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Ausgabe:

1941

Spalte:

16-17

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Diening, Fritz

Titel/Untertitel:

Das Hebräische bei den Samaritanern 1941

Rezensent:

Jeremias, Joachim

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Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 1/2

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12,12—14 ein zweites Nachwort. Die Gedankengänge
der Schrift werden sauber herausgestellt, wobei allerdings
dem Prediger stellenweise — wie etwa zu 3,11 —
recht schwierige Gedankengänge zugetraut werden.

Bei der Herstellung des Textes hat Galling neben
ziemlich allgemein aufgenommenen Konjekturen eigene
beigesteuert. Im Ganzen halten sich die für notwendig
erachteten Änderungen in mäßigen Grenzen.

An Druckversehen ist richtig zu stellen: S. 66 Z. 2
v.o. 1. „aufhelfen" statt „aushelfen"; Z. 4 der Noten
wird die de Jong'sche Konjektur aufgenommen, aber
fälschlich mp statt a~ip gedruckt; S. 68 Z. 2 der Noten
1. £öjpi; s. 76 Z. 3 der Noten 1. Unsinn als Torheit;
S. 53 Z.'lO v.o. I. „zeigt" statt „zeiht"; S. 70 letzte
Notenzeile füge 9 ein.

Die vier anderen Büchlein sind von H a 11 e r bearbeitet
. Hinsichtlich der Herkunft des Stoffes der Ruth-
novelle wird auf eine Kultlegende von Bethlehem gefahndet
. „Die Namen der Ruth-Geschichte scheinen wirklich
mit Vegetationskulten zusammenzuhängen." „Die
Ruth-Geschichte in ihrer gegenwärtigen Fassung läßt von
diesen Hintergründen nichts mehr deutlich erkennen."
So wirft denn die geäußerte Vermutung für die Erklärung
auch nichts ab.

Die Frage der Geschichtlichkeit beschränkt Haller
auf die Genealogie Davids 4,17—23 und die allgemeine
Charakteristik der Richterzeit, wobei als tatsächlich anerkannt
wird, daß eine Ausländerin unter den Vorfahren
des davidischen Königshauses gewesen ist, während für
die Richterzeit aus dem Büchlein nichts zu lernen sei.
Nur wenige Bemerkungen wären zu machen. Zu 3,9
hätte auf den Ritus bei der arabischen nikähu 'linaqti
hingewiesen werden können, wonach der älteste Sohn
nach dem Tode des Vaters sein Gewand über das Weib
des Vaters als Zeichen der Besitzergreifung warf. — Ein
Bedenken ist anzumelden zur Streichung der Worte
„und von der Moabitin Ruth". Denn nun lügt Boas dem
Löser vor, daß er die alte Naemi zu heiraten hätte, was
er selbst ja nicht tut. Da ist denn die Lesart der Vulgata
besser. — Zu 2, 7, wo Haller mit Rudolph Halme lesen
lassen will, ist besser mit Dalman, „Arbeit und Sitte"
III, S. 47 bä'omärium zu streichen.

Das Hohe Lied enthält die Festhymnen nicht des
Passah, sondern des Mazzothfestes. Wenn „auf irgend
eine Hochzeit, so beziehen sich die Lieder des Hohen
Liedes auf den hieros gamos des Tammuz und derlstar".
Die Lieder wurden „nach Möglichkeit profanisiert, sodaß
sie heute als erotische Lyrik ohne religiöse Beziehung
erscheinen". Diese oben schon gestreiften Vermutungen
durchziehen nun aber hier im Unterschied von der Bearbeitung
von Ruth und Esther auch die Erklärung. So
gleich zu 1,1—4. „Wenn es sich nicht bloß um ein
erotisches Liedchen handelt . . ., so denkt man wohl am
besten an einen (!) Vegetationsgott". 1,5, wo frischweg
statt „schwarz, doch lieblich" S. 27 die „Dunkle und
doch Helle" eingesetzt wird, „dürfte letztlich die Mondgöttin
sein". Nur schade, daß diese die beiden Farben
nicht zugleich aufweist, sondern nacheinander.

Übrigens wird die Lesung der Buchstaben sch 1 m h
als Noimadenstamm, der nicht nur dem Plinius, sondern
auch noch dem Talmud bekannt war, abgelehnt, obwohl
man von Nomadenstämmen allein wissen kann, daß
deren Zeltvorhänge schwarz sind.

Gut wird 2, 17 vom Morgen, nicht vom Abend verstanden
, wodurch die Änderung natu hinfällig wird.
In 7,1—6 ist mit Dalman vielmehr der Paradiertanz, die
dschelwe, zu sehen; darauf weisen die besonderen
Schuhe in Vers 2. — Daß „död" ein Gottesname sein
soll, wird schon durch das Suffix „mein" unwahrscheinlich
. — In 6,10 wird mit Jeremias Nergal konjiziert.
Das muß man dann in der angeblichen Glosse 6, 4 auch
tun. Gerade 6, 10, eine Stelle, die einen Vergleich
mit der Sonne und dem „Weißmond" enthält, spricht
gegen ursprünglich mythologisches Gewand.

