Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1940

Spalte:

151-153

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Scheibler, Walter

Titel/Untertitel:

Geschichte der Evangelischen Gemeinde Monschau 1520-1939 1940

Rezensent:

Klingemann, Karl

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

151

Theologische Lileraturzeitung 1940 Nr. 5/6

152

Ausgangspunkt und Grundlage für dieses Jahrbuch
ist die Einführung der Reformation in der Kurmark
Im Mittelpunkte steht ein vortrefflich orientierender, aus
den besten Quellen geschöpfter Autsatz von dem Herausgeber
Walter Wendland: „Die märkische Reformation
, ihre Eigenart und ihre Schranken". Er zerfällt
in folgende Abschnitte: „Die Unterdrückung der evangelischen
Lehre unter dem Kurfürsten Joachim I., Der
Übertritt Joachims II., Die Durchführung der Reformation
in den einzelnen Landesteilen, Das langsame Durchdringen
der evangelischen Gedanken, Der Übergang der
Bistümer und des Johanniterordens in die Hand des Fürsten
, Schlußurteil." In dem 2. Abschnitt faßt Wendland
die Ergebnisse des folgenden Autsatzes von Wilhelm
Dürks: „Der Beginn der märkischen Reformation im
Jahre 1539 zusammen". Von einem Übertritt Joachims
II. zum Protestantismus i. J. 1539 sollte man nicht rc-
reden. Wenn er damals das Abendmahl unter beiderlei
Gestalt empfing, „wollte er eine gottesdienstliche Reform
einführen, die der Lehre Luthers entgegenkam", aber
klar und offen sich zu Wittenberg und Luther zu bekennen
, war nicht seine Absicht, er vermittelte weiter zwischen
Rom und Wittenberg, blieb auch auf Seiten des
Kaisers. Immerhin war nun der evangelischen Predigt
die Bahn gebrochen. Es ist nicht sicher, ob Joachim an
den beiden öffentlichen Abendmahlsfeiern teilgenommen
hat, bei deren ersterer, am 1. Nov. 1539 in Spandau,
der Bischof Matthias v. Jagow dem Adel aus der Umgebung
von Berlin und Spandau Brot und Wein reichte,
während bei der anderen am 2. Nov. in der Nikolaikirche
in Berlin die Ratsmitglieder und die Bürger von
Berlin und Kölln aus den Händen des Bischofs das
Abendmahl empfingen. Wahrscheinlich bestand der „Vorgang
" des Kurfürsten nicht darin, daß er am 1. Nov.
den Adligen zum Altar voranschritt, sondern in dem
Beispiel, das er gab, indem er am 5. Okt. in der mit
dem Schlosse verbundenen Doiirikirche in aller Stille sich
von dem Bischof Brot und Wein reichen ließ. Wendlands
Aufsatz bildet zugleich die Einleitung zu den Beiträgen
von Victor Herold: „Fürs Evangelium. Von tapferen
Predigern und Streitern für Luther in der Mark"
und Robert Stupperich: „Johann Briesmanns reformatorische
Anfänge", indem er andeutet, daß die Kurmark
eigentlich evangelisch wurde und Gemeinden sich
bildeten (so gewiß die Visitation von 1540 der werdenden
Kirche die äußere wirtschaftliche Grundlage verschaffte
) nicht von oben, sondern von unten her, durch
die Tätigkeit politisch uninteressierter, ungebrochener,
tapferer Prediger, wie Jacob Kortenbeck, der Prädikant
von Neuruppin, den Herold zu Ehren bringt, und —
schon unter dem harten Regiment Joachims I. — Johann
Briesmann 1522 in seiner Heimatstadt Kottbus. Seine
Rechtfertigungsschrift „An die Christlich Gemeyn zu
Cottbus" ist in Facsimileneudruck vorangestellt. Erwähnt
seien noch die von Herbert Link besorgte deutsche
Übersetzung der von Luther dem Propst von Leitzkau
Georg Mascow angefertigten Predigt für eine Diözesan-
versammlung 1512 (W. A. 1,8—17) und von O. Cle-
men mitgeteilte Briefe zum Türkenteidzug Joachims II.
1542. Sehr"dankenswert ist die von Wendland angefügte
„Einführung in die Quellen und Literatur zur märkischen
Reformationsgeschichte".

Zwickau i. Sa. O. Clemen

Scheibler, Walter: Geschichte der Evangelischen Gemeinde
Monschau 1520—1939. Aachen : G. Rehnisch 1939. (338 S., 65 Abb.)
gr. 8°. RM 6.50 ; geb. RM 9—.

Monschau, früher Montjoie geschrieben, ein romantisch
am Westrand der Eifel gelegenes Städtchen, ist der
Mittelpunkt einer in der frühen Reformationszeit einsetzenden
evangelischen Bewegung gewesen, die in einer
heute noch blühenden kleinen evangelischen Gemeinde
fortlebt. Den Spuren dieser Bewegung ist Walter Scheibler
mit größter Sorgfalt nachgegangen. An der Hand
■wertvoller Urkunden erbringt Scheibler den Nachweis,

daß in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Amt
Monschau lutherische und reformierte Gemeindebildungen
stattgefunden haben. Auch die Namen evangelischer
i Seelsorger sind bekannt geblieben. Daß die reformatorische
Bewegung im Monschauer Lande nicht zum wenigsten
vom Täutertum getragen war, setzte sie in besonde-
| rem Maße obrigkeitlicher Verfolgung aus. Das Herzog-
' tum Jülich und seine Fürsten, unter deren Herrschaft
Montjoie stand, waren von der Reformation erfaßt, er-
• lagen aber schließlich doch der Macht und dem Einfluß,
Kaiser Karls V. Die Taufgesinnten im Monschauer Land
bezeichnet Scheibler mit gutem Recht als die Stillen i n
Land, die es mit biblischem Christentum ernst nahmen.
, Sie sind, soweit sie nicht ausgerottet wurden, in den
j reformierten Gemeinden aufgegangen, die sich neben
| dem überwiegenden Luthertum erhielten.

