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Ausgabe:

1940

Spalte:

146-147

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Jordan, Rudolf

Titel/Untertitel:

Die Stellung des deutschen Episkopats im Kampf um die Universalmacht unter Friedrich I. bis zum Frieden von Venedig (1177) 1940

Rezensent:

Holtzmann, Robert

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145 Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 5/6 146

braucht demgegenüber nicht erst an die Synode von Jordan, Dr. Rudolf: Die Stellung des deutschen Episkopats
Arles (314) ZU erinnern, die den Kriegsdienstverweigerer im Kampf um die Universalmacht unter Friedrich I. bis zum Frieden
exkommuniziert, sondern daran, daß von Anfang an Be- j von Venedig (1177). Würzburg: k. Triitsch 1939. (VII, 164 s.)
denken gegen den Soldatendienst durchweg nur mit der 8°. RM 3.60.
hier vor Konstantin fast unvermeidlichen Verstrickung i Die vorliegende Arbeit, wohl eine Erlanger Disser-
mit dem heidnischen Kult begründet wurden, d. h. mit 1 tation aus der Schule des Frhrn. v. Quttenberg, zeichnet
dem 1., nicht dem 5. Gebot! 1 die Beziehungen des Kaisers Friedrich Barbarossa zu
Für die spätere Zeit ist es mir zweifelhaft, ob man , den deutschen Bischöfen und der Reichskirche in dem
die katholischen Synoden nach 589 heranziehen darf, ; Vierteljahrhundert von 1152—77 in eindrucksvoller
um ein Bild der den Westgoten g eg e n ü be r stehenden I Weise und mit einem für einen Anfänger erheblichen
katholischen Kirche zu gewinnen. Die ständische üliede- Geschick. Die Quellen, die hier ausgeschöpft werden,
rung des Strafrechts etwa ist doch schon dem Verdacht j sind natürlich bekannt; aber die starken Konturen in
germanischer Einwirkung ausgesetzt! Und wenn die dem Bild, das der Verf. entwirft, zeigen doch manches
Synoden sich mehrfach mit Hochverratsvergehen von 1 schärfer, als das in den bisherigen Darstellungen, etwa
Klerikern zu befassen haben, so ist gerade ihre scharfe bei Giesebrecht und Hauck, der Fall war. Die Einlei-
Ahndung solcher Handlungen ein Gegenbeweis gegen J tung gibt den Auftakt mit -dem Hinweis darauf, wie die
den Satz, die Macht der Kirche habe sich feindlich ge- Rechte des deutschen Königs über die Reichskirche un-
gen die Krone gestellt! Übrigens darf man gerade auf 1 ter den beiden Vorgängern Friedrichs, Lothar und Kon-
germanischem Boden Machtinteresse und religiöse Über- , rad III-, fast ganz aufgegeben waren. Der Hauptteil, in
zeugung nicht so streng trennen, daß man dem Übergang j drei Kapitel mit den Scheidejahren 1159 und 1165 ge-
des Westgotenreichs zum Katholizismus den Charakter ' gliedert, ist auf den entgegengesetzten Ton gestimmt:
einer religiösen Entscheidung einfach abspricht (S. 310): 1 Friedrich hat die Reichsrechte mit größtem Erfolg wie-
die Westgoten hören m. E. auf, Arianer zu sein aus dem derhergestellt und auch im Frieden von Venedig fest-
gleichen Beweggrunde, aus dem heraus die meisten ihrer | gehalten. Während des Schismas von 1159—77 war für

Vorväter es einst geworden waren, und der der gleiche
ist, der Chlodwigs Taufentschluß veranlaßte, — dem
Machtbeweis! Bei der Beurteilung dieses Übergangs aber
scheint mir eine weiter ausblickende Betrachtung erlaubt:
den Halt, den ihnen die katholische Kirche nach der

den Kaiser dieser Kampf um seine Stellung über der
Reichskirche der entscheidende Punkt, weit mehr als die
Frage der Gegenpäpste, von denen nur die beiden ersten
(Viktor IV. und Paschalis III.) für Friedrichs Politik
von Bedeutung waren, während der letzte (Calixt III.)

durch sie mitverschuldeten Maurenniederlage geboten i von vorn herein keine große Beachtung fand. Bischof
hat, hätte ihnen der Arianismus nie geben können! i Eberhard II. von Bamberg (1146—70), der in den kir

