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Ausgabe:

1941

Spalte:

294-295

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Rinderknecht, Hans Jakob

Titel/Untertitel:

Kleine Methodik christlicher Unterweisung 1941

Rezensent:

Uckeley, Alfred

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Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 9/10

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welches „die ganze natürliche Welt neu erhellte und aufklärte
". Noch mehr: der Logos Gottes wurde Mensch,
ja gekreuzigter Mensch. In Christus kann der Mensch
nun das „äußere Buch" (A.T. und N.T.) und nun auch
das „innere Buch" lesen. (Dieses „innere Buch" aber
ist für Christen nur geöffnet am Kreuze). Dieses in der
Trinität beginnende, im menschgewordenen Logos und
in der Bibel uns zugewandte „Wort Gottes" gab Christus
im Imperium pium (Mc. 16,15) den Aposteln zu verkündigen
, auf die Apostel aber gründete er die Kirche —
und die Kirche stellt Prediger auf, indem die Pontifices
ordinieren. So ist die Predigt das Handeln Gottes an
den Christen (aber auch Bekehrungs- und Missionspre-
digt sind wirkliche Predigt), nämlich das lehrende und
heilsvolle Handeln Gottes, darum „Wort Gottes" im
echten Verstand. Doch erst dann steht die Predigt auf
dieser „sakramentalen" Stufe, wenn in der Predigt der
Hl. Geist sein Wort spricht. Der Hl. Geist aber spricht,
wo „die lebendige Gemeinde Gottes" ist, wo ein von
den Pontifices ordinierter (getaufter, gefirmter) und so
vom Hl. Geist „gesalbter" Prediger die Hl. Schrift predigt
(so Bonaventura), und wo die Hörer der Predigt
ihre „geistige und seelische Aufgabe" erkennen und erfüllen
und „Antwort" auf Gottes Wort geben. Beim
Prediger liegt in der Konsequenz seiner „Salbung" durch
den Hl. Geist: Gebet, Lektüre der Hl. Schrift, Durchbeten
und Betrachten des Schriftinhalts; „nur der andachtsvolle
Mensch wird die in der Schrift aufgezeichneten
Worte Gottes verstehen; nur er wird das Wort in jenem
Sinn erfassen, den der Hl. Geist den Buchstaben eingehaucht
hat" (also: „Pneumatische" Exegese!). Dazu: der
Prediger muß selbst auf dem von der Schrift gemeinten
Lebenspfade wandeln, besonders auf dem Kreuzpfad
Christi — nur so findet er den Weg zu den Menschen.
(Zwar kann Gottes Wort auch dann die Menschen treffen
, wenn es aus dem Munde eines schlechten Menschen
kommt, durch die unabhängige Kraft des Hl. Geistes,
aber „wessen Leben verachtet ist, dessen Predigt wird
verschmäht", sagt Bonaventura).

Man sieht, es sind unsere Probleme, die Probleme
der heutigen evangelischen Homiletik, welche Eilers mittels
der Theologie des Bonaventura anfaßt und auf seine
Weise löst. Das macht seine Schrift uns wertvoll. Eben
darum können wir unsere Kritik anmelden, Kritik weniger
an Bonaventura als an Eilers. Die Schilderung
des „innertrinitarischen Gesprächs" macht u. E. ein mögliches
Symbol der trinitarischen Lebendigkeit zur Wirklichkeit
schlechthin — so wird aber in Wahrheit das
Wunder des menschlichen Sprechens in die Trinität eingetragen
, und natürlich gelingt es dann ohne weiteres,
von der Trinität ebenen Weges zur Predigt vorzudringen.
u- E. darf man aus einem Symbol für die Trinität keine
Schlüsse auf die wirkliche Trinität ziehen, also auch keine
»Theologie der Predigt" machen. Für uns bleibt es
demnach dabei, daß die Predigt nicht aus dem „innertrinitarischen
Leben", sondern aus dem Werke Jesu
und aus dem Zeugnis der Bibel herzuleiten sei. Auch
„pneumatische" Exegese gefällt uns nicht; Exegese
•st eine wissenschaftliche Arbeit, die der Prediger recht
nüchtern und sachlich tun oder von anderen übernehmen
muß. Aber die „Anwendung" des durch wissenschaftliche
Exegese Erarbeiteten, diese „Anwendung" ist Sache
ues Pneumatikers: hier hat Gebet, Andacht, Kreuz und
Nachfolge Christi ihren Segensbezirk. (Eilers erwähnt
katholische Kreise, welche eine „wissenschaftliche Theo-
logie" von einer „Verkündigungstheologie" unterscheiden
Wollen — das geht wohl in den von uns gewollten Bah-
"en). Wenn Bonaventura mit Nachdruck als die Quelle
uer Predigt die Bibel ansieht und angesehen haben will,
so macht Eilers mit Seelenruhe daraus: „Es ist das Wort
?er Offenbarung, das in der Tradition lebendig ist und
in der Hl. Schrift vornehmlich seine Aufzeichnung fand"
7~ das schmerzt uns; und es will uns scheinen, daß der
Katholizismus des Bonaventura höher stand als man es
heute wahrhaben darf, wenn man nicht „das Dogma

streifen" will. Jedenfalls heißt es bei Bonaventura (Eilers
S. 51, Anm. 210): omnis abundantia verae doctrinae
| sumi debet ex fundamento sacrae Scripturae. Und wie-
! derum (Anm. 211): Omnis veritas salutaris vel in Scrip-
, tura est, vel ab ipsa emanat, vel ad eam reducitur.

