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Ausgabe:

1941

Spalte:

54-57

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Heim, Karl

Titel/Untertitel:

Jesus, der Weltvollender 1941

Rezensent:

Althaus, Paul

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Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 1/2

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geschichte des 19. Jhdt.S wichtigen Personen Und Stät- | sten angesehen hatten. Eine fortgesetzte Säkularisierung, eine beten
möglichst anschaulich werden ZU lassen, sind Über stinuntere Scheidung von bewußtem Christentum und bewußtem Nicht-
das cranze Werk 190 Bilder verteilt (Wiedergaben von | c«-Jstentum kennzeichnet das Jahrhundert, nicht bloß in den Zeiten, wo
Udb ganze went 1 JV «>HU«i vci icui V S_____......, einc unverhohlene Christentumsfeimfeseh.f* Ha«, n-mR» iv/^tar..

Gemälden, Stahlstiehen, Lithographien, Radierungen und
Fotos; sehr ungleich an Wert, drucktechnisch nicht immer
gelungen). Mehr als ein Drittel dieser Bäder be-

cine unverhohlene Christentumsfeindschaft das große Wort führte, sondern
auch in Zeiten, die im Großen und Ganzen freundlich eingestellt
schienen. Aber es läßt sich trotzdem äußerst schwer entscheiden, ob
es wirklich richtig ist, vom 1<). Jahrhundert als einer Zeit des Rück-

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~'iau'''AAn~r,0r imrl Stetten- von F. Chr. Bauer, 1 gangs für das Christentum zu sprechen, wie es das 18. Jahrhundert
trifft deutsche Manner lind .Statten. vo ^ ^ Jetten war. Geht man der Sache auf den Grund, so entdeckt man

Beck, Biedermann, bismarCK ™»SECr Wellhausen oft eine weit verbreitete Gleichgültigkeit in Zeiten, wo das Christen-
binger Stift, der Wartburg, WO«*»«!, omjJ I tum anscheinend das Obergewicht hatte, und eine übcrrasclicnde christliche
Kraft in Zeiten, wo es in den Winkel gedrängt zu sein
schien. . . ."

,,. . ." Jede Verallgemeinerung wird dem Ganzen nicht gerecht.
„Vielleicht kommt man dem Ziel am nächsten, wenn man als den besonderen
christlichen Typus, den das Jahrhundert namentlich auf protestantischem
Boden schuf, den harmonischen, humanisierten Christentumstypus
ansieht, für den eine Synthese von Christentum und Kultur
und eine innerliche Vereinigung des echt Menschlichen mit dem
Christlichen — aber mit einem tieferen Verständnis des Menschlichen
in seiner Mannigfaltigkeit und des Christlichen in seiner Eigenart,
als es die Aufklärung des 18. Jahrhunderts besessen hatte — das
höchste Ideal war. . . . Seine große Gefahr war, In einer diesseitigen
Kuliursel igkeit zu landen. Aber man soll darüber niemals vergessen,
daß hinler der Harmonie oft eine tiefe innere Spannung lebendig blieb,
und daß dieser Typus in seinen höchsten Formen oft ein Leben in
dem Ewigen bedeutete, für das das Vergängliche nur ein Gleichnis
war.

Die Kulturseligkeit bekam ihren entscheidenden Sprung, als sie
auf Europas Schlachtfelder hinausgeführt wurde. Aber der Weltkrieg
bedeutete nicht allein den großen neuen Einschnitt. Bevor er kam,
hatten sich schon viele Ansätze dafür gezeigt, daß eine neue christliche
Selbstbesinnung einsetzen mußte, die jetzt nur beschleunigt
wurde. Neue Forderungen sind gestellt, neue Aufgaben haben sich in
einem Ausmaß angemeldet, daß vielen nun der Abstand deutlich geworden
ist von dem Jahrhundert, dessen Erben wir sind. Und doch
sind wir noch durch unendlich viele Fäden mit ihm verbunden.
Keine der Aufgaben, vor die es die Christen gestellt hat, ist veraltet
, selbst wenn sie jetzt einen Einsatz neuer Art fordern; und für
den, der sie ernsthaft anpacken will, gibt es zweifellos noch viel zu
lernen von denen, welche in einer früheren Generation, oft mit dem
Einsatz einer bewunderungswürdigen Kraftanspannung, die Forderungen
auf sich nahmen, die geradj: ihnen gestellt waren. Es bedeutet
verlorene Kraft, wenn die besondere Einstellung einer neuen Zeit
nicht Hand in Hand geht mit der Bewahrung der Kontinuität."

Das überaus stoffreiche, bei aller Kürze anschaulich
geschriebene, mit seinem Urteil nicht zurückhaltende
Buch wird sicher im Norden viele Leser finden, trotz
der Anforderungen, die es doch an den Nichttheologen

Wichern und Zahm sind 75 deutsche Namen im Bilder
Verzeichnis angeführt.

Da Norregaard sein Werk für einen weiten Leserkreis
entworfen hat, hat er auf alle Diskussion mit andern
Forschern verzichtet und seine Darstellung auch
nicht durch Belege unterbaut. Aber es steht die Arbeit
vieler Jahre und der Ertrag einer mehrjährigen Auslandsreise
dahinter, die dem Buch die Frische der Anschauung
gegeben und die Einfachheit und Verständlichkeit
der Darstellung nicht genommen haben.

