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Ausgabe:

1940

Spalte:

329

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Mersch, Emile

Titel/Untertitel:

Morale et corps mystique 1940

Rezensent:

Koch, Wilhelm

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Seite 1

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8<2<)

Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 11

330

Unrecht vergeben, für Lebende und Tote Gott bitten.
Schaut auch hier hin und wieder noch das scholastische
System der Tugenden ein wenig durch, so werden die
Probleme doch eben in Gesprächsform, aber mit weitreichender
Kenntnis der Geschichte, der Welt, der Psychologie
und des menschlichen Herzens behandelt. Dieses
gedankenreiche und geistvolle Buch wird dem Prediger
viele Anregungen bieten, dem Seelsorger manchen
Fingerzeig in den schwierigsten Fragen geben und allen,
die amtlich oder nicht amtlich im Dienste der Inneren
Mission stehen, eine Stärkung bedeuten.

Berlin Hans Wendt

Mersch, £tnile, S. J. i Morale et Corps Mystique. Bruxelles:
L'f-dition Universelle 1937. (276 S.) 8° = Museum Lessianum — Sec-
tion Theologique Nr. 34. 25 Fr.

Den paulinischcn Gedanken vom Leibe Christi und von den Gc-
t.'uiften als Olicdern dieses Leibes hat der belgische Jesuit Mersch
in seinem zweibändigen Werk „Le corps mystique du Christ" (1932/33
in erster, 1930 in 2. Aufl. erschienen) historisch betrachtet. Dies Werk
ist in der ThLZ nicht besprochen worden. Mersch möchte unter eleu
Oedanken vom mystischen Leib Christi die gesamte Theologie stellen
(vgl. seine Aufsatze „Le corps mystique du Christ centre de la theo-
logie eotnmc iclence" in der Löwencr Zeitschr. Nouvelle revue
theologique 1934, 449 ff., und ,,L'objet de la theologic" in den Pariser
Kicherches de science religieuse 1930, 129 ff.). Am nächsten würde es
liegen, unter diesem Leitgedanken die Moraltheologie zu behandeln.
Einen Anfang hiezu will er nun im vorliegenden Buche machen, das
durch Zusammenstellung von Aufsätzen entstanden ist, die in verschiedenen
Zeit- und Sammelschriften erschienen sind. Tatsächlich sind es
freilich mehr moral p ä d a g o g i s c h e als moral theolog i f che
Themata, die in der zweiten Hälfte des Buchs behandelt werden (die
Armut, die eheliche Liebe, Auktorität und Gehorsam) und zwar ohne
logische Verbindung behandelt werden. Nur die erste Hälfte des Buchs
bewegt sich eher auf moraltheologischcm Gebiet (Heiligkeit, Ocbct,
Opfer). Der Verfasser hätte besser getan, wenn er sich an eine Ge-
samtinoral unter dem Leitgedanken „Gliedschaft am Leibe Christi"
gemacht hätte, wie etwa F. Jürgensmaier eine As/etik geschrieben hat
unter dem Leitgedanken „Der mystische Leib Christi" (Paderborn
* 1930) und Fritz Tillmann eine Moralthcologie verfaßt hat unter dem
Leitgedanken „Der Meister ruft" (Düsseldorf 1937). Mersch hat spekulative
Begabung, ausgebreitete Literaturkctuitnis und schreibt einen
sehr schönen Stil. Das Buch ist außerordentlich sorgfältig und auf
beneidenswert gutem Papier gedruckt.

Tettnang (Wttbg.) Wilhelm Koch

l>RAKTISCIII<; rilliOLOGIE

Rang, Martin: Christliche Religion in Gegenwart und Geschichte
. Stoffe und Probleme für die Unterweisung im evangelischen
Glauben. Frankfurt a. M.: Diesterweg 1938. (l. Teils Der christliche
Glaube: S. 1-179; 2. Teil: Kirchengcschichte in ausgew. Kapiteln
: S. 1-135; 3. Teil: Rcligionsgeschichte in ausgeve. Kapiteln:
S. 1-51) gr. 8°. RM 5.80.

Von dem Verfasser ist früher erschienen ein „Handbuch
für den biblischen Unterricht", theoretische Grundlegung
und praktische Handreichung für die christliche
Unterweisung der ev. Jugend. Das vorliegende Werk
schließt sich an. Ohne auf grundsätzliche oder methodische
Fragen einzugchen, will es Stoff für den Unterricht
im christlichen Glauben und in der Kirchen- und
Religionsgeschichte bieten.

