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Ausgabe:

1940

Spalte:

122-123

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Berliner Septuagintafragmente 1940

Rezensent:

Hempel, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 5/6

122

wort: „Ich nehme die biblischen Texte, wie ich wohl
kaum hervorzuheben brauche, ganz wie die Kirche sie
sieht, und unterstelle mich bei den in dem vorliegenden
Werk gezogenen Schlußfolgerungen gern ihrem Urteile
", d. h. aber dem Urteil der katholischen Kirche, wie
es durch die Entscheidungen der päpstlichen Bibelkommission
gegeben ist. Es wäre aber falsch, wollte man
diese tief schürfende Auseinandersetzung nur vom
Standpunkt der Konfessionskunde aus werten; — es würde
und müßte von einem Verfasser, der nicht diesen
dogmatischen Beschränkungen unterliegt, natürlich weitgehend
anders aussehen — die hier zusammengetragenen
Forschungsergebnisse gellen über das, was E. Schräder,
A. Jeremias, H. üreßmann zum Thema dargeboten haben
, weit hinaus. Freilich muß gleich noch eine Lücke
erwähnt werden: die Psalmen werden nicht mit entsprechenden
sumerischen und babylonischen Hymnen und
Klageliedern verglichen. Wenn gleichwohl der eine oder
andere wie Ps. 46 erwähnt wird, so nur weil irgendeine
geschichtliche oder mythische Begebenheit da ihren
Niederschlag gefunden hat. Mythus und Geschiente,
das sind auch die beiden Gebiete, die eingehend behandelt
werden. Ihnen wird eine Abhandlung über den
Einfluß der Keilschrift auf die phönizische Schrift und
die von Käs es-Samra vorangestellt. Der Verf. ist der
Meinung, beide Schriften gingen auf ein und denselben
Schreiber in der Kanzlei des aus den El-Amarna-Tafeln
bekannten A/iru zurück. Diese wenig wahrscheinliche
Hypothese läßt die Sinai-Inschriften außer acht, versucht
auch komplizierte Zusammenhänge zwischen den einzelnen
Buchstaben herzustellen, die kaum so vorhanden waren
. So wird etwa das Lamed mit lämad in Verbindung
gebracht und erklärt, es sei hinter Jod und Kaph eingestellt
worden, weil es auch die Aneignung einer Handfertigkeit
bedeute, dann werden Linien zu Oanes gezogen
, der seinen Sitz im Meer hat, so daß sich Mem, das
Wasser bedeute, und Nun, der Fisch als natürliche Folge
einstelle. Das erinnert etwas an panbabylonische
i heorien, die glücklicherweise überwunden sind. Auch
die chronologischen Feststellungen überzeugen nicht immer
. Gut dagegen sind etwa die ausführlichen Inhaltsangaben
des Codex Hammurabi, der zu Gen. 14, lff.,
angeführt wird, während die Namensidentifikationen wieder
recht kühn sind. Recht lebendig sind die Ausführungen
über die Teil el-Amarna-Zeit an Hand der Briefe.
Nur ist zwar auf I. Garstangs Josua-Judges fußend die
dort vorliegende Datierung von Jerichos Fall benutzt
worden, um die Teil el-Amarna-Periode mit der Zeit der
Landnahme gleichzusetzen, aber es ist ebenso wie bei
dem Gewährsmann das Ausgrabungsergebnis von Ai,
das die Diskussion zwischen M. Noth, A. Alt und Albright
lebhaft entfesselt hat, nicht berücksichtigt. Es würde
ja auch nicht als Stütze des Geschichtsaufrisses in Jos.
1 ff. dienlich sein können. Die assyrischen Quellen zur
israelitischen Königszeit sind in erfreulicher Vollständigkeit
und Gründlichkeit geboten und interpretiert. Daß
die Angaben der Chronik über Manasses Bekehrung berücksichtigt
werden, versteht sich bei der Haltung des
Verf. von selbst- Immerhin ist anzuerkennen, daß er
eine mögliche Lösung bietet. Gut sind seine Ausführiin-
en über die Geschäftstüchtigkeit und Anpassungsfähig-
eit der jüdischen Firma Murasu und Söhne in Nippur.
So wird man zusammenfassend auf "der einen Seite
für die Fülle des gesammelten Materials und für dessen
freilich manchmal etwas einseitige Interpretierung zu
danken haben, wird auf der andern Seite aber sich hüten
müssen, unbesehen die Ergebnisse der Bearbeitung mit
ihren oft recht hypothetischen Feststellungen zu übernehmen
. Wünschenswert wäre eine stärkere Gliederung
des Ganzen in kleinere Einheiten und die Beigabe eines
Registers der behandelten Bibelstellen und eines sumerischen
, akkadischen, hebräischen Wörterverzeichnisses gewesen
.

Qreifswald Leonhard Rost

Stegmüller, Otto: Berliner Septuagintafragmente. Berlin:
Weidmann 193Q. (IV, 75 S., 4 Taf.) 4° = Berliner Klassikertexte
aus den Staat!. Museen zu Berlin, Heft VIII. RM 10—.

