Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1941

Spalte:

78-79

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Noth, Martin

Titel/Untertitel:

Das Buch Josua 1941

Rezensent:

Beer, Georg

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

77

Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 3/4

78

alles andere dürfte für das Schicksal der an Or.s Werk
anknüpfenden Einzelforschung sein, dal! jene mit der
gleichen Hingabe und dem gleichen sittlichen Ernst zu
Werke geht, die aus des Verfassers vorliegendem Versuch
zu uns sprechen.

Berlin Adolf Spamer

Ljungberg, Helge: Die nordische Religion und das Christen- j

tum. Studien über den nordischen Religionswechsel zur Wikingerzeit.
Aus dem Schwedischen übers, v. Hilko Wiardo Schomerus. Gütersloh
: C. Bertelsmann 1940. (VII, 325 S.) gr. 8°. RM 10 — ; geb. RM 12—.
Dies Buch eines schwedischen Theologen hat zweifellos
seine Verdienste, bewußte und unbewußte, aber es I
besitzt auch Stellen, denen der Oermanist widerspricht, i
Es besitzt ja außerordentlich viele Geschwister aus den I
letzten Jahren, manche jener anfechtbaren Stellen teilt
es mit diesen. Eines der unbewußten Verdienste i
ergibt sich aus jenen Kapiteln, die die alten Quellenbe- j
richte über die Typen und Persönlichkeiten der bekehrten
Nordgermanen und über die Vorgänge bei der Be- j
kchrung mustern. Hier wird nämlich klar, daß zunächst j
noch eine wichtige, in der Hauptsache philologische !
Vorarbeit zu leisten ist, ehe die angeschnittenen Fragen
einer Lösung näher gebracht weiden können. Denn es
gibt durchaus zweierlei Bekehrungsberichte, aber die I
zweite Art kann nicht dieselbe Bewertung behaupten wie |
die erste. Es gibt so eindeutige und unbezweifelbare i
Berichte wie die über die Bekehrung einzelner großer
Skalden, besonders etwa Hallfreds, wie es sie vielleicht
in der ganzen Welt nicht wieder gibt, nämlich mit den in.
authentischen Gedichten ausgesprochenen Gedanken der
Täuflinge über ihre Bekehrung. Diese Strophen haben
durch den Bericht selbst, der sie enthält, keinerlei Färbung
oder Einbuße erleiden können, sie sprechen klar
und deutlich ewig für sich selbst, sie sind wie Wachsplatten
, sie sind unschätzbar, sie sind echt, sie enthalten
die Wahrheit. Aber es gibt auch Bekehrungsberichte,
die sich motivisch ebenso deutlich aus der christlichen
Bekehrungs- und Märtyrerlegendc nähren und nur in
den Norden mit nordischen Namen übertragen worden
sind. Es sind das zugleich bezeichnenderweise die sehr
kirchenfrommen, dem Heidentum gehässigen, mit allerhand
orientalischen Torturen geschmückten, mit einer
Fauna, z. B. in Otterngestalt, versehen, die der Norden
nicht kennt, mit Einfügung Odins und Thors an Stellen,
wo vorher sehr deutlich Satan oder Saturn gestanden
haben (z. B. wenn Thor seine Kinder gefressen haben
soll), mit tvpischen Legendenträumen usw. usw. Diese
Berichte sind fast wertlos, sie müssen endlich in sauberer
philologischer Arbeit von einem bewanderten Legendenmann
ausgeschieden werden, sie spielen bei L. eine viel
zu ernste Rolle, hier winkt eine sehr dankbare Aufgabe, j
und ich bin überzeugt, daß dabei die etwas gewaltsamen j
nordischen Bekehrer, besonders die beiden königlichen !
Olafe, stark von ihren grausamen Zügen orientalischer j
Wüteriche werden befreit werden können; sie ließen sich
auch so schon immer nur sehr schwer mit ihrer sonst j
so prächtigen Art und ihrer königlichen Persönlichkeit
vereinigen. Der Germanist wird sich in erster Linie im- 1
mer an Zeugen wie Hallfred halten; unsenn theologischen
Autor sind jene Legendenwandermotive nicht ganz
entgangen, aber er nimmt doch die Scheidung nicht vor
und erkennt die unvergleichliche Höhe des Hallfredberichtes
nicht.

