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Ausgabe:

1941

Spalte:

138-139

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Philippson, Paula

Titel/Untertitel:

Griechische Gottheiten in ihren Landschaften 1941

Rezensent:

Herter, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 5/6

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BOttet, auch eines Vichgottes übertragen worden (80 ff.). Die Reihe Weisung überall als Beweis A.«

der Patrone der einzelnen Haustiere ist so vollständig, daß sogar die könnte Kut'ia ist eine nrimi+V c • , " A,,nenkulles gellen
Bienen ihren Zossima und Savatij haben (S. 86—88). Unter dem Fruchtoarkeitsriten auftreten kann v5ÜT' , „ a" Und für sicn be'
Gott Kupalo ist Johannes der Täufer zu verstehen (S. 93, aber S. 189 sammenhang mit dem AhLE ' h , , T l,n,nittei"arer Zu-

wird Kupalo als ein heidnischer Name charakterisiert); er wie auch , nicht umhin zu fragen oh H lmT*" ' Man kann auch

Petrus sind an die Stelle eines alten Sonnengottes getreten (S. 109) ; naturverbundenen Festen u/nr^'a! h t"^' bt'rcch,iß' ist, dal! den
u. s. w. Leider hebt der Verfasser in diesen Kapiteln seiner Darstellung i und erst mit dem Übenrana , « ri • ,te" " zugrunde 'icgen
nicht hervor, was schon A. Brückner erkannt hat, daß nämlich, die den sind, so z B betreff- d > F hl- r • Naturfesten gewor-
Slaven „zu einer Verkörperung des Festes neigen" (A. Bertholet und : maslianica (S 1Q3 wrwi o(a V t"runllngsfeler der Woche der

E. Lehmann, Lehrbuch d. Relig.gesch. II, 523). Bei Johannes dem I '--.L"_„ t.JZ ^Jü4! ,und „um .das_ Pfingstfest (199 f.), _

Täufer, Georg und Petrus scheint es jedenfalls auf die Verkörperung
ihrer Kalendertage anzukommen, ebenso wie bei anderen Heiligen, die
im späteren Kapitel „Verehrung beiliger Tage" (S. 180 ff.) behandelt
werden.

In einen zweiten Abschnitt könnte man die Kapitel zusammenfassen
, welche den altslavischen Geisterglauben und verschiedene
auf ein/eine Gebiete der Natur bezügliche Kulte behandeln (S. 124 bis
24b). Die Geisterwelt umfaßt den Hausgeist, den Waldgeist, die
Husalien (Russalki — „Frauen, die eines plötzlichen Todes gestorben
" und zu Wasser-, Wald- und Fruchtbarkeitsgeistern geworden
sind), die Mutter Erde, den Teufel und die Schicksalsgottheiten (rod,
rozanicy). Neben dem Wasserkuilt stehen auch noch Pflanzen-, Baum-,
Stein- und Tierkulte. An das Kapitel über Verehrung heiliger Tage
schließen sich weitere Kapitel an, welche von naturverbundenen
Festen und religionsverbundenen landwirtschaftlichen Gebräuchen an
bestimmten Kalendertagen und Zeiten handeln. Der Geisterglaube erweist
sich als verhältnismäßig spät (erst vom 14. Jahrhd. an) bezeugt
. Dieser Olaube ist auch mit christlichen Elementen stark
durchsetzt, aber seine Wurzeln reichen doch in die heidnische Vorzeit
zurück. Zu den hier genannten Geistern gehört auch der Korndaireni-
geist (ovinnik), den der Verfasser schon S. 15 ff. charakterisiert hat.
Sein Verhältnis zumi Hausgeist bleibt unaufgeklärt, obgleich einer
von den Namen des Hausgeistes „podovinnik" und sein Aufenthalt
in der Getreidedarre (S. 125) dazu hätte verleiten können, und seine
Beziehungen zum Herdfeuer erwähnt sind (132); Haase sagt nur,
daß sie miteinander verschmolzen sind (S. 129). Der Teufel erweist
sich in christlicher Zeit als ein Sammelbegriff der alten Götter und
Geister (S. 103 f.). Aber das Kapitel „Der Dualismus in der altslavischen
Zeit und sein Fortleben im Christentum" (S. 233 ff.,
vgl. 247) führt den Beweis, daß er unter Namen ,,bes" und , cert",
doch scheinbar in untergeordneter Stellung, schon in die altslavische
Mythologie mithineingehört. Im Wasserkult deckt der Verfasser alten
Fruchtbarkeitszauber und Reinigungsbräuche auf. Die Verehrung der
Erde als heiliger Mutter hat dazu geführt, daß für sie später die
Mutter Oottes eingesetzt wurde (S. 175). In den Ausführungen über
den Schicksalsglauben wird der russische Fatalismus unterstrichen
(S. 230 f.). — Das in diesem Abschnitt verarbeitete Quellenmaterial
■st so umfangreich, daß man auf ein näheres Eingehen auf Einzelheiten
, wenn dazu noch die russischen Quellen nicht zugänglich sind,
verzichten muß.

