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Ausgabe:

1941

Spalte:

163-164

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Freytag, Walter

Titel/Untertitel:

Die junge Christenheit im Umbruch des Ostens 1941

Rezensent:

Witte, Johannes

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Seite 1

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163

Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 5/6

164

scher die Quellen über 150 Jahre bis in die kleinsten
Einzelheiten.

Tübingen M. Schlunk

Frey tag, Missionsdirektor Dr. Walter: Die junge Christenheit
im Umbruch des Ostens. Vom Gehorsam des Glaubens unter den
Völkern. Berlin : Furche Verlag [1938]. (280 S., 55 Abb., 1 zweifarbige
Uebersichtskarte) gr. 8°. RM 4.80; geb. 5.80.

Der Verfasser legt hier Erlebnisse, Beobachtungen
und Untersuchungen vor, gewonnen auf einer Studienreise
durch Neuguinea, Sumatra, Java, Bali, Borneo,
China und Indien. Er versteht es, die Leser seine Haupterlebnisse
wirklich miterleben zu lassen. Man liest das
Buch mit lebhaftem Interesse von Anfang bis zu Ende.
Worum es dem Verfasser geht, das kommt schon in
dem Titel des Buches zum Ausdruck. Ihn bewegt der
Prozeß, der ja auch schon von andern geschildert worden
ist, der Prozeß der radikalen Umwandlung der riesigen
Völker Asiens, hier Fernasiens, hervorgerufen
durch den Einbruch der westlichen Politik, Zivilisation
und Kultur. In diesem Umwandlungsprozeß steht nun
auch das Christentum als eine Macht, die auf der einen
Seite fraglos auch Altes auflöst, aber doch zugleich auch
so gut und stark wie keine andere Macht in der Wirrnis
der Verhältnisse neues, gesundes Leben aufbaut. Es ist
da eine junge Christenheit entstanden. Dieser einfache
Tatbestand kann von niemand mehr übersehen werden.
Diese junge Christenheit des Ostens ist die Wirkung
des Genorsams gegen den universalen Heilswillen Gottes
in Christo, der der ganzen Menschheit gilt, und dem die
westlichen Kirchen folgten, indem sie diesen fernen Völkern
die frohe Botschaft von Christus brachten.

Der eine Gedankenkomplex, der in dem Buch geboten
wird, ist daher die Schilderung, wie auf den verschiedenen
Gebieten, die der Verfasser kennen gelernt
hat, das Alte unter dem Anprall des Neuen zusammensinkt
. Es liegt eine Tragik in diesem Untergang des Alten
, zumal wenn das Alte doch auch viele Werte barg.
Man denke an China! Was hat das Abendland aus diesem
Lande uralter Kultur gemacht! Und doch muß man
sich mit der Tatsache abfinden, daß das Alte endgiltig
dahin ist. Was man vom Alten noch retten kann, bekommt
ein ganz neues Gesicht durch das neue Leben,
das aus dem Westen eindringt. Das ist der zweite < ie-
dankenkomplex, den das Buch bietet. Es zeigt die Auswirkungen
des Neuen auf den verschiedenen Lebensgebieten
, die guten und die bösen. Der dritte Gedankenkomplex
ist die Schilderung der Ausbreitung des Evangeliums
unter den so verschiedenen Völkern und Stämmen
. In aller Nüchternheit und Offenheit wird dieser
Prozeß dargelegt, auch alle Schwächen der jungen Christenheit
werden aufgedeckt. Und hier setzt nun der
vielleicht wichtigste vierte Gedankenkornplex ein, die Untersuchung
der Fragen, welche für das neue christliche
Leben in jenen Ländern heute wichtig sind. Es handelt
sich darum, ob das Christentum dort wirklich in den
fremden Völkern so tief und fest verwurzelt, wie es
trotz aller Schwächen bei uns verwurzelt ist, auch im
Volksleben, oder ob es eine fremde Lehenserscheinung
bleibt. Wenn das der Fall sein sollte, daß es eine fremde
Erscheinung bleibt, dann wird das Christentum dort
nur Episode 9ein, aber keinen Bestand haben. Bestand
haben kann es nur, wenn es mit den Völkern dort auf
das innigste verwächst.

