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Ausgabe:

1942

Spalte:

193-200

Autor/Hrsg.:

Fendt, Leonhard

Titel/Untertitel:

Wozu Theologie? 1942

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Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack

Unter Mitwirkung von Professor Dr. Gustav Mensching, Bonn
herausgegeben von Lic. habil. Kurt Aland, Berlin

Mit Bibliographischem Beiblatt, bearbeitet von Bibliothek6rat Lic. Erwin Steinborn, Berlin
Jährlich 12 Nummern — Bezugspreis mit Bibliographie: halbjährlich BM 22.50 (ohne Bibliographie halbjährlich BM 11.25)

J. C. HINRICHS VERLAG/LEIPZIG
NUMMER 7/8 67. JAHRGANG JULI/AUGUST 1942

HÄNS LI6TZMÄNN t

m 25. Juni starb nach langer, schwerer, mit übermenschlicher Kraft getragener Krankheit H a n s L i e 1z m a n n, Ordinarius
für Kirchengeschichte an der Universität Berlin und Leiter der Kommission für spätantike Beligionsgeschichte (Kirchenväterkommission
) an der Akademie der Wissenschaften zu Berlin. In ihm ist der letzte große deutsche Kirchenhistoriker dahingegangen
. Sein Tod hat eine Lücke gerissen, die nicht ausgefüllt werden kann. Die Wissenschaft verliert in ihm den großen
Gelehrten, der unter meisterhafter Beherrschung nahezu aller Disziplinen der historischen und der theologischen Wissenschaft
nicht nur zahlreiche Probleme der Spätantike und der alten Kirchengeschichte entscheidend förderte, sondern auch als erster
seit Duchesne eine von der Beherrschung aller Quellen getragene Gesamtdarstellung ihrer Entwicklung gegeben hat. Seine
Schüler und alle, die seinem Herzen nahestanden, verlieren in ihm einen Vater.

Unter den zahlreichen wissenschaftlichen Unternehmungen, an denen er führend beteiligt war oder die er gefördert hat,
steht die Theologische Literaturzeitung nicht an letzter Stelle. Nachdem er lange Zeit hindurch ihrem Bedaktionsausschuß angehörte,
hat er ihr besonders in den letzten Jahren seine Aufmerksamkeit zugewandt. Nicht nur, daß er einige Monate hindurch selbst
die Herausgabe übernahm, sondern vor allen Dingen förderte er auch beide letzte Herausgeber, die sich mit Stolz seine Schüler
nennen durften, in steter Anteilnahme in allen Dingen mit Bat und Tat. —

Sein Andenken wird unvergessen bleiben, sein Tod legt schwere Verantwortung auf die Schultern aller derer, die nun ohne
ihn an den begonnenen Aufgaben weiterarbeiten sollen.

Si hriftleitung und Verlag der Theologischen Literaturzcitung

Wozu Theologie?'

Von Leonhard Fendt, Berlin

Im Jahre 1934 schrieb Emantiel Hirsch („Die gegen- Theologien hervorgehen; aber aus welcher? oder aus
wärtige geistige Lage" S. 123): „Die Theologie des welcher Mischung? kraft welcher Epigenesis?
jungen Luthertums und die Theologie der Krise in ihrer Programme für den Aufbau unserer Theologie
dritten, ernstesten, ihrerseits lutherischen Gestalt sind sind vorgelegt worden; und man dürfte bei uns wirklich
beide miteinander Vorspiel einer kommenden neuen deut- diese Programme mit größerer Hochachtung studieren,
sehen Theologie in neuer deutscher Zeit". Heute, im als es gemeiniglich zu geschehen pflegt — ganz gleich,
Jahre 1942, ist diese Ankündigung jedenfalls noch nicht aus welcher „Richtung" die Programme stammen. (Es
erfüllt; ja wer weiß denn zur Stunde, wo auf den Oelei- herrscht aber hier und auf anderen Gebieten im evange-
sen der Zeitenfluchten der Wagen der Theologie ange- lischen Deutschland eine Verschwendungssucht ohneglei-
kommen sei? Und im Wagen der Theologie selbst sieht chen, die aus der Fülle der Kräfte stammen mag, aber
es allzu bunt aus; sind wir heute noch Theologen der schließlich — Kraftmeierei ist nicht Aufbau — zum Ruin
alten „klassischen" Theologie um 1900? sind wir Theo- führen wird.) Indes zeigt das Schicksal jener Programme
logeii „der Krise"? sind wir eine Neugeburt (wenn deutlich: vom grünen Tisch her kann unsere Theo-
auch Spätgeburt) der Reformation, oder der Orthodoxie, iogie nicht aufgebaut werden, auch wenn der Tisch noch
oder des Pietismus? sind wir einfache Glaubensbehaup- so lang und würdenreich wäre. Einigkeit herrscht unter
ter, Glaubenserläuterer, Glaubenskämpfer in der Art der den Maßgeblichen nur in einem Punkte, den man „die
alten Kirchenväter? Alles ist da, noch da, schon wieder Entthronung der Theologie" benannt hat, nämlich: un-
da. Aber die Theologie unseres Zeitalters ist nicht sere Theologie wird nicht mehr „herrschen" dürfen,
vorhanden. Gewiß ist nichts dagegen zu sagen, daß aus vielmehr in jeder Hinsicht zu „dienen" haben. Sei es
allen gewesenen Theologien das Tüchtige (aber nach also! Aber sofort erhob sich die Frage: Wem soll sie
welchem Maßstab muß hier gemessen werden?) beibe- dienen? Der Wissenschaft? Der Gemeindegläubigkeit?
halten oder wieder hervorgeholt wird; es dürfte schon Dem Volkswohl? Soll es Dienst bei der Wissenschaft
so etwas wie eine theologia perennis geben. Aber es | und dadurch Dienst bei der Gemeindegläubigkeit
hatte das Mittelalter seine Theologie, die Orthodoxie sein? Oder Dienst bei der Gemeindegläubigkeit und
die ihre, die Zeit um 1900 die ihre, die Krisenjahre dadurch Dienst beim Volkswohl? Oder Dienst bei
nach 1918 die ihre; es wäre schon merkwürdig, wenn ! der Wissenschaft und dadurch Dienst beim Volksgerade
unser Zeitalter theologisch von Resten zu leben wohl? Oder das alles zusammen — wenn es zusammen-
bestimmt sein sollte! Natürlich wird die kommende Theo- geht? Oder eines mit Ausschluß alles anderen? Viel-
logie unseres Zeitalters aus den heute vorhandenen leicht sogar (und das wäre die Einleitung des Banke-
nöTDTb"elius, Prof. D. Dr. Martin: Wozu Theologie? Von rotts) nach der Melodie: Jeder treibe, wie er's kann?
Arbeit u. Aufgabe theologischer Wissenschaft. Leipzig: Leopold Klotz L)'ese Fragen müssen beantwortet werden, wenn plan-
Verlag / J. C. Hinrichs Verlag 1941. (79 S.) gr. 8°. RM 2—. | voll gebaut werden soll. Sie sind aber nicht beantwortet.

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