Drei Kapitel wenden sich nun dem Gebiet des Aberglaubens, im
engeren Sinne des Wortes, zu. Das Kapitel „Die .magische' Auffassung
des Christentums als Nachwirkung des Heidentums" (S.
(S. 246 ff.) behandelt die magische Wirkung der Beschwörungsformeln
, der Opfer und des Gebetes. „Die Verehrung der Gestirne"
(S. 2543 ff.) schildert die entsprechenden heidnischen Vorstellungen,
wie sie z. T. auch noch im russischen Christentum nachwirken.
Eigentlicher „Astrologischer Glaube" (S. 259 ff.) ist erst im 15. und

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besonders, wenn festgestellt ist, daß „die Erinnerung an die Totenfeste
geschwunden ist, es ist ein reines Naturfest geworden" (S. 200).
Sollte man nicht eher an ein Zusammenfließen beider Kultgebietc denken
? — Spärlich ist die Darstellung der altslavischen Hochzeitsbräuche
, denn der Verfasser hat darauf verzichtet, näher auf das
vorchristliche Ritual einzugehen.

In der abschließenden Zusammenfassung schildert Haase kurz
drei Entwicklungsstufen der altslavischen Religion (S. 337—339).
Vorgeschichtliche Funde gäben Aufschluß über den Totenkult und
deuteten auf die Verehrung eines alten Sonnengottes hin. Die Verehrung
des Feuers und die Verbindung des Herdfeuers mit dem
Geiste der Verstorbenen, der Kult des Hausgeistes und einiger Tiere
charakterisieren die Nomaden- und Jägerzeit, wo jeder Stamm unter
seinem Sippenhaupt getrennt vom anderen lebte. Mit dem Obergange
zur Landwirtschaft und Seßhaftigkeit entwickelte sich eine Bauernreligion
, in welcher die Mutter Erde und andere Götter, welche die
Fruchtbarkeit des Feldes bewirken, in den Vordergrund traten und
so das russische Volk sich durch ewige Gesetze mit der gesamten
Natur verbunden fühlte.

Druckfehler habe ich nur wenige bemerkt und führe einige
hier an. Der 1. September ist Simeon Stolpnix (Stylita) nicht
„Stolnik" (S. 180) gewidmet. Die Predigt des hl. Grigorij
redet von „ihrem Bauch (nicht „Brauche", wie es S. 228
steht) dienenden Priestern". S. 342 Anm. muß „vor", nicht „von"
Beginn des Dreschens gelesen werden. Von den Anmerkungen zum
Kapitel „Landwirtschaftliche Feste" sind Nr. 39—51 ausgefallen
(S. 372). Aus dem Märtyrer Lupus, dem Heiligen des 23. August,
ist eine Märtyrerin Luna (wahrscheinlich durch Verwechselung der
ähnlich aussehenden russischen Buchstaben p und n) geworden (S. 188
und 207). Das entsprechende russische Sprichwort heißt eben: Na
Lupa (nicht: Luna) l'ny lupit, d. h.: An Lupus schlägt (der Frost)
den Flachs (vergl. A. Yermoloff, Der landwirtschaftl. Kalender, 1905,
S. 368); und der Beiname „brusnienik" (der Preiselbeerenfreund) paßt
ja nicht für eine weibliche Heilige.

