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Ausgabe:

1941

Spalte:

29-34

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Olinder, Gunnar

Titel/Untertitel:

The Letters of Jacob of Sarug 1941

Rezensent:

Frankenberg, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 1/2

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Ausgaben vorzulegen, ist das große und dankenswerte
Ziel der Wiener Kirchenväterausgabe, die jetzt schon auf
69 Bände angewachsen ist in dem neuesten Bande mit
dem Apologeticum Tertullians. Wer aber das Tempo im
Erscheinen gerade dieses so wichtigen christlichen Lateiners
ansieht, wird nachdenklich: 16 Jahre nach dein
1. Bande ist im Jahre 1906 dier dritte erschienen, dem
jetzt nach mehr als der doppelten Zeit der 1. Teil des
zweiten Bandes gefolgt ist. Wann dürfen wir da auf das
Erscheinen des vollständigen zweiten und des vierten
Bandes und auf die von Hoppe schon begonnenen Indi-
ces zur Gesamtausgabe hoffen? — Nach A. Reifferscheid
, O. Wissowa und E. Kroymann, den Herausgebern
der bisherigen zwei Bände, hat nun den neuesten
Faszikel mit dem Apologeticum H. Hoppe besorgt, der
sich schon kurze Zeit nach dem Erscheinen des ersten
Bandes und auch späterhin noch durch seine Arbeiten
über die Sprache des eigenwilligen Schriftstellers besonders
für die Übernahme der Ausgabe qualifiziert
hatte und diese auch 1909 auf Wunsch seines Lehrers
Wissowa übernommen hat, der die Grundlagen schon
zu einem guten Teile geschaffen hatte, wegen Krankheit
aber nicht an die Ausführung gehen konnte. Nach umfangreicher
Darlegung der handschriftlichen Überlieferung
, aus der Hoppe erstmals die älteste Hs., den Petro-
politanus, auf Grund einer Photographie — solche gab
es bis dahin nur in England und Belgien — für die Text-
gestaltumg nutzbar machen konnte, folgt, in Kapitel und
erfreulicher Weise auch in Paragraphen unterteilt, der
Text in der Form der Vulgataüberlieferung, darunter die
Laa des verlorenen codex Fuldensis, dann auetores und
imitatores und endlich der kritische Apparat. Der Abdruck
der Vulgata und die gesonderte Behandlung des
Fuldensis ergibt sich mit Notwendigkeit aus der in der
Praetation dargelegten Auffassung Hoppes, daß beide
Zweige der Überlieferung je eine auf Tertullian selbst
zurückgehende Ausgabe repräsentierten, von denen die
im Fuldensis niedergelegte die erste, jene der Vulgata
die zweite verbesserte sei, eine Meinung, die schon dadurch
erschüttert wird, daß der Fuldensis offenbar die
bessere Beobachtung der Klauseltechnik ergibt. Ich hatte
in der Praefatio zu meiner Ausgabe eine nicht kleine
Anzahl von Stellen zusammengestellt, an denen Vulgata
und Fuldensis die gleichen Fehler haben. Es ist, wenn
überhaupt Methode noch einen Sinn hat, unausweichlicher
Schluß, daß beide auf einen und denselben Arche-
typos zurückgehen. Hoppe ist diese Feststellung unbequem
, er erspart sich aber die Widerlegung oder auch
nur Erklärung des merkwürdigen Sachverhaltes. Die
Frage der Zuverlässigkeit der als solche des Fuldensis
überlieferten Laa hätte einer eingehenden Untersuchung
bedurft; mit dem Sätzchen ,,quae o.mnia mihi incerta
videntur" ist die behauptete Unzuveriässigkeit nicht abgetan
. Genau so leicht hat Hoppe es sich bei dem sog.
Fragmentuin Fuldense in c. 19 gemacht; wo der von
Wohlleb gegen die Echtheit erhobene Einwand, eine
Stelle in 19,6 sei aus der gleichen, aber mißverstandenen
Wortfolge in c. 47,3 entstanden, durchaus nicht
entkräftet ist. Dieser einseitige Standpunkt, der folgerecht
nur die Vulgata zu Worte kommen läßt, enthebt
uns auch etwas über die Textgestaltung zu sagen: die
neue Ausgabe legt die gesamte Überlieferung vor, kann
aber nicht den Anspruch erheben, den Text Tertullians
zu geben.

Würzburg Josef Martin

Olinder, Gunnar: The Letters of Jacob of Sarug. Comments
on an edition. Lund : C. W. K. Gleerup; Leipzig: .Otto Harrassow'tz
|1939). (140, 20* S.) gr. 8° = Lunds Universitets Arsskrift. N.F. Avd.
1 Bd. 34. Nr. 8. Kr. 5-.

Von dem Verfasser erschien 1937 die Ausgabe der
Briefe des Bischofs Jakob von Serug (Batne), veröffentlicht
im corpus scriptor. ehrtet, orientalium ser II
tom 45. Die in der Reihe der Veröffentlichungen herkömmliche
lateinische Übersetzung soll binnen kurzem

nachfolgen. Da die Einleitungen zum Texte und zu der
Übersetzung möglichst kurz sein sollen und der Verf.
befürchtet, das, was zum historischen und philologischen
j Verständnis des Textes nötig ist, im dem ihm zu Gebote
stehenden Raum der Einleitung zur Übersetzung
nicht genügend vorbringen zu können, bringt er das Material
z. T. in vorliegendem Hefte vor; eim 2. Teil soll
über die histor. und dogmat. Fragen, über Biographisches
und die Umwelt berichten. Das vorliegende Heft
gibt im 1. Teil die Antwort des Verf. auf die Frage,
j wie der Text seiner Ausgabe zu Stande kam.

