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Ausgabe:

1941

Spalte:

154-155

Kategorie:

Kirchengeschichte: Territorialkirchengeschichte

Autor/Hrsg.:

Symonds, Henry Edward

Titel/Untertitel:

The Church Universal and the See of Rome 1941

Rezensent:

Stadtmüller, Georg

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153 Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 5/6 154.

weisen wieder. Unter den neueren Werken über den | der Byzantiner im Spiegel des Malerbuches ( Herme-
Athos nimmt das vorliegende eine hervorragende Sonder- i neia"). v"
Stellung ein. Es ist hier der glückliche Versuch ge- I So ist der Besprecher in der seltenen Laoe eine
macht, verschiedene Betrachtungsweisen zu verbinden, | Erstlingsleistung, von dessen Verf. wir in Zukunft wohl
die Mönchsrepublik des heiligen Berges mit Wissenschaft- | Beachtliches erwarten dürfen, ohne grundsätzliche Ein
licher Gründlichkeit, aber doch in dem Plaudertone einer ! schränkung empfehlen zu können. Besonders erstaunguten
Reisebeschreibung zu schildern und darüber hin- , ljch ist bei einem Anfänger die besonnen abwägende
aus in einer innerlichen Weise, die man von den her- | Formulierung, die eine selbstkritische Scheu vor Einsei-
köminlichen wissenschaftlichen Werken im allgemeinen , tigkeit und Voreiligkeit des Urteils bezeugt — Der Ver
leider nicht gewöhnt ist, die Frömmigkeit und das eigen- I jag hat das Buch sehr schön ausgestattet wozu vor
artige religiöse Bewußtsein dieser mönchischen Welt in anem die prachtvollen Lichtbilder beitragen. Joseph Lortz
■seiner besonderen Wesenheit uns verständlich zu machen, j hat ein feinsinniges Geleitwort vorausgeschickt

Die Darstellung gliedert sich in zwei Hauptteile: I. „Tagebuch'.
II. „Betrachtung". Der erste Hauptteil gibt eine sehr anschauliche
Schilderung der Studienfahrt von Saloniki nach Karyäs, dem Hauptort

der Mönchsrepublik, von dort in die einzelnen großen Klöster Kutlumu
s'u, Vatopedi, Panlokrator, Stavronikita, Iviron, Karakallu, Lavra,
von dort in das Gebiet der Einsiedler, dann in die Klösier Ajiu Pavlu,
Dionysiu, Qrigoriu, Simonos Petras, Russikon (St. Panteleimon). Überall
hat der Verf. scharf beobachtet und — gut photographiert, wie
die beigegebenen herrlichen Lichtbilder zeigen. In die Reiseschilderung
sind bereits kurze Betrachtungen über einzelne Fragen (das anachore-
t'sche Ideal — Kinowitcntuni und Idiorhytmie — Klosterverfassung —
Bibliothekswesen — Nationalitätenstreit in den Klöstern) eingekochten
.

Der zweite Hauptteil gibt dann eine zusammenfassende systematische
Betrachtung dieser merkwürdigen religiösen Welt, gegliedert in
die Kapitel: I. Die Grundhaltung östlich-orthodoxer Frömmigkeit.
2. Der Hesychasmus auf dem Athos. 3. Die Theologie der Herme>-
n'a. 4. Die „Weltanschauung" der Athoslegende. 5. Schatten über
«lfm Athos. 0. Ausblick: Die Wiedervereinigung — Fragen und Gedanken
.

Schon diese Kapitelüberschriften zeigen, wie umfassend
und wie tief diese Darstellung, die sich bescheiden
a|s „Betrachtung" bezeichnet, angelegt ist. Es handelt
sich um nichts geringeres als um den gelungenen Versuch
, das geistige Wesen orthodoxer Frömmigkeit und
orthodoxer Kirchlichkeit in Worte zu fassen. Der Verf.
geht mit den rechten Voraussetzungen an diese schwierige
Aufgabe heran. Er bringt einerseits die wissenschaftliche
Stoffkenntnis (vgl. das beigegebene Literaturverzeichnis
), anderseits — anders als etwa Fallmerayer und
andere, die das geistige Wesen dieser Welt verkannt
haben — die rechte religiöse Ehrfurcht gegenüber dem
Gegenstände der Betrachtung mit. Diese Ehrfurcht bewahrt
ihn vor einem abschätzigen Verkennen der religiösen
Kräfte, die dort lebendig sind, sie gibt ihm die
'nnere Feinfühligkeit, das andersartige religiöse Bewußtsein
der ostkirchlichen Welt zu erfassen und zu verstehen
, ohne dabei — dies ist ein weiterer Vorzug — in

schwärmerisches Entzücken — man denke an Spunds
Athos-Buch — zu verfallen und den Boden des
abendländischen Standpunktes unter den Füßen zu ver-
"eren. Der Verf. sieht vielmehr sehr scharf die Gren-
zen, Schwächen und Unzulänglichkeiten der athoniti-
schen Mönchspraxis (so charakterisiert er sehr scharf
den unvorstellbar engherzigen Glaubensfanatismus). Im
Zusammenhange damit stellt der Verf. auch die schwerwiegende
Frage, an der niemand vorbeigehen kann, welkes
der Grund sei für den inneren Zusammenbruch dieser
Mönchswelt, der sich heute vor unseren Augen unaufhaltbar
vollzieht (S. 137—152). Mit ruhiger Beson-
°enheit zählt er die Symptome des Verfalles auf und
wägt die Gründe ab. So kommt er zum Schluß, daß die
tl""chtbare — allem Geistigen feindliche — Einseitigkeit
dieses Mönchsideals, zu dem es in der Geschichte des
a?endländischen Mönchtums überhaupt keine Parallele
ßjbt, der Grund für diesen inneren Verfall ist: „Es ist
"'e radikale Einseitigkeit der Athoniten, wie wir sie

