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Ausgabe:

1941

Spalte:

98

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Goldschmidt, Rudolf C.

Titel/Untertitel:

Paulinus' churches at Nola 1941

Rezensent:

Schneider, Carl

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Theologische Literaturzeitiing 1041 Nr. 3/4

98

außer diesem Verzeichnis der nicht abgebildeten besprochenen
Reliquiare noch folgende Register bezw. Verzeichnisse
vermissen: 1) an Stelle des „Sachverzeichnisses
" (727—735) ein vollständiges Namen- und Sachregister
, das beispielsweise auch erkennen ließe, ob ein
bestimmtes Reliquiar in das Werk aufgenommen ist
oder nicht; 2) ein Sonderverzeichnis der noch vorhandenen
Reliquiare des ersten Jahrtausends und der drei
ersten Jahrhunderte des zweiten, die, wie wir hörten,
Braun in seinem Werk restlos genannt und besprochen
hat; leider erfahren wir von ihm aber nicht, um wie
viele es sich dabei handelt und welchen Jahrhunderten
sie im einzelnen angehören; eine Sonderliste mit Angabe
der Entstehungszeit ist darum ein herber Mangel.
Weniger gewichtig ist das Fehlen eines Literaturverzeichnisses
mit den Veröffentlichungen, die sich bisher
bereits um die Reliquiare bemüht haben und deren
ich einige den Stoff als Ganzes betreffende in meinem
Artikel „Reliquiare" RGG2 zusammengestellt habe; beizufügen
wären dieser Reihe etwa Margarete Fugmann,
Frühgotische Reliquiare. Ein Beitrag zur rheiniscii-belgii-
sehen Goldschmiedekunst des 13. Jahrhunderts, Bonn,
pliil. Diss. 1931 und L. Leschi, Reliquaires chetiens deVIe
siecle en Numidie, Comptes-rendus de l'Academie dies
Inscriptions et Belles-lettres 1934, 236—245 (bespricht
ein von Braun nicht genanntes Terracotta-Reliquiar mit
der Inschrift: Hie memoria Sancti Juliani etc. im Museum
zu Constantine und andere). Ist aber das Nichtvorhandensein
eines derartigen Literaturverzeichnisses,
das die Ergänzung wäre zu dem von Braun gegebenen
sehr dankenswerten und umfassenden Verzeichnis der
benutzten Quellenwerke (XVII—XXIV), schon darum
nicht allzu gewichtig, weil das große Werk Brauns alle
vorausgegangenen Veröffentlichungen durchaus überholt,
so gilt dies um so weniger von einem ganzen Textabschnitt
, den Braun uns schuldig geblieben ist. Er hätte
zu enthalten einen Aufriß der geschichtlichen Entwicklung
des Reliquiars in seiner Gesamtheit. Was wir damit
meinen, umreißt Braun selbst Seite 4 in dem Satz:
„Es ist ein anderes Bild, das die Reliquiare der den
Ausgangspunkt der Entwicklung bildenden Karolingerzeit
, ein anderes, das die Reliquiare aus der Zeit des
romanischen Stils, der Frühgotik, der Spätgotik, der
Renaissance und des Barocks uns bieten". Dieses Bild
herauszuarbeiten, gegeneinander abzusetzen und uns vor
Augen zu führen in der Gesamtschau der Reliquiare ist
eine Aufgabe, die unausgeführt dem Leser überlassen ist.

Dennoch ein großes Werk. Von der Mühe und Sorgfalt
, die der Verfasser es hat sich kosten lassen, zeugt
auch der tadellose Druck. Seite 206 „Bild 151" statt
152 und Seite 313 Z. 22 „Zierarten" statt Zieraten sind
die einzigen nennenswerten Versehen, die mir aufgefallen
sind, auch sie ohne Belang. Woran der Verfasser Seite
605 mit der Behauptung gedacht hat, das Lamm Christi
finde sich häufig an Reliquienkreuzen als Ersatz des
Gekreuzigten „wie namentlich in altchristlicher Zeit",
ist mir nicht klar geworden; denn aus altchristlicher Zeit
ist mir über das von ihm an der gleichen Stelle genannte
Justinuskreuz im Schatze von St. Peter zu Rom (6. Jh.,
Bild 532, dazu noch S. 459, Abb. auch Garr. 430, 5. 6),
das auf der Rückseite über der Kreuzung der Balken in
einem Medaillon das nimbierte Lamm mit dem Kreuz
zeigt, hinaus keim weiteres Beispiel bekannt.

