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Ausgabe:

1940

Spalte:

119-120

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Buchmann, Gerhard

Titel/Untertitel:

Jenaer Judengeschichte 1940

Rezensent:

Schneider, Theodor

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Seite 1

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119

Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 5/6

120

JUDENTUM

Kuhn, Karl Georg: Die Judenfrage als weltgeschichtliches

Problem. Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt [o. J.]. (51 S.) 8°.
= Schrift, d. Reichsinst. f. Geschichte d. neuen Deutschlands.

RM 1.50.

K. geht von der Tatsache aus, daß die Juden, seitdem
sie überhaupt existieren, überall verhaßt waren.
Er sucht die allgemeine, zu allen Zeiten gleich bleibende
Grundstruiktur des Judentums, die diesen Judenhaß zu
allen Zeiten herausforderte, durch genaue historische
Analyse zu gewinnen, was ihm meisterhaft auf wenigen
Seiten gelingt. Das Judentum ist ausgesprochen Stadtbevölkerung
und das ausgesprochene Händlervolk der
Geschichte. Das wird vor allem mit zahlreichen Zahlen-
belegen am amerikanischen Judentum gezeigt. Dazu
kommt der merkwürdige religiöse Sachverhalt, daß hier
Religion und Volkstum völlig eins sind, die Religion also
nicht ohne das Volkstum gewechselt werden kann und
umgekehrt. Das typisch Jüdische hat sich keinesfalls
durch äußere Ursachen gebildet, sondern stammt aus
seiner biologischen Erbanlage, die geradezu zum parasitären
Händlervolk durch die ungünstige Rassenmischung
, die in ihr zum Ausdruck kommt, hindrängte.
K. zeigt dann, wie sich diese Erbmasse seit der Judenemanzipation
immer hemmungsloser auswirkte- besonders
wichtig sind die Feststellungen, daß das Judentum
allmählich seinen religiösen Kern verloren hat und an
seine Stelle der Gedamke einer jüdischen Weltnation getreten
ist. Nur von diesem aus ist der Zionismus zu verstehen
.

Königsberg-Pr., z. Zt. im Heeresdienst Carl Schneider

Kittel, Gerhard: Die historischen Voraussetzungen der jüdischen
Rassenmischung. Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt (o.J.].
(46 S.) 8° = Schrift, d. Reichsinstit. f. Geschichte d. neuen Deutschlands
. RM 1.50.

Anknüpfend an die Feststellungen Günthers und anderer
, daß das Judentum ein Rassengemisch darstelle,
bringt Kittel überaus reiches Material zur antiken jüdischen
Rassenmischung. Schon der vorexilische Kern der
israelitischen Bevölkerung ist eine Mischung aus Orientalen
, Vorderasiaten und Mediterranen. Die stärksten
Vermischungen sind aber nach der Alexanderzeit eingetreten
, und zwar durch Diaspora und Proselytentum. An
Hand von sehr guten Karten gibt der Verf. einen klaren,
umfassenden und vollständigen Überblick über die Verbreitung
der Diaspora und bringt eine Reihe unbekannter
Quellenbelege für die Vermischung mit Nichtjuden
auf allen Diasporagebieten. Die Zahl der Vollprosely-
ten ist allerdings wohl zu hoch gegriffen; die antiken
Kulturvölker der hellenistischen Zeit haben einen viel zu
starken Ekel vor der Besehneidung, außerdem ist der antike
Antisemitismus viel zu stark, um ein in die Millionen
gehendes Proselytentum zuzulassen. Erstaunlich reich
ist aber das Quellenzeugnis, das Kittel für Mischehen,
Vermischung mit Sklaven und außereheliche Mischverhältnisse
beibringt. Aus all dem entsteht eine sorgfältige
historische Studie, die eins der schwierigsten Probleme
der Geschichte des Judentums seiner Lösung zuführt.
Es ergibt sich die merkwürdige Tatsache, daß erst die
scharfe antijüdische Gesetzgebung der Kirche Vermischung
mit dem Judentum ausschloß und die Juden ins
Ghetto verwies. Man darf sich schon auf die weiteren
angekündigten Veröffentlichungen Kittels über dies Problem
, insbesondere auf die von ihm bearbeitete Karte
des antiken Judentums, freuen.

Königsberg-Pr., z. Zt. im Heeresdienst Carl Schneider

Buchmann, Dr. Gerhard: Rudolstädter Judengeschichte. Weimar
: F. Fink Verlag 1939. (52 S.) 8° = Thüringer Unters, z. Judenfrage
, hrsg. von E. Buchmann, Heft 1. RM 2 —.