Der erste Teil gibt eine Darstellung des ev- Glaubens
. Die Ethik ist geschickt mit hinein verflochten
. Die Diktion ist klar, lebendig, anschaulich und gegenwartsnahe
. Immer wird Bezug genommen auf die
Fragen, die in der gegenwärtigen religiösen Auseinandersetzung
eine Rolle spielen- Allerlei Geschichten
und Zitate dienen zur Veranschaulichung. Besonders
kommt Luther immer wieder ausführlich zu Worte.
Grundlage des Glaubens ist die Offenbarung Gottes
in Christus, der die Entscheidung des Menschen gegenübersteht
. Sehr fein wird die Bibel als Wort Gottes behandelt
und energisch die Bedeutung des A.T. festgehalten
. Freilich hätte mehr die Gottesvorstellung des
A.T. als Vorstufe in ihrem Abstand von der des N.T.
hervorgehoben werden können. — Die Darstellung des

christlichen Glaubens selbst gliedert sich in 3 Teile:
Glaube an Gott — Christus und die Erlösung des
Christen — Die Hoffnung des Christen. Der erste
Teil umfaßt c. 70 Seiten, der zweite c. 40 Seiten,
der dritte c. 34 Seiten. Schon diese äußerliche Verglei-
chung zeigt, daß die Lehre von Gott besonders eingehend
dargestellt ist. Es mag z. T. mitbedingt sein
durch die Probleme, die darin zur Erörterung kom-

i men, wie Naturwissenschaft und Schöpferglaube oder
Gott und die Sünde, die Theodiceefrage usw. Aber eine
gewisse Ungleichmäßigkeit in der Behandlung ist doch
festzustellen. Vom Hl. Geist wird auf S. 130 nur mit

I wenigen Zeilen gesprochen. Von der Kirche gar nicht.

| Es fragt sich doch, ob es nicht ratsamer gewesen wäre,

j sich an die drei Artikel zu halten und im Rahmen des
3. Artikels die christliche Hoffnung zu behandeln, aber
auch das Wirken des Hl. Geistes (was ist Glauben"?)

; und die Lehre von der Kirche. Zu einzelnen Punkten
ließe sich hier und da etwas sagen, doch sei zuerst betont
, daß die Darstellung im ganzen sehr befriedigt

] durch ihre Sachlichkeit und Ausgeglichenheit im Urteil.

| das frei ist von aller Einseitigkeit. In dein Kapitel
„Der verborgene Gott und das Leid" hätte mehr auch
die positive Seite am Leid als Erziehungsmittel Gottes
zur Geltung kommen können an Stelle des Hinweisens
auf den verborgenen Gott. Im Abschnitt über Christus
hätte das stellvertretende Leiden Christi mehr hervorgehoben
und dem Verständnis der Gegenwart näher
gebracht werden können aus 3em Erleben des Krieges
heraus, in dem man lernt, daß andere für uns kämpfen,
leiden und sterben. In der Darstellung der christlichen

! Hoffnung vermißt man die Begründung auf Christi Erlösungstat
(Jesus, meine Zuversicht . . .). Sehr gut
sind die drei Anhänge: Vom weltüberwindenden Glauben
, vom christlichen Soldatentod und von der Stellung
großer Deutscher zum Christentum.

Der 2. Teil des Werkes, die Kirchengeschichte, will

| nicht eine Darstellung der wichtigsten Ereignisse der

. Geschichte des Christentums sein, wie sie etwa Hermann
Tögel in seinen Bildern deutscher Frömmigkeit

! gegeben hat, sondern zeigt in großen Linien die be-

j wegenden Gedanken und Kräfte, die in der Kirchenge-
schichte gewaltet haben. Die Kenntnis der einzelnen Daten
und Tatsachen wird vorausgesetzt. Überall erfreut
die eingehende, klare und objektive Beurteilung der
Strömungen und Bewegungen, z. B. in dem Kapitel über
die Mystik mit seiner Beurteilung Eckehardts. Von den
14 Kapiteln beschäftigen sich 5 mit Luther und seinein
Werk. Die neuere Lutherforschung (Holl) ist bekannt
und wird benutzt. Ausgezeichnet ist das Kapitel
über Calvin. Ebenso auch die folgenden über die verschiedenen
Strömungen im Protestantismus- Kurz turd
treffend wird etwa Goethes Stellung zur Religion oder

I Schleiermachers Bedeutung dargestellt. In diem Kapitel
„Feinde des Christentums" wird recht ausführlich Büchners
Kraft und Stoff behandelt, aber es fehlt Häckel
mit seinen Welträtseln, die uns doch zeitlich näher Hegen
und auch jetzt wieder ihre Auferstehung feiern.
Das letzte Kapitel bespricht das Christentum der sozialen
Tat, Wichern, Bodelschwingh, Stöcker, also die

! Innere Mission. Sehr bedauerlich aber ist das Fehlen

! einer Behandlung der Äußern Mission, des Gustav Adolfvereins
und des Ev. Bundes. In diesen großen Bewegungen
zeigt sich gerade das Leben der ev. Kirche.

Der 3. Teil, die Religionsgeschichte, bespricht in
fünf Abschnitten die Religion der Primitiven, der Germanen
, der Inder, den Buddhismus und den Islam. Wie
beim 2. Teil so gilt auch hier, daß gewisse Kenntnisse

I vorausgesetzt und große Linien zum rechten Verständnis
geboten werden. In dem Kapitel über die Germane i

, erfreut wieder die vorsichtig vorgehende, sachliche Are
der Darstellung, welche das Richtige anerkennt, aber

I auch die Schattenseiten sieht. Die indische Religion ist
vielleicht zu einseitig als die Religion der Gebildeten
gefaßt. Solche Nachtseiten, wie die lange geübte Witwenverbrennung
gehören doch auch zu ihr.