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Ausgabe:

1940

Spalte:

162-164

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Runge, Carl-Ludwig

Titel/Untertitel:

Das Reich Gottes und die Reiche der Natur 1940

Rezensent:

Wiesner, Werner

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161

Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 5/6

1152

Die Zusammenstellung der Artikel gibt einen starken
tiiiidruck von der Vielseitigkeit Vilmars, zumal wenn
man die schon früher neu abgedruckten hinzunimmt. Im
Einzelnen sind sie natürlich nicht alle gleich bedeutsam
und bezeichnend für ihren Verfasser, sondern zum Teil
eben einfach Lexikon-Artikel, die den Stoff zusammenstellen
, im Historischen stellenweise veraltet und überholt
(so z. B. Vilmars Mitteilungen über die Textgeschichte
der CA.). Aber die meisten zeigen doch die
vektigia leonis nach Gestalt und Inhalt, vor allem die
dogmatischen und kirchenrechtlichen. So ist es zu begrüßen
, daß der Herausgeber — er ist an der Vilmar-
Renaissance der letzten Jahre durch mehrere Aufsätze
beteiligt — diese entlegene Quelle bequem zugänglich
gemacht hat.

Der Herausgeber hat der Sammlung eingehende Register heigegeben
. Der Druck bietet viele Fehler. Der am meisten störende findet
sich schon in Wageners Lexikon: auf S. 38 muß es in der Wiedergabe
von Schleiermachers Wesensbestimmung des Christentums (§ 11
<ier Glaubenslehre) statt „theologischen" natürlich heißen „teleologischen
". Ebenso findet sich der Fehler S. 87 Z. 15 v. u. — „lösliche
Sünden" statt „läßliche"! — schon bei Wagener. Beide halten
in dem jetzigen Abdruck berichtigt werden sollen. Dieser bringt
stattdessen eine ganze Anzahl neue Fehler. Zum Beispiel: auf S. 16
Z. 6 des Textes muß es statt „v o r dem Tode" vielmehr heißen
„von . ."; S. 20 Z. 10 ist für „1006" zu setzen „1806"; S. 25
Z. 14 heißt es fälschlich „Schrifteninhalts" für „Schriftinhalts"; auf
S. 38 Z. 6 ist vor „mau" einzusetzen „wenn". Außerdem kleinere
Fehler.

Erlangen p. A 11 Ii a u s

Di e kam p, Prof. Dr. Franz: Katholische Dogmatik nach den
Grundsätzen des heiligen Thomas. 1. Bd., 8. u. 9. verb. Aufl.
(XII, 371 S.); 2. Bd., 8. u. 9. verb. Aufl. (XI, 582 S.). Münster
i. W.: Aschendorff 1939. 8° = Lehrb. z. Oebrauch b. theol. Studium
. RM 12.85; geb. RM 14.75.

Von Diekamps Dogmatik-Lehrbuch war in ThLZ
zum letztenmal 1938 Nr. 7 die Rede. Es betraf Bd. II
in 7. Auflage. Der III. (zugleich letzte) Band in 7. Aufl.
ging uns zur Besprechung nicht zu. Inzwischen mußte
das Werk, wie zu erwarten war, abermals neuaufgelegt
werden, diesmal eine Doppel-Auflage. Von ihr sind wieder
Bd. I und II zu besprechen. Beide Bände haben im
Umfang nur unbedeutend zugenommen. Die Zunahme
rührt hauptsächlich von der vermehrten, auf den neuesten
Stand gehobenen Literatur, durch deren Reichhaltigkeit
und doch überlegte Auswahl sich dieses Lehrbuch
besonders auszeichnet, und von inhaltlichen Zusätzen
her, die jedoch nur den II. Band betreffen. Hier ist
nämlich die zur Frage der natürlichen Schöpfungsordnung
gehörige sog. Gehorsamspotenz (potentia oboedien-
tialis) jetzt genauer in zwei Arten unterschieden (11,48);
sodann die Christologie der Theosophen neu eingefügt,
In der Diekamp mit recht eine Wiederholung des Nesto-
rianismus sieht (II, 213); ferner die Frage des menschlichen
Wissens und Nichtwissens Christi neu behandelt
(II, 284); endlich die mariologische Teilfrage nach einer
Mittlerschaft Marias eingehender untersucht (II, 388 bis
bis 396). Zu der sehr notwendigen Klarstellung von
Dogma und Nichtdogma in dieser Sache hat Diekamp
einen neuen Paragraphen (48) geschrieben; von einer
lehramtliclien Stellungnahme wird jetzt, im Gegensatz
zur 2. Auflage, nicht mehr gesprochen. Der Verdeutlichung
der Leitsätze dient die Verwendung von Fettdruck
an Stelle von vielem früheren Sperrdruck; auch
im sprachlichen Ausdruck hat Diekamp noch mehr darauf
geachtet, daß er ein Lernbuch hat schreiben gewollt
. Am Gesamturteil über dieses nun verbreitetste
deuschsprachige Dogmatik-Lehrbuch (ThLZ 1931, Nr.
25; 1933, Nr. 24) haben wir nichts zu ändern. Es wird
sich auch künftig behaupten, obwohl ihm durch den
Nachfolger Diekamps auf dem Dogmatik-Lehrstuhl zu
Münster, Michael Schmaus, ein sehr einnehmender Rivale
zur Seite gestellt wurde. Denn Schmaus schreibt im Geiste
der sog. „Theologie der Verkündigung", von der
Diekamp, dies ist bezeichnend, nichts erwähnt. Diekamp

aber schreibt Dogmatik im Geist der alten Schola, und
! an ihr wird auch künftig niemand vorbeikommen, der
dogmatisch gerüstet in Beruf und Leben hinaustreten
will.

