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Ausgabe:

1941

Spalte:

286-287

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Domke, Karl

Titel/Untertitel:

Das Problem der metaphysischen Gottesbeweise in der Philosophie Hegels 1941

Rezensent:

Karowski, Walter

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Theologische Liferaturzeitung 1941 Nr. 9/10

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hebung der Antinomien in der Theorie, dies hat auch
keine Rückwirkung auf einen denkmäßigen oder denkmöglichen
Kompromiii betr. der Antinomien! Dies ist
vielmehr eine Sache gläubigen Lebens und seiner Echtheit
, das im je und je sich gehalten weiß, zur g e 1 e b t e n
Überwindung der Antinomien aus personaler Erschlossen-
heit von Gott her. Zweitens: Es muß von hier aus
aber als überaus bedauerlich erscheinen, daß N. Hartmann
zur Erfassung dieser Antinomien erst am Ende seines
bewunderungswürdigen Werkes gelangt und nicht an
seinem Anfang. Es ist ja doch so: 1) Hartmann stellt
die Antinomien als solche fest und wie er von ihnen
spricht, das zeigt, wie sehr ernst er sie nimmt. 2) Es ist
kaum zu leugnen, daß der Vollzugsbereich der Ethik —
das Leben — eben der Vollzugsbereich der Religion ist.
3) Es dürfte auch schwerlich zu leugnen sein, daß es
kein Leben gibt ohne das Aufbrechen der religiösen Frage
. 4) Die Religionsgeschichte lehrt, daß die Antinomien,
die Hartmaun aufstellt zum größten Teil mit j e d e r Religion
gegeben sind. 5) Es muß als bedauerlich — wohl
gar lebensunwahr — erscheinen, wenn Hartmann in den
ersten 735 Seiteh seiner Ethik so tut, als könnte er die
Antinomien übergehen und nur von einem immanent
ethischen Bereich reden, der dann irgendwann einmal —
bei Hartmann auf den letzten 11 Seiten — in den antino-
mischen Kampf gezogen wird. Die Ethik hat in den
antinomischen Antithesen, in denen sich These und Antithese
p o 1 a r, d. i. untrennbar gegeneinander stellen, ihre
Ausgangsposition zu wählen, sotern sie noch etwas mit
dem Leben zu tun haben will, wie es geschieht, denn
geschichtlich geschehendes Leben ist, soweit unsere historische
Sicht reicht, noch nie ohne den religiösen Aufbruch
gelebt, wovon gerade unsere Zeit Zeugnis ablegen kann.—
Daß spezifisch christliche Ethik die Antinomien teilweise
anders auszurichten haben wird, sei nur am Schluß
angemerkt. Dies wird z. B. ganz deutlich, wo N. Hartmaun
bei der fünften Antinomie meint, das Christentum
stempele die Schuld zu etwas „Substanziellem, vom Menschen
und seinem Tun Ablösbarem" (S. 743). Dies dürfte
im Raum christlicher Dogmengeschichte zwar leider vorgekommen
sein, aber es wird ja auch der Theologie kaum
einfallen, N. Hartmann für den eleatischen Irrtum verantwortlich
zu machen. Vielleicht ist es erlaubt, darauf
hinzuweisen, daß selbst gegenüber der viel verschrienen
Erbsünde die genuin lutherische Auffassung vom sub-
stantialistischen Denken fort zur personalen Schuld
durchstößt, wenn die Confessio Augustana Art. II feststellt
, daß a) peccatum ist: sine metu Dei, sine fiducia
erga Deum et cum concupiscentia, und wenn sie danach
b) vom peccatum originis sagt: quodque hoc morbus seu
Vitium originis vere sit peccatum. —

Gießen Ratschow

Guardini, Romano: In Spiegel und Gleichnis. Bilder u. Gedanken.
2. neubearb. Aufl. Mainz: Matthias-Grünewald-Verl. 1940. (205
S.) 8°. Lw. RM 4.75.

Das feine schmale Büchlein besteht aus drei heterogenen
Elementen: A) Tagebuchblätter von südlichen
Reisen. Mit unendlicher Weite wird e'in gleißendes Spiegelbild
vom Erlebnis südlicher Schönheit entworfen, dessen
Einfachheit und hingebender Nähe das Meer und der
Wald, die antiken Tempel und die christlichen Dome zu
einander treten. Man ist an die frühen Hymnen Georges
erinnert, wenn man die schwebend feinen Skizzen liest,
und doch wie viel mehr Erdnähe und Wirklichkeitsfühlung
schwingt hier. — B) Übersetzungen. — Aus den Gebeten
Anselms von Canterbury; aus den Soliloquien
Augustins; aus dem Neuen Testament; Die' Didache
(vollständig); der Sonnengesang des Heiligen Franziskus
. — C) Kurze Betrachtungen. — Über Goethe und
Thomas; über die Keuschheit in Natur und Menschenwelt
; über das Gebet; über die Haltung des Evangelisten
Johannes; über die Heiligen Kinder vom Bethle-
hemitischen Kindermord; über die Seligpreisungen; über

das Weltall seine Unendlichkeit und die innere Transzendenz
Gottes und endlich über Franziskus. —