Der in Scheiblers Buch gegebene Einblick in die
' Werdezeit evangelischer Gemeindebildung in und um
Monschau macht sein Werk zu einem bedeutsamen kir-
1 chengeschichtlichen Beitrag. Es wird der Nachweis erbracht
, daß es sich hier um eine in keiner Weise von
! Fürst und Obrigkeit veranlaßte Bewegung handelt, daß
j im Gegenteil mit kurzen Unterbrechungen obrigikeitlichier
Druck gegen alle Regungen evangelischen Lebens geübt
i wurde, daß es sich hier im vollen Sinn um eine Kirche
unter dem Kreuz handelte.

Nachdem durch die 1598 über die Stadt Aachen verhängte Reichs-
j acht die dortigen Evangelischen zur Abwanderung gezwungen waren,
I empfing auch Monschau wertvollen Zuzug, der sich um so wichtiger
i erwies, als die evangelischen Flüchtlinge ihren Gewerbefleiß mitbrachten
und Monschau zu einem Mittelpunkt des Tuchgewerbes machten,
! das nach hoher Blüte und zeitweisem Verfall dort noch heule bestim-
j mend fortwirkt. Als 1609 das Jülicher Land unter die Herrschaft der
! lutherischen Erben Pfalz-Neuburg und Kurbrandenburg geriet, folgte
| eine kurze Zeit des Aufatmens für die Evangelischen, die nach dem
j Übertritt des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm zur katholischen Kirche
neuem Druck wich, wiewohl die zum reformierten Bekenntnis überge-
[ gangenen Brandenburger sich um den Schutz der Evangelischen be-
I mühten. Der Dreißigjährige Krieg brachte neue Nöte und machte
! dem gegenreformatorischen Druck kein Ende. Aber das lutherische
i Bekenntnis wurde nie ganz unterdrückt.

In den Dörfern Menzerath und Imgenbroich fanden die Mon-
schauer Evangelischen eine notdürftige Zuflucht und konnten in einer
I Scheune zu Menzerath ihre Gottesdienste halten. 1673 wurde die Gemeinde
Menzerath anerkannt, die bis 1709 mit der Gemeinde Gemünd
vereinigt blieb. So bestand von 1709 bis 1831 eine selbständige
i Gemeinde Menzerath, die 1683 ihr eigenes Kirchlein weihen durfte,
I deren Schwerpunkt aber in der Stadt Monschau lag. Das erwies sich
| darin auf das deutlichste, daß 1787—1789 in Monschau eine schöne
stattliche Kirche erbaut wurde, und der Pfarrer, Maximilian Friedrich
i Scheibler 1789 seinen Wohnsitz nach Monschau verlegte. So entstand
die selbständige Gemeinde Monschau, während der Mittelpunkt der Gemeinde
Menzerath sich nach Imgenbroich verschob. Die Kirche in
! Menzerath wurde aufgegeben und 1838 in Imgenbroich ein bescheide-
J nes Kirchlcin geweiht, das 1935 abgebrochen wurde, nachdem 1924
| die durch Verfall des Tuchgewerbes fast ausgestorbene Gemeinde aufgehoben
worden war.

Nachdem die Gemeinde Monschau von 1794—1814
unter französischer Herrschaft gestanden, die wenigstens
| dem evangelischen Bekenntnis volle Duldung gebracht,
folgte unter Preußens Herrschaft bis heute eine Zeit
friedlichen Fortschrittes. In Aufgang und Niedergang
| behauptete sich das Tuchgewerbe, das von 1770—1790
j seine höchste Blüte erlebte und einen großen Reichtum
I nach Monschau brachte, der freilich zeitweilig schwerem
Niedergang verfiel. Über das evangelische Schulwesen
bringt W. Scheibler wertvollen Bericht. Auch die evan-
i gelischen Friedhöfe geben Zeugnis von evangelischer
Vergangenheit.

Ein besonderes, höchst anziehendes Gepräge gibt dem Buch Wal-
| ter Scheibler's die Geschichte seiner eigenen mit der Entwickelung der
! Gemeinde Monschau auf das engste verwachsenen Sippe. Sein Urahn
! Johann Heinrich Scheibler, Pfarrerssohn aus altem hessisch-rheinischen
' Pfarrergeschlecht, kam 1719 vierzehn Jahre alt als Lehrling nach
j Monschau und wurde dort ein Hauptbegründer des Tuchgewerbes. Als
er 1765 starb hinterließ er ein blühendes Geschäft und bedeutenden
! Wohlstand. Als Kirchenältester hat er der Gemeinde Monschau treu
] gedient. Solcher Dienst wurde bei seinen Nachkommen zu fester
| Überlieferung. Seit mit der Rheinisch-Westfälischen Kirchenordnung