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Ausgabe:

1941

Spalte:

17-19

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Dornseiff, Franz

Titel/Untertitel:

Echtheitsfragen antik-griechischer Literatur 1941

Rezensent:

Herter, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 1/2

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samaritanische Peutateuch-Handschrifteii des 12.—14. eine Übersetzung wenigstens des Pentateuchs schon itQ&

Jahrhunderts und 2. phonetisch exakte Aufzeichnungen j Tfjj 'AXe^dvöpou xal neQoräv foiwouti'ioeioc. (also eigent-

der heutigen Aussprache des Hebräischen bei den Sania- ! lieh schon vor der Zeit der Perserherrschaft!) existiert

ritanern, die H. Ritter und A. Schaade während des ; haben soll. Es muß Dornseiff natürlich viel daran lie-

Weltkrieges in Nablus gemacht hatten. Der Vergleich ; gen, auch Nichtjüdisches in den Versen zu konstatieren;

ergibt, daß die heutige Aussprache des Hebräischen ; i>n der Tat macht er nach dieser Richtung sehr förder-

bei den Samaritanern im wesentlichen mit der Vokalisa- liehe Bemerkungen.

tion ihrer alten Handschriften übereinstimmt. Es be- | Ja. er glaubt auch altperafeche Einflüsse aufzeigen zu können,

stätigt sich also auf dem Gebiet des Sprachlichen die , ""-Jvva1r v- 7> ™')ff- und besonders 97 ff. Der Dichter verpönt v.

Zähigkeit der samaritanischen Tradition, die Ref. für ! ^ "'^T "r^'*'1'«1 * Seele sich ohnehin vom

. .& «.«•*■ ^ .< t. „ Leibe trenne; er scheint also Praktiken /u meinen die der Serie

d.e Passahtraditionen der Samantaner nachzuweisen ver- dc„ Weg ins Jenscits erleiclltern sollten> hücnst

Sticht hat. Wir lernen somit durch die Samantaner j alte und weitverbreitete Vorstellungen, wonach ein selbständiges Toten-

eilie Aussprache des Hebräischen von hohem Alter ken- | wesen sich erst nach der Verwesung vom Körper lösen kann (vgl. d.

neu, die sich von der durch die Juden überlieferten auf , Ztecbr. lxiii 1938, 412). in diesen Zusammenhang zieht Donis'eiff

dem Gebiet der Lautlehre dadurch linterscheidet, daß ; nun den merkwürdigen V. 97 („setze dich nicht übers Feuer und zer-

Sie die Gutturale in der Regel nicht spricht, das "I ver- q"ä'e vergeblich dein Herz") und sucht daraus ein parsisches Ele-

donnelt, 3 und B überwiegend weich spricht Und Und ! ™f zu gewinnen, indem er erklärt die von dem Dichter mißbilligte

u 1 1 . . . s . . , ,.fl„jl_ ,.,;rri Hi.hch Unterstützung des Menschen nach dem Tode geschehe durch einen

* gleichmäßig als s ausspricht; außerdem wird durch- , _ ^ ^ y „ und J*™

gang lg die PaenuMima betont. _ zwei andere Verse: wenn nämlich in dem ebenfalls problematischen

Den Hauptteil der Arbeit bildet eine licbraiseiic ; v. 98 von öso( (so Hss.) die Rede ist, so kann der unvorbereitete
Formenlehre (Verbal- und Nominalforinen) auf Grund • Leser darunter nur die Götter und nicht die Toten verstehen, da
der phonetischen Umschriften von Petermailll lind er von diesen bisher noch kein Wort gehört hat und erst V. 104
Schaade einerseits, der alten vokalisierten Satnaritani- 1 erfährt, daß sie später fJgo( werden; dann folgt V. 99, der die
sehen Handschriften andererseits. Als Vergleichsmaterial : Einbalsamierung untersagt, und nun erst das Verbot, die Qriber /u
wird beim Verbum vormasoretisches jüdisches Material , °™»J^ ^on« zu zeigen^ was sie nicht schauen «,u. [n
vsiru dciim vciuu , tpytpn ' m ölfester Plink- dlescr artie steckt also xvoM mcl,ts Parslsches, aber neben Jüdischem

geboten: teils aus hebra.se en Textut '''tL^r I imK Qriechisches (vgl. Rohde, Psyche II 379 Anm.j Uchinbegän*.

