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Ausgabe:

1941

Spalte:

143-144

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Nock, Arthur Darby

Titel/Untertitel:

Paulus 1941

Rezensent:

Opitz, Hans-Georg

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 5/6

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wüßt ist, sondern als das Urteil der Juden über diesen
Juden vgl. Gal. 1,14: über viele Altersgenossen in meinem
Volke. Von den Aussagen des Paulus über das
Gesetz im Gal., daß es ein Joch der Sklaverei ist 5,1
vgl. 4,1—7. 9; 2,4, kann man sagen: sie drücken die
christliche Beurteilung des jüdischen Gesetzesdienstes,
nicht das Empfinden des Juden gegenüber dem Gesetz
aus; aber diese Aussagen im Gal. reden auch nkht von
einem Zwiespalt im Menschen. Sich auf seine Unimorali-
täten zu besinnen, bedeutet für Paulus nicht dem Christen
etwas Künstliches oder Krampfhaftes noch, ein Um-
lügen seiner guten Werke in schlechte zuzumuten S. 13,
sondern einfach sich zu besinnen auf die Wahrheit vgl.
1. Kor. 6,9—11; Rom. 2,1; 1,24—32; 2,17—24; 3,10
bis 20.

Schlier gibt eine ausführliche Erklärung von Joh.18,
28—19,22 unter Zurückstellung des konkreten Einzelnen
und Heraushebung des abstrakt Allgemeinen: Die Juden
sind die Welt, Jesus der Zeuge der Wahrheit, Pilatus
der Vertreter der politischen und richterlichen Gewalt.
Auch die 2. Abhandlung ist eine exegetische Untersuchung
, auch sie hat ein abstrakt Allgemeines zum Ziel:
auf Grund von Rom. 12,1—2 wird das Wesen der apostolischen
Ermahnung herausgearbeitet. Schlier verfährt
dabei nach der alten Regel: scriptura sacra sui ipsius
interpres und bringt deshalb tiefe und ernste Einsichten
in die Sache. Aber das Geschichtliche, als das die apostolische
Ermahnung allein wirklich gewesen ist, scheint
ihm eingehender Bemühung nicht wert, so daß seine Darlegungen
überwiegend im bloß Gedanklichen bleiben.
Rostock F. B ü c h s c 1

Nock, Arthur D.: Paulus. Deutsch von Hans Heinrich Schaeder.
Zürich u. Leipzig: Rascher & Cie. [1940.] (203 S.) 8° RM 5,50.

Obwohl ich in dieser Zeitschrift 1939, Sp. 134 f.
den Wunsich ausgesprochen hatte, es möge sich ein
Übersetzer und Verleger finden, die dem deutschen Publikum
das überaus wichtige Buch des amerikanischen
großen Religionshistorikers vermitteln, war ich mir der
nicht geringen Schwierigkeiten bewußt, die sich einem
solchen Unternehmen in der Gegenwart entgegenstellen.
Nun hat wenige Monate nach meiner Anzeige des Buches
H. H. Schaeder, der der deutschen Religionswissenschaft
schon so oft durch seine große Interpretationskunst
wichtigste Werke vermittelte, eine Übersetzung
von Nocks Paulus herausgegeben. Das ist umso wichtiger
, als der englische Verleger das Buch dem doch für
diese Probleme und gerade für die Bücher von Nock
sehr empfänglichen Leser in Deutschland gleichsam vorenthalten
hat. Ich weiß nur von zwei Exemplaren, die im
Deutschland vorhanden waren. Lediglich die Kriegszeit
hat es nun verhindert, daß die deutsche Übertragung,
die bereits im Herbst 1939 fertiggestellt war, nicht
eher herauskam und nunmehr in der gediegenen Gestalt,
die Übersetzer und Verleger ihm gegeben haben, gebührend
gewürdigt wurde. An dem Urteil, das ich vor
zwei Jahren niedergeschrieben habe, vermag ich nichts
zu ändern, nachdem ich während eines kurzen Urlaubs
das Buch in seiner deutschen Gestalt noch einmal habe
auf mich wirken lassen. Eher werden nun andere in
der Lage sein dem Buch, dem ich recht viele Leser wünsche
, andere und neue Seiten abzugewinnen.

