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Ausgabe:

1941

Spalte:

250-251

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Allgeier, Arthur

Titel/Untertitel:

Die Psalmen der Vulgata 1941

Rezensent:

Vogels, Heinrich Joseph

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Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 9/10

2Ö0

zurückführen. Es sind überall nur vereinzelte Entsprechungen festzustellen
. Wesentlich scheint mir in diesem Zusammenhang zu sein, daß
Nachwirkungen ausgesprochen dualistischer An:chaimn:;en nur
sporadisch zu finden sind. Der Dualismus stand in der frühislamischen
Polemik und Diskussion anscheinend nicht im Mittelpunkt des Interesses
. Man wird deshalb — alles in allem — die Nachwirkungen
iranisch-dualistischer Strömungen nicht so stark betonen dürfen, wie
Pretzl das getan hat. In der Lehre vom „unerschaffcnen Koran"
scheinen mir (gegen Pretzl, S. 27) nach wie vor christlich-theologische
Vorbilder näher zu liegen als iranische Quellen, die ihrerseits
nicht näher definierbar sind.

Die Kritik, die ich im vorhergehenden an einer der
Schlußfolgerungen Pretzls geübt habe, möge nicht mißverstanden
werden. Sie darf keinesfalls den Dank übertönen
, den wir dem Verfasser für seine interessante Arbeit
schulden. Er hat ein schwieriges Problem aufgegriffen
und — auf Grund einer umfassenden Beherrschung
des Stoffs — seiner endgültigen Lösung schon
sehr nahe gebracht. Diejenigen Punkte, die noch einer
weiteren Klärung bedürfen, sind wenigstens einmal zur
Sprache gekommen. Die wissenschaftliche Diskussion hat
eingesetzt. Sie wird, davon bin ich überzeugt, über kurz
oder lang auch die restlichen Fragen vollends aufhellen.
Bonn K. P a r e t

Rosenkranz, Dr. Gerhard: Fernost — wohin? Begegnungen
mit den Religionen Japans und Chinas im Umbruch der Gegenwart.
Heilbronn: Eugen Salzer 1940. (304 S., 38 Abb.) 8«. RM 6.80.
Vom Februar bis zum Oktober 1938 war Vf. auf
einer Studienreise in Ostasien, um mit der Christenheit
Japans und Chinas im ihrer gegenwärtigen Lage Fühlung
zu nehmen, um die Möglichkeiten und Erfordernisse
der Verkündigung der Christus-Botschaft im Fernen
Osten heute kennen zu Lernen, und schließlich um
in die Lebenskräfte einzudringen, die die Gegenwart
der beiden großen Völker im Osten Asiens gestalten
(S. 11). Aus den unmittelbaren Aufzeichnungen ist das
vorliegende Buch entstanden. So gibt es einerseits die
lebensnahe Schilderung der Reiseerlebnisse in plastischer
und anschaulicher Sprache und knüpft andererseits daran
religiöse, historische und philosophische Betrachtungen
über die einzelnen Religionen in Japan und China.
So durchwandern wir mit dem Vf. Japan, Korea, die
Mandschurei und China und tuen manchen tiefdringenden
Blick in das Leben und die Seele der Ostasiaten'.
Gleichzeitig erkennen wir die großen, schicksalsbedingten
, rassischen Schwierigkeiten, denen die Mission begegnet
. Völkerpsvehologisch besonders gelungen erscheint
mir die Zusammenfassung „China und Japan, ein
unpolitischer Vergleich" (S. 213ff.). Hier offenbart sich
das feine und sichere Einfühlungsvermögen des Vf.s in
die fremde Wesensart.

Einige kleine sinologische Mißverständnisse möchte ich zum Schluß
berichtigen. Vom Mei-Shan, dem ,,Kohlenhügel" inmitten der verbotenen
Stadt Pekings, sagt Vf. S. 220: Mei Shan kann, je nachdem
die erste Silbe betont wird, „Grüner Hügel" oder „Kohlenhügel
" heißen. Das stimmt nicht. Mei heißt nur „Kohle". Wohl aber
hat der Hügel noch den Namen Cbing-Shan, was „Aussichtshügel"
bedeutet. Vielleicht liegt hier eine Verwechslung von Ching mit Ch'ing
„grün" vor? Auf S. 252 spricht Vf. davon, daß die stickige Feuchtigkeit
des sommerlichen Tsingtao die Widerstandskraft der Europäer
aussauge (obwohl man doch aus dem heißen Inland gerade nach |
Tsingtao sommers geht wegen der herrlichen Seebäder), und die I
„Mao-tse, das Gehirn" der chines. Boys zermürbe. Mao-tse bedeutet
aber Mütze, gemeint ist Nao-tse! Schließlich erklärt Vf. S. 274 den '
Namen des in Peking sehr berühmten Taoistentempels Tung Yüeh
Miao als „Tempel dessen, der dem Himmel gleichkommt". Das erste
Zeichen lautet aber nicht t'ung „gleich, gleichkommen", sondern tung 1
und bedeutet „Osten". Tung Yüeh ist der „Ostliche heilige Berg" j
und eine andere Bezeichnung für den T'ai Shan in der Provinz
Schantung.

Aber diese kleinen sinologischen Entgleisungen tuen
dem Wert des Buches in seiner Gesamtheit keinen Ab- i
bruch. Ein gutes Bildmaterial trägt außerdem zur Ver- |
anschaulichung des Textes bei. Und ich glaube, daß je- |
der Leser dieses gut geschriebenen Buches einen dauern- |
den Eindruck mit davon nehmen wird.

Bonn a. Rh. Erich S c h m i 11 1

ALTES TESTAMENT

Allgeier, Prof. Dr. Arthur: Die Psalmen der Vulgata. Ihie Eigenart
, sprachliche Grundlage und geschichtliche Stellung. Paderborn
: Ferdinand Scböningh 1940. (314 S.) gr. 8° = Stud. z. Gesch.
u. Kultur d. Altertums, Bd. 22, H. 3. RM 20—.

Nachdem einmal bei der Brevierreform des Papstes
j Pius V. das sog. Psalterium Gallicanum als maßgebender
1 Text erklärt worden war, konnte auch in die sixto-kle-
| mentinische Vulgata nicht wohl des Hieronymus Psalte-
I rium ex Hebraeo aufgenommen werden, wie man es an
sich hätte erwarten müssen. Daß man das Ps. Gall. für
I die Liturgie wählte, ist befremdlich genug. Denn ein mit
j Asteriscus und Obelus ausgestatteter Text ist eine Gelehrtenarbeit
und eignet sich nicht zu gottesdienstlichem
, Gebrauch. Tatsächlich hat das Ps. Gall. ja auch erst Aufnahme
in die Vulgata gefunden, nachdem es zuvor mit
den diakritischen Zeichen gewissermaßen seine Seele verloren
, dann aber schon durch die liturgische Verwendung
eine Bedeutung erlangt, die eine sorgfältige Untersuchung
seiner Geschichte rechtfertigt und nötig macht.

Allgeier, der i. J. 1928 eine Schrift „Die altlateinischen
Psalterien, Prolegomena zu einer Textgeschichte
der hieronymianischen Psalmenübersetzungen" veröffentlichte
und der seitdem in einer Fülle von Einzelunter-
suchung den mannigfaltigen Problemen der Überlieferung
des lateinischen Psalters nachgegangen ist, bietet im vorliegenden
Werk zunächst einen Abdruck des für die Beurteilung
des Ps. Gall. von jeher als grundlegend angesehenen
Hieronymusbriefes an die gotischen Priester
Sunja und Fretela. Dieser Brief des Kirchenvaters, eine
Rechtfertigung, gelegentlich auch wohl eine kleine Korrektur
seines Psaltertextes, erinnert wiederholt daran,
daß die Übersetzung des Ps. Gall. auf dem hexaplarischen
Text ruht, dem eine ganz andere Bedeutung zukomme
wie der Koine-Überlieferung. Daneben wird an manchen
Stellen auf den hebräischen Text verwiesen.

An der These, das Ps. Gall. sei die letzte Arbeit des
Hieronymus am lateinischen Psalter und stelle gegenüber
dem Ps. ex Hebraeo „einen erheblichen Fortschritt" (S.
304) dar, unentwegt festhaltend, untersucht A. den Vul-
gatatext zunächst inbezug auf die griechische Vorlage, erörtert
dann seine innerlateinischen Beziehungen, wobei
Hilarius, Ambrosius und Augustinus, der Psalter von
Verona und das Ps. Romanum auf ihr Verwandtschaftsverhältnis
mit Ps. Gall. geprüft werden. Ein Abschnitt
„die unmittelbare Vorlage des Ps. Gall." (S. 253—276)
endet nicht, wie man erwartet, mit dem Ergebnis, daß
das Ps. Gall. auf dem Ps. Rom. ruht, sondern mit einem
Non liciuet. Endlich wird der Einfluß des hebräischen
Textes auf die Gestaltung des Ps. Gall. behandelt: „Hieronymus
hat zur Textgestaltung verschiedentlich' den
hebräischen Text benützt, sei es, daß er sich dafür seiner
eigenen Übersetzung iuxta Hebraeos bediente, sei es, daß
er unmittelbar ins Hebräische Einsicht nahm" (S. 303).

Das Vorwort wirft die Frage auf, ob es nicht geradezu
verwegen erscheint, „die Aufgabe überhaupt in Angriff
zu nehmen, solange keine den wissenschaftlichen
Ansprüchen genügenden Editionen vorliegen". In der Tat
scheint die Untersuchung über ganz unsicheren Boden zu
gehen, wenn die Urteile der Sachkundigen über den Wert
des Karlsruher Cod. Aug. 38 oder des Cod. Vat. Reg. 11
so weit auseinandergehen, wie es bei Allgeier und de
Bruyne der Fall ist. Nur eindeutig feststehende Formen
lassen sich sauber aneinander messen. Aber der Nachteil
, der unserer Untersuchung daraus erwachsen muß
daß wir weder von Ps. Rom. noch von Ps. Gall. eine
kritisch gesicherte Ausgabe besitzen, wäre nicht so groß
so lange man für solche Unsicherheit ein Gefühl behält
und das rechte Maß in Rechnung stellt. Nichts stünde
im Wege, so nützliche Arbeit zu leisten, wie etwa den
Unterschieden zwischen der griechischen und lateinischen
Seite der beruhinten Veroneser Psalterhandschrift (R)
nachzugehen und festzustellen, ob der griechische oder
der lateinische Text nachträglich überarbeitet ist, oder