Unsere Kritik möchte aber nur den Verfasser zur
| Weiterführung der von ihm gebahnten Wege einladen,
zugleich der Schrift des Verfassers zahlreiche evangelische
Leser unter den Homiletikern und den Homileten
gewinnen — sie ist es wert (natürlich praemissis prae-
mittendis).

Berlin Leonhard Fendt

! Rinderknecht, Hans Jakob, und Konrad Z e 11 e r: Kleine Methodik
christlicher Unterweisung. 2., erw."Aufl. Zürich . Zwingli-
j Verlag ig39. (XV, 170 S.) 8°. Fr. 6—.

Zwei Schweizer — der eine Theologe und Seminardirektor
, der andere früher Volksschullehrer, jetzt Lehrer
der Methodik — haben dies Buch abgefaßt, nicht um
„ein unumstößliches Muster für den Religionslehrer aufzustellen
, sondern um zu zeigen, wie verschieden man
den Unterricht gestalten kann". Sie wollen damit Religionslehrern
dienen, die das Gefühl haben, ihre Stunden
könnten eine Besserung und Auffrischung vertragen und
es wäre gut, die eigenen methodischen Anschauungen
wieder einmal nachzukontrollieren. Sie lehnen zwar die
Herbart-Zillerschen Formalstufen ab, meinen aber doch,
daß ein Schema irgendwie allemal eine sehr große Erleichterung
, ein Schutz in der namentlich für den Anfänger
selbstverständlich vorhandenen Unsicherheit und
Unbeholfenheit sei. Sie lassen deshalb jede Religionsstunde
aus Einführung, Darstellung und Anwendung bestehen
und richten jeden dieser Abschnitte gleichmäßig
auf „das Ziel" aus. Sie kennen außer dem streng entwickelnden
Unterricht und dem Prinzip der Arbeitsschulmethode
eine „Methode des Gemeinschaftsgesprächs"
(Geleitetes Schiilergespräch), das, immer unter verantwortlicher
Führung, zu sachlicher Mitarbeit aller nach
Maßgabe ihrer persönlichen Fähigkeiten und bei dienender
Haltung jedes Einzelnen gegenüber der Gemeinschaft
anleiten will (S. 66). Diese Art des Unterrichts will die
Vollendung der Methode sein, die Hugo Gaudig aufgebracht
hatte. Einige Muster (S. 58 und 152 ff.), die
nach dem Stenogramm aus einer Lektion des Lehrers
Zahn (Schildau) dargeboten werden, veranschaulichen
das, was den Verfassern als Ideal vorschwebt. Sie müssen
selbst einräumen, daß es ein langer, hartnäckio- zu
verfolgender Weg ist, der zu diesem Arbeitsstil fuhrt.
Aber wer solchen Unterrichtsstunden nach Gaudigschen
Grundsätzen beigewohnt hat, erhebt doch wohl nach
mancher Richtung hin Bedenken; sie treffen also auch
die hier empfohlene Methodik. Das Beispiel „Luther in
Not" kann nur bei intellektuellem Hochstand und großer
Äußerungsgewandtheit von Schülern durchgeführt werden
, muß zudem eine Fülle historischer Schiefheiten bzw.

I Erdichtungen, um den Gang der Unterhaltung nicht zu
stören, unbeanstandet durchgehen lassen. Sollte nicht,
angesichts solchen Tatbestandes, das schlichte, klare
„entwickelnde Lehrverfahren" mehr Vorzüge haben, als
ihm zur Zeit meist zugestanden wird? Neu ist die von
den Verfassern in überreichem Maße empfohlene Ver-

i wendung graphischer Veranschaulichungen. Ob das nicht
die Gefahr der Ablenkung vom straffen Gedanken (S.

I 134) in sich birgt? Die dem Methodischen vorangestell-

l ten pädagogisch-psychologischen Ausführungen sind er-

I sichtlich aus hingebender Praxis geboren und sind an
vielen Punkten außerordentlich treffend. Vor allem verdient
der Standpunkt der Verfasser größte Hochachtung,

! daß sie den Lehrer nicht nur in der Schule seinem Beruf
hingegeben sehen wollen, sondern ihn soll sein Amt so
innerlich füllen und begeistern, daß die Gedanken daran
und die Überlegungen, wie er zweckdienlich arbeite und
wirke, ihn nie verlassen; die Vorbereitung auf seine Unterrichtsstunden
soll immer wieder seiner Tagesstunden

| Inhalt sein. Theologisch stehen die Vf. auf dem offen-