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Ausgabe:

1940 Nr. 11

Spalte:

320-322

Kategorie:

Kirchengeschichte: Territorialkirchengeschichte

Autor/Hrsg.:

Wendland, Walter

Titel/Untertitel:

Die Entwicklung der christlichen Liebestätigkeit in Groß-Berlin vom Mittelalter bis zur Gegenwart 1940

Rezensent:

Füllkrug, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 11

320

Das Buch gibt aus der Zeit von 1537 bis 1732 Urkunden
in drei Abteilungen: Zunächst die Stiftungsurkunden
, dann die Akten über den Landbesitz, endlich die
Fundationen der Stipendien, welche aus diesem Zeitraum
stammen. — An der Spitze der Sammlung steht der
niederdeutsch abgefaßte Antrag der „Predicanten unde
Diener des götliken Wördes inn Seland, Schone und
Jutland" an König Christian III., die Universität wieder
aufzurichten (1537). Es folgt ein lateinisches Vorlesungsverzeichnis
; unter den 3 Dozenten der Theologie
wird „Doctor Joannes Bugenhagius Pomera-
n u s" genannt, er ist der einzige Professor, dem die
Ehre namentlicher Erwähnung zu teil wird. In der Einleitung
zur Stiftungsurkunde vom 10. Juni1 1539 wind
der Zusammenhang mit der Wittenberger Universität
ausdrücklich betont. Die Erneuerung der Stiftung durch
Friedrich II. 1571 ist die erste Urkunde in dänischer
Sprache. Darauf folgen die „novellae constitutione
s" VO0 1621, der Entwurf zu einem neuen Stiftungsbrief
von 1691 und endlich die Fundation Christians
VI. von 1732. Die Zahl der Professoren an der
theologischen Fakultät war inzwischen auf 4 erhöht
worden.

Das rekonstruierte Erdbuch gibt eine Übersicht über
den Ertrag des Landbesitzes, der von der Reformation
bis 1732 der Universität zukam. Diese mühevolle Untersuchung
ist ausgeführt von dem Archivar Bro-Jorgensen.
Die dazu gehörigen Übertraglingsbriefe folgen.

Den Beschluß bilden die Stiftungsurkunden der Stipendien
von 1555—1691. Am wichtigsten ist die von
Friedrich II. 1569 gestiftete Communität.

Von den Urkunden, über die ich hier eine Übersicht
zu geben versuchte, liegen mit Ausnahme des Entwurfs
von 1691 Drucke vor. Aber diese finden sich teils an
schwer zugänglichen Stellen, wie der Antrag der Prädi-
kanten von 1537 in Engelstofts Dissertation „Refor-
tnantes et Catholici" von 1836 oder die „Fun-
datio" von 1539 in Crags Biographie Christians 111.
von 1737 oder der nur in einem Exemplar erhaltene
Lektionskatalog von 15372, teils sind sie früher von
H. F. Rordam und FI. Matzen a ungenau, oft nur nach
Abschriften veröffentlicht worden, Norvin dagegen geht
grundsätzlich immer zu den Originalen, soweit sie erhalten
sind, zurück und liefert eine diplomatische genaue
Wiedergabe. So wird diese Ausgabe, welche alles nun
in zuverlässiger Form an einer Stelle bietet, sehr willkommen
sein.

Rendsburg Th. O. Achelis.

1) Durch einen sehr ärgerlichen Druckfehler steht S. V und S. 8
10. Januar 153lJ, S. 70 dagegen: ,,Anno D o m i n i 15 3 9.
Decimo die mensis Juni i". Letzteres ist das richtige, vgl.
H. F. Rordam, Kjobcnhavns Univcrsitets Historie, Bd. 1 (1809)
S. 75 und Bd. 4 (1868—1874), S. 9.

2^ Der Lektionskatalog ist, was dem Verf. entgangen zu sein
scheint, wieder, allerdings nicht fehlerfrei, abgedruckt in Fr. Muntcrs
Magazin für Kirchengeschichte, Bd. 1 (1792), S. 209 ff.; vgl, E.
Michelscns Einleitung zur Schleswig-Holsteinischen Kirchenordnung
(1909), S. 239, Anm. 3.

3) S. Th. L. Z. 1938, Sp. 281.

Lindhardt, P. G.: Peder Hersieb 1.(1689 — 1737). Studier over
Dansk-Norsk Kirke- og Kulturhistorie i forste Halvdel af det 18. Aarhundrede
. Kopenhagen : Q. E. C. Oad in Komm. 1939. (348 S.) 4°. Kr. 8—.