Unsre früheren Korrekutren sind nun fast alle berücksichtigt, aus-
' genommen I, 43 (Literatur); I, 143, Ziffer 3; II, 513, Zeile 4 v. u.
Tettnang (Württemberg) Wilhelm Koch

Classen, Dr. phil. habil. Wilhelm: Thomistische Anthropologie
in völkisch-politischer Sicht. Karlruhe (Baden): J. Boitze 1937.
(56 S.) 8°. RM 2.80.

Unter Thomismus versteht man sonst eine erst nach-
| tridentinische theologische Schulrichtung, deren Übereinstimmung
mit Thomas von Aquino keineswegs in allem
i unbestritten ist. Der Verfasser vorliegender gehaltvoller
I Studie meint aber nicht die philosophisch-theologische
Lehre vom Menschen in den Lehrbüchern der thomisti-
stischen Theologen, sondern die Anthropologie in den
j beiden Summen und in „de regimine prineipum'' des
Thomas v. Aquino. Er stellt in einem ersten Teil die
Lehre des Thomas vom Menschen als Individuum, als
Person und als Sozialwesen dar und kritisiert in einem
I zweiten Teil dieses Menschenbild im Lichte „völkisch-
[ politischer Anthropologie", wie sie besonders in Ernst
i Krieck's gleichnamigem Werk (1936/37) gezeichnet ist.
! Die Darstellung ist sachlich und sachkundig, die Kritik
| ebenfalls in wissenschaftlichem Geiste gehalten, der sich
auch in der einschlägigen Literatur erschöpfend umge-
I sehen hat. In der Darstellung hat der Verfasser tTen
Begriff der lex naturalis bei Thomas und einiges Andere
| nicht ganz richtig verstanden. In der Kritik mußte natürlich
Thomas zu kurz kommen, wenn die ganze Anthropologie
auf der Behauptung einer vor allem rassischen Bedingtheit
des Menschen und des Staates aufgebaut wird.
Solche Rassenlehre war zur Zeit des Thomas unbekannt,
j aber einen, allerdings begrenzten, Einfluß der Rasse auf
das Geistesleben hätte Thomas sicher nicht bestritten,
kannte er ja die arabische, also semitische, Philosophie
I gründlich.

S. 14, Anm. 10 lies gubernatur; S. 21, Antn. 8 lies praeeminent;
S. 24, Anm. 25 lies aetemae; S. 25, Anm. 29 lies aliud; S. 29, Z. 12
lies peccato; S. 52, S. 6 lies intellectus.

Tettnang (Württemberg) Wilhelm Koch

Runge, Tic. Carl-Ludwig: Das Reich Gottes und die Reiche

der Natur. Ein Überblick. Mit einem Geleilwort von Prof. D. Paul
Althaus. Gütersloh: C. Bertelsmann. (122 S.) kl. 8°. Geb. RM 2 - .

Das Anliegen des Verf. ist der Zusammenhang zwischen
Natur und Gottesreich, Natur und Evangelium.
Das Buch richtet sich sowohl gegen eine glaubenslose,
rationalistisch-materialistische oder romantische Natur-
| auffassung wie gegen einen naturlosen, spiritualistisch-
mystischen oder moralistischen Glauben. Dabei geht es
ihm nicht um das besondere Problem der Auseinander-
! Setzung zwischen Naturwissenschaft und Theologie, das
in den vergangenen Jahrzehnten die Diskussion über Na-
| tur und Glaube beherrschte. R. sieht diesen Streit mit
Recht, im Ganzen betrachtet, als einen „Gespenster-
krieg" an, bei dem es sich weder um die wirkliche Natur
noch um den wirklichen Glauben handelte. Er will über
das bloße Wissen um die Natur vordringen zur „Weisheit
", in der die Erkenntnis zugleich Klärung des Lebensverhältnisses
zur Natur ist, von der Mittelbarkeit
des menschlichen Wortes und Begriffs zur Unmittelbar-
; keit des Wirklichen, in der alles, was der Verstand aus-
einanderreißt, eine Einheit bildet. So erörtert er das Pro-
, blem Naturreich und Gottesreicli auf drei Erkenntnisstufen
: 1. die Stufe des gedeuteten Bildes, der wissenschaftlichen
Vernunft, 2. die Stufe des Erlebnisses und der Erfahrung
, 3. die Stufe der Glaubenserkenntnis, der „christlichen
Tiefenschau". Erst in diesen drei Aspekten kann
das Ganze gesehen werden. Ob und wie diese drei Er-
| kenntnisstufen zusammenhängen, ob ein Abhängigkeits-
i oder ein Ergänzungsverhältnis besteht, ob zwischen ihnen
I ohne weiteres Harmonie herrscht oder ob es auch Span-