schon oben als Verzerrung des Glaubenseifers und der I lemik gewesen ist. Der Verf. ist dazu zu sehr verant
«nkratitischen Askese kennengelernt haben. In der tief- wortungsbewußter Historiker. — Anerkennung verdient
eingewurzelten Ablehnung einer organischen Entfaltung auch die flüssige, leicht lesbare Darstellung aus der aller
2er Geisteskräfte zeigt sich hier wiederum ein anderer gelehrte Ballast in die Fußnoten verwiesen ist — Ein
5ug der radikalen Weltflucht, jener Einseitigkeit, die , bedauerlicher Mangel ist es dagegen, daß dem Verf sehr

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t'ür eine Neuauflage, die dem Buche baldigst zu wünschen ist,
seien noch einige Einzelberichtigungen vermerkt: Statt |ieoixu (S. 27
Mitte) lies nenixov. — Statt Kalybitos (S. 41 unten) lies Kalybites.
— Die Erklärung von „Skiti" als Abkürzung aus <W.n,Ti'|oiov (S. 67
Mitte) ist kaum haltbar. Dagegen spricht die andersartige Akzentuierung
. — y°0Y("'? bedeutet nicht „mit Eifer" (S. 67 unten), sondern
„eilends". — Die angewandte Umschrift griechischer Wörter und
Namen ist ohne Folgerichtigkeit.
Leipzig Georg Stadtm iiiler

Symonds, Henry Edward, CR., B. D.: The Church Universal
and the See of Rome. A study of the relations between the Epis-
copate and the Papacy up to the Schism between East and West.
London: Society for Promoting Christian Knowledge [1939]. (X,
296 S.) 8°. 12 s. 6 d.

Dieses Werk des anglikanischen Kirchenhistorikers,
der bereits mit einem Werke über das ti identinische Konzil
(„The Council of Trent and Anglican Formularies")
hervorgetreten ist, macht den beachtlichen Versuch, einer
Entwicklungsgeschichte der obersten Kirchenautorrtät
und ihrer ausübenden Organe, das bedeutet aber, da diese
oberste Autorität und ihre Ausübung schon im christlichen
Altertum auf das römische Papsttum und den
übrigen Episkopat verteilt und zwischen beiden umstritten
war, eine Geschichte des Verhältnisses zwischen dem
römischen Papsttum und dem Episkopat im Bereiche der
Gesamtkirche von den Anfängen bis zum großen Schisma
des 11. Jahrhunderts. Da die römischen Primatsan-
sprüche mit kirchenpolitischem Erfolge nur von den
mächtigen Patriarchaten des Ostens und zwar vor allem
von dem ökumenischen Patriarchate Konstantinopel bestritten
werden konnten, ist diese Darstellung zugleich
eine Geschichte der zunehmenden Entfremdung zwischen
der westlich-römischen und der östlich-griechischen Kirche
bis zum förmlichen und endgültigen Bruche.

Die Darstellung, die außerordentlich klar und flüssig geschrieben
ist, gliedert sich in die Kapitel: Die Autorität der Apostel und ihre
Fortsetzung im Episkopat. — Die Autorität der Kirche — Die Autorität
der Konzilien — Die römische Kirche vor Nikaia — Konstantin
und der römische Stuhl — Der hl. Athanasius und die römischen
Bischöfe — Die Haltung des Ostens zu Rom in der Zeit des Mele-
tius — Konstantinopel und Rom zwischen dem zweiten und dritten
allgemeinen Konzil — Die afrikanische Kirche und Rom im 4. und
5. Jahrhundert — Der hl. Augustinus über Petrus und den apostolischen
Stuhl — Das Papsttum und das Konzil von Ephesos — Leo
d. Gr. und das Konzil von Chalkedon — Das Schisma des Akakios —
Justinian und das fünfte allgemeine Konzil — Oregor d. Or. — Der
monotheletiscltc Streit — Das ConcLlium iminisextum — Der Ikono-
klastenstreit — Der Protest gegen den Cäsaropapismus — Das Schisma
des Photios — Das Schisma von 1054. — Zusammenfassung und
Schluß.

Die Darstellung beruht auf einem gründlichen Studium
der Quellen, die in den Fußnoten ausführlich zitiert
sind. Die Stellungnahme des Verf.s ist wohl abgewogen,
die Ausdrucksweise hält sich von allen nicht-objektiven
Entgleisungen fern, die bei einem Thema nicht fern liegen
, das bisher allzujoft Gegenstand konfessioneller Po-

jj'en nicht nur gegen die Gesundheit des naturlichen, son-
?«rn gerade auch des geistlichen Lebens auswirken kann'
(S.151). _ Eine andere Glanzstelle des Buches sind die

viele — sogar wichtige — neuere wissenschaftliche Literatur
offensichtlich unbekannt geblieben ist, durch deren
Heranziehung sich das von. ihm gezeichnete Bild

i I-, • _ ______I___ET*___1t_ _ «i . . P . .

Darlegungen über die theologische Geschichtsauffassung I doch in manchen Einzelheiten vertieft oder auch verscho-