zweifelhaft gewesen; aber auch im res umschließt; etwa: he was writing when I entered.
Neuen Testament ist zwar die äußere Form und alles, Das stimmt auch zum Gebrauch der progr. Periphra-
was den Alltag angeht, fast ausschließlich zeitgenössi- ' se im Griechischen, spez. im NT. Zu Beginn einer Peri-
sches, mehr oder weniger volkstümliches Griechisch (es ; kope wird eine Sachlage periphrastisch geschildert,
ist Deißmanns Verdienst, das endgültig bewiesen zu ha- ! worauf die Erzählung des Handlungsverlaufes in ein-
ben), die religiöse Begriffswelt jedoch steht weit mehr j fachen Zeitformen einsetzt. Ebenso kann die progr. Periunter
dem Einfluß des griechischen Alten Testaments 1 phrase innerhalb und am Schluß der Erzählung den
als unter dem der zeitgenössischen griechischen höhern | Blick auf den Hintergrund ablenken, auf dem die Hauptoder
Popularphilosophie. Das ist auch die Überzeugung handlung spielt.

von Ros. Im NT ist die progressive Periphrase am häufigsten
Es ist eine hübsche kleine Nebenfrucht der Bemühungen von Ros, ! in den Lukasschrifteil. Dann folgt Markus. Am Schluß
daß wir sehen, wie Heinsiiis und Salmasius in aller ihrer zeitbeding- j der synoptischen Reihe steht Matthäus. Und auch Johan-
ten Beschränktheit einen ähnlichen Unterschied zwischen dem griechi- | nes steuert nur 13,23 bei. Aber diese Ausdrucksweise
sehen äußern üewand und der ungriechischen Denkweise gemacht | begegnet auch sonst in volkstümlicher christlicher Literahaben
: „Si quis ex me quaerat, quanam lingua scripserit Evangelista tur (PhilippilSakteil, Historia moiiachorum, die VOll Use-
noster, Hellenistica scripsisse dicam. Si quis, qua coneeperit quae i ner herausgegebenen Legenden).

scripsit, Syriacam fuisse dicam" (Heinsius Aristarchus Sacer 068); Die historischen Schriften des NT, besonders das Lu-

, Semper intcr omnes conslititverha esse Oraeca phrasm, Hebrajcam» kaSeva„gelium Und die Apostelgeschichte, bedienen sich

(balniasius De Hellenistica, Epist. didic. o0). Und mich eine Einzel- . 6 . , K • u- f i -i a- -u

stelle aus Salmasius verdient weitergegeben zu werden: „Si omnes der PJ°gr- '^nphrase mit einer Häufigkeit, die ihnen
(atictores qui Qraece scripserunt) extarent, nulla vox tarn HOVtjpT);

(vereinsamt) in nova et vetere pagina reperitur, quin y.m|o-i? eius
ex lUqUO auetore qui periit, confirmari posset. I'raecipue si Uli
extarent, qui plebeio stilo et idiotico res ac vitas
privatorum scripserunt" (De Hell. 107; Sperrung von mir);

eine Sonderstellung anweist. Trotzdem handelt es sich
nach Björcks Meinung um eine echtgriechische Erscheinung
, nicht etwa um einen Aramaismus. Denn die klassische
wie die spätere Sprache bieten hinreichende Belege
, die semitischen Einfluß ausschließen. Ihre am NT

der „Deissmannism before Deissmann", den W. L. Lorimer in einer gemessene Seltenheit führt B. auf den Umstand zurück,

Äußerung des Bischofs Lightfoot von i8o3 ausgegraben hat (s Deiß- ; dalj das profane Griechentum eben überhaupt keine

mann Licht vom Osten 4 53,i und 55,3), ,st als« 220 jähre älter. Schriften besitzt, in denen man häufigen Gebrauch er-

So bedeutet die Arbeit von Ros eine hübsche Berel- warten dürfe. Geht ihm doch die echte Volkserzählung

cherung unsrer Kenntnis einer wichtigen Streitfrage. ganz aD-

Bern A. Debrunner Mehr anhangsweise hören wir von der Periphrase

mit Aoristpartizip, die den Wert des Plusquamperfektes

Björck, Oudinund: IIN AIAA2KQN. Die periphrastischen Kon- hat und ™ einigen Fällen als Irrealis der Vergangenheit

struktionen im Griechischen. Uppsala: Almqvist & Wiksells; Leipzig: dient. Steht das Partizip im Präsens, die Kopula im

Otto Harrassowitz 1940. (139 S.) gr. 8" = Skrifter utgivna av K. Futurum, so wird eine zukünftige Handlung unter dem

Humanistiska Vetenskaps-Samfundet i Uppsala. 32,2. Kr. 6-. imperfektiven Aspekt ausgedrückt.

Diese Untersuchung zur griechischen Sprache enthält Die Arbeit zerfällt in zwei Teile, die Darstellung und
in ihrem Titel die ntl. Wendung fjv öiödoxwv (Lk. 5, 17; die Anmerkungen. Sie zeichnet sich durch klare und
13,10 u. ö.) und führt sich damit als ein Beitrag zum strenge Gedankenführung aus und bringt auch Beleg-
Verständnis ntl. Gräzität ein. Das Kernstück der Arbeit Stoff in einem Umfang bei, daß mir der Ausdruck
bildet die Behandlung jener Periphrasen, in denen das „nichts mehr als ein orientierender Entwurf" (S. 10) zu
Partizipium im Präsens, die Kopula so gut wie immer im bescheiden vorkommt. Mir jedenfalls scheint der Haupt-
Imperfektum stehen. Bisher hatte man die in dieser Wei- gesichtspunkt uberzeugend dargetan zu sein,
se gebauten Stellen im Grunde als eine einheitliche Größe Güttingen w. B*u«r