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Ausgabe:

1940 Nr. 12

Spalte:

377-378

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Thils, Gustave

Titel/Untertitel:

Les notes de l'églies dans l'apologétique catholique depuis la réforme 1940

Rezensent:

Koch, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 12

378

abgelehnt wird die signifikative Deutung des vielumstrit-
tenen „ist" (S. 83 f.). Die Ineinssetzung des Brotes
mit dem Leibe und des Weines mit dem Blute Christi
ist in geschichtlichem", nicht dagegen in „naturhaftem"
Sinne zu vollziehen (S. 84). Geschieht das, so ist selbst
gegen den Ausdruck „Verwandlung" nichts einzuwenden
(S. 84 f.).

Bei der Besprechung der fünf „Ordnungen" beginnt
der Verfasser regelmäßig mit einer Darstellung dcr
römiseh-katholischen Lehre von dem jeweils entsprechenden
„Sakrament". Hierbei ist das Tridentinum als
Ausgangspunkt genommen; jedoch wird auch die zeitgenössische
katholische Theologie berücksichtigt. Alsdann
wird die refo'rmatorische Kritik an der vorgefundenen
römischen Lehre und Praxis (deren Unterschiede
gegenüber dem Tridentinum nicht verborgen bleiben) in
ihren Antrieben und mit ihren praktischen Folgerungen
vorgeführt. Daran schließt sich dann eine Erörterung
der Gegenwartsfragen an. Die Nöte, die der gegenwärtigen
Praxis mit den einzelnen „Ordnungen" wie auch
mit der Sakramentsverwaltung erwachsen sind, werden
nicht isoliert, sondern als unvermeidliche Folgen eines
„Verweltlichungsprozesses" der Kirche betrachtet. Die
Heilung sieht der Verfasser daher auch nicht in einzelnen
Verbesserungen, ebensowenig wie in einer radikalen
Abkehr von der bisherigen Übung in der Richtung auf
römisch-katholische Bräuche (Privatbeichte etwa) oder
völlige Abschaffung des Überkommenen (etwa der Konfirmation
), sondern in einer Neubesinnung der Gemeinde
, deren Anfänge er bereits vor Augen zu haben
glaubt. Im einzelnen ergeben sich eine große Fülle von
Anregungen und Überlegungen, die jedenfalls der Erwägung
wert sind, auch wo man ihnen nicht zustimmt.

Das Buch ist durchweg sehr klar und übersichtlich
gearbeitet und wendet sich ersichtlich nicht nur an Theologen
, sondern zugleich an einigermaßen kundige Nicht-
theologen. Dies mag auch der Grund sein, weshalb
auf eine unmittelbare Auseinandersetzung mit der Literatur
, ja auch auf ihre Nennung verzichtet wird. Die
Vertrautheit des Verfassers mit der heutigen theologischen
Diskussion z. B. über das Abendmahl oder die
Konfirmation steht jedenfalls außer Zweifel, und seine
Arbeit wird in dieser Diskussion nicht übersehen werden
dürfen. Die Stellung, die man ihr dabei zuerkennen
wird, dürfte sich danach richten, wie man zu seinem
Verständnis der Kirche steht. Der Rez. vermag dieses
in wesentlichen Punkten nicht zu teilen und würde seinerseits
sehr viele der angeschnittenen Fragen anders
beantworten als der Verfasser; dies gilt ganz besonders
von dem letzten Kapitel (über die Ordination und das
geistliche Amt). In jedem Falle aber läßt sich aus diesem
Buche sehr vieles lernen, und man kann nur wünschen
, daß es vielen Pfarrern dazu helfen möchte, die
Aufgaben ihres Amtes statt in handwerksmäßiger in
theologischer Sicht anzuschauen.

Göttingen Otto Weber

Thils, Gustave, maltre en theologic: Les notes de PEglise dans
I'apolog6tique catholique depuis la r6forme. Gembloux:

J. Duculot 1937. (LIII, 381 S.) 13 Beigas.

Das Buch, eine Lövvener theologische Doktor-Arbeit, ist ein wertvoller
Beitrag zur Geschichte der katholischen Apologetik d. i. der
philosophischen Grundlegung für die Dogmatik. Näherhin befaßt es
sich mit der Frage: Wie hat man seit der Reformation, durch die neben
der römisch-katholischen Kirche noch andere Kirchen entstanden,
die den Anspruch erhoben, Kirche Christi zu sein, die „Echtheit",
die AMeinchristlichkeit der röm.-kath. Kirche philosophisch zu beweisen
unternommen? Damals entdeckte man die via notarum, den Weg der
Kennzeichen, durch die man die röm.-katholische Kirche als alleinechte
Kirche Christi festzustellen sich bemühte und auf dem man schließlich
in den vier Kennzeichen der Einheit, Heiligkeit, Katholizität und
ApostoMzität methodisch sich einigte. Man war sich aber der Schwächen
und Schwierigkeiten dieses Beweisweges wohl bewußt. Aus
diesem Bewußtsein heraus schrieb, um nur die deutschsprachige kathol.
Theologie zu hören, der Innsbrucker Theologe Th. Spaschil den Artikel
: Ist die Lehre von den Kennzeichen der Kirche zu ändern?

(Zeitschr. f. kath. Theologie 1912, 715/41). Er verneinte die von ihm
j gestellte Frage und hielt diese Verneinung auch gegen einen Angriff
des Dominikaners R. Schultes (im „Divus Thomas" 1914, 57/89) auf-
I recht (Zeitschr. f. kath. Theo! 1915, 231/55: Zur Lehre von den
Merkmalen der Kirche). Im vorliegenden Buche v. G. Thils werden
wir nun auf Grund umfassendster, wirklich erschöpfender Quellen-
und Literaturbenützung über die gesamte kathol. Theologie seit der
Reformation und ihre Stellung zur Lehre von den Merkmalen der echten
Kirche Christi unterrichtet. Der Verfasser übt selber unbestechliche
Kritik und findet nicht wenige Hemmnisse auf der via notarum, hält
sie indes nicht für unüberwindlich. Die Geisteshaltung des jungen
Löwener Theologen ist irenisch und macht das Buch zu einer streng
wissenschaftlichen Grundlage für weitere Arbeit am Frieden der
christlichen Kirchen. Die auffallend wenigen Druckfehler verbessert
der Leser leicht selber.

Teünang (Wttbg.) Wilhelm Koch

San tel er, Josef, S J.: Der Piatonismus in der Erkenntnislehre
des heiligen Thomas von Aquin. Innsbruck: F.Rauch
[1939]. [IV, 272 S.) gr. 8° = Philosophie u. Grenzwiss. hrsg. von
Innsbr. Instit. f. scholast. Philosophie, VII. Bd., 2./4. Heft. RM 12—.
Innerhalb der katholischen Thomasforschung der Gegenwart
lassen sich zwei Forschergruppen unterscheiden
: der einen geht es um Wahrheitsermittlung, der anderen
um Wahrneitsbestätigung. Die Wahrheit der thomistischen
Doktrin steht der letzteren a priori fest. (Wie
könnte auch der Doctor angelicus menschlichem Irrtum
unterworfen sein!) So läuft ihr „Forschen" auf eine
Herausstellung des „Wahrheitswertes" und der „Gegenwartsbedeutung
" der Ideen des Aquinaten hinaus- Die
schlimmsten unter diesen Forschern sind jene Dilettanten
, die jede Thomaskritik psychologisierend auf einen
„antithomistischen Affekt" zurückführen, den sie dann
sofort — und hier wird die Sache gefährlich — als „antirömischen
Affekt" diagnostizieren. (So beispielsweise
R. Grosche in seinem feuilletonistisch geistreichen „Nachwort
" zu seiner Übersetzung der Thomas-Apologie des
französischen Thomisten Sertillanges: „Der heilige Thomas
von Aquin", Hellerau o. J.) Erfreulicherweise beginnt
die erstgenannte, wissenschaftlich allein ernst zu
nehmende Richtung sich immer mehr durchzusetzen. Ihr
Vorkämpfer ist A. M i 11 e r e r, Professor am Priester-
j seminar in Brixen. Die von ihm begründete Schriften-
! reihe: „Der Wandel des Weltbildes von Thomas auf
j heute" leitet eine neue Ära in der katholischen Thomasforschung
und Thomaskritik ein. Während Mitterer die
Naturphilosophie und Metaphysik des Aquinaten einer
methodisch unanfechtbaren und in ihren Ergebnissen unwiderlegbaren
Kritik unterzieht, macht M. Wittmann
in seinem Werk: „Die Ethik des heiligen Thomas" (München
1Q33) die praktische Philosophie des Aquinaten
S zum Gegenstand einer historisch-kritischen Untersuchung.
Mit großer Sachkenntnis geht er den geschichtlichen
Quellen der thomistischen Ethik nach und zeigt, wie sehr
diese in ihren einzelnen Lehrstücken von der antiken
; Philosophie abhängig ist.

In die aufgezeigte Forschungslinie gehört auch die
hier anzuzeigende Schrift. Sie verzichtet auf alles Modernisieren
und Apologetisieren der thomistischen Doktrin.
In streng sachlicher Weise wird Thomas interpretiert
und das Unzulängliche in seinen Problemlösungen offen
und ehrlich zugegeben. Gleich in der „Einleitung" steht
der Satz: „Mit dem Vertuschen der Mängel im Lehrgebäude
des Heiligen würde weder der Kirche Gottes
noch der Scholastik als Wissenschaft ein Dienst geleistet,
und der hl-Thomas wäre selbst der letzte, der eine solche
Methode gutheißen würde" (S. 3). Unter „Plato-
nismus" versteht der Verfasser jene Lösung des Universalienproblems
, die man als extremen Realismus zu kennzeichnen
pflegt. So steht im Mittelpunkt der Arbeit das
Universalienproblem, das im ersten Teil nach seifte.-
subjektiven (Intellectus-agens-Lehre), im zweiten nach
seiner objektiven Seite (Hylomorphismus) behandelt
! wird. Das Ergebnis der ebenso gründlichen wie scharfsinnigen
Untersuchung ist, daß gewisse platonische Voraussetzungen
, so vor allem die Lehre von der Unerkenn-