Die Darstellung der deutschen Kirchengeschiehte beginnt
mit einem Kapitel über die Romantik und ihre
Philosophie. Schleiermachers religiöser Entwicklung und
erstem Auftreten ist das 2. Kapitel gewidmet, die hemmenden
Gegenkräfte kommen im 3. Kapitel („Die fortgesetzte
Machtstellung der Aufklärung in Theologie und
kirchlichem Leben") zur Sprache. Die Befreiungskriege
und das Reformationsjubiläum behandelt das 4., die
Preußische Union das kurze 5. Kapiitel. Dann erst
wird die Bedeutung des reifen Schleiermacher gewürdigt:
Kap. 6. „Anderen Neuschöpfungen in der Theologie"
gilt das 7. Kap.: de Wette, Daub, Marheinecke, Neander
und Tholuck. Das 8. Kap. schildert die Erweckung
und den Konfessionalismus bis 1848 in den einzelnen
Gebieten. Nach kürzeren Abschnitten über die schlesi-
schen Altlutheraner, äußere und innere Mission, radikale
Geistesströmungen der 30er und 40er Jahre (Strauß
usw.) und den politischen Liberalismus wird in dem
großen 13. Kap. die Theologie von 1830—1870 skizziert:
die radikale Theologie, die Vermittluingstheologie und die
Orthodoxie treten nach einander auf. Die 3 weiteren
Kapitel sprechen über kirchliche Organisation und kirchliche
Einheit, über das kirchliche Leben der 50er und
öOer Jahre und über das Ringen im gesellschaftlichen
und geistigen Leben.

Auch im 2. Band ist der deutschen Kirchengeschichte
ein entsprechend großer Teil des gesamten Raumes gewidmet
: nach einander werden die historische und systematische
Theologie, die kirchliche Organisation und Ein-
lieitsbestrebungen, kirchliche Parteien und Lehrstreitigkeiten
, das Verhältnis des Protestantismus zum Katholizismus
, Gottesdienst und Verkündigung, Kirche und soziale
Frage, Gemeinsehaftsbewegung, äußere Mission,
freiere, unkirchliche Strömungen und die Stellung der
Kirche im Volk behandelt.

Damit sich der Leser ein Bild von Stil und Stellung des Verfassers
machen kann, sei hier das Schlußkapitel des 2. Bandes im Auszug
übersetzt: „Keine der christlichen Kirchen war nach Ablauf der
geschilderten Periode ganz wie zu deren Anfang: alle hatten etwas
erlebt, was ihnen in vielem ein neues Gepräge gab. . . . Die römische
Kirche hatte sich in ihrer ultramontanen Zuspitzung noch schärfer
als früher vom Protestantismus abgegrenzt, wenn auch die Möglichkeit
eines Verständnisses über die Grenzen hinweg noch bestand. . . .
Es gab kaum eine Kirche, die wie die lutherische die Arbeit aufnahm
, ernsthaft das Christentum mit den wissenschaftlichen Fortschritten
des Jahrhunderts und seinem tiefen Zweifel zu konfrontieren.
Das war ihre Ehre und ihr großes Wagnis. Es führte nicht selten
zur Verwässerung des eigentlich Christlichen, aber es war zugleich
eine Arbeit, die auf manche Weise dem Gesamtprolcstantismus zu
Gute kam. . . .

Das Jahrhundert stellte den Christen übermächtige Aufgaben:
die Aufgabe eines neuen Denkens, die Aufgabe eines neuen Einsatzes
für die leidende Menschheit, die Aufgabe einer neuen Ausbreitung
. Niemand wird behaupten, daß diese Aufgaben so gelöst

stellt.

Mi,nster E. Haenchen

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Heim, Karl: Jesus der Weltvollender. Der Glaube an die Versöhnung
und Weltverwandlung. 2., neubearb. Aufl. Berlin: Furche-
Verlag [1939]. (290 S.) gr. 8° = Der evang. Glaube u. d. Denken d.
Gegenwart, Grundz. einer christl. Lebensanschauung, 3. Bd. RM 5.80.
Soviel ich sehe, ist die erste, 1937 erschienene Auflage
dieses Buches in der ThLZ noch nicht besprochen.
Daher berichte ich im Folgenden nicht nur über die Änderungen
in der 2. Auflage, sondern über das Werk im
Ganzen.

„Jesus der Weltvollenider" ist der dritte Band des
dogmatischen Gesamtwerkes von K. Heim „Der evangelische
Glaube und das Denken der Gegenwart". Vorauf
gehen die beiden Bände „Glaube und Denken" (die philosophische
Grundlegung) und „Jesus der Herr" (die
Lehre von der Urschuld und der Gottesoffenbarung in
Christus). Der vorliegende Band ist in sich geschlossen,
weist aber vielfach auf die Ergebnisse der beiden ersten
Bände zurück. Er behandelt die Weltversöhnung und
Weltvollendung und gliedert sich in 4 Teile: 1) Die
Voraussetzungen für das Verständnis der Botschaft von

.....~*- Vteentlich sollten; aber niemand kann leugnen, ^ yyeltversÖhnung Und Weltvollendung (die Schuld-

da'ß sie mi tiefem Ernst aufgenommen wurden und daß e.ne ,mpo- frage ^ dje Machtfrage jn ihrer Bedeutung Und ihrem

nierende Arbeit in allen Richtungen Kelelstet 7urdLMa-c,;t' ubcr weite Verhältnis); 2) Der Versöhner (nicht eine ganze Chri-
Trotz allem verlor das chnst«""VTJE nominen, au chri- stologie im engeren Sinne — sie steht gutenteils schon
Bevölkerungsschichten, die sich früher, jenen