Im ganzen bietet Haases Buch einen bedeutendien
Beitrag zur Geschichte der ostslavischen Religion. Das
Werk ist um so willkommener, als es weit zerstreuten
Stoff sammelt und kritisch bewertet. Viele Leser werden
sich dem Verfasser noch zu besonderem Dank verpflichtet
fühlen, weil durch seine Vermittelung nun ein großes
Gebiet in russischer Sprache veröffentlichter russischer
Volksüberlieferung und diesbezüglicher russischer Forschung
der westeuropäischen Religionswissenschaft und
Volkskunde bekannt geworden ist. Obgleich der Verfasser
selbst darauf verzichtet hat, die Ergebnisse seiner
Forschung auch für die Frage nach dem arischen Erbgut
zu verwerten, werden sie auch zur Lösung dieses
Problems ihren Anteil beitragen.

Riga L. Adamovics

Phllippson, Paula: Griechische Gottheiten in ihren Landschaften
. Oslo: A. W. Bregger 1939. (83 S. 16 Bildtaf.) gr. 8° =
Symbolae Osloenses fasc. supplet. IX.

16. Jahrhundert von außen her nach Rußland gebracht worden.
Das Kapitel von „Zauberei und Wahrsagerei" (261-280) legt dar,
daß erst in christlicher Zeit durch Einwirkung gricchisch-byzanrti-
nischer und südslavischer Zauberliteratur eine Unmasse von abergläubischen
Vorstellungen entstanden ist, denen jedoch vorchristliche
Anschauungen zu Grunde lagen. Beispiele von Beschworungen befinden
sich in aus'Mebicer Anzahl auch in anderen Kapiteln des Wer-

ke . Der Wider pruch, welchen der Verfasser einer Zauberformel ! Ausgehend von der Tatsache, daß die griechischen Götter nicht

vorwirft (S. 276), löst sich meiner Meinung nach, wenn wir in den transzendenter Natur sind, sondern in der den Menschen umgebenden

zitierten Sätzen den parallelismus membrorum erkennen. Erscheinungsweit gedacht wurden, betrachtet die Verf. die Gegend,

Die letzten Kapitel (S 280—337) bearbeiten die Vorstellungen in der em Gott besonders verehrt wurde, geradezu als seine „ursprüng-

und Gebräuche, welche sich' auf das Menschenlos und Familienleben ! liehe O fenbarungsform", so daß sie sogar sagen kann: „Der Berg

beziehen- Ehe und Familie, das Kind, Beschwörungen bei Hoch- , von Dodona i s t Zeus der Weltherrscher". Sieht man von dieser viel

zeit und Geburt der Tod, Bestattungsarten, Totenmahlc, Totenklagen, zu weit gehenden Identifikationstendenz ab, so birgt sich in der Art,

Totenfeste die' unreine Toten", Seele und Jenseits. Die Vorstel- j wie die Verf. die Natur der Gottheiten aus ihrer Kultlandschaft zu

hingen vom Tode werden auch auf Grund des archäologischen Ma- i deuten unternimmt, doch immer noch die Gefahr, daß alle andern

terials behandelt Dabei bringt Haase die Leichenverbrennung mit , gotterbildenden Faktoren aus dem Gesichtskreis rücken. Nicht weniger

dem ursprünglichen Feuerkult der Jäger- und Hirtenzeit in Ver- '] heikel ist es, daß jede Gottheit (mit Ausnahme Demeters, der „Ubi-

bindung und sieht in der Erdbestattung eine Änderung, welche bei qurtat' zugeschrieben wird) nur an irgend einem oder allenfalls eini-

der Seßhaftwcrdung durch die besondere Verehrung der Mutter Erde , gen, wenn auch markanten Punkten aufgesucht wird, z. B. Zeus

veranlaßt worden sei (S 300 u. 338). Der Ahnenkult bzw. Toten- ; m Dodona und Athena in Attika, obwohl ihr Wesen eigentlich nur

km wird nicht allein in diesem Abschnitt (S. 311 f. und 318 ff.), ■ aus derjenigen Lokalität erklärt werden dürfte, an der sie entstanden

sondern auch in einigen vorhergehenden Kapiteln behandelt (z. B. j ist sofern diese überhaupt ermittelt werden könnte. Wenn man

S. 25, 32 106 f, 119, 127 204 f., 229). Ich möchte aber das z. B. S. 47 liest, daß Hera sich den Vordoriern „als die argivische

Recht der Verallgemeinerung bezweifeln, daß die rituelle Speise „Kuf- | Landschaft offenbart" habe, und doch der Möglichkeit Raum ge-

ja" (Orütze) nur als Totenspeise anzuerkennen wäre, und ihre Nach- | geben findet, daß diese Einwanderer sie schon auf ihrem Zuge als