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Ausgabe:

1941

Spalte:

253

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Noordtzij, A.

Titel/Untertitel:

de Boeken Ezra en Nehemia 1941

Rezensent:

Galling, Kurt

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253

Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 9/10

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sehen Unterscheidung von Gesetz und Evangelium; das
ist aber nur natürlich, da diese Unterscheidung dem
katholischen Dogma in der heute bei uns vorgenommenen
Weise fremd ist. Die grundsätzliche Wertung des
Alten Testaments ist durch heilsgeschichtliche, reichs-
gottesgeschichtliche und dementsprechend durch typo-
logische Motive gekennzeichnet. Da diese Motive bei
uns heute ja nicht gerade fehlen, kann einem an dem
Buche von Kalt vielleicht deutlich werden, daß ihre
Verwendung keineswegs geradlinig zu einem evangelischen
Verständnis des Alten Testaments führen muß.

Bei der großen Fülle des Gebotenen ist es nicht
möglich, auf Einzelheiten einzugehen. Kommt man von
der evangelischen Forschung her, so wird einem auffallen
, daß die „geschichtlichen" Bücher eingehender behandelt
sind als die Propheten und die poetischen Bücher
; hier sind z. T. recht erhebliche Kürzungen eingetreten
, vor allem bei den Psalmen (die teils im Zusammenhang
der Geschichtsbücher, teils in dem entsprechenden
besonderen Abschnitt behandelt sind). Die didaktische
Aufgabe des Werkes dürfte vielleicht bei einer
Neuauflage ein näheres Eingehen auf die etwas zu kurz
gekommenen Stücke (zu denen auch große Teile der gesetzlichen
Bestandteile des Pentateuch gehören) ratsam
machen.

Was wir im Ganzen hier vor uns haben, ist der mit
hervorragenden Mitteln unternommene Versuch, das Alte
Testament in das gesamte Leben der römisch-katholischen
Kirche hineinzustellen. Der evangelische Theologe
wird nicht gut daran tun, diesen Versuch von vornherein
für unbeachtlich zu halten, er wird vielmehr die Frage,
die hier gestellt wird, ernstlich vernehmen und sich eine
Antwort auf sie geben müssen. Wenn er dem Buche so
gegenübertritt, so wird er es nicht ohne Anregung aus
der Hand legen.
Göttingen O. Weber

Noord tzi j, Dr. A.: De Boeken Ezra en Nehemia. Opniew uit den
Orondtekst vertaalci cn verklaard. Kampen: J. H. Kok N. V. 1939.
(279 S.) 8° = Körte Verklaaring der Heilige Schrift mit nietiwe
Vertaling. Fl. 3.25.

Das Buch gliedert sich in drei Teile. Vorweg wird
eine 40 Seiten umfassende Einleitung geboten. Dann
folgt auf rund 100 Seiten eine in Sinnabschnitte geteilte
Übersetzung und Kommentierung des Buches Esra, der
sich die von Nehemia mit ebenfalls rund 100 Seiten anschließt
. Die Übersetzung ist recht genau und die Erläuterungen
sind bei aller Knappheit ausreichend. Der
Standpunkt des Verfassers ist konservativ; d. h. zum Beispiel
: er hält nicht nur die Urkunden von Esra 4—6
nach dem Vorgange von Ed. Meyer und H. H. Schae-
der — wohl mit Recht — für historisch zuverlässig, sondern
auch Esra 1 (Rückkehredikt des Kyrus), worin ihm
der Ref. nicht zu folgen vermag. Im Allgemeinen ist die
Literatur der neueren Zeit eingearbeitet, doch vermißt
man ein Eingehen auf die Arbeiten der letzten Jahre.
Das wirkt sich nicht nur in Detailfragen aus, wie etwa
bei der „Geräteliste" in Esra 1 (vgl. dazu ZDPV 1937,
S. 177 ff.) oder beim Verständnis von RncK (vgl. OLZ
1937, Sp. 473 ff.), sondern hat auch zur Folge, daß der
Verf. das geschichtliche Bild einsträngiger sieht, als es in
Wirklichkeit gewesen ist. Es mag hier auf die wichtige
Arbeit von A. Alt, Die Rolle Samarias bei der Entstehung
des Judentums (Procksch-Festschrift 1934), sowie
meine Studien über „Syrien in der Politik der Achämeni-
den" (AO 36, 1937) und „Denkmäler zur Geschichte
Syriens und Palästinas unter der Herrschaft der Perser"
(PJB 34, 1938) hingewiesen sein. Das Stadtbild Jerusalems
(zu Neh. 2) wird nach der archäologisch kaum haltbaren
Annahme der Besiedlung des Westhügels in vorhellenistischer
Zeit gezeichnet.