tation, teils aus griechischen (LXX und Hexaplajles | nisse vor soflneatitlgtng s. Hermann-Blümner, Lehrbuch der Sriech

Privataltertümer 1882, 367. lulian. epist. 136 b B.-C). Wenn^Doru-
seiff nun weiter annimmt, der Dichter wende sich gegen die Ent-
sargung von Delos durch Peisistratos, so müßte er dieser Zeremonie
jenen Zweck der Unterstützung der Totenseelen untergelegt haben;
in Wirklichkeit ist damals aber wohl niemand im Zweifel gewesen'
daß die Reinigung der heiligen Insel von der Befleckung des Todes
beabsichtigt war.

In diesem wie in anderen Fällen scheint es mir nicht möglich,
alte Elemente in dem Sinne nachzuweisen, daß damit die Echtheit
und frühe Entstellungszeit des Oedichtes zwingend gegeben wäre
alle künftige Arbeit an der vormasoretischen hebräischen ! Dagegen, fürchte ich, ist und bleibt ein Stigma u. a. die mit der
Grammatik. Koine oder höchstens im Übergang zu ihr (Aristoph. fr. 965 = Antiphan.

Oöttingen Joachim Jeremias J fr. 32 K.V) aufgekommene Aoristform dttofoilpov V. 77. Und was

| soll man dazu sagen, daß die anderweitig überlieferten authentischen
Domseiff Franz- Echtheitsfragen antik-griechischer Litera- i f,™'"'1' l'1'oky'idc* »^ht die Spur eines jüdischen Einflusses
tu" Retoneen d« ^okVlid«, HekTtaiC*, Choirilos. Ber- ! ?s"» *« !r,a?llC1L' O»—»™^ in einem uner-

«i «d'Tu fir,,JZ 10« rvi I 88 Sl irr 8° RM 6 20 i Ma,k vom AT- *bhla& und schwerlich Domseiffs Oberzeu-

h„: W. deGruyter 939 (VIII 88 b.) gr 8. KM gung entspricht, daß die Oriechen aus dem Cbernommenen etwas

In seiner geistvollen Weise untersucht Dornseitt alte Eigenes und Neues zu schaffen wußten (S. 72. 85)v Einen Vers

Positionen der klassischen Philologie in Echtheitssachen j hat Domseiff freilich selber preisgeben zu müssen geglaubt näm-
auf ihre Haltbarkeit; zugleich geht er darauf aus, neue 1 lieh V. 31 mit dem „Schächtgebot"; aber wenn dieser jiun ein

Ongenes) und lateinischen (Onomastiken des Hieronymus
) Transskriptionen hebräischer Worte. Alle Abweichungen
vom rezipierten masoretischen Text werden registriert
.

Diening beschränkt sich auf die Darbietung dieses
umfassenden Vergleichsmaterials. Eine sprachgeschichtliche
Auswertung hätte wohl den Rahmen der Arbeit gesprengt
. Das Bedauern über diese Selbstbeschränkung
ändert nichts an dem Wert der Materialsammlung für

Belege für orientalische Einwirkungen auf das ältere
Griechentum zu gewinnen und vor allem frühe Bekanntschaft
der Hellenen mit den Juden und dem A.T. zu er-

(christUcher?) Einschuö ist, sollte ein Gleiches dann nicht auch
für den ebenfalls nicht allgemein überlieferten und m. E. entbehrlichen
V. 129 angenommen werden können, der die {Ifo.tvfuoto-

