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Ausgabe:

1941

Spalte:

268-269

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Ficker, Johannes

Titel/Untertitel:

Die neuen Glasgemälde in St. Moritz in Halle und die besonderen Aufgaben der kirchlichen Glasmalerei in der Gegenwart 1941

Rezensent:

Thulin, Oskar

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Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 9/10

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verdienter Kürze gestreift werden: Fr. Richter, J. M.
Fuchs, J. Baader, H. C. Briegleb, H. Barbeck, die Juden
Salfeld und Neuburger. Barbeck wird als Plagiator
Würfels entlarvt.

Anhangsweise charakterisiert Stock einige, besonders
den Fränkelskandal von 1713 behandelnde Schriften
„aus den Nachbargebieten Nürnbergs" (S. 463—503).
Endlich brandmarkt er in einer gründlichen und dankenswerten
Kritik den Rabbiner Adolf Eckstein als ein Muster
jüdischer Geschichtsfälschung (S. 493—503).

Im Schlußwort (S. 507—512) umreißt Stock nochmals
den Standort, von dem aus er das Buch geschrieben
hat. Er fordert von dem Historiker über die Deutsch-
blütigkeit hinaus die „Reinheit und Ungebrochenheit
einer wahrhaft deutschen Lebensanschauung" (S. 507)
und betont, daß „dies keineswegs eine billige Konjunkturphrase
" sei (ebd.). Ihm gilt das Mittelalter mit seiner
Geschlossenheit des deutschen Lebens, und zwar das
christliche, genauer das katholische Mittelalter als Vorbild
: „Deutsch sein und Christ sein war eins" (S. 509).
In diese Geschlossenheit habe der Humanismus und besonders
Luthers Reformation einen tiefen Riß hineingebracht
, auf dessen Rechnung die — angebliche! — Judenfreundschaft
der lutherischen Theologen gehe (S.
510 f.). Wenn er den Katholizismus von der Judenfreundlichkeit
mittelalterlicher Kirchenfürsten dadurch reinzuwaschen
sucht, daß er diese Kirchenfürsten für zu sehr
fürstlich und zu wenig kirchlich erklärt (S. 509), wenn
er den katholischen gegen den lutherischen Erbsünden-
begrift' verteidigt und Luther ausgerechnet den Satz vorhält
, „daß es kein Christ-Sein gäbe, sondern ein Christ-
Werden" (S. 511), wenn er sogar „im barocken Katholizismus
der Gegenreformation" noch mehr Antisemitismus
— und damit doch wohl auch „deutsche Lebensanschauung
"! — sieht als im Luthertum, wenn er auf
diese Weise dem Luthertum schließlich die Emanzipation
und die Judenherrschaft von 1918 in die Schuhe schiebt
(S. 512), so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren,
daß er den Katholizismus um jeden Preis auf Kosten des
Luthertums als antisemitisch und wahrhaft deutsch hinstellen
möchte, ein Geschichtsbild, das gerade zur Nürnberger
Geschichte in einem bemerkenswerten Verhältnis
steht.

Aufs Ganze gesehen, liegt das unbestreitbare Verdienst
des Buches darin, daß es ein reichhaltiges Schrifttum
im Blick auf die Judenfrage sichtet, darunter Schriften
, die seit langer Zeit wenig oder garnicht beachtet
worden sind. Schwächen sehe ich in der unregelmäßigen
wissenschaftlichen Durchdringung des Stoffs — es handelt
sich zu guten Teilen lediglich um Inhaltsangaben —,
die in einem Mißverhältnis zur äußeren Aufmachung des
Buches steht, und in der ungenügend fundierten Beurteilung
des Sachverhalts durch den Verfasser.

München Günter Schlichting

Andreas, Willy: Geist und Staat. Historische Porträts. Leipzig:
Koehler u. Amelang 1940. 3„ veränd. Aufl. (229 S., 6 Taf.) 8°.

geb. RM 7—.

Während die 1934 erschienene Essay - Sammlung
„Kämpfe um Volk und Reich", die ich 1935 an dieser
Stelle besprach, Reden und Aufsätze enthält, welche die
Zeit von der Welt der Aufklärung bis zu den Problemen
unserer Tage umspannen und auf Deutschland sich beziehen
, behandeln diese historischen Porträts zur Hälfte
Ausländer und zur Hälfte Deutschen und umfassen die
Zeit von der Renaissance bis zur zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts. Die erste Ausgabe des Buches ist 1927
erschienen, die Studie über Moltke ist dieser 3. Ausgabe
beigefügt.

Gezeichnet sind sechs Porträts von Persönlichkeiten,
die am Aufbau unserer Welt mitgewirkt haben: aus der
Renaissance der Norditaliener Cortegiano und der Brite
Bacon, aus der Gegenreformation Pater Joseph, der Mitarbeiter
Richelieus, aus dem Zeitalter des Absolutismus
und der Aufklärung Maria Theresia, welcher die umfangreichste
Studie gewidmet ist, aus der Zeit der Restauration
Marwitz und endlich aus der Zeit des Nationalstaates
Moltke.

