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Ausgabe:

1940

Spalte:

28-29

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Stoecklin, Alfred

Titel/Untertitel:

Der Basler Konzilversuch des Andrea Zamometić vom Jahre 1482 . 1940

Rezensent:

Grundmann, Herbert

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Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 1/2

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wird „sehr oft die Lebendigkeit und die Genauigkeit

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER seiner Darstellung beeinträchtigt", der Schriftsteller H.

-- „ist das Opfer seines Humanismus geworden". Trotz

Oed iger, Friedrich Wilhelm: Schriften des Arnold Heymerick alledem darf der Herausgeber abschließend sagen: H.s

hrsg. Bonn: P. Haustein 1939. (xii, 343 S.) gr. 8° = Publ. d. Oe- Leser „wird nicht den Genuß haben, den die Geschichten

sellsch. f. Rhein. Geschichtskunde xlix. RM 14.50; geb. RM 16.50. , des Caesarius von Heisterbach bieten wegen ihrer Ein-

Der Xantener Stiftsdechant Arnold Heymerick aus falt oder die Gespräche des Erasmus wegen ihrer Kultur,

Kleve (f 1491) hat einmal ohne übertriebene Beschei- aber er wird das Buch nicht unbeschenkt fortlegen",

denheit von sich selbst gesagt: Tenae mihi ingenium Denn einmal bietet es mancherlei reizvolle und lehrreiche

est; nur hätte er nicht hinzufügen dürfen: ntosque scri- > Einzelzüge aus dem deutschen, niederrheinischen Leben

be/idi perquam rarus. Bisher waren zwar nur wenige am Ausgang des Mittelalters, wirft Streiflichter auf Per

Schriften von ihm gedruckt; das Schriftenverzeichnis
in vorliegender Ausgabe zählt jedoch nicht weniger als
39 Nummern verschiedensten Inhalts und Umfangs auf,
von denen hier nur 3 teilweise herausgegeben werden;

sonen, Ereignisse, Zustände in Xanten und Deventer
und am klevischen Hof; „wie die Menschen der Zeit zu
Geburt, Ehe und Tod standen, wie die großen Prediger
auf sie wirkten, wie ihr Glaube war, zu alledem und noch

alle zu veröffentlichen dürfte sich kaum lohnen". Die zu vielem anderen ist hier Stoff". Zum andern aber ist
meisten stehen in einer schon früher beachteten, viel- Heymerick selbst mit allen seinen Schwächen bemerkensleicht
autographen Xantener Handschritt; das Haupt- wert als eine durchaus typische Zeiterscheinung: einer
werk, Registrum sophologicum genannt, bisher nur aus jener „Kurialen", die vom päpstlichen Hof nicht nur
kurzen Auszügen in Tesehenmaehers Annales Cliviae die Anwartschaft auf gute Pfründen mit heim brachten,
(1638) bekannt, hat erst Oediger in einer Berliner Hs. sondern auch die Bekanntschaft mit dem neu entdeckten
gefunden, wohl gleichfalls dem Handexemplar des Ver- antiiken Schriittuai und den humanistischen Bildungs-
fassers. Es ist eine Sammlung weiser, beispielhafter i ehrgeiz, ohne dafür in der so ganz andersartigen from-
Aussprüche über Tugenden und Laster, über philosophi- tnen engen und derben Welt des deutschen Spätmittel-
sches und politisches Verhalten, über Gott und die Welt, alters die rechte Verwendung zu finden. Sie reiben sich
zur Belehrung des jüngsten Sohnes Herzog Johanns I. an ihr, finden sie barbarisch, bildungsarm, reformbedürf-
von Kleve zusammengestellt und ihm 1487 gewidmet. tig und bleiben ihr doch mit ihrem Wesen und Glauben,
Soweit diese Aussprüche dem antiken Schrifttum ent- mit ihren Lebensformen und noch mit ihren ewigen Kla-
nommen sind — „etwa die Hälfte des Werkes", — hat gen über Mißstände zutiefst verhaftet. Sie suchen für
sie der Herausgeber wohlweislich ungedruckt gelassen ihre ars humanitatis, ihre oratoria facultas eine Wir-
und sich mit einem Verzeichnis der benutzten Autoren kungsstätte und Aufgabe im Fürstendienst, im Hofdienst
begnügt (S. 48 ff.). Die andere Hälfte, Aussprüche von als Räte und Diplomaten, aber da werden sie von den
Zeitgenossen Heymericks, vor allem der Herzöge Adolf , „Juristen" ausgestochen, die sie deshalb so neidvoll ver-
1. und Johann 1. von Kleve und Arnold von Geldern, achten und hassen lernten (H.s Verhältnis zu den „Juri-
aber auch der Päpste und Kaiser, Prediger und Gelehr- sten" hat der Herausgeber S. 8 wohl nicht richtig beurteil
seiner Zeit, füllt in sorgfältiger Ausgabe den Haupt- teilt; vgl. S. 44, 162, 274 und A. Schröder, Annalen
teil des vorliegenden Buches (S. 134—309), das außer- : 108,88). Heymerick hat bei Hofe so wenig sein Glück
dem die Erstausgabe des anschaulichen Festberichts gemacht wie später etwa Hutten, und wie dieser und
über die Xantener „Viktorstracht" von 1464 (S. 54—107) mancher andre enttäuschte Humanist wird er dann zum
und die schon von Dumbar 1719 einmal gedruckte Vita Warner vor dem Hofdienst, zieht sich auf seine Ptrün-
Bischof Davids von Utrecht aus dem Jahre 1476 (S. 108 den zurück und in das honesttim otium atque litteratum,
bis 133) enthält. Aus Hevmericks übrigen Abhandlun- bei dem es ihn besser litt als den Tatmenschen Hutten,
gen werden in dem vorangestellten Schriftenverzeichnis Es ist im Kleinen das Schicksal des Humanismus in
nur wenige für die Zeitgeschichte bemerkenswerte Aus- Deutschland: ausgeschaltet vom öffentlichen, politischen
züge mitgeteilt. Eine kurze Einleitung „Der Mensch, Wirken, sieht er sich in die bloße Publizistik und in die
Schriftsteller und Humanist Heymerick^ (S. 1—27) gibt , Pädagogik abgedrängt. Paedagogio laborans nennt sich
einen Überblick über H.s Leben und Eigenart, ohne das 1 H. selbst einmal, und ein großer Teil seiner Schriften,
früher von F. Schröder (Annalen d. Hist Vereins f. vor allem das Hauptwerk, sind mit erzieherischen Ab-
d. Niederrhein 100 und 102, 1917/8) und Anna Schrö- sichten an den Herzogssolm und an andre Zöglinge ge-
der (ib. 108, 1926) gezeichnete Bild wesentlich zu be- richtet. Als beredte Zeugnisse für dieses Wollen und
reichern. Neben einem „Namenweiser" ist ein Sach- und Wirken, für die Wege und Irrwege des frühen Humanis-
Wortregister eine sehr dankenswerte Ergänzung der mus in Deutschland sind die Schriften Heymencks zu
Ausgabe verwerten, und deshalb wird man die vorliegende Aus-

