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Ausgabe:

1940 Nr. 12

Spalte:

361-362

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Leeuwen, Willem Silvester van

Titel/Untertitel:

Eirene in het Nieuwe Testament 1940

Rezensent:

Seesemann, Heinrich

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861

Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 12

362

in Christus geschehene Heilstat ist Grund und Inhalt
der Danksagung. Nur die vom Geist gewirkten Bitten
(Köm. 8,15; Gal. 4,6) enthalten ebenso wie das Dank- j
gehet die Vateranrufitng (Eph. bleibt mit seinen Ab- !
weichungen 1,17; 3,14 als deuteropaulinisch außer Be- !
tracht). Sonst sind die Bittgebete regelmäßig an dun
Herrn Jesus Christus, bzw. an Gott, den Vater, und
den Herrn Christus gerichtet (S. 173 A 1; 187 ff.). Sie 1
apellieren an die Macht Gottes, der Christus auferweckte,
und erflehen die Gnadenkräfte des Auferstandenen. Die
geistliche Situation des Beters oder des in der Fürbitte
Eingeschlossenen erklärt jeweils die Nuancierung der '
Gebete, immer aber schafft Christus „die neue Situation, i
in der der Mensch bittet und dankt" (S. 199). Dank
und Bitte verschlingen sich, wo das Reicherwerden des
Dankes selbst Bitte ist. Grundlage für Dank und Bitte |
aber ist der in Christus erschlossene Reichtum Gottes,
den die formelhafte Wendung Gnade und Friede im
Eingang der Briefe zusammenfaßt. Die in Christus
geschehene erlösende Zuwendung der göttlichen Gnade
erklärt auch das Fehlen des Bußgebetes bei Paulus-

Der theologische Ertrag der nicht immer ganz glücklich formulierten
und disponierten Arbeit wäre vielleicht noch größer gewesen
, wenn der Verf. zumal im ersten Teil eingehender die Frage
erörtert hätte, inwiefern durch den Christusgtauben die einzelnen ;
überkommenen Elemente einen neuen Sinn bekommen haben, und wenn i
die Besonderheit des paiiliiiischcn Gebetes nicht nur unter dein j
Gesichtspunkt der Überwindung der Oebetskrisis behandelt worden
wäre. Zum Einzelnen noch: man vermißt eine Erörterung des i
Sinnes von KVTiiyyuvKiv Köm. 8,34, und man wird kaum der j
Deutung von Köm. 7, 24 f. als Oebet des Christen P. (S. j
213) zustimmen können. Die reichen Ergebnisse der Arbeit werden
durch diese Kritik nicht geschmälert.

Die Untersuchung zeigt im Ganzen mit überzeugen- '
der Deutlichkeit, in welchem Grade die Verkündigung
und die theologische Reflexion des Apostels aus dem
Lehensbereich des Gebetes erwachsen ist und in das
(icbet einmündet.
Münster i. W. Günther Born kämm

Leeuwcn, Di. W. S.! Eirene in het Nieuwe Testament. Een '

semasiologischc, exegetische bijdrage op grond van de Scptuaginta
cn de joodsche litciatntir. Wageuingen : H. Veenmann & Zonen 1940.
(232 S.) gr. 8°. f. 4.50; geb. f. 5.50.

In Band II des Theol. Wörterbuches zum N.T.
erschien der ausführliche, 20 Seiten umfassende Artikel
von Foerster zum Begriff rinn,v?|., in dem von i
Rad den at.lichen Teil bearbeitet hatte. Foerster konnte
hier nachweisen, wie einflußreich die LXX mit ihrer
Wiedergabe des ni-p-Begritfes durch eioi'iv'l für die nt.- I
liehe Verwendung des griechischen Ausdrucks rioi'ivn geworden
war, d. h., wie sehr der griechische Begriff
dadurch seine Bedeutung geweitet harte. Für das inhaltliche
Verständnis von ri<n'|vi| im N.T. war hierbei von
besonderem Wert, daß die oft bevorzugte subjektive
IX'iitung Friede friedliche, ruhige Stimmung u. dgl.
stark zurücktreten mußte hinter der Tatsache, daß ityr"!
im N.T. vor allem das ,Heilsein' des ganzen Menschen
bedeutete, also ein vorwiegend eschatologischcr Begriff
war. — Diese Erkenntnisse finden im Buch von Leeu-
wen eine weitere Ausarbeitung. Es ist bedauerlich,
daß die Arbeit Foersters dabei nicht gebührend heran- 1
gezogen wird. Der Verf. kommt auf sie fast nur in polemischer
Haltung zu sprechen (wobei es sich fast nur
um Einzelheiten handelt), ohne die Gcuu insamkeiten
recht zu würdigen. Das hätte m. E. in dieser Art nicht
geschehen dürfen.

