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Ausgabe:

1940 Nr. 11

Spalte:

317-318

Kategorie:

Kirchengeschichte: Territorialkirchengeschichte

Autor/Hrsg.:

Greiner, Albert

Titel/Untertitel:

Die Einführung der Reformation in der Pflege Coburg 1520 - 1555 1940

Rezensent:

Herrmann, Rudolf

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 11

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ses, besonders die Beschlüsse und die Korrespondenz [
des Rates und die Berichte der Gesandten von den
Reichstagen und anderen Versammlungen, in einem Urkundenbande
in extenso zu veröffentlichen. Der Verf.
bietet es gleich gesichtet und verarbeitet dar. An Literatur
citiert er im allgemeinen nur solche Darstellungen
, die gleichfalls unmittelbar auf primäre Quellen ■■
zurückgehen. Mag man hier und da Verweise auf neuere
Darstellungen, wie etwa auf die einschlägigen Arbeiten
Hans v. Schuberts, bezw. Auseinandersetzung mit diesen
vermissen, so ist doch das vom Verf. eingeschlagene
Verfahren (wie es — auf einer höheren Linie — Hauck |
in seiner Kirchengeschichte Deutschlands befolgt hat) j
durchaus zu billigen: er hat sich auch damit überflüs- !
sigen Ballast vom Leibe gehalten. 2. Die Nürnberger j
Reformationsgesehichte ist — etwa abgesehen von den
Kapiteln XII—XIV: Im Kampf um die Erhaltung der
Reformation, die Kirchenvisitation 1526—29, die Brandenburg
-Nürnbergische Kirchcnordunng — verflochten
mit der allgemein-deutschen Reformationsgeschichte und
der Reichsgeschichte. Der Verf. hat den Rahmen, in
den hinein er den Anteil Nürnbergs gezeichnet hat, so
verbreitert und verstärkt, daß auch Leser ohne große
Vorkenntnisse das Werk verstehen können, zumal es in
einer sehr wohltuend klaren und einfachen Sprache geschrieben
ist. 3. Subjektive Urteile sind selten. Wo
sie begegnen, sind sie wohlbegründet und so, daß sie
sich auch dem Leser aufdrängen. Ich wiederhole z. B.
aus der Schlußbetrachtung zu dem besonders gelungenen
Kap. XVII: Nürnberg auf dem Reichstag zu Augsburg
1530 (II 205): „An dem Erfolg und Ertrag des Augs-
liurger Reichstags für die evangelische Sache hatte Nürnberg
rühmlichen Anteil. Als treuer und zuverlässiger
Partner der evangelischen Fürsten, wie als Berater und
Führer der evangelischen Reichsstände hat sich der Rat ]
in jenen Tagen wohl bewährt. In den schwierigsten j
und gefahrvollsten Tagen "bewahrte er seine Festigkeit
und Glaubensfreude und wurde damit für Fürsten und
Städte ein kräftiger Ansporn, ein starker Halt und
ein leuchtendes Vorbild." Nur das Urteil über das Augsburger
Interim (III 107f.), daß es „nach des Kaisers
Willen zu einer Zwangsjacke werden sollte, in welcher
der Protestantismus erstickt werden sollte", und
daß es „in Wirklichkeit dazu bestimmt war, diie Evangelischen
gewaltsam wieder zur römischen Kirche zurückzