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Ausgabe:

1940

Spalte:

104

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Jocosa 1940

Rezensent:

Klapper, J.

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103

Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 3/4

.Unbekannte Kirche' gelten, die sich in Lebenszeugnissen
zu erkennen gibt — wie dem lutherischen Pfarrerstand,
dem lutherischen Hauspriestertum, dem vom lutherischen
Berufsethos getragenen preußischen Beamten- und Soldatenstand
. Diese unbekannte Kirche aber lebt auch in
einigen großen Gemeinschaftswerken wie der äußeren
und inneren Mission, ja auch in der erhabenen Dokumentation
dieser unsichtbar wirkenden Kraft in „dem Martyrium
der baltischen Christen unter der Herrschaft des
Bolschewismus in den Nachkriegs jähren" (vgl. dazu, auch
Gustav Entz-Wien: ,Die Grundlagen des deutschen
Volkstums betrachtet im Licht der Reformation', 1939).
War „die Konfessional.isierung ein Mißbrauch kirchlichen
Lebens", so gibt es nach der Ansicht des Verfassers erst
„im Dritten Reich nach Beseitigung dieses konfessionellen
Machtstrebens eine Kirche, die ihren Namen mit
dem Sinn des Evangeliums erfüllt" (S. 55; 82).

München R. F. Merkel

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Rolffs, Superintendent D. Ernst: Evangelische Kirchenkunde
Niedersacnsens. Das kirchliche Leben in den Landeskirchen von
Hannover, ßraunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe. In Verbindung
mit Hermann Heidkämper, Heinrich Iben und Ernst Kochs
dargestellt. 2. völlig neu bearb. Aufl. Güttingen: Vandenhoeck &
Ruprecht 1938. (XII, 464 S., 1 Kte.) gr. 8°. RM 15—.

Während die 1. Auflage im Jahre 1917 innerhalb des
von P. Drews begründeten und von M. Schian fortgesetzten
Sammelwerkes „Evangelische Kirchenkunde. Das
kirchliche Leben der Deutschen Evangelischen Landeskirchen
" erschien, stellt die vorliegende zweite eine
selbständige Neubearbeitung dar. Die veränderten Zeitverhältnisse
werden dahin gedeutet, daß die Gegenwart
den „Säkularisierungsprozeß des deutschen Volkslebens
" (S. 5*) zu Ende führt. An diesem Punkt der
Entwicklung will R. „eine Art kirchlicher Bestandsaufnahme
" für die von ihm und seinen Mitarbeitern
(Hermann Heidkämper: Schaumburg-Lippe; Heinrich
Iben: Oldenburg; Ernst Kochs: Hannover reformiert)
behandelten Landeskirchen vornehmen. Nach einem einleitenden
Überblick über die Deutsche Evangelische
Kirche, der bis zu den Ereignissen des Jahres 1937
führt, unterrichtet zunächst ein 1. Kapitel über Land
und Leute in Niedersachsen. Dann folgt die Darstellung
der einzelnen Landeskirchen, die im wesentlichen
nach dem gleichen Schema behandelt werden. Die jeweils
vorangestellten kirchengeschichtlichen Überblicke
hätten, auch im Interesse besserer Lesbarkeit der Darstellung
, ein klein wenig ausführlicher sein können.
Besonders für Oldenburg sind die historischen Angaben
gar zu dürftig (S. 291). Für Hannover-reformiert fehlen
leider die sonst dankenswerterweise gebotenen knappen
Literaturangaben. Im übrigen bietet jeder Abschnitt eine
gute Übersicht über alles für das betreffende Kirchen-
tutn Wissenswerte unter Heranziehung wertvollen statistischen
Materials, das am Schluß zu einer Karte verarbeitet
ist, welche die Kirchlichkeit der einzelnen Gebiete
veranschaulichen will. Leider ist die Innere Mission
stets nur unter dem Kennwort „Volksmissionarische
Unternehmungen" behandelt worden. Ihre Vielseitigkeit
und ihre Eigenart kommen dabei zu kurz. Großen Wert
legt R. mit Recht auf die Behandlung der religiösen
Volkskunde. Besondere Bedeutung kommt dementsprechend
dem 7. Kapitel zu, in dem „das religiöse und
sittliche Leben in Niedersachsen" geschildert wird. Hier
wird den Zusammenhängen zwischen vorchristlicher Religion
, völkischem Brauchtum und kirchlicher Sitte innerhalb
der verschiedenen Landschaften liebevoll nachgegangen
und schließlich die Auswirkung auf die Volkssittlichkeit
darzustellen versucht.

Über den kirchenpolitischen Standpunkt des Verfassers
zu sprechen, ist hier nicht der Ort. Wenn er aber
„ernstes Bemühen um strengste Objektivität" für sich
in Anspruch nimmt (S. 7*), so lassen seine Urteile über

das kirchliche Wollen der Deutschen Christen (z. B.
S. 363 und S. 439) diese Objektivität vermissen. Die
j Anmerkung S. 63 über die Nichtbeteiligung der Göttinger
Theologischen Fakultät an den Prüfungen der Hannoverschen
Landeskirche ist überholt.

Göttingen Martin Gerhardt

Weis, Hans: Jocosa. Lateinische Sprachspielereien gesammelt und
erläutert. München-Berlin: R. Oldenbourg 1938. (114 S.) kl. 8°.