In Dänemark sind in den letzten zwanzig Jahren
zahlreiche Biographien von Männern erschienen, die in
der Kirchengeschichte des Landes im 18. und 19. Jahrhundert
eine Rolle gespielt haben. Ich nenne P. P. Jorgensen
, H. P. Kotoed-Hansen, 1920, Michael Neiien-
dam, Christian Basthohn, 1922, von demselben Verfasser
Erik Pontoppidan I, 1930, II, 1933 (vgl. meine Besprechung
in der Th.L.Z. 1931, Sp. 211—212, 1934, Sp. 315
bis 316), J. Holdt, Niels Johannes Holm 1778—1845
(1937). In dieselbe Reihe gehört P. G. Lindhardts Monographie
über Peder Hersteb. Der Verfasser hat schon
■früher durch eine kleine Arbeit über die Geschichte der
Konfirmation sich vorteilhaft bekannt gemacht (vgl. ineine
Besprechung in dieser Zeitung 1937, Sp. 55). Hier
legt er eine sorgfältige, auf primären Quellen aufgebaute
Biographie von Peder Hersieb vor, eine Arbeit, die der
Schule Oskar Andersens alle Ehre macht. Etwas anderes,
was diese Arbeiten etwas in Gegensatz zu den älteren
Darstellungen eines Holger Frederik Rordams (vgl. Th.
L. Z. 1932, Sp. 543/44), auszeichnet, ist die Einordnung
in die Zeitgeschichte.

Durch seine Geburt in Norwegen, seine Ausbildung
in Dänemark und seine bedeutungsvolle Wirksamkeit in
beiden Reichen ist Peder Hersieb eine zentrale Gestalt
in der dänisch-norwegischen Kirchengeschichte gewor-
j den. Der erste, hier vorliegende, Teil behandelt den
wichtigsten Teil seines Lebens, der das stärkste Iu-
J teresse für die Geschichte des Pietismus in Dänemark-
Norwegen hat, die Zeit bis zur Ernennung zum Bischof
von Seeland im Jahre 1737. Ein weiterer, kürzerer Teil
soll die Geschichte dieses Episkopats in den letzten bei-
| den Jahrzehnten seines Lebens darstellen.

Schon mit 14 Jahren kam H., der einer Pastorenfa-
milie in Stod im Stift Drontheim entstammte, als StU-
I dent nach Kopenhagen. Von Halle hatte der Pietismus
I in Kopenhagen seine Wirkung begonnen (S. 34 ff.). Es
j war eine Periode voll kirchlicher Spannung, in der H. in
j Kopenhagen studierte. Schon mit 18 Jahren wurde er
Kandidat. Er kehrte zunächst in seine Heimat zurück
und unterrichtete 6 Jahre seine Geschwister in Stod. An
seinem 25. Geburtstage, also dem Tage, an dem er frühestens
ordiniert werden konnte, ernannte der dänische
König ihn zum Feldprediger. Als solcher ist er im nordischen
Krieg in Holstein, Mecklenburg und Vorpommern
wirksam gewesen. Nach einer ganz kurzen Tätigkeit als
Pastor in Gundslev (Seeland) 1718 wurde er 1719
Schloßprediger auf Frederiksborg, wo er namentlich um
das Schul- und Armenwesen sich große Verdienste erworben
hat. 1725 wurde er zum Hofprediger ernannt.
Bis zur Beförderung zum Bischof in Norwegen 1730 war
er als solcher in Kopenhagen tätig. Auf einer Reise mit
König Christian VI. 1728 lernte er in Gera Zinzendorf
kennen und besuchte Halle. Aus der Kopenhagener Zeit
sind zahlreiche Predigten erhalten, und Lindhardt untersucht
sehr gründlich ihr Verhältnis zu gleichzeitiger und
früherer homiletischer und erbaulicher Literatur (Abhängigkeit
von J. J. Rambach, wohl auch von A. Bynaeus
und S. O. Cock). — Der letzte Abschnitt — fast die
Hälfte des Buches — ist den acht Jahren gewidmet, die
H. als Bischof über das Stift Akershus im südlichen Norwegen
wirkte; es war eine sehr fruchtbare, erfolgreiche
Zeit, die er hier in seinem Heimatlande verbrachte. Voruntersuchungen
fehlten bisher namentlich für diese Periode
. Für die äußere wie die innere Verwaltung seines
Bistums ist er ungeheuer eifrig bemüht gewesen. Von
den „Externa" seien nur die Sorge für die Kirchengebäude
, Teilung von Pastoraten, Einrichtung von Kirchenbüchern
, Kollekten und die geistliche Witwenkasse erwähnt
, von den „Interna" Hausbesuch, Konfirmation,
Schulwesen, Beichte, Revision des Rituals, Bemühungen
um christlichen Lesestoff für die Gemeinden, Aufsicht
über die Studenten und die ungeheuer anstrengenden
I Visitationsreisen. Dazu kommen zahlreiche Sonderauf-
gaben.

Ein Personenregister erleichtert die Benutzung dieser
wertvollen Biographie über den bedeutendsten Vertreter
des frühen Pietismus in Dänemark und Norwegen.

Rendsburg Th. O. Achelis

Wendland, Lic. Walter: Die Entwicklung der christlichen
Liebcstätigkeit in Groß-Berlin vom Mittelalter bis zur Gegenwart
. Berlin: Wichern-Verlag [1939]. (80 S.) gr. 8°. RM 2.50.
Der Berliner Pfarrer, Lic Wendland, schildert uns
| aus sorgfältigstem Quellenstudium und persönlichem Mit-
I erleben heraus die christliche Liebestätigkeit in Groß-
I Berlin, im Mittelalter und im Altprotestantismus, s:nlanix
den Übergang der Armenpflege von der Kirche an staat-
I liehe und städtische Organe, die Entwicklung der ge-