Die vorliegende Broschüre bildet das erste Heft einer
von Oberregierungsrat Dr. Erich Buchmann geplanten

Reihe „Thüringer Untersuchungen der Judenfrage", die
in kurzen Darstellungen „ein ungefähres Bild davon geben
sollen, wie es im engeren Vaterlande einst aussah,
I damit jeder sieht, die Judenfrage ist beileibe nicht eine
I Mode, eine Erfindung böser Nazis des 20. Jahrhunderts,
sie hat unseren Vorfahren genau so zu schaffen gemacht
| wie uns selbst. Nur daß die vor 1933 in Deutschland
führenden Schichten trotz aller Warnungen nichts aus
der Geschichte gelernt hatten". Gegen eine solche Zielsetzung
wird sich auch kaum etwas Begründetes ein-
| wenden lassen, nur daß vorausgesetzt werden muß, daß
, die Entwicklung der geistesgeschichtlichen Lage in
: Deutschland nicht einseitig vom Standpunkt „unseres
| völkischen Altmeisters Theodor Fritsch" betrachtet wird.

Für eine ernste deutsche Selbstkritik dürfte es eine ge-
j fährliche Losung aller Probleme sein, zu sagen: Die Juden
sind an all unserem Unglück schuld.

Nach einem Überblick über die Lage der Juden im
thüringischen Mittelalter, die mit dem Erlaß der geg-
i nerischen Gesetzesmaßnahmen durch den Kurfürsten Johann
Friedrich den Großmütigen ihren Abschluß fand,
behandelt B. die Zeit bis zur Gründung der Rudol-
! städter Judengemeinde 1784, eine Gemeinde von höch-
I stens 5 Familienvätern, die völlig auf sich selbst gestellt,
inmitten einer gänzlich christlichen Stadt durch Menschenalter
hindurch sich nicht nur hielt, sondern auch in
i der Lage war, sich eine reichlich ausgestattete Synagogeneinrichtung
zu beschaffen, ihre Toten aber auf
I eigenem Friedhof unter teuren künstlerisch ausgeführten
Grabdenkmälern zu bestatten. Aus dieser Periode sind
J besonders 2 antisemitische Gutachten von Theologen
| aus dem Jahre 1732 bemerkenswert, die unter dem Eindruck
von Eisenmengers „Entdecktem Judentum" dem
Fürsten über die Frage von Schulspeden, also Staats-
j bürgern, niederer Art, erstattet wurden. Ein vierter
Abschnitt behandelt „Das Vordringen des Judentums".
Neben einem Gutachten über die Ursachen, welche den
Handel der Juden im Amt Schwarzburg außerordentlich
schädlich machen (S. 36), erwähnt B. die Einführung
I der Militärpflicht im Anfang der neunziger Jahre des
16. Jahrhunderts und die vom Königreich Westfalen
! ausgehende eigentliche Judenemanzipation im Rheinland
| als maßgebend für die Neuzeit. Immerhin fanden noch
| in den Jahren 1833 bis 1844 Verhandlungen mit Preus-
sen über jüdische Heiraten statt, die bei aller Wahrung
der Ansichten des humanen Weltbürgertums doch als
j nötig befunden wurden.

Fügen wir hinzu, daß der Verfasser sich für die
| Beurteilung der Fundstücke in der Rudolstädter Synagoge
an die Professoren Hilgenfeld und Staerk in Jena
! gewandt hat. Das Ganze darf als ein wertvoller Anfang
für die in Aussicht genommene Gesanitgeschichte des
Judentums in Deutschland vom Standpunkt des 3. Rei-
! ches bezeichnet werden.

Wiesbaden Theodor Schneider

ALTES TESTAMENT

Bonkamp, Prof. Dr. Bernhard: Die Bibel im Lichte der Keilschriftforschung
. Recklinghausen: G. W. Visarius 1939. (VI, 538 S.)
gr. 8°. RM 16.60.

Man glaubt es dem Verfasser gern, daß dieses Werk

| die Zusammenfassung langjähriger Arbeit sei. Eine ungeheure
Fülle von Stoff und Material, Thesen und Hypo-

| thesen ist auf diesen 574 Seiten zusammengedrängt, Wertvolles
und weniger Wertvolles, Weizen und Spreu. Der

! Verfasser will die Bibel im Lichte der Keilschriftforschung
sehen "und er benutzt dazu den ganzen Ertrag der Assy-
riologie, soweit er mit der Bibel Alten Testaments in Beziehung
gesetzt und mit ihr, die als norma normans auch

I bis hinein in die Chronologie der Erzväter gewertet
wird, in Einklang oder wenigstens in Zusammenklang

! gebracht werden kann. Denn der Verf. betont im Vor-