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Ausgabe:

1941

Spalte:

202-204

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Vries, Wilhelm de

Titel/Untertitel:

Sakramententheologie bei den syrischen Monophysiten 1941

Rezensent:

Abramowski, Rudolf

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201

Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 7/8

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ten des 4. Jahrhunderts aus, daß sie nur im Zusammenhan
.>■ mit den religiösen Fragen der Epoche verstanden
werden können. Die letzten Wurzeln der Individuen erschließen
sich nur in ihrer Verflechtung mit der nicht zu
übersehenden Glaubensfrage. So ist auch Julian nicht
aus der Krisis des Glaubens seiner Zeit herauszulosen.
Allerdings er war es, der entschlossen in den alten Weg
wieder einleken wollte, den er aber selbst schon nicht
mehr als eine Persönlichkeit betrat, die den klassischen
Zeiten der Antike angehörte, sondern zutiefst der engnen
Epoche verfallen war. Vielleicht macht diese Spannung
den Reiz dieses einzigartigen Lebens, und der schonen
Darstellung von Bidez aus.
Wien, z. Zt. im Felde H.-O. Opitz

Hölscher, Gustav: Die Hohenpriestcrliste bei Josephus und
die evangelische Chronologie. Heidelberg: Carl Winters Uni-
versitätsbuchhandlung 1Q40. (33 S.) gr. 8» = Sitzungsberichte d.
Heidelberger Akad. d. Wissensch., Phil.-hist. Klasse. 1939/40.
3. Abh. RM L90

Unter welchem Hohenpriester und in welchem Jahre
ist Jesus gekreuzigt worden? Wir wissen, wie unisicher
die Chronologie der urchristlichen Literatur ist; das Interesse
hing eben am Evangelium und nicht an historischen
Einzelheiten, der Blick richtete sich auf den
kommenden Aion, nicht auf irdische Zeitangaben. Hölscher
versucht weiterzukommen über die Hohenpriesterliste
bei Josephus ant. XX, 224—251. Aber hier ist
auch allerlei problematisch. Wo stammt diese Liste her?
Wieweit ist sie vollständig? Ist die Quelle vollständig
wiedergegeben? Verf. kommt zu dem Ergebnis, daß
hier nicht eigene Darstellung des Josephus vorliegt,
sondern eine Quelle verarbeitet ist. Die Liste bei Jo-
sophus hält H. für vollständig und in ihrer Reihenfolge
für richtig. Ihre empfindliche Grenze ist, daß sie schwerlich
chronologische Angaben über die Amtszeiten der
Hohenpriester enthalten hat, auch dürften ihr die Angaben
über die Herrscher oder die römischen Beamten,
die die Ein- und Absetzung durchführten, gefehlt haben.
Woher hat dann Josephus diese Einzelangaben, und
wieweit sind sie denn richtig? H. prüft in exakter Gründlichkeit
die Einzelheiten, stellt allerlei Unstimmigkeiten,
Irrtümer u. dgl. fest. Aufs Ganze gesehen kommt Verf.
zu dem Ergebnis, daß die Reihenfolge der Namen der
Hohenpriesterliste zuverlässig ist, aber die chronologischen
Verknüpfungen sehr zweifelhaft sind. Für die spätere
Zeit, ungefähr seit Agrippa I., stehen hinter den
Angaben über Ein- und Absetzung der Hohenpriester
gute Überlieferung oder auch gar persönliche Erinnerung
, ganz im Unterschied zur Dürftigkeit oder Unsicherheit
der Angaben für die Zeit vor Agrippa I. In
der 2. Hälfte der Schrift untersucht H. die Angaben der
urchristlichen Literatur. Umstritten ist bekanntlich schon
die Frage, wer bei der Verurteilung Jesu amtierender
Hoherpriester war. Mit Wellhausen u. a. nimmt Verf.
an, daß Annas amtierender Hoherpriester war, und daß
Kaiaphas in Luk. 3,2; Acta 4,6 zu streichen ist, wie ja
auch die Vorlage des Johannesevangeliums die Figur
des Kaiaphas nicht kennt (11,49—52 und 18,13 f.
24. 28 sind interpoliert). Soweit also — und darin
stimme ich H. zu — die urchristliche Überlieferung überhaupt
einen Hohenpriester ursprünglich nennt, ist es
Annas. Weiter fragt H. dann nach dem Todesjahr Jesu
und kommt zu folgender Datierung: Amtsantritt des Pilatus
im Herbst 26, Apostelkonzil (vor der Flucht des
Petrus Acta 12,1—23) im Jahre 43/44, Bekehrung des
Paulus 28/29 oder 27/28, Tod Jesu Ostern 27, also im
1. Amtsjahr des Pilatus. Jesu Zug nach Jerusalem und
sein Tod hinge dann mit den Unruhen des 1. Amtsjahres
des Pilatus zusammen (Jos. bell. II, 169—177;
ant. XVIII, 55—62). Dazu paßt, worauf H. hinweist,
Joh. 2,20: die 46jährige Dauer des Tempelbaues führt
auch ins Jahr 27. Da die Möglichkeit besteht, die Amtszeit
des Ananos bis in die Prokuratur des Pilatus auszudehnen
, so könnte auch dies mit den übrigen Angaben
zusammenstimmen. Auch die Hinrichtung des Täu-
i fers setzt H. dann nur kurze Zeit vor Jesu Tod an. In
dem Augenblick, als die Johannes- und die Jesus-Bewegung
politisch verdächtig wurden, griff die Obrigkeit
1 zu; daraus wäre mit H. zu folgern, daß Jesus vor dieser
kritischen Lage eine entsprechende Zeit als friedlicher
Lehrer gewirkt hat. Hier möchte ich fragen: kann man
sich Jesus überhaupt als harmlos-friedlich erscheinenden
Lehrerdenken? M. M. n. hat er mit seinen Vollmachtsauf-
! trag von Anfang an aufwühlend und in den Augen der
; herkömmlichen Behörden gefährlich gewirkt. Da H. Jesus
und Johannes so dicht in Wirksamkeit und Schicksal
benachbart sieht, und auch die Johannesjünger so eng
neben den Jesusjüngern stehen, so ergibt sich ihm noch
i eine Antwort auf die Frage, warum Josephus nur Jo-
I hannes und nicht Jesus erwähnt — ant. XVIII, 63—64
ist sicher Interpolation und XX, 200 höchst verdächtig
—, eben die Antwort, daß Jos. über Jesus schweigt,
weil er ihn noch ganz innerhalb des Judentums und der
j johanneischen Bewegung sieht.