Ist der Geschichte der westgotischen Kirche als der
wichtigsten mit Fug die Hälfte des Raumes gewidmet,
so erscheint die Geschichte des ostgotischen Christentums
, dessen Anfänge dunkel bleiben müssen, im wesentlichen
als die Geschichte Theoderichs d. Gr. Doch rücken
gerade die Ausgänge unter Totila das Grundverständnis
in ein helles Licht. Freilich die Schlüsse, die aus dein
letzten gotischen Friedensangebot gezogen werden, scheinen
mir nicht ganz begründet; hier liegt m. E. in dem
altgewohnten Argumentieren aus dem Schlachtenglück
einfach ein Rückfall in primitiveres Religionsdenken vor,
nicht eine auf arianischem Boden ganz singulare Glau-

chenpolitischen Verhandlungen eine wichtige Rolle spielte
, aber in der Literatur verschieden eingeschätzt worden
ist, erscheint hier als ein entschiedener Vertreter der
Reichsrechte. Auch die Stellung der Erzbischofe Wichmann
von Magdeburg und Christian von Mainz erfährt
manche gute (und durchaus vorteilhafte) Beleuchtung-
Die Anhänger Alexanders III. haben, trotz des Rückhalts
bei den Salzburger Erzbischöfen, in Deutschland nie eine
erhebliche Bedeutung erlangt, und eben deshalb mußte
Alexander immer auf einen Ausgleich bedacht sein. Die
deutschen Bischöfe haben in diesen Kämpfen durchaus
'hren Mann gestanden und sich ein starkes Verdienst

bensabkehr von den äußeren Widerfahrnissen! um die Bewahrung der Reichsrechte erworben. Der

Bei den Wandalen ist die Annahme besonders an- I Frieden von Venedig bedeutete, was die Stellung des
sprechend, daß sie von den Kleingoten missioniert wur- I Kaisers in der Kirche anlangt, geradezu ein Verlassen

den. Doch macht der Vrf. mit beachtlichen Gründen den
Versuch, den wandalischen Arianismus gegen Wulfila abzugrenzen
(S. 371). Ist trotz der wandalischen Gewaltmission
gerade hier der Untergang des germanischen
Arianismus durch den des ihn tragenden Staatswesens

der Grundsätze Gregors VII.

Indem ich dieser Beurteilung in allem Wesentlichen
zustimme, verzeichne ich nur einige kleinere Ausstellungen
. Die Einleitung hätte an Schärfe gewonnen, wenn
bei Lothar nicht der sehr ergebnisreiche Aufsatz von Joh.

besiegelt, so kann dieser Tatsache gegenüber die grollen- ■ Bauermann, Die Frage der Bischofswahlen auf dem
de Reserve des letzten Königs keine dauerhaftere Lebens- ! Würzburger Reichstag von 1133 (in der mir gewidmeten
kraft dieses Glaubens erweisen: auch sonst verharren | Festschrift von 1933) leider vom Verf. übersehen wor-

abtretende Repräsentanten eines ancien regime bei ihrer
bisherigen Lebensform, ohne daß sie damit eine besondere
ülaubenskraft bewiesen!

Und soll man den arianischen Kirchen die alte Bezeichnung
von Nationalkirchen vorenthalten, nur weil sie
nicht auch national g 1 ä u b i g waren, wie ihre modernen
Verehrer?

Solche Fragen und Randbemerkungen sollen doch nur
zeigen, daß es sich hier um ein Buch handelt, das nicht
etwa nur, wie das Vorwort zur ersten Lieferung verhieß,
»um der drängenden praktischen Nötigungen willen"
»den Stand der Forschung in der Frage der Germanen-
nission" wiedergibt, sondern sich aus den Problemen
der neuen Lage heraus selbständig um die Tatsachenerhebung
bemüht, den inneren Zusammenhängen nachspürt

den wäre. Und daß uns von den Wahlausschreiben des
Jahres 1125 nur das an Otto von Bamberg gerichtete
(im Codex Udälrici!) erhalten ist, darf nicht auf ein besonderes
Ansehen Ottos gedeutet werden (S. 11). S. 12
lies Adalbero von Hamburg (statt Adalbert). — Für
Friedrich wird man der Ansicht, daß er bezw- seine
geistlichen Berater den Wortlaut des Wormser Konkordats
nicht gekannt haben (S. 26) — was für Otto von
Freising allerdings zutrifft —, schwerlich zustimmen können
. Friedrich hielt, im Einklang mit deutschem Recht,
eine Wahl, die nicht einstimmig war, für eine ungültige
Handlung und vertrat die Ansicht, daß bei zwiespältiger
Stimmabgabe die Wähler ihre Pflicht nicht erfüllten und
das Wahlrecht auf ihn devolviere. Er hat aber mit diesem
sog. Devolutionsrecht immer nur gedroht, in der

und feste Grundlagen des Urteils zu schaffen versucht. Form jedesmal nachträglich (an seinem Hof oder sonst
Die Urteile aber sind abgewogen und vorurteilslos. So , unter seinem Einfluß) eine einstimmige Wahl vornehmen
'st das schöne Buch nicht nur ein sachlicher und ehr- ' lassen; so ohne Zweifel auch bei der S. 123 berührten
licher Vermittler der Ergebnisse einer weitverzweigten Hamburger Wahl von 1169. Erst Heinrich VI. hat wirk-
Fdrschung, sondern auch ein besonnener Führer auf ; lieh einmal das Devolutionsrecht ausgeübt, bei der be-
noch ungebahnten Wegen' rühmten Besetzung des Bistums Lüttich im Januar 1192.

Oöttingcn Hermann D ö r r i e s > — Bei dem Hergang in Sutri 1155 (S. 33) ist zugunsten des