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Ausgabe:

1941 Nr. 1

Spalte:

315-320

Autor/Hrsg.:

Jeremias, Joachim

Titel/Untertitel:

Deutsche Palästina-Literatur der letzten Jahre 1941

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Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 11/12

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Deutsche Palästina-Literatur der letzten Jahre

Von Joachim Jeremias, Göttingen

Widrige Umstände haben dazu geführt, daß die deut- ! Die anschaulich geschriebene Geschichte der
sehe Palästinaforschung auf dem Gebiet der Ausgra- p a 1 ä s t i n i s c h e n A u s g r a b u n g e n von C 1. K o p p 2
bungstätigkeit nach dem Weltkriege nicht die Stellung , füllt eine Lücke in der deutschen Palästinaliteratur aus,
behaupten konnte, die sie bis dahin im internationalen die über einen derartigen Überblick über Entwicklung,
Wettbewerb der Wissenschaft eingenommen hatte; In- : Stand und Ergebnisse der Grabungen noch nicht verfüg-
flationszeit, Devisenschwierigkeiten, Araberaufstand hat- te. Auch wenn der Vf. nicht den Anspruch erhebt, Neues
ten ständig fortschreitende Einschränkungen zur Folge, | zu bieten, wird sein aus umfassendem Studium der Li-
bis schließlich der Krieg die vollständige Abschnürung ] teratur (doch vgl. ZDPV 64, 1941, 263!) erwachsenes
der deutschen Wissenschaft von diesem Forschungsge- j Referat auch der Fachwelt willkommen sein. Darüber hinbiet
bewirkte. Umso erfreulicher ist es, daß die deutsche j aus wird sein Buch einen weiteren Kreis interessierter
Palästinaforschung trotzdem bis in die neueste Zeit we- | Gebildeter fesseln. Denn K. versteht es, den trockenen
der auf evangelischer noch auf katholischer Seite geruht I Stoff lebendig zu gestalten: es werden nicht nur die einhat
, vielmehr durch die hervorragende Qualität der Ar- zelnen Grabungen mit ihren wesentlichsten Funden je-
beiten von Männern wie G. Dalman, A. Alt, M. Noth, weils kurz geschildert, sondern der Leser gewinnt auch
A. M. Schneider u. a. dazu beigetragen hat, die Weltgel- i einen Eindruck von den Schwierigkeiten, Fehlern und
tung deutscher Wissenschaft auch auf diesem Gebiete zu j Unterlassungen der Anfangszeit, von den methodischen
wahren. j Fortschritten der Grabungstechnik, von den besonderen

Die wichtigste neuere Erscheinung, von der hier zu . Geschicken, Widrigkeiten und Erfolgen der einzelnen

berichten ist, ist die umfassende Untersuchung, die M.
Noth unter dem Titel Die Welt des A. T. 1940
veröffentlicht hat.1 Es sind die Randgebiete der alttesta

Unternehmungen und von der Bedeutung der Ausgrabungen
für die Bibelwissenschaft. Ein geschickt ausgewählter
Bilderanhang, der unter Mithilfe von A. E. Mader

mentl. Wissenschaft, die Noth in zusammenfassender zusammengestellt ist, illustriert den Text vielfaltig durch

Darstellung behandelt. Er gliedert den Stoff in vier Tei- ! Karten, Grundrisse, Rekonstruktionsversuche, bedeutsame

le: 1. Geographie Palästinas, 2. Archäologie Palästinas, | Einzelfunde, Photographien der Grabungsgelände usw.

3. Elemente der altorientalischen Geschichte, 4. Der Text i Die Darstellung selbst ist in vier Teilen derart auf-

des A.T. Man kann von diesem Buch nur mit hoher An- ! gebaut, daß im umfangreichsten 1. Teil die Ausgrabungen

erkennung berichten; Zuverlässigkeit in allen Einzelan- ! der Ruinenhügel, 2. die prähistorischen Ausgrabungen,

gaben, Klarheit des Aufbaus wie der Darstellung und , 3. die Ausgrabungen von Synagogen und 4. von Kirchen

eine weit auseinander liegende Wissensgebiete gleich- j geschildert werden.

mäßig Umfassende Gelehrsamkeit haben sich zusammen- j So anerkennenswert die Besonnenheit des Vf.s in der Auswertung

getan, Um einen Z. T. Überaus verwickelten Stoff fesselnd 1 der Grabungsergebnisse für das Bibelverständnis ist, so wäre an eini-

und verständlich darzustellen. Allenthalben wird der j gen Stellen doch noch größere Zurückhaltung am Platze gewesen,

neueste Stand der Forschung geboten, Gesichertes und ! So ist es beispielsweise äußerst unwahrscheinlich, wenn nicht „unmög-

Hypothetisches sorgfältig geschieden und die wichtigste l.ch.' (M:Noth- PJBc34> 1m8, 17), daß die Zerstörung von Uchis

I itiratnr atiscriphio- nnrreo-phen D'iß Her I pser in der ! <te11 ed-duvver) am Ellde düs 13- vorchr- Jahrhunderts mit Albright

Literatur ausgiebig angegeben. uaH der Leser in aer ; auf dje Erober r durch die Israeliten zurückzuführen ist (s. 70).

