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Ausgabe:

1941

Spalte:

264-265

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Hofmann, Giorgio

Titel/Untertitel:

Papato, conciliarismo, patriarcato 1941

Rezensent:

Heussi, Karl

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Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 9/10

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ersten Besprechung war auf Anlage und Tendenz des
ganzen Werkes hingewiesen worden. Die jetzigen Lfgn.
reichen von Pascal bis Siedlung. Noch einmal darf aner-
kannt werden, daß sie auch bei schwierigen theologischen ;
und philosophischen Erörterungen und Berichten sich |
einer verständlichen Sprache befleißigen und so ihren |
Zweck wirklich erreichen, ohne daß dadurch die Höhenlage
Schaden leidet. Gehört das eigentlich Biblische in
das Bibellexikon, auf das mehrfach hingewiesen wird, so j
findet sich doch manches Wertvolle aus der Geschichte
des Urchristentums, auch ein Beitrag über Pseudepigra-
phen des A.T. Die Literaturangaben sind bis auf die i
neusten Erscheinungen durchgeführt.

Ich nenne zu Kirchengeschichte besonders Pius IX.,
Philipp den Großmütigen, Philippismus, Philipp II. von
Spanien, Pfingstbewegung, Petrus, seinen Aufenthalt in |
Rom, wenn auch nicht sein Bischofsamt immerhin als
möglich hinstellend, Pelagius und Pelagianismus, Pseu- j
doisidorische Dekretalen, Schleiermacher, Religionsge - ;
schichtliche Schule, dann die ausführlichen wertvollen
Darlegungen bei Staaten und Provinzen, politisch, kirchengeschichtlich
, statistisch, z. B. Preußen, Rheinland,
Sachsen. Protestantismus, ein sehr bemerkenswerter Beitrag
, in dem seine Wesenszüge so beschrieben werden,
a) Der persönliche Einsatz, b) Der Protest vom 2. Artikel
her, c) Der Protest nach innen. Reformation, sehr
eingehend und gründlich. Reformierte Kirche mit wirkungsvoller
Zurückweisung von alten Vorurteilen, wie
überhaupt der Lexikon seine württembergische Heimat j
mit ihrem Gepräge eines milden Luthertums nicht ver- i
leugnet. Die kirchlichen Verhältnisse von Minden-Ravensberg
sind gut gezeichnet. Zur systematischen und
praktischen Theol. nenne ich die Beiträge Prädestination,
Polemik, Sakrament, Reich Gottes, Rechtfertigung, Pre-
digt, grundsätzlich und geschichtlich. Ferner Aufsätze
aus den Grenzgebieten Plato, Scheler, Sendling, Russische
Religionsphilosophie, Rehmke, Schopenhauer, Rassenlehre
, rassische Weltanschauung, Psychiatrie, Psychotherapie
, Rosenberg, von den zahlreichen Aufsätzen zu
Kunst und Literatur nenne ich nur den sehr eingehenden
Schrifttum, volkstümliches der evangel. Kirche.

Nun einige Ergänzungen und Korrekturen.