H.'s Ausführungen sind nur dankenswert. In der
| Art, wie er die Honenpriesterliste auf ihre Zuverlässigkeit
untersucht, wird man ihm nur zustimmen können.
' Wieweit seine Konstruktion der evangelischen Cbroroo-
| logie richtig ist, wird sich mit Sicherheit nicht ausmachen
I lassen; aber auch hier gibt er in Anlehnung an Ed.
Schwartz und Wellhausen einen Aufriß, der bei äller
noch bleibenden Problematik doch mancherlei für sich
hat, wie der Überblick zeigt. Aber in diesen historischen
Fragen werden wir noch lange voraussichtlich nur tasten.
Umso erfreulicher sind solche gründlichen und anregenden
Studien, auch wenn keine unbedingt gesicherten Ergebnisse
herausspringen können.

Breslau H. P r e isk e r

de Vries, P. Wilhelm, S.J.: Sakramententheologie bei den
syrischen Monophysiten. Rom: Pont. Inst. Orient. Stud. 1940.
(263 S.) gr. 8" = Orientalia Christiana Analecta 125. L. 53—.
In jener vorzüglichen buchtechnischen Ausstattung,
wie wir sie vom den wissenschaftlichen Instituten der
Kurie gewohnt sind, legt der Professor am päpstlichen
Institut für orientalische Studien de Vries ein Werk
über die syrisch-monophysitische Sakramentstheoloo-ie
vor. Das gut lesbare Deutsch und die klare scholastische
Architektur der Arbeit bergen in sich eine umfassende
und wohl abschließende Erörterung des weitschichtigen
Themas, die sich gründen kann auf eine vorzügliche
Beschlagenheit des Autors in sämtlichen zugehörigen
Fragen, auf eine Fülle von europäischen und
orientalischen, bisher kaum bekannten Handschriften und
Editionen und endlich auf persönliche Studien und Um-
1 fragen im Orient, die es gestatten, die Darstellung je-
i weils bis in die Gegenwart hineinzuführen. So ist ein
Buch nützlich zum Nachschlagen, angenehm zum Lesen
j entstanden.

Druckfehler fand ich kaum. Die orientalischen Originale, die den
Übersetzungen leider etwas spärlich beigegeben sind, sind dort, wo
man sie einsehen kann, richtig wiedergegeben; wo es sich um Kontroversen
handelt (etwa S. 238), hat der Verf. wohl recht. Die Erörterung
S. 166 ist allerdings zu subtil und von der syrischen Syntax kaum
j noch zu beantworten. Ob es sich S. 191 u. nicht um Rückfall in
den Parsismus handelt statt um Magie?

Das Inhaltsverzeichnis am Schluß, das im ersten
Teil zunächst die Frage nach den Sakramenten im Allgemeinen
aufwirft, und dann im zweiten Teil nach den sieben
Sakramenten ordnet, kann den Leser freilich zuerst
erschrecken. Man möchte vermuten, daß hier eine Tendenzschrift
zur Propagierung der Union zwischen Monophysiten
und Kurie vorliegt; gewisse Sätze am Anfang
und Ende des Buches schlagen auch in diese Kerbe. Aber
die Arbeit selbst ist von einer geradezu leidenschaftlichen
Objektivität getragen. Außer bei Taufe und Eucharistie
wird die Frage nach der Existenz des Sakramentes sehr
sorgsam erörtert; bei der Ehe wird sie rundweg verneint
, bei Firmung und Buße nur bedingt bejaht (es
gibt keine satisfactio!); das Sakrament der Krankenölung