Es ist verdienstlich, daß das gesamte Material der
Berliner Museen an Septuagintafragmenten in einer sorgfältig
gearbeiteten und gut ausgestatteten Ausgabe geschlossen
vorgelegt wird, auch in solchen Fällen, in denen
die Texte bereits bekannt und von anderen, vor
allem von Rahlfs, benutzt worden sind. Leider ist freilich
der Herausgeber mit dem gegenwärtigen Stande der
Septuagintaforschung, der alttestamentlichen Textknii
und der Exegese nur unzureichend vertraut. Die Lage
der Forschung charakterisiert er mit einem Zitat aus

' Goettsbergers Einleitung in das AT von 1928,
eine Bezugnahme (um nur einiges zu nennen) auf die
Arbeiten von Wutz, von Allgeier (1938 zum Penta-

I teuch), von Fischer und Ziegler (1930 bez. 1934
zu Jesaja) sucht man trotz seiner einseitigen Bevorzugung
der katholischen Literatur ebenso vergeblich wie
eine Benutzung des Apparates in Bibl. Hebr. Kittel, 3.
Auflage. Die Infragestellung der „Urseptuaginta" durch
die Schule P. Kahles ist ebenso übergangen wie die re-

| samte protestantische Exegese bis auf einen Hinweis auf

j Baentsch's Exodus-Numeri von 1903, obwohl die

i verdienstlichen Übersichten Bertrams in der Theol.
Rundschau die gegenwärtige Forschung bequem er-

! schließen. So bleiben gerade die interessanteren Stücke
unter den Berliner Fragmenten für die heutige Fragestellung
unausgeschöpft.

Vorgelegt werden folgende Texte:

j Gen. 5, 10-12 + 28-30; 13,3-6.8-9; 27,29.30.37—39-
28,2-5; 29,17-20.

j Ex. 23, 10—12 + 31, 12-13; 34, 18 4- 19-20.

j Ps. 17, 45-18,3; 25,7-26,7; 28,6-11; 29,3-8; 35,12-
36,10.14—25; 39,16-40,11; 50,14-20; 67 2-27-
90,1—6; 90,1-13; 103,2-20; 105,38-45; 106, 2—10;
(103, 18-19. 26-27; 105, 17-18. 25-26), dazu einen „Hymnus
aus Psalmversen".

, Hi. 33, 23. 24 + 34, 10—15.
Jona 1, 10. 11.

i Jes. 25, 4 —5. 8. 9; 36,16-37,6; 49,16-18.

i Prov. 23,26—27 -f 31—32.

Ich bespreche eine Reihe bemerkenswerter Lesarten:
Gen. 5, 2 9. 9JI nme'izztbon jadentl. Berl. 1 : üjtö jxöv<ov' x<üv

! yeiQÖw jWtöv. © sonst: xui <L-ro xcöv Xvjxöiv xürv xe«?»>v nuffiv.

j Bei der Textvorlage eines Teiles der lateinischen Oberlieferung (et ab
operibus nostris) ist xö>v ysiooiv durch innergriechisches Homoite-

! leuton ausgefallen. Die Beurteilung der Lesart von Berl. 1 hat davon

! auszugehen, daß 5,29 auf 3, 17 zurückverweist; 'izzltbon findet sich

j außer in den genannten Versen nur noch in dem benachbarten 3, 16.
Alle Mss von ® haben daher auch an allen drei Stellen Lfar) bezw.

| MjhH und in 3, 17; 5,29 übereinstimmend Iabores. Es ist daher

! anzunehmen, daß Berl. 1 auch in 3,(16) 17, wo er nicht erhalten ist,

! Jtovoc geboten hat und damit Zeuge für eine alte Übersetzungsvariante

| ist, oder daß ein Abschreiber, der den Zusammenhang mit 3, 17
übersah, an die auch sonst begegnende Redensart jxövoi xeov ynotöv
Hag. 1,11; Sap. 8,18 anglich, növo; für SÜbtl] ohne Heranziehung

j von 3, 17 als die „bessere" Lesart zu bezeichnen (Stegm. S. 4) ist
voreilig.

Oen. 13, 3 ff. Leider hat Stegm. es unterlassen, obwohl er
Rahlfs' Genesis - Ausgabe von 1926 im Literaturverzeichnis nennt,
I die Beziehungen zu der sog. „Berliner Genesis" (Staatsbibl. Graec. 66
I. II. Fol.; Sigel 911) zu vergleichen, die für Berl. 2 zu beachtens-
| werten Ergebnissen führen. Ich kann die Abweichungen hier nicht im
j einzelnen vorführen, sondern gebe nur das Ergebnis. Für das Verhältnis
zu M kommen vor allem im Betracht:
13,4 «qxt|v Berl. 2 + m 911 = 9JI

13.4 xupiou Berl. 2 -j- A 911 = 9JI

13.5 jm'rvn. Berl. 2 + A gegen SOI 011.

Von A weicht Berl. 2 im übrigen 6 mal ab, während er nur 3 mal
mit ihm zusammen geht; zu 911 ist das entsprechende Verhältnis 4:5.

| Dabei zeigt das Verhältnis der fad ueoov-Sätze in 13,8 (Berl. 2

I dvä neoov i[iOV xal oof> mit den meisten gegen dva uioov luoß
xai üvü hkoov oou 55, 134, 911, wobei die Lesart von 911 zwar
nur aus der Größe der Lücke erschlossen, aber nahezu sicher ist) daß,
entweder Berl. 2 in der sprachlichen Glättung folgerichtiger ist als

i 911, oder daß in (55. 134) 911 ein Prozeß der Angleichung an 2)1
schon angefangen hat, von dem Berl. 2 noch frei ist. Das xxTivn.
statt oxr|v(u (931 911-f 9 min. = 9J{) in 13,5 gibt den Ausschlag
für die erstgenannte Möglichkeit. Soweit bei einem so kurzen Frag-