Bei Pfarrbesetzung hätte mehr auf die Verhältnisse der altpreuß.
Kirche eingegangen werden müsse. Bei Pfarrervorbildung hätte darauf i
hingewiesen werden müsse, daß die theol. Fakultäten heute in viel
engerer Beziehung zu Kirche und Gemeinde stehen, als das z. T. vor
40 und 50 Jahren der Fall war. In Pietismus kommt die Anerkennung j
dessen, was er geleistet hat, zu kurz gegenüber der starken Kritik an
ihm; über das Ziel hinaus schießt die Behauptung von A. H. Franckes I
Oeringschätzung der theol. Wissenschaft, ganz anders wird er bei dem j
Beitrag Fr. im ersten Band des Lexikons gewürdigt. Bei dem im übri-
gen gut orientierenden Beitrag Preußen, wichtig auch durch die stati- :
stischen Angaben, ist der Satz unrichtig, daß bis zu den Verordnungen :
vom 15. 3. 1939 betr. Auswertung der Befugnisse des E. O. K. die i
Gemeindewahl für alle Stellenbesetzungen in der rhein.-westf. Kirche j
kirehcnrechtlich festgelegt war, das ist für den größten Teil der Oe- !
meinden richtig, aber nicht für den Oberrhein, das Siegerland, der 1
Ravensberger, Münster- und Tecklenburger Land. Predigt. Wenn es
dort heißt, daß im Luthertum abgesehen vom Gebet der Tageszeiten
(Mette und Vesper) kein Gottesdienst, keine Kulthandlung, keine Sa- [
kramerrtsfeier ohne Predigt, d. h. ohne eine, wenn auch noch so kurze
Wortverkündigung denkbar sei, so ist das nicht richtig, gerade in
kirchlichen lutherischen Gemeinden kennt man Taufen ohne Ansprache, |
auch Beichte; hier könnte auch auf die Forderung predigtloser Gottesdienste
hingewiesen werden, die mancherwärts erfüllt ist, z. B. predigtlose
liturgische Gottesdienste. Interessant, wie die Steinmeyersche Forderung
, daß das Thema möglichst in einem Aussagesatz bestehen solle,
erneuert wird. Bei Presbyterium ein Widerspruch, erst soll es die Be- j
Zeichnung für eins der Vertreterorgane in Alt-Preußen sein, das ist
es aber nur in Rheinl.-Westf. und einigen reformierten Gemeinden j
des Ostens, nachher heißt es richtig „Gemeindekirchenrat". In den
östlichen Provinzen gehört dazu in den Patronatsgemeinden auch ein |
Vertreter des Patronats, manchmal ist das der Patron selbst. Beim I
Reformationsfest ist unrichtig, daß das Reformationsfest am 31. Okt.
in Gemeinden mit überwiegend evangelischer Bevölkerung ein Staat- i
lieh geschützter Feiertag ist, das war es in Sachsen, aber nicht in
Preußen, wo nur die Schulen darauf Rücksicht nehmen müssen, daß [
die Schüler zu den Schulgottesdiensten gehen können, Abends finden
vielfach Reformationsfeiern statt. Bei Fritz Reuter hätte doch von !

seinem fröhlichen und tiefen Gottvertrauen, das aus seinen Werken
spricht, etwas gesagt werden müssen. Bei Rom findet sich die alte
romantische Anschauung, daß in Notzeiten die Katakomben die gottesdienstlichen
Stätten der Christen gewesen seien; das ist bei ihrer ganzen
Beschaffenheit unmöglich, auch die vielfach dafür angeführten
Stellen haben keine Beweiskraft; später, bei zunehmenden Heiligen-
und Märtyrerverehrung, hat man allerdings einzelne Basiliken in die
Grüfte gebaut. Bei ,,die evangelische Gemeinde in Rom" vermißt man
ein Wort über den berühmten protestantischen Friedhof; auch hätte
die deutsch-evangelische Kirche in R. wohl eine Würdigung verdient,
sie kann gewiß verschieden beurteilt werden, ist aber in ihrem Sosein
dort durchaus am Platz. Bei Richard Rothe wäre ein kurzes Eingehen
auf seine im Buch „Zur Dogmatik" ausgesprochenen Gedanken über
Offenbarung, heilige Schrift u.s. w., die lange nachgewirkt haben,
am Platze gewesen. Bei Gustav Rothstein wäre nachzutragen, daß er
von Münster als Ministerialdirigent nach Berlin kam und auch heute
1941, wenn auch i. R., Präsident des Rcichsprüfungsausschusses für
das höhere Lehramt ist. Bei Sachsen wird die Angabe, daß Karl der
Große in Verden 4500 Sachsen hat hinrichten lassen, ohne Kritik
übernommen, ohne daß man erfährt, daß durch die neuere Forschung
diese Angabe mindestens zweifelhaft erscheint. S. 803 muß es statt
Glaucha Glauchau heißen. Vermißt wird ein Artikel über den für die
Rhein.-Westf. Kirche doch bedeutsamen Bonner Praktischen Theologen
Eugen Sachse, der auch als Herausgeber der vielgelesenen praktischtheologische
Zeitschrift „Halte, was du hast" unbestreitbare Verdienste
hat.