RM 2.40.

Der Titel deutet nicht an, daß ein wesentlicher Teil des Inhalts
Seria sind. Leichtbeschwingte Reime, Vaganten- und Schulweisheit,
Wortspiele, kunstvolle Wortfügungen und Lautmalereien, Inschriften,
Vexierverse, witzige Übersetzungen, Rätsel, kleine Erzählungen und
ähnliches zieht im bunten Wechsel am Leser vorüber. Wer sich in
den handschriftlichen Vokabularien, in den Donatkommentaren und
Sprichwortsammlungen des Mittelalters auskennt, wird in ihnen die
bedeutendste Quelle für diese Kleinliteratur erkennen. Das sind gros-
senteils Stoffe theologischer Natur. In diesen Strom münden viele
Wässerchen: unfreiwillige Übersetzungsscherze, geistreiche Äußerungen
von Gelehrten vom Schlage Taubmanns oder auch Gedächtnisstützen
moderner Schulmeister; dazu manches aus antiken Autoren
wie aus Kreisen kämpferischer Theologen und schlagfertiger Politiker.
Hier wendet sich der Inhalt auch wissenschaftlichen Fragen zu wieder
Deutung der Sator-Arepo-Formel (S. 44—48); Dcnkmalsiuschrif-
ten, die mitgeteilt werden, rühren an das deutsche Schicksal der Gegenwart
: Invictis Victi Victuri. So wird der mit Liebe und Kenntnis
zusammengetragene Stoff, in kleinen Dosen genossen, dem Fachgelehrten
Erinnerungen wecken und Anregungen geben. Mancher Leser
wird dabei den Wunsch haben, daß die Seite der Seria noch reicher
ausgestaltet werden möchte. Heute, wo jeder Junge auf der höheren
Schule wieder Latein lernt, bringt das Büchlein in den Unterricht
Belebung und streut Rosen auf den Dornenpfad, den Lehrer und
Schüler wandern müssen.

Breslau J. Klapper

Zeitschriftenschau

(Die Herren Verfasser von einschlägigen Aufsätzen, besonders in abgelegeneren
Zeitschriften, werden, um ihre Aufnahme in die Zeitschriftenschau
zu sichern, um Einsendung eines Sonderabzuges an den Herausgeber
gebeten.)

Religionswissenschaft

Archiv f. Religionswissenschaft 3 6, 193 9, H. 1:
Mit dem 36. Jahrgang erscheint diese altbekannte Zeitschrift unter
der Herausgabe von Professor Dr. Heinrich Harmjanz, Berlin-
Zehlendorf-West, Limastr. 25 und Professor Dr. Walther Wüst, München
23, Wilhelmstr. 15.

1—63 J. W. Hauer: Zum gegenwärtigen Stand der lndogcrma-
nenfrage (Genauer handelt es sich um die Frage der Urheimat der
Indogermanen, die der Verf. schon im 5. und 6. Jahrtausend v. Chr.
entstanden sein läßt, da wir bereits in der Mittelsteinzeit überall in
dem Raum Nordwest- und Mitteleuropa nordische Rassenelemente,
wie sie im Indogernianentum immer eine führende Rolle gespielt haben
, antreffen und parallel der Rassenkonlinuität seit der Eiszeit
auch eine kulturelle Kontinuität ging. Dabei wird die Ostthese, wie
sie namentlich in dem von Koppers herausgegebenen Werk: Die
[ Indogermanen- und Germanenfrage (1936) vertreten wird, in einge-
j hender Kritik abgelehnt und schließlich gezeigt, daß die Pflanzen und
Tiere, sowie das Haus, wofür es gemeinindogennanische Namen gibt,
eben schon so früh im Westen vorkamen, von wo auch die indoger-
1 manische Schnurkeramik stamme. Im einzelnen verweist der Verf.
| auf den noch nicht erschienenen 2. Band seiner „Glauhensgeschichte
I der Indogermanen" und regt in einem Nachtrag eine gemeinsame Aussprache
von Vertretern der verschiednen dafür in Betracht kommenden
Wissenschaften über die Frage der Urheimat jener an, die freilich
| wohl für die Religionswissenschaft nur insofern von Bedeutung ist, als
es „den Nachfahren der Indogermanen in Oroßgermanien, die sich in
besonderer Weise verpflichtet fühlen, das indogermanische Erbe zu
| hüten und zu vermehren, ein anderes Gefühl gibt, wenn sie wissen,
I daß ihre Altvorderen hier in ihrer seit vielen Jahrtausenden ange-
' stammten Heimat gelebt und gewirkt, gekämpft und geblutet haben'1).

— 64—108 W. Wüst: Von indogermanischer Religiosität: Sinn und
j Sendung (In diesem am 24. August 1939 im Rahmen der „Salzbur-
| ger Wissenschaftswochen" gehaltenen Vortrag bezeichnet W. zunächst
i als wertvoller denn die „allgemeine" die „besondere vergleichende
Religionswissenschaft", findet das Wesen der Religion in dem Dreiklang
von Mensch, Ahnenerbe und Glaubenskraft beschlossen, zeigt,
i daß diese Drei-Einheit in der ebenso dreifachen Einheit von Rasse,
j Raum und Zeit geborgen ist, und folgert daraus, daß der deutsche
I Mensch indogermanische Religiosität betrachten und aus ihr sich selbst