~r—„«„I. r„.-....„:t£ ,i^„ v/_:_i._:*. J__* 1> ... . . ' ... '

SCnail ULM ncWK» ™ «« J««v„ > «-» ... „ofpi'H, nach Domseiff die Weisheit des AT., rühmt? Aber freilich

we.sen (vgl. Forsch, u. Fortschr XVI 1940, 125 ff.). : audl dtmlt wärc das Qed|cllt -cM itei. dn Ma„7rd™m'

Im ersten Kapitel, in dem er die beiden Theognisbucher 1 AT_ so stark verpflichtet ist wie der Verfasser dieser Qnomeiaamm.

als eine einheitliche Schöpfung des um d40 blühenden iung, würde in Milet im 6. jhdt. so einsam dastehen, daß Ich mich

Megarers zu verstehen sucht, zitiert er allerdings nur nicht entschließen kann, ihn für den echten Phokylides zu halten,

vereinzelt Parallelen aus dem A.T. (besonders zu V. j Etwas ganz anderes ist es, wenn man eine ethno-

821 ff.). Weitere Berührungen zwischen Griechischem graphische Behandlung der Juden schon für diese alte

und Alttestamentlichem, wo er mit Abhängigkeit von Äl- Zeit möglich findet. Domseiff schreibt den bekannten

teren auf beiden Seiten rechnet, führt er S. 52,1 bei- | von Phot.. bibl. p. 380 mitgeteilten Exkurs Diodors XL 3

läufig an und nennt S. 71 den Nus des Anaxagoras ; dem Hekataios von Milet (fr. 373 Jacoby) zu, auf den

der Chokma recht synonym. ; sich Diodor selber nach der handschriftlichen Überlie-

Ganz anders das zweite Kapitel, das der unter ferung (Phot. p. 381 a 7 f.) berufen hatte, und gewinnt

Phokvlides' Namen gehenden Spruichsammlung gewid- damit u. a. den ältesten außerbiblischen Bericht über die

met ist (Diehl, Anth. lyr. I 22, 96 ff.). Diese Dichtung Exodos. Freilich braucht er hier nicht direkte Benutzung

steht ja offensichtlich weithin im Banne des A.T. und des A.T. zu postulieren, sondern rechnet mit MitteilurT-

wird darum so gut wie allgemein für unecht angesehen, gen, die Hekataios in Ägypten von einem gebildeten

wenn man auch meist Bedenken trägt, sie mit J. Bernays Juden erhalten haben könnte. Die herrschende Ansicht

geradezu einem Juden zuzuschreiben. Nur K. F. A. gibt das wichtige Stück dem 200 Jahre späteren Heka-

Lincke war, allerdings in alles weniger als überzeugender taios von Abdera, mit dem der alte Milesier in der

Weise, für die Authentizität eingetreten (s. d. Ztschr. : Überlieferung verwechselt worden sein müßte, weiß je-

XXVIII, 1903, 708ff.), und nun sucht Domseiff mit doch die Exzerpte des Josephos aus diesem Autor (c

neuen und ernsteren Mitteln das Gedicht für den Mile- . Apion, I 183 ff. II 43) nicht recht damit zu vereinbaren,

sier aus dem 6. Jhdt. zu retten. Die unumgängliche Vor- Aber andererseits wundert man sich auch wieder,

aussetzung dafür ist, daß das A.T. in dieser Frühzeit wie singulär und wirkungslos der Bericht lange Zeit

bereits in griechischer Sprache vorlag; als Beleg bietet geblieben ist, wenn er wirklich schon so alt ist, wie

sich die allerdings recht problematische Nachricht des Domseiff annimmt. Der Verfasser des Aristeasbriefes

Aristobulos bei Klem. Alex, ström. I 22, 150, 2, wonach 31 (vgl. 312 ff.) kennt als frühesten griechischen Ge-