Rendsburg Th. O. A c h e 1 i s

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CHRISTLICHE KUNSTGESCHICHTE

F i c k e r, Prof. Dr. Johannes : Die neuen Glasgemälde in St.Moritz
in Halle und die besonderen Aufgaben der kirchlichen Glasmalerei
in der Gegenwart. Halle (Saale): Buchh. d. Waisenhauses
GmbH. 1940. (47 S., 3 Taf., mehr. Textzeichngn.) gr. 8° = Stud. z.
Gesch. u. Gestaltung d. ev. Gottesdienstes u. z. kirchl. Kunst, Bd. 4.

RM 2 -.

Bei den fünf Chorfenstern der hallischen Moritzkirche
, die aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
I stammten, ergaben starke Schäden die Notwendigkeit
einer durchgehenden Instandsetzung. Da die Glasmale-
| reien auch künstlerisch und inhaltlich nicht befriedigen
j konnten, entschloß man sich, neue Glasfenster in Auftrag
zu geben. Es war eine nicht leichte Aufgabe für
Walter Kohler, der damit beauftragt wurde, zumal ein
guter spätgotischer Altar im großen Altarraum dieser
Hallenkirche mit seinen Aufbauten fast bis zur Decke
reichte. Da man auch die gesamten trübgrünen Fenster
des Kirchenschiffes bei dieser Gelegenheit durch hellere
ersetzte, konnte Walter Kohler mit seiner Arbeit dem
Kirchenraum als Ganzem einen neuen Charakter geben.
I Man wird sagen müssen, daß hier ein hochbedeutsames
und richtunggebendes Werk der kirchlichen Glasmalerei
I geschaffen worden ist von dem Maler, der uns schon
durch verschiedene Glasfenster in württemberger Kirchen
oder durch die Deckenmalerei der Berlin-Zehlendorfer
Ernst Moritz Arndt-Kirche kein Unbekannter melittst
. Daß sich hier in besonderem Maße der Künstler
mit dem Theologen (vor allem Joh. Ficker) zu gemeinsamem
Planen fand, wurde für Kunst und Kirche zu
| einer großen Bereicherung.

Die beiden äußeren der fünf Chorfenster sind nur
ornamental gehalten und geben dem wertvollen Altar
I belebendes Seitenlicht. In den drei zentralen Fenstern
j dagegen leuchten uns Bildteppichc von ungeahnter Lichtfülle
und reicher Bildfülle entgegen. Im allgemeinen sind
j wir durch die Jahrhunderte alte Patina (oder auch Staub-
i schicht) der alten Glasmalerei etwas verbildet im Urteil
über die Farbwirkungen neuer Fenster. Wo aber in echter
Traditionsfolge an die alte Technik der Glasmalerei
angeknüpft ist wie hier, da haben die Farben nicht nur
ihre Fülle und Gesättigtheit, sondern auch ihre ursprüngliche
Frische der ersten Gegenwart. Das Wunder und
Symbol des Lichtes offenbart in Farbe und inhaltlicher
Darstellung etwas vom Geheimnis des göttlichen Wirkens
, das uns ergreifen und umwandeln will.

Die drei Glaubensartikel sind zum Leitfaden der Darstellungen
gemacht worden, der dritte besonders in Anlehnung
an Luthers Erklärung. Wie im Mittelalter war
auch für die Reformation das Herzensanliegen bei sol-
I eben Werken kirchlicher Kunst das der lehrhaften An-
j gehauung der christlichen Glaubenswahrheiten, von den
Glasgemälden bis hin'zu den reformatorischen Bildzyklcn
der Emporenbrüstungen. Der architektonische Aufbau der
Glasgemälde bietet sich geradezu an für solche Zusammenhänge
; die Linie und die Farbe läßt das Einzelne
seine geordnete Stelle im Ganzen finden. Wichtig ist, was
J. Ficker grundsätzlich über die Aufgaben kirchlicher
Glasmalerei sagt, über die Notwendigkeit inhaltlicher
[ Darstellungen, gesammelt um das Evangelium und Lu-
i thers neues Verständnis, das klar die großen Linien
I zeichnet:, um die sich dann auch die Männer der Kirchengeschichte
angliedern lassen. Wichtig nicht minder, was
! über das Symbol gesagt ist als notwendige Ergänzung
| der evangelisch-biblischen Geschehnisse. Ein reiches Erbe
biblischer und reformationsgeschichtlicher Art harrt hier
1 noch der Aneignung in Kunst und Gemeinde. Von der
I abstrakten linearen Form bis hin zum erzählenden male-