Was für einen anderen eine Lebensarbeit gewesen
wäre, ist für Joseph Braun neben den großen Standardwerken
über die Geschichte der liturgischen Gewandung,
den christlichen Altar und das christliche Altargerät
in diesem neuen großen Werke zu einem weiteren Teilstück
seiner gewaltigen wissenschaftlichen Gesamtarbeitsleistung
geworden. Es ist das erste den noch vorhandenen
und erreichbaren Bestand an Reliquiaren
systematisch verarbeitende Werk. Es wird auf unabsehbare
Zeit hinaus auch das letzte über seinen Gegenstand
sein und sein können. Vielleicht mehr noch als bei
den vorangegangenen ist man gerade bei diesem an jene

Sätze erinnert, mit denen Goethe die Einleitung zu seinem
Entwurf einer Farbenlehre eröffnet und die so
lauten: „Die Lust zum Wissen wird bei dem Menschen
zuerst dadurch angeregt, daß er bedeutende Phäno-
i mene gewahr wird, die seine Aufmerksamkeit an sich
ziehen. Damit nun diese dauernd bleibe, so muß sich
eine innere Teilnahme finden, die uns nach und nach
mit den Gegenständen bekannter macht. Alsdann bemerken
wir erst eine große Mannigfaltigkeit, die uns als
Menge entgegendringt. Wir sind genötigt, zu sondern,
zu unterscheiden und wieder zusammenzustellen; wodurch
zuletzt eine Ordnung entsteht, die sich mit mehr
oder weniger Zufriedenheit übersehen läßt." Darf Braun
„mit mehr oder weniger Zufriedenheit" die in seinem
Werke erarbeitete „Ordnung" übersehen, wir tun es
mit allein Lob und vollem Dank.

Berlin-Grunewald Georg Stuhlfauth

Gold Schmidt, Dr. R. C.: Paulinus'Churches at Nola. Texts,
Translations and Commentary. Amsterdam: N. V. Noord-Hollandsche
Uitgevers Maatschappij 1940. (VII, 203 S., 1 Textabb.) 4°. fl. 4.50.
Die zu einem vorläufigen Abschluß gekommenen
Ausgrabungen Chiericis in Cim-ilile erforderten dringend
eine Beschäftigung mit der glücklicherweise reichen
Überlieferung über die Kirchen bei Paulinus von Nola.
Der Verf. hat diese Aufgabe durch eine Textausgabe
mit Kommentar der in Frage kommenden Stellen zu
lösen versucht. Abgesehen von dem archäologischen
Interesse ist es überhaupt nötig, sich einmal um den
sehr vernachlässigten Paulinus zu kümmern. Zu dieser
Arbeit bietet der Verf. allerdings nur die Anfänge in
einer kurzen einleitenden Biographie, die vieles offen
läßt, so die Frage nach dem genauen Verhältnis zwischen
Paulinus und Ausonius. Seine Hauptarbeit gilt
den Natalicia, von denen er zunächst eine ausführlichere
Analyse gibt. Unter den seltsamen Wundergeschichten
ist übrigens eine religionsgeschiehtlich noch genauer
zu untersuchen (carm. 20), zu der Kazarow neuerdings
interessantes thrakische Material beigebracht hat (PWRE
Art Thrake, Religion. S. 487 f.). Bei der chronologischen
Uebersicht ergibt sich mit ziemlicher Sicherheit das
Jahr 395 für das erste Natalicium.

Nach eingehender Beschreibung der Codices und Ausgaben werden
in Anlehnung an den Hartelschen Text folgende Stücke ediert
und ins Englische übersetzt: epist. 32, 10—17; carm. 27,345—o47;
28, 1—325, also die für Archäologie und Topographie ausschlaggebenden
. Der anschließende KonimentaT ist in der Hauptsache
Wortkommentar und leidet unter einer allzu zufälligen Auswahl.
Wenn man z. B. überhaupt zu Basilica in einem Kommentar etwas
sagen will, genügen die wenigen Bemerkungen nicht (S. 93/!5),
und so ist es in sehr vielen Fällen. Die gute Beobachtung zu 287, 1
(S. 1031 verdient eine nähere Untersuchung. Zu vielen Worten
wären vor allem außerchristliche Belege beizubringen, die sehr selten
vorhanden sind. Oft ist das Material geradezu dürftig, so etwa bei
pompa, odor, picturae, cohors usw. Gut sind dagegen die sich rein
auf das Archäologische beziehenden Bemerkungen. Neues bieten vor
allem die Bemerkungen zu Filia (S. 183) mit wichtigen Quellen
zur Adopttonsfrömniigkeit.

Aber aufs Ganze gesehen wäre eine tiefere ideengeschichtliche
Durchdringung des Stoffes nötig gewesen.
Immerhin wird man anerkennen, daß der Verf. mindestens
bei der recht schwierigen Übersetzung eine wichtige
Arbeit geleistet hat.
Königsberg, z. Zt. im Heeresdienst Carl Schneider

Hart ig, Otto: Der Bamberger Reiter und sein Geheimnis.

Ein Beitrag zur Ideologie der hochmittelalterlichen Reiterdarstellungen
, nebst einem Anhang: Der Magdeburger Reiter. Bamberg:
C. C. Buchner 1939. (176 S., 5 Textabb., 17 Abb. auf Taf., 1
Plan, 1 Kte.) 8°. RM 3.80.

Mit diesem Buch wird die bereits recht umfangreiche
Literatur über den Bamberger Reiter um ein Werk bereichert
, das aus den bisher anscheinend unentwirrbaren
Rätseln, die sich um die dargestellte Persönlichkeit dieses
Reiters weben, endgültig den Weg ins Freie, zur Lösung
des Geheimnisses weisen dürfte. Die letzte voraus-