Mit aller Deutlichkeit wird von dem Verfasser die
Schwierigkeit geschildert, die für die Mission darin liegt,
daß ihre'Missionare als Männer und Frauen des Westens
mit ihrem tiefsten Wesen im Westen verankert sind und
in jene fremde, ferne Welt sieh nur bis zu einem sehr
bedingten Grade einleben können. Die rassische und kulturelle
Fremdheit jener Völker Asiens ist ungleich viel
größer für die heutige Mission, als etwa alles das, was
Paulus in seiner Arbeit zu überbrücken hatte. Zugleich
handelt es in jenen Völkern durchaus nicht nur oder in
der Hauptsache um absterbende oder in Auflösung be-

i griffene Religionen. Das gilt vielleicht für einen Teil der
I primitiven Stämme, aber es gilt nicht für China, nicht
I für den Islam Javas und nicht für Indien. Wo aber das
j Christentum heute Anhänger findet, da taucht dann die
Not auf, daß das alte Volks- und Religionsgut in starkem
Maße auch in den Gemeindien weiterlebt. Wie kann
; das alte Volkstum, soweit es gut und lebensfähig ist,
erhalten werden in den Christengemeinden? Das ist
; eine der wichtigsten Fragen.

Diese und viele ändert' Probleme ziehen an dem Auge
des Lesers dieses Buches vorüber. Das Spannende der
[ Darstellung liegt darin, daß diese Probleme nicht theo-
' retisch erörtert werden, sondern immer an der Hand
sehr lebhaft und fein geschilderter Erlebnisse aufgedeckt
und untersucht werden.

Dies Buch reiht sich also würdig ein in die Reihe der
andern Bücher, die diese selben Probleme für andere
j Missionsfelder behandeln. Ich denke an die Bücher von
Guttmann, Knak, Warneck u. s. w.

Aber in dem Vorwort, das der Verfasser seinem Buch
gegeben hat, erklärt er ausdrücklich, daß er nicht nur
für die für die Mission wirkenden Kreise schreibe. Er
möchte auch die Aufmerksamkeit weiterer Kreise erreichen
, solcher, welche überhaupt ein Auge und ein Her/
haben für die ungeheuer wichtigen Umwälzungen, die
dort draußen vor sich gehen. Ich glaube, daß dies Buch
so geschrieben ist, daß es wohl geeignet ist, auch für
diese Kreise von Wert zu sein und ihnen den Dienst zu
leisten, daß sie sehen lernen, was das Christentum mit
seiner Missionsarbeit für diesen Weltprozeß der Umgestaltung
der riesigen asiatischen Welt bedeutet.

Berlin Johannes Witte

Höge, Dr. John: Die Geschichte der ältesten evangelischlutherischen
Gemeinde in Kapstadt. Ein Beitrag zur Geschichte
des Deutschtums in Südafrika. München: E. Reinhardt 1939. (163 S.,
6 Taf.) pr. 8°. RM 4.80.

Die Geschichte der ältesten lutherischen Gemeinde
in Kapstadt ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.
Sie zeigt im Zeitalter der Toleranz den fünfzigjährigen
Kampf der Lutheraner in der holländischen Kolonie am
Kap um freie Religionsausübung, die ihnen nicht aus
dogmatischen Gründen, sondern aus der Sorge um die
Vorrangstellung der reformierten Kirche jahrzehntelang
vorenthalten wurde (S. 104). Diesem Kampf parallel
geht der Kampf um die Zulassung zu den höheren Be-
I amtenstellen (S. 68ff.). Erst der Übergang der Kap-
J kolonie an die Engländer 1795 beseitigte diese Unter-
I schiede. In der Kirchenordnung von 1804 wird diese
Gleichberechtigung auch öffentlich ausgesprochen (S.
113). In diesen Kämpfen aber zeichnet sich zugleich,
I wenn auch nicht so deutlich wie das religiöse und staatspolitische
Moment, das Ringen der Deutschen um die
ihrer Zahl und Bedeutung entsprechende Stellung ab.
j Nach einem Bericht von 1792 (S. 99) beträgt zwar die
Zahl der Lutheraner nur ein Fünftel der Gesamteinwohnerzahl
, aber unter der Zahl der Angestellten der ostindi-
j sehen Kompanie stellen sie rund zwei Drittel. Und vorn
I den 441 Mitgliedern, die eine Liste von 1780 aufzählt
(S. 42—52) sind fast 400 Deutsche oder deutscher Ab-
! stammung. Über diese Vorgänge unterrichtet die Veröffentlichung
gestützt auf sorgfältiges Quellenstudium
| in klarer und ausführlicher Darstellung.

Dann wendet sie sich für die Folgezeit den inneren
| Gemeindeangelegenheiten zu, die durch mancherlei Strei-
j tigkeiten belastet sind. Neben persönlichen Gegensätzen
i sind diese durch dogmatische Unterschiede (Taufformu-
j lar, Bilderstreit) und die Sprachenfrage verursacht. Diese
führt 1861 zur Spaltung und zur Gründung der deut-
] sehen St. Martinigemeinde (S. 149), die die schon 1794
! aufgenommene Verbindung mit dem lutherischen Konsistorium
in Hannover für sich übernimmt.

Die Abhandlung stellt eine wertvolle Bereicherung
unserer Kenntnisse über die Entwicklung deutscher luthe-
: rischer Gemeinden im holländischen Kolonialreich dar.