In den Noten sind ein paar Versehen. Schlimm für
Studenten ist S. 42 Z. 3 bisephathim statt bisephatha-
jim. Daselbst Zeile 7 muß es „sie lehrt mich" heißen.
Schiebt man S. 44 mit G „ihre Flammen" ein, so ist
mit Olshausen besser „schalhabothähä" zu lesen. Unter

j der Literatur vermißt man ungern Horst, „Die Formen
des althebräischen Liebesliedes", in den „Orientalisti-

j sehen Studien" Enno Littmann zu seinem 60. Geburtstag

i überreicht.

Als Zeit für die Entstehung der Klagelieder
i wird der Zeitraum von 586 (oder 597) bis etwa zur Jahr-
[ hundertmitte angenommen, als Verfasser Jerernia mit
guten Gründen abgelehnt. Mit Gunkel werden Kap. I,
j II und IV als politische Leichenlieder, III als indwiduel-
! 1er, V als Volks-Klagepsalm betrachtet, wobei Stihni-
! schungen eingeräumt werden müssen. Die Anwendung
j der akrostichischen Form bei den ersten vier Liedern soll
I letztlich auf dem Glauben an die magische Bedeu-
i hing des Alphabetes beruhen.

Esther, S. 115 „ein Roman, der in der hebräischen
Bibel seinesgleichen nicht hat", ist aber nach S. 116
nicht ein Schlüsselroman, wie Hugo Willrich einst wollte.
Ausländische, speziell östliche Herkunft des darin sanktionierten
Purimfestes ist wohl sicher.

In der Übersetzung der Estherrolle fällt manchmal
eine sehr freie Wiedergabe auf: In 2,3 ist das „natürlich
" geradezu drollig; recht modern ist „beförderte"
in 3,1. 3,15 b setzten sich der König und Haman nicht,
wie der Masoretische Text es ausdrückt, „zum Trinken",
sondern „zum Becher" hin. — 6,3 ist recht umschreibend
„zu Dank und Liebe" übersetzt. — 8,9 am Ende
sind die Worte „Schrift und" weggeblieben. — Unverständlich
ist S. 120 die Note zu 1,22. Sollte vielleicht
die in der Biblia hebraica Kittel notierte vorgeschlagene
L. A. gemeint sein, wie sie die Übersetzung vorauszusetzen
scheint?

Wo in diesen Texten ein Metrum erkennbar ist,
wird dasselbe vor den jeweiligen Abschnitten angegeben,
und die Übersetzung sucht dasselbe zum Ausdruck zu
bringen; das ist sehr zu billigen.

Im Ganzen ist zu sagen, daß diese Lieferung vorzüglich
in das heute mögliche Verständnis der behandelten
Schriften eingeführt und daß die heute gängigen Auffassungen
überall zu Worte kommen.

Goslar H. Duensing

Diening, Fritz: Das Hebräische bei den Samaritanern. Ein

Beitrag zur vormasoretischen Grammatik des Hebräischen. Stuttgart:
W. Kohlhammer 1938. (VIII, 67 S.) gr. 8° = Bonner Orient. Sttid.
hrsg. v. P. Kahle u. W. Kirfel, H. 24. RM 4.50.

Bekanntlich ist die rezipierte lnasoretiische Vokalisa-
tion des hebräischen Bibeltextes ein künstliches Gebilde;
wer die wirklichen Sprachformen ermitteln will, darf sie
nur mit größter Vorsicht heranziehen. Für die sich aus
diesem Tatbestand ergebende Aufgabe der Erforschung
der vormasoretischen Aussprache und Grammatik des
Hebräischen hat P. Kahle Bahnbrechendes geleistet;
auf seine Anregung geht auch die Arbeit von Diening
zurück, die die Aussprache des Hebräischen bei. den
Samaritanern alter und neuer Zeit untersucht, um dadurch
zur Aufhellung der vormasoretischen hebräischen
Grammatik beizutragen.

Schon 1868 hatte H. Petermann in seinem „Versuch
einer hebräischen Formenlehre nach der Aussprache
der heutigen Samaritaner" die Vermutung ausgesprochen,
daß die samaritanische Vokalisation des Hebräischen ein
höheres Alter beanspruchen könne als die künstliche
masoretische Interpunktion. Es fehlte jedoch bis jetzt
der Nachweis, daß die heute bei den Samaritanern übliche
, von der Punktation der Masoreten von Tiberias
abweichende Aussprache des Hebräischen auf alter Tradition
beruhe. Diening war in der Lage, mit Hilfe neuen
Materials, das ihm von P. Kahle zur Verfügung gestellt
wurde, diesen bisher fehlenden Nachweis zu erbringen.
Er konnte benutzen 1. vier mit Vokalzeichen versehene