Fülle exakter Einzelangaben nicht ertrinkt wird der j Und daß dei. auf den Lachis.0straka erwähnte namenlose Prophet

Fähigkeit des Vf.s verdankt, ein selten reiches Wissen, i >)(lus zeitlichen und sachlichen Gründen" mit dem Propheten Jeremias

fernab jeden Prunkens mit Gelehrsamkeit, in sorgsam in- < identisch sein „muß" (s. 71), kann man keinesfalls sagen; in den

einandergreifender Darstellung klar darzulegen. I aufgeregten Jahren um 600 v. Chr. ist gewiß mancher „Prophet" in

Den Glanzpunkt des Werkes Stellt der 3. Teil dar, ->udäa aufgetreten. - Die wichtige Frage, ob der Südwesthügel

der unter der Überschrift „Elemente der altorientalischen ieTT«^ T' Exil besiedelt und umwallt war, wird in

Ciperhirhtp" pinpn dpn nPiipstpn Stand der Forsrhnno Text und Blldcratina"g verschieden beantwortet: wahrend die Abb. 18

Uescnicnte einen den neuesten btanü aer Forschung . ihn (im Anschluß an Galling) zu den erst in nach exilischer Zeit

Wiedergebenden Aufriß der altonentalischen Geschichte I bebaute,i Teilen Jerusalems rechnet, ist im Text zu lesen, daß es seit

bietet. Dieses ungemein verzweigte Forschungsgebiet j 1935 als bewiesen (sie!) gelten kann, daß er schon vor dem Exil

wird geschickt derart gemeistert, daß zunächst die geo- j hinter Mauern lag (S. 63).

graphischen Grundlagen und die Quellen (Überreste der , £in weiteres „ ft der leichen Samml hat c,

Kulturen und Schriftdenkmäler) vorgeführt werden. Die | R dem ^ a n a d e s Evangeliums gewidmet»;

?T T°hrt" h r hnSh?r h e%Zlld«n a.11f.habetlscSe" ! in liebevoller Sammelarbeit hat er hier die mit Eusebius

Schriften fuhrende Geschichte der Schrift gibt von selbst , einsetzenden Zeugnisse Über die Lage dieses im 4. Evan-

Anlaß zur Frage nach den Sprachen. Dann erstehen in ,ium wiederholt (Joh.2,1.11; 4,46; 21,2) erwähnten

Dorfes durch die Jahrhunderte verfolgt und zusammenweiten
, von Kleinasien bis Südarabien reichenden Über
blicken nacheinander Völker, Staaten und Religionen des
Alten Orients bis zur Zeit Alexanders d. Gr. in ihrer geschichtlichen
Entwicklung vor dem Auge des Lesers.
Ein besonderes Kapitel ist der Chronologie gewidmet.

Es gibt nicht viele Wissenschaftszweige in dem weiten
Gebiete der Theologie, die über eine so ausgezeichnete
Zusammenfassung ihrer Forschungsresultate verfügen
, wie wir sie durch N.s Werk jetzt für die Grenzgebiete
der at.lichen Wissenschaft besitzen. Wenn ein
Wunsch bleibt, so wäre es der, daß gegenüber den Realien
die Geschichte der Religionen des Alten Orients, die
auf S. 192—199 etwas gar zu kurz wegkommt, stärker
in den Vordergrund gerückt worden wäre und daß an , 2) Kopp, Dr. theol. Clemens: Grabungen und Forschungen
dieser Stelle die Linien zum A.T. energisch ausgezogen ; im Heiligen Land 1867 — 1938. Ein kritischer Bericht unter beson-

gestellt. Der heutigen landläufigen Pilgertradition gilt
das 6 km nordöstlich von Nazareth gelegene Dorf kufr
kenna als die Stätte des Weinwunders. Zu Unrecht!
Schon E. Robinson hatte 1841 behauptet, daß das neu-
testamentl. Kana in chirbet qäna, 14 km nördlich von
Nazareth am Nordrande der battöf-Ebene, anzusetzen
sei, und G. Dalman hat dann (Orte und Wege Jesu,
1 1919, 96—102; M924, 108—114) unter Verweis auf
phonetische Gründe (Kana und chirbet qäna haben ein 13,
dagegen kufr kenna ein d ) den endgültigen Erweis für

worden wären.

1) Noth, Prof. D. Martin: Die Welt des Alten Testaments.

Einführung in die Orenzgebiete der alttestamentlichen Wissenschaft.
Berlin: Alfred Töpelmann 1940. (XVI, 268 S., 4 Taf.) gr. 8° =
Sammlung Töpelmann. II. Reihe: Theologische Hilfsbücher, Bd. 3.
RM 8—; geb. RM 9—,

derer Berücksichtigung der deutschen Arbeit. Köln: J. P. Bachem
1939. (176 S., 77 Bildseiten m. 227 Abb. u. 1 Kte.) gr. 8° — Palästina
-Hefte d. Deutschen Vereins v. Heiligen Lande, H. 21—23.
RM 12.50.

3) Kopp, Dr. theol. Clemens: Das Kana des Evangeliums.

Köln: J. P. Bachem 1940. (54 S., 1 Kte.) gr. 8° = Palästina-Hefte
d. Deutschen Vereins v. Heiligen Lande, H. 28. RM 2.50.