Erneut bin ich von der Behutsamkeit der Interpretation
schwieriger Stellen und der ausgebreiteten Belesenheit
in der zeitgenössischen Literatur der Spätantike,
die wir auch in den anderen Büchern von Nock bewundern
müssen, angezogen worden. Nocks Paulus darf
deshalb eine sehr gewissenhafte Beachtung für sich beanspruchen
, weil es Nock gelungen ist, die Deutung des
Paulus aus den mannigfachen Extremen herauszulösen,
die die Forschung der letzten Zeit doch nicht vermieden
hat. Nicht nur die schon seiner Zeit aus dem 3. Kapitel
des Buches von mir angeführten Thesen kennzeichnen
die Bedeutung des Buches, sondern ebenso sehr die so
sorgsam durchgeführten Vergleiche zwischen Paulus und

| Philo im letzten Kapitel, die nun die ganze Eigenart des
Paulus in besonderes Licht stellen. Es darf vielleicht
nochmals hervorgehoben werden, daß gerade Nocks Paulus
besonders zu einem vertieften Verständnis des uns
in der Gegenwart so sehr bewegenden Problems des
Verhältnisses von ältestem Christentum und Judentum
anleiten kann, indem nämlich Nock bei Jesus — dem ja
auch1 ein sehr entscheidender Abschnitt gewidmet ist, —

I und bei Paulus den Durchbruch durch die Schichten
von Tradition und Bildung durch die völlig persönlich
geprägte Gestalt des Gotteserlebnisses bei beiden aufzeigt
. Nock legt mit Recht sehr großen Wert darauf zu
zeigen, wie bei Jesus und Paulus das Judentum durch
die Kraft der beiden Persönlichkeiten überwunden wird.
„Wie immer wir das Verhältnis von Paulus Schriften
zu den Worten Jesu ausdrücken: wir dürfen nie vergessen
, daß in einigen der wichtigsten Fragen Paulus Gedanken
von Jesus verstanden und entwickelt hat, die in
Jerusalem verdunkelt und gefährdert wurden. Freiheit
gegenüber dem Gesetz, großmütige und offenherzige Hal-

j rung gegenüber der Menschheit, der Eifer, Menschen auf
Kosten der Korrektheit zu retten — das waren die Kennzeichen
sowohl Jesu wie des Paulus" (S. 196).

Gleichermaßen macht die ausgebreitete Untersuchung
der Verwandlung von Jesu Leben und Werk in der
christlichen Gemeinde in Jerusalem einen wichtigen Bestandteil
des Buches aus. Und so gehört der Paulus
von Nock zweifellos in die Reihe der großen deutschen
Forschung, die sich seit den Tagen F. C. Baurs um das
Verständnis des Paulus, um des Verständnisses der geschichtlichen
Anfänge des Christentums und der Kirche
willen bemüht hat. Auch dies ist hoffentlich ein Grund
dafür, daß das Buch in recht viele Hände deutscher

j Leser gelangt.

Wien, z. Zt. im Felde H.-O. Opitz

Jost, Wilhelm: IIOIMIIN. Das Bild vom Hirten in der biblischen
Überlieferung und seine christologische Bedeutung.

Gießen: von Münchowsche Universitäts-Druckerei Otto Kindt 1939.

' (58 S.) gr. 8°.

Nach einem kurzen Überblick über den Gebrauch des
Hirtenbildes im antiken Orient und im Griechischen und
einer Überschau über das Bild vom Hirten und seine
kulturellen Grundlagen im A.T. kommt Jost (ein Schüler
von Bertram — Gießen) zum Hauptthema seiner Arbeit
: zur Darstellung des christologischen Hirtenbildes
des N.T. Durch sehr sorgsame Quellenbenutzung gelingt
es ihm die Bedeutung des christologischen Hirtenbildes,

j des guten Hirten, neben den anderen christologischen
Bezeichnungen des N.T. (Herr, König usw.) zu erhellen,
und in seiner besonderen Bedeutung herauszustellen.
Durch eine Exegese von Ps. 2, 9 und den Nachweis der
berechtigten Gleichsetzung von Hirt = König gelingt es
dem Verf. weiter, auch das Bild des Weltenrienters
Matth. 25,31 in den Rahmen seiner Untersuchung ein-
zubeziehen, und der Gefahr einer falschen Verweichlichung
des Hirtenbildes zu entgehen. — Ein Überblick
über das christologische Hirtenbild in der frühchristlichen
Gemeinde, der gute Kenntnis der archäologischen
Quellen verrät, beschließt die dankenswerte Untersuchung.
Berlin H. Seesemann

KIR CHENGESCHICHTE:
REFORMATION UND GEGENREFORMATION

Haar, Dr. phil. Johann: Initium creaturae Dei. Eine Untersuchung
über Luthers Begriff der „neuen Creatur" im Zusammenhang mit seinem
Verständnis von Jakobus 1, 18 und mit seinem „Zeit"-Denken.
Gütersloh: C.Bertelsmann 1939. (133 S.) 8°. RM 4 —.

Der Titel dieser Schrift, die anzuzeigen mir eine
Freude ist, erläutert bereits die m. E. wohlgelumgene
! Absicht des Verls. Er stellt die Lehre von der sola fides,
die für ihn mit Recht das Prinzip der Lutherschen Theo
logie ist und bleibt, folgeweise auch die Lehre von der