In den besprochenen Lfgn. ist auf knappem Raum
sehr Wertvolles geboten, hoffentlich kann das bedeutsame
Lexikon trotz Papierknappheit bald zum Ende geführt
werden.

Halle Saale Wilhelm U s e n e r

Miscellanea Historiae Pontificiae, edita a Facultate Historiae Eccle-
siasticae in Pontificia Universitate Gregoriana. Vol. II et vol. III.
(180 u. 131 S.) gr. 8°. Rom: Casa Editrice S. A. L. E. R. 1940.

je Lire 35—.

Bd. II dieser von der päpstlichen Druckerei gut gedruckten
fortlaufenden Veröffentlichungen der Kirchengeschichtlichen
Fakultät der päpstlichen Universität in Rom
enthält die Nummern 2 und 3 der ganzen Reihe, nämlich
die Abhandlung von Giorgio Hof mann, S. J., über
„Papato, conciliarismo, patriarcato 1438—1439", sowie
die Studie von W i 1 h. M. P e i t z, Methodisches zur
Diurnusforschung (s. u.). Im III. Band folgt als Nr. 4
der ganzen Reihe unter dem Titel „Bollandiana dall' Ar-
chivio Segreto Vaticano", besorgt von Angelo Mer-
cati, die Veröffentlichung von 40 Schriftstücken, die
sich auf die Geschichte der Bollandisten beziehen, vorwiegend
aus den Jahren zwischen 1776 und 1792, zum
Teil aber älteren Datums, darunter zwei Schreiben Papst
Benedikt XIV. Schließlich bietet Stephan Kuttner
als Nr. 5 der ganzen Sammlung eine Arbeit über „L'Edi-
tion Romaine des Conciles Generaux et les actes du pre-
mier Concile de Lyon"; diese gründliche Arbeit, die sehr
energisch auf die meist vernachlässigte, auch von den
Monumenta Germaniae übersehene, 1608—12 veröffentlichte
vierbändige römische Ausgabe der Beschlüsse der
Generalkonzilien hinweist, ist wichtig für die Erforschung
des Lyoner Konzils von 1245 und die Sentenz
gegen Kaiser Friedrich II.

Besonderem Interesse dürfte der Aufsatz von Peitz
begegnen, der in Auseinandersetzung mit Mohlberg
die Debatte über den Liber Diurnus fortsetzt (vgl. ThLZ
1940, Sp. 254 f.). Mohlberg hatte eine ganz neue Lösung
der Diurnusfrage vorgeschlagen. Erst der Kardinal Deus-
dedit habe um 1087 die Zugehörigkeit des Diurnus zur
päpstlichen Kanzlei irrtümlich behauptet. Hatte die gesamte
ältere Forschung im Diurnus ein Kanzleibuch der
Päpste erblickt, so erklärte Mohlberg ihn für eine Privatarbeit
eines Sammlers im nordöstlichen Italien. Peitz
sucht diesen Angriff nicht durch defensive Polemik, sondern
durch positive Darlegung abzuwehren. Er zeigt zunächst
, daß das Zeugnis des Deusdedit über den Diurnus
keineswegs eine subjektive Ansicht dieses Kardinals darstelle
, sondern daß Deusdedit den Diurnus wirklich in
der in seiner Zeit bei der Kurie vorhandenen Form gebraucht
hat. Der nächste kritische Schritt ist der Nach-