Ein bewußtes Verdienst ist die systematische Behandlung
der heidnischen Reaktionsbestrebungen gegen
die Bekehrung. Wo aber bleibt hier der so hochin- ]
teressante norwegische Hakon Jarl, eine Art germanischer
Julian Apostata? Das Buch bekommt hier auf einmal
ein stark ausschließlich schwedisches Achtergewicht;
aber es gelingt dem Verfasser eine hübsche Entdeckung, i
nämlich die schwedischen Gegenbewegungen des IL
Jhdts. datenmäßig und ursächlich mit den großen, alle 1
neun Jahre wiederkehrenden Opferfesten von Upsala in

reguläre Verbindung zu bringen, was durchaus einleuchtet
. (Nur benötigten wir wohl dazu Le Bons Massenpsy-
cholcgie nicht unbedingt, denn die paar tausend altschwedischen
Bauern dürften wohl in keiner Weise mit
einer Volksmasse des 19. Jhdts. zu vergleichen sein).
Hier ist folgerichtig von glücklichen historischen Beob-
obachtungen Gebrauch gemacht worden; während man
sonst zuweilen den Eindruck hat, daß der Theologe gehindert
ist, zu den richtigen Folgerungen ganz durchzudringen
. So erkennt er zwar immer wieder den riesigen
Eindruck der bekehrenden Persönlichkeit, etwa der
beiden Olafe, im Bekehrungsprozeß auf die Psyche des
Kandidaten, auch wohl die relative Gleichgültigkeit der
Nordgermanen in Glaubensfragen — wenn auch nicht
in Form- und Kultfragen, eine gleichfalls sehr glückliche,
neue Beobachtung des Verfassers —, zieht aber nicht die
Konsequenzen daraus und redet weiter von radikal seelischen
Umwandlungen und tiefen seelischen Krisen in den
Täuflingen. Das läßt sich in solcher Übertreibung nicht
halten, seelische Tragödien haben sich hierüber in Germanien
nirgends abgespielt, und zu Grunde liegt da wohl
der Irrtum vieler theologischer Autoren, daß sie bei der
nordeuropäischen Mission des 10. Jhdts. mit einem reinen
, wirklichen, in letzter Tiefe voll begriffenem und
gelehrtem Christentum rechnen, während es doch in
Wirklichkeit sich leicht zeigen ließe, daß zu dieser Zeit
oft nicht einmal sehr hohe geistliche Würdenträger
darüber verfügten, daß sie zum Beispiel den Sinn des
Opfertodes Christi nicht im mindesten mehr begriffen.
Von einem so volkstümlich gewordenen Christentum, wie
es damals missioniert wurde, gingen keine radikalen seelischen
Änderungen aus; dann wäre die Mission auch
sehr viel schwieriger gewesen, als sie in Wirklichkeit war.

Auch die Frage, ob Kirchen wirklich immer und
grundsätzlich auf den Plätzen heidnischer Kultstäften
erbaut wurden, wird — eigentlich zum ersten Mal — kritisch
und für den nordischen Raum systematisch untersucht
: es hat auch das Gegenteil, die absichtliche Vermeidung
stattgefunden! Dem Synkretismus ist der Verfasser
als Theologe abgeneigter, als es der Philologe
wäre; aber er übergeht dabei wichtige nordische Zeugnisse
, mit denen er sich hätte auseinander setzen müssen,
wie z. B. die Völuspä.

Bonn Hans N a u m a n n

ALTES TESTAMENT

N oth, Martin : Das Buch Josua. Tübingen: J. C. B. Mohr 1938. (XVI,
122 S.) gr. 8° = Handb. z. AT, Erste Reihe, 7. RM 5.80 ; geb. RM 7.60.'
Das Buch Josua ist, namentlich in seinem 2. Teil
Kap. 13 ff., sehr wichtig für die Geographie Palästinas.
In dieser Hinsicht hat Noth in seinem Kommentar das
zur Zeit Mögliche geleistet. Welche Fülle gelehrter Forscherarbeit
steckt in dem auf Anregung des Herausgebers
Eißfeldt hergestellten Register der im Josuabuch
vorkommenden Ortsnamen und der Entsprechungen im
heutigen Arabisch. Hier wird der moderne hebräische
Lexikograph mit Eifer die Brosamen aufpicken, die von
der reichen Tafel fallen. Die angefertigte Übersetzung
ist in gutem Deutsch abgefaßt, ohne das Original zu
vergewaltigen. Desgleichen verdient die philologische
Betreuung des Textes alles Lob. Ob das öfter zitierte
2 bändige Werk von C. Brockelmann, Grundriß der vergleichenden
Grammatik der semitischen Sprachen 1908/
1913, das beste Buch über Hebräische Grammatik und
Syntax, vielen Durchschnittsbenützern des Kommentars
zur Hand sein wird? Wenn's der Fall ist, so seien sie
gepriesen! Das Geschichtliche wird von Noth aus dem
oft stark verblaßten Gewand der einzelnen Erzählungen
behutsam herausgeholt. Besonders erfreulich ist die
starke Unterstreichung der hohen Bedeutung von Jos. 24
für die älteste Religionsgeschichte Israels: die Hereinziehung
der nicht am Sinaibund beteiligten israelitischen