Die Handschriften In Berlin, Rom und London sah er persönlich
! ein, studierte und kollationierte sie. In der Vaticana stellte er einen
[ Irrtum im Katalog Assemani's fest und hatte das Glück in dem frag-
i liehen Stück den Schiuli des für die Zeitgeschichte wichtigen Briefes an
I die Mönche des Klosters mar Bassus zu finden, von dem in London nur
i Bruchstücke erhalten sind. Außerdem konnten in Rom in 3 andern
! Fällen Texte des mus. Brit. ergänzt bezw. verglichen werden. -- Die
Einsicht in die in London erhaltenen zwei gioßen Sammlungen von
i Briefen des Jakob — addit. 14 587 u. addit. 17 163 — ergab eine bedeutende
Bereicherung unsres Wissens über das hinaus, was aus den
Katalogen und aus den Photos ersichtlich war. Es gelang dem Verf.
In mühevoller Arbeit den ursprünglichen Bestand von addit. 14 587 — 41
Briefe, davon 37 erhalten - sicher zu stellen. Die Überlieferung dieser
Hdsch. — A In seiner Ausgabe — bildet die Giundlage des Textes, der
durch B (addit. 17 163) und die Überlieferung in Berlin, Rom und London
selbst ergänzt wird. In Florenz sollte nach dem Katal. Assem. ein
Brief Jakob's erhalten sein ; der Verf. hat ihn nicht eingesehen, aber die
Photos am Ende seines Heftes veröffentlicht; der Brief scheint ihm nicht
von Jakob zu stammen. Die Sammlung und die Ordnung der 43 Briefe,
wie sie jetzt in der Ausgabe vorliegen, verdanken wir dem Fleiß und
dem Scharfsinn des Herausgebers. —

Der zweite Teil des Heftes bringt a comnientary
on the text. Unter diesem etwas vagen Titel sind Bemerkungen
zum Verständnis des Wortlautes und der
histor. Beziehungen — Verweise auf Nöld. Gramm.,
Druckfehler, Schreibfehler, Emendationen, Citate u. ä.
— zusammengefaßt. Wir haben zum Verständnis der
Sprache und des Inhaltes der Briefe ein vorzügliches
Mittel in den 5 Bänden der homiliae selectae mar Jacobi
Sar. von P. Bedjan 1905 ff. herausgegeben. Für das
Verständnis der Briefe und eine Übersetzung ist ein
Studium dieser Hoinihen m. E. unerläßlich, wenn man
nicht oberflächlich bleiben will; daneben tritt für die
Kenntnis der Zeitgeschichte die Lektüre der in demselben
corpus scr. eh. or. ser II tom 37 herausgegebenen
documenta über die monophysische Streitigkeiten; insbesondere
für die Erfassung des Inhaltes der dogmat.
term. tech. ist diese Sammlung Hauptquelle. —

Der Verf. des Kommentars gibt im einzelnen manch treffende Bemerkung
, aber im allgemeinen scheinen mir seine Beobachtungen an der
Oberfläche zu liegen und beim Leser eine allzu geringe schülerhafte
Kenntnis der Sprache vorauszusetzen. Etwa die Hältte seiner Bemerkungen
grammat. Charakters könnte — nicht zum Schaden des Ganzen —
gestrichen werden. Überflüssig sind z. B. - ich zitiere nach S. u. Zeile
des Textes die Bemerkungen zu 4,8. 15; 17,18; 11,20; 13,21.23;
15, 11 ; 25,9; 37,22; 50,3; 54,4; 55,26; 61, 1 ; 62, 12.28; 66, 16;
68, 4 ; 69, 6; 79, 6; 91, 2; 126, 1 ; 131, 23 ; 135, 10 ; 151, 21 ; 154, 18 ;
157,3; 188,4; 203,23 und viele andre.

Zum andern überschätzt der Verf. durchaus den Wert der Punktation
in den Hdsch. für die Erfassung des Sinnes; daß sie ein Hilfsmittel des
Verständnisses ist, bleibt unbestritten, aber sehr oft ist sie doch ziemlich
wahllos und verständnislos später nachgetragen. Keinesfalls darf
man ihr zu Liebe solche Erklärungen versuchen oder für möglich halten
, wie man sie zu 22, 25 findet. 28, 4 sollen wir wegen des überlieferten
öc-tofzeic, verstehen; natürlich ist tiotz der Interpunkt. )8
zum vorhergehenden N'r.zjn zu ziehen. Ein besonders unverständlicher
Fall der Art liegt 169, 17 vor. In der unterwürfigen geistlichen Rhetorik
jener Kreise entschuldigt sich Jakob, daß er der Bitte des Adressaten
, um Beantwortung seiner Fragen und Skrupel nachkomme. Er tue es,
: nicht weil er glaube, etwas geben zu können, sondern weil er glaube,
' er werde von Gott etwas erhalten, um die wohl überlegte Bitte eines
I ftetoc, Üyi'iq befriedigen zu können ; „wenn ich auch nicht wert bin zu
geben, so wird doch um deinetwillen, der du wert bist alles, was du
bittest, zu empfangen, dir was du bittest gegeben werden, und zwar
von irgend wem (einem Unbedeutenden, wie ich es z. B. bin) entsprechend
deiner Bitte", vgl. Luc. 11, 9. Hier schlägt der Verf., verführt
u.a. durch , das er als quid »t( faßt und vom vorhergehenden stat.
constr. ,tnq trennt, eine unmögliche Erklärung vor. Von solchen Mißverständnissen
zu offenbaren Fehlern ist nur ein kleiner Schritt, und