Halle a. d. Saale Kurt Galling

Thomsen, Peter: Die Palästina-Literatur. Eine internationale
Bibliographie in systematischer Ordnung mit Autoren- und Sachregister
. Unter Mitwirkung von J. de Groot u. A. Gustavs heirb.
und mit Unterstützung der Hermann Guthc-Stiftung und des Deutschen
Vereins zur Erforschung Palästinas hrsg. Fünfter Band: Die
Literatur der Jahre 1925—1934. Lfg. 4. Leipzig: J. C. Hinrichs
Verlag 1938. (X, S. 705—988) gr. 8°. RM 18—.

Diese mit ihren ersten drei Lieferungen in ThLZ 63
(1938), Sp. 437 f. bereits besprochene Bibliographie der
Palästinaliteratur der Jahre 1925—1934 liegt nun schon
seit Ende 1938 vollständig vor. Daß das Erscheinen der
vierten und letzten Lieferung erst heute hier angekündigt
wird, hat seinen Grund in den durch den Krieg bedingten
Verhältnissen. Auf jeden Fall ist es immer noch nicht
zu spät, auf den großen Wert des Werkes erneut hinzuweisen
, das in seiner letzten Lieferung auf S. 705—821
den Abschnitt „Syrien-Palästina heute" abschließt und
dann außer Nachträgen und Ergänzungen außerordentlich
sorgfältig gearbeitete und den ganzen Reichtum seines
Inhalts erst voll erschließende Register (S. 844 bis
978) bringt. Das Vorwort gibt auf die in unserer ersten
Besprechung aufgeworfene Frage nach Sinn und Möglichkeit
absoluter Vollständigkeit bereits die Antwort, der
man wird zustimmen dürfen. Es bleibt nur übrig, dem
Verfasser Dank zu sagen nicht nur für die Arbeit, die
er mit diesem über 11 000 Ordnungsnummern umfassender
. Werke geleistet hat, sondern ebenso sehr dafür,
daß er mit seinem Werke deutscher Wissenschaftlichkeit
ein weithin leuchtendes Denkmal gesetzt hat.

Tübingen, z. Zt. bei der Wehrmacht K. E 11 i g e r

NEUES TESTAMENT

Leipoldt, Prof. D. Dr. Johannes: Jesu Verhältnis zu Griechen

und Juden. Leipzig: G. Wigand 1941. (VIII, 240 S.) 8°. RM 4.60;

geb. RM 5.80.

Mit seiner unbestechlichen Sachtreue und ungeheuren
Materialkenntnis legt Leipoldt hier ein Werk vor, das die

i vielfache Diskussion über die griechische oder jüdische
Art des synoptischen Jesus zu einem gewissen Abschluß
bringen dürfte. Mit einer erstaunlichen Fülle von Belegen
begründet Leipoldt die von ihm schon wiederholt
angedeutete These, daß Jesus seinem gesamten Wesen

i nach unjüdisch sei und im schärfsten Gegensatz zum
Jüdischen stehe. Methodisch geht er richtig von Gal. 2
als dem ältesten Zeugnis zur urchristlichen Geschichte
aus, das bereits das Bild des un- und antijüdischen Jesus
im Hintergrund zeige. In der Durchführung beginnt er
mit einer Gegenüberstellung charakteristischer griechischer
und jüdischer Züge der Zeit Jesu. Wichtig ist besonders
der Nachweis, wieviel Nichtjüdisches ins Judentum
der damaligen Zeit eingegangen war und wie wenig
schöpferisch dieses selbst blieb. Selbst religiös hat das
Judentum genug Anleihen aus der griechischen Umwelt
gemacht, gerade die wertvollen Stücke sind nicht jüdisch,
sondern sind den Mysterien assimiliert.

Dann folgt eine Reihe von Abschnitten, die den Gegensatz
Jesu zu den verschiedensten Seiten jüdischen We-

| sens herausarbeiten. Der erste stellt ihn jüdischem
Brauchtum gegenüber. Im Mittelpunkt stehen natürlich
die Ablehnungen der Reinheitsvorschriften. Der Gegensatz
Jesu zum Alten Testament besteht vor allem in
völlig neuen religiösen Grundlagen, die auch scheinbar
Verwandtes als völlig verschieden zeigen. Jesus „ist sich

i dessen bewußt, daß er sich vom Alten Testament entfernt
" (S. 75). Sehr ausführlich ist die Frage des Messiasbegriffes
behandelt. Hier ist vor allem auf gute psychologische
Beobachtungen hinzuweisen: Jesus redet von

seinen Selbst- und Gotteserlebnissen „auf griechische
Weise". Für eine „Wiederherstellung des Reiches Davids
" hat er in keiner Weise etwas übrig. „Menschenkind
" und „Sohn Gottes" zu sein ist Jesu Anspruch, beides
ist griechisch. Vor allem trägt das Beten Jesu echt
griechische Züge. Besonders wichtig ist der Abschnitt
über Jesu Stellung zur jüdischen Enderwartung. Auch

I hier befindet er sich ganz auf der griechischen Linie und