Im übrigen verdient die Untersuchung unseren Dank.
Es ist natürlich, daß auf dem zehnfachen Umfang von
über 200 Seiten mehr und Genaueres geboten werden
kann, und L. nutzt seinen Raum gut aus. Er untersucht
zuerst den ityjvr)'Begriff der LXX, dann im rabbini-
schen Judentum, schließlich in den Apokalypsen. Nur
die letzten 30 Seiten dienen der Darstellung der nt.liehen
Stellen. Worauf es dem Verf. vor allem ankommt,
ist es, den dynamischen Charakter des Begriffs herauszuarbeiten
. ,Friede' sei kein statischer Zustand, sondern
ein von Gott bewirktes und geschenktes Heilsgut.
Dabei betont er — und damit geht er über Foerster
hinaus — den siegreich überwindenden Zug, besonders
des nt.lichen Friedensbegriffs: Gott macht den Frieden
möglich, indem er den Satan durch Christus aus seiner
Macht hinauswirft, und schenkt diesen erkämpften Frieden
— dieses Heil — den Gläubigen. L. entnimmt den
Begriff also jedweder möglichen Isolierung und stellt
ihn mitten in das durch Christus gewordene Geschehen
hinein, ja noch mehr: er zeigt, wie mit diesem Begriff,
sowie seinen nahen Verwandten: otxauxTÜvr), thu'i. äydnt|,
Hoh'i, öoSa. yaoa das ganze Heil umfaßt wird. Alle diese
Erkenntnisse sind gut unterbaut. Gelegentlich versteht
L. es, überaus treffende kurze Formulierungen zu prägen
; ein Beispiel für viele: zu Rom. 5,1: „De vrede
Gods is geen vrede sluiten, maar vrede geven." (S. 203).
Leeuwens Untersuchung vermag dem Exegcten gute
Dienste zu leisten. .
Berlin II. Seesem an n

Goppelt, Lic. theol. Leonhard: Typos. Die typologische Deutung
des Alten Testaments im Neuen. Gütersloh: C. Bertelsmann
1939 (IX, 255 S.) gr. 8°= Beitr. z. Ford, ehristl. Theol., 2. Reihe:
Samml. wiss. Monogr. 43. Bd. RM 7 - ; geb. RM 8.50.

Die These dieses nachdenksamen, nicht ganz leicht
zu lesenden Buches ist: das legitime Verhältnis vom
N. T. zum A. T. wird durch Wort und Sache „Typos"
bezeichnet. Der biblische Ausdruck Typos meint „Vorausdarstellung
des Kommenden in einer vorlaufenden
Geschichte", ist also ein h e i 1 s geschichtlicher Terminus.
Er steht im Gegensatz zur Allegorie, obwohl Typologie
und Allegorese zeitweilig, z. B. in der Aufklärung, ziemlich
zusammengeworfen worden sind. Der Unterschied
der beiden Deutungsweisen wird besonders ersichtlich
in der Gegenüberstellung von Philo und dem N. T.
Denn die typologische Deutung des A.T. ist keine an
das A.T. herangetragene, aus einer bestimmten heutigen
Einstellung her gewordene, sondern ist die im N. T.
durchaus vorherrschende Deutung des A. T. Von daher
erhebt der Verf. den — berechtigten — Anspruch, hierin
die einzig mögliche Deutung des A.T. zu zeigen.

Er ist nicht der erste, der das gesehen hat. In
den einleitenden Ausführungen spricht er von verwandten
Gedankengängen aus der Geschichte der Auslegung
(Bleek, Tholuck, Hofniann, Fairbairn). Doch von der
Jahrhundertwende an wird dann das Verhältnis des A.T.
zum N.T. wesentlich religionsgeschichtlich betrachtet.
Erst bei Frederik Tonn und in einem 1934 erschienenen
Aufsatz von Gtto Schmitz finden sich wieder Hinweise
zu einer bibelgemäßen Hermeneutik.

Die biblische Typologie geht vom wirklich Geschehenen
aus. Anders ist es bei der Allegorese, die griechischer
Herkunft ist; hier ist das Geschehene sachlich unwichtig
, wichtig ist der geheime Sinn, der hinter den
Worten steht; wichtig ist daher der Buchstabe. So ist
es zu verstehen, daß, wenn überhaupt Vorläufer einer
typologischen Betrachtungsweise sich finden, das nur in
der spätjüdischen Literatur der Fall sein kann. In
Frage kommt davon nur das haggadische Schrifttum,
und auch das nur, soweit es sich um eschatologisch bestimmte
Texte handelt. Anders ist es im hellenistischen
Judentum, als dessen Hauptvertreter natürlich Philo behandelt
wird, dessen Werk der „großartigste Versuch"
ist, „hellenistische Weisheit und israelitische Religion
zu vereinigen". Seine symbolisch-allegorische Schriftbehandlung
ergibt sich nicht aus Wesen und Inhalt der
Schrift. Ihm ist vielmehr die'Schrift das inspirierte Lehrbuch
seiner Lebensphilosophie. So sucht er, dessen geistiger
Vorfahr Plato ist, von den anschaulichen Abbildern
(twim) zu den geistigen Urbildern (doxtamot) vorzudringen
. Bei alledem geht es ihm wesentlich mehr
um die Worte als um die Sache; es ist eine allegorisch -
symbolische, keine typologische Deutung.

Vielmehr ist nur diese letztere genuin-biblisch, wie aus-