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Ausgabe:

1941

Spalte:

206

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Zeller, Winfried

Titel/Untertitel:

Die Schriften Valentin Weigels 1941

Rezensent:

Echternach, Helmut

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205

Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 7/8

20S

di Vienna, Nunt. di Monaco, Min. di Baviera, vescovi
esteri) die Beziehungen Bayerns zur Kurie. Hier ist mit
immensem Fleiß das in diesen Quellen enthaltene bisher
nur teilweise bekannte Material der weiteren Forschung
dargeboten. (Man möchte nur wünschen, daß die Genauigkeit
ebenso groß wäre, denn die Druckfehler sind
weit über das übliche Maß hinaus zahlreich. Auch die
Liste S. 1071 reicht nicht entfernt aus. Ich habe entsprechend
Bastgens dortiger Aufforderung auf den Versuch
verzichtet, auch nur einen Teil der noch notwendigen
Berichtigungen nachzutragen). Besonders begrüßenswert
ist, daß Bastgen sich nicht auf die Darstellung und die
Zitate aus den Quellen beschränkt, sondern im 2. Band
(S. 789—973) seine Ausführungen laufend mit einer Wie- !
dergabe wichtiger Aktenstücke begleitet (als Nr. XL der
Gesamtbericht des Nuntius Serra-Cassano über seine
Tätigkeit in München vom 13. Oktober 1826, S. 939 ff.
Bes. wichtig auch Nr. XXXIX, S. 920ff. 16 Dokumente
zu Wittmann und Nr. XXVIII, S. 878 ff. 26 Aktenstücke
zu Sailer).

Bastgens Arbeit ist hervorgegangen aus Untersuchungen
über die Besetzung der bayrischen Probsteien nach
dem Konkordat von 1817, wovon er zur Erforschung der
Vorgänge bei der Besetzung der Bischofsstühle usw. fort-
schritt. Das zeigt sich jetzt noch in der ganzen Anlage
seines Buches. Er beginnt mit einer Darstellung der bayrischen
Kirchenpolitik unter Montgelas seit der Ankunft
des Nuntius Severoli in Wien im März 1802 und dem
Hin und Her der Versuche, den bayrischen Kurfürsten
von dem eingeschlagenen kirchenpolitischen Weg abzubringen
auf dem Umweg über Napoleon, den Kaiser, den
Zaren, Preußen, Dalberg, den Erzbischof von Salzberg,
Gravenreuth usw. einerseits und dem Versuch des bayrischen
Hofes auf der anderen Seite, zu einem Sonderabschluß
mit der Kurie unter Umgehung des Reichskonkordates
zu gelangen, worin sich Bayern mit Preußen und
anderen deutschen Staaten in voller Übereinstimmung befand
. Die Kurie bestand zunächst eindeutig auf der Forderung
des Reichskonkordats, weil sie sich von ihm
größere Vorteile erhoffte. Nach langen, sehr verwickelten
Verhandlungen mußte Rom schließlich unter dem
Druck der durch den Frieden von Preßburg völlig veränderten
Verhältnisse dem Drängen Bayerns nachgeben
(Preußen gegenüber hatte man es schon früher getan),
zumal Napoleon auf dessen Seite stand und selbst Wien
einem allgemeinen Konkordat (dessen Entwürfe Rom
außerdem nur sehr wenig gefielen) nicht mehr beitreten
wollte. Deila Genga, der spätere Leo XII, ging als Nuntius
nach Regensburg (S. 107—128 eine lebendige Schilderung
seines ersten Aufenthaltes in Deutschland), aber
die Verhandlungen mit Bayern scheiterten zunächst, wobei
die Berichte della Gengas des öfteren recht bezeichnend
sind (über den religiösen Charakter des deutschen
Volkes, z. B.: „wo Bier getrunken wird, da fehlt die Begeisterung
, die andere Nationen haben. Die Deutschen
haben immer die Religion gewechselt, wie man ein Hemd
wechselt, am Abend schlafen gelegt als Katholiken, am
morgen wurden sie gewahr, protestantisch geworden zu
sein, und sie gingen hin, ihr Bier zu trinken und sich
darüber zu freuen" S. 148 f.). Abschließend schildert
Bastgen noch die Kandidaten für das geplante Münchener
Erzbistum. Am schlechtesten kommt von ihnen natürlich
Wessenberg weg, wobei interessant della Gengas
(bereits 1806!) nach Rom berichtete Absicht ist, Wessenberg
systematisch die Verwaltung der Konstanzer Diözese
durch Abtrennung des Schweizer Anteiles und durch
Beeinflussung des Großherzoges bei der Neubegründung
des Bistums nach Abschluß des badischen Konkordates
zu nehmen.

Auf dem Frankfurter Bundestag hatten die Verhältnisse
sich umgekehrt. Die Wessenbergsche Partei verlangte
nach einem Gesamtkonkordat, während die kurinle
Partei nun nachdrücklich für Einzelkonkordate eintrat.
Am 5. Juni 1817 wurde das Konkordat für Bayern durch
Häffelin, der dafür — allerdings nicht ohne Schwierigkeiten
— das Kardinalsbirett bekam, in Rom unterzeichnet
. Die Einteilung der bayrischen Kirche in die Metro-
politansprengel München mit den Bistümern Passau,
Augsburg, Regensburg und Bamberg mit den Bistümern
Eichstätt, Würzburg und Speyer war schon früher festgesetzt
und wurde übernommen.

Nach diesen allgemeinen Darlegungen verfolgt Bastgen
die Geschichte der einzelnen Bistümer und ihrer Besetzungen
: die Verwaltung der Bistümer bis zu ihrer
Neuerrichtung, die Kandidaten für die Bischofstühle, ihre
Weihe, die Errichtung der neuen Domkapitel und die Ernennung
der neuen Weihbischöfe, womit der erste Band
abschließt. Der zweite Band ist ganz den Besetzungen
der Bischofsstühle und Domprobsteien nach den Erster-
nennungen bis zum Jahre 1843 gewidmet. Bastgen
schreibt vom streng klerikalen Standpunkt aus. So wäre
zu vielen seiner Urteile und Anschauungen Kritisches zu
sagen, aber das alles einzeln aufzuführen würde zu weit
gehen und der große Teil der Leser wird die notwendigen
Abstriche hoffentlich ohnehin machen. Kurze Anhänge
, die oben bereits besprochenen Dokumente und ein 70
Seiten umfassendes Literaturverzeichnis schließen nebst
den notwendigen Registern die Arbeit ab, deren Verdienst
trotz allem ein bleibendes sein wird.

Berlin Kurt Aland

Zell er, Lic. theol. Winfried: Die Schriften Valentin Weigels.
Eine literarkrilisclie Untersuchung. Berlin: Verlag Dr. Emil Ehering
1940. (87 S.) gr. 8° — Historische Studien, Heft 370. RM 3.60.
Verf. geht die Schriften des späten Sohnes der
Deutschen Mystik, der fähig war, Luther in eine Reihe
mit dem Papst zu verweisen und dennoch die Konkor-
dienformel zu unterschreiben, in historischer Folge textkritisch
durch. Das kaum übersehbare Material der
dif ferierenden Handschriften und Druekausgaben ist vollständig
verarbeitet, darunter viel unveröffentlichtes und
weitverstreutes Gut. Auf die textkritischen Einzelergebnisse
kann hier nicht eingegangen werden; sie wirken
im allgemeinen überzeugend. Nur hin und wieder hat
man den Eindruck, einem ja auch in der schriftexegetischen
Theologie bekannten Überscharfsinn zu begegnen;
so etwa, wenn Verf. einen in 3 Schriften Weigels annähernd
gleichlautenden Satz zum Anlaß einer textkritischen
Operation nimmt (S. 20).

Die Umbiegung, die das Weigelsche Denken durch
die Berührung mit Paracelsus erfuhr, wird eindrucksvoll
sichtbar. Im übrigen verzichtet Verf. — auch am Anfang
und am Schluß — auf jedes Eingehen auf die von Wei-
gel vertretene Sache selbst. Das ist in unsrer Zeit, in
der wir Wissenschaft nicht mehr um ihrer selbst, sondern
um des Lebens willen treiben, auch in einer rein
philologisch gedachten Arbeit immerhin auffällig. Gewiß
leistet die Untersuchung für die Fruchtbarmachung
des Weigelsehen Gedankenguts unentbehrliche Vorarbeit
— aber sollte nicht jede theologische Arbeit auch ausdrücklich
unter einer Ausrichtung stehen, die ihre Einfügung
in das Lebensganze der Kirche sichtbar werden
läßt?

Stolp H. Echternach

Hahn, Pastor D. Traugott: 1848—1939. Lebenserinnerungen. Stuttgart
: Chr. Belser [19401. (478 S., 18 Tafelahb.) gr. 8«. RM 5—

Pastor T. Hahn ist 1939 hochbetagt gestorben.
Seine Kinder haben die bereits früher in 2 Teilen erschienenen
Lebenserinnerungen ihres Vaters, unter Vornahme
von Kürzungen in dem vorliegenden Band vereinigt
, neu herausgegeben. Hinzugefügt wurde ein Bericht
über das Leben und Wirken ihres Vaters in den
letzten 20 Jahren in Deutschland und eine Mitteilung
über den Tod seiner Frau, die eigentlichen Erinnerungen
sind in ihren beiden Teilen sehr verschieden. Kinderzeit
, Gymnasialjahre, Studium sind außerordentlich
ausführlich dargestellt, wie sich das aus der Bestimmung
für die Kinder ergab; hier sind auch kleine Dinge mit
liebevoller Breite behandelt. Auch die Wirksamkeit in