Diese drei Teile stehen nicht in Gruppen für sich getrennt
, sondern sie wechseln miteinander in bunter Man-
j nigfaltigkeit. Das ganz Besondere dieses Büchleins ist
I es, daß man nicht befremdet die Andersartigkeit aller
I dieser Stücke bemerkt, sondern daß sie sich wirklich zusammenschließen
zu einer Einheit, zu einem ganz großen
Reichtum, der also wie ersichtlich seine Eigentlichkeit
nicht erhält aus den Stoffen, sondern aus der Transpa-
I rens aller dieser Stoffe, die hinter ihnen immer wieder
leise sichtbar wird und den Leser beschenkt. Das
, Büchlein — so darf man wohl sagen — ist unglaublich
katholisch. Es ist eben so katholisch, wie es reich
ist. Die tiefe, dem Geheimnis Gottes in Schöpfung und
Erlösung stets zugewandte Innerlichkeit des Verf. macht
es möglich, daß die Vielheit des Stoffes von innen her
durchleuchtet erscheint von tiefer Einheit und Gehaltenheit
. Das Gleißen antiker Bauwerke, das Strahlen frühmittelalterlicher
Mosaiken, das Rauschen der großen farbigen
Welt und die herbe Sprache der Didache sind gebunden
in der gläubig getragenen Einheit, die das Geheimnis
nicht nur dieses Büchleins ist, die man wohl
schlechthin als das Geheimnis der komplexen Wesensart
des Katholizismus ansehen darf. Gerade in dieser Hinsicht
kann das Büchlein ein Zeichen sein, wenn man die
lebendige Fülle und unmittelbare Nähe, mit der die Heiligen
erfaßt werden, mit der die Wucht der Dome und
Basiliken erlebt werden, vergleicht mit den starren schon
im Ansatz zerdachten Versuchen, der evangelischen Kirche
heute von den „redenden Steinen" oder „heiligen
Märtyrern" her neue Kraft zuführen zu wollen. Erleben
wird nicht geweckt durch Thesen. Erleben wächst aus
Erleben. Man spürt es, daß hier noch die Heiligen lebendige
Macht sind, vor denen hier noch jene Ferne am
Werke ist, die nicht von historischer Entfernung oder
thetischer Nähe bedroht ist, die aber eben gewiß ein
Merkmal von erlebter Wirklichkeit darstellt. —

Es kann gewiß nicht Sache evangelischer Theologie
sein, solchen zu Tage tretenden Reichtum des Katholizismus
zu bekritteln, zu verkleinern oder zu beargwöhnen.
Im Gegenteil dürfen wir überzeugt sein, daß solch Reichtum
, wo er Ernst macht mit sich selbst, hinführt in Bahnen
, die das Urwiderfahrnis evangelischen Glaubens sind.
Und wenn wir so das Büchlein ansehen, so wird an mancher
Stelle etwas sichtbar, wie eben dieser Reichtum an
die Grenze des Möglichen stößt. So wird z. B. die Auseinandersetzung
des Franziskus mit der Kirche gegeben.
Da erscheint plötzlich das Reich Gottes mit zwei Brennpunkten
: „dem individuellen und dem der Ganzheit der
Kirche" (S. 201). An dem Wagnis der Eigenfrömmigkeit
des Franziskus gegenüber der Kirche wird allerdings die
Größe desselben erwiesen, jedoch das ist nun ganz merkwürdig
, nicht eigentlich an dieser Eigenheit, die da Ströme
neuen Lebens hervorbringt, sondern an dem Zugrundegehen
dieser Eigenart in dem betrügerischen Zugriff
der Kirche, die über Franziskus hinweggeht und ihn mit
seiner Eigenart nicht leben lassen will und nicht leben
lassen kann. Der Verf. hat mit dem Preis der zwei
Brennpunkte eine deutliche Grenze der kirchlichen Möglichkeiten
seiner Offenheit erreicht. —

Daß aber solch wunderbarer Reichtum an Grenzen
führt, daß solche Weltoffenheit und quellende Aufgeschlossenheit
ein Imprimatur tragen muß, läßt uns die
Freiheit des evangelischen Glaubens empfinden, zu welchem
Reichtum und zu welcher Verantwortlichkeit er entbunden
wurde. —

oießen Ratschow

| D o m k e, Lic. Dr. Kail: Das Problem der metaphysischen Gottesbeweise
in der Philosophie Hegels. Leipzig: f. Meiner 1940
(13g s.) gr.8°. rm 6—,

! Domkes Untersuchung über die Gottesbeweise bei
! Hegel ist ein Kommentar von Hegels unediertem Frag-