Der Herausgeber überschätzt seinen „Helden" nicht ! Sabe dankbar und anerkennend begrüßen dürfen,

und erweckt keine falschen Erwartungen. Trotz H.s Tä- Königsberg(Pr.) Herbert Grundmann
tigkeit in der päpstlichen Kanzlei und später im Dienst

des Herzogs von Kleve: „nichts verrät den Mann, der im Stoecklin, Alfred: Der Basler Konzilsversuch des Andrea
politischen Getriebe zu Hause ist oder dieses gar zu i Zamometic vom Jahre 1482 (Genesis und Wende). Basel: J. u.
leiten verstünde." „So rege und wissensfreudig er war, F. Heß 1938. (VIII, 238 S.) gr.8° = Erweit. S.-A. aus der Zeitschr.
ein eigentlich wissenschaftlicher Mensch war er nicht." f- Schweiz. Kirchengesch. Bd. 30/1, 1936/7. RM 7—.
„Von dem im Humanismus erwachenden kritischen und 1903 hatte Joseph Schlecht den 1. Band seiner
geschichtlichen Sinn ist bei ihm noch nichts zu spüren." gründlichen Forschungen über „Andrea Zamometic und
Obgleich er bei den Fraterherren in Deventer und Zwolle den Basler Konzilsversuch vom Jahre 1482" veröffent-
erzogen wurde: „von der Innigkeit der Gottbeziehung, licht (Quellen und Forschungen . . • der Görresgesell-
wie sie der Mystik eigen war — auch in ihrer nieder- schaft Bd. 8), die er bis zu seinem Tod (1925) fort-
ländischen Spätform, der Devotio moderna — spürt man setzte, aber nicht zum Abschluß brachte. Das von ihm
bei ihm wenig." Trotz seiner häufigen Klagen über re- gesammelte Material wurde dem Verf. der vorliegenden
formbedürftige Mißstände in Kirche und Kloster: „zu Arbeit anvertraut, von ihm gewissenhaft überprüft, erden
Revolutionären in der Kirche gehörte er nicht." So ' gänzt und umsichtig verarbeitet. Während aber Schlecht
vieles er über Menschen und Ereignisse seiner Zeit er- vorwiegend der merkwürdigen Persönlichkeit dieses südzählt
: „unsere Kenntnis der politischen Geschehnisse : slawischen Dominikaners und Erzbischofs und den Mitwird
. . • nicht sonderlich bereichert." Schön zu schrei- und Gegenspielern seines eigenmächtigen Konzilsverben
hat er sich zwar nach dem Vorbild italienischer suchs nachspürte, richtet St. sein Augenmerk vor allem
Frühhumanisten eifrig bemüht, aber gerade das hat sein ! auf die zeitgeschichtlichen Voraussetzungen dieses ver-
Erzählertalent verdorben; durch den „Hang zur Phrase" 1 fehlten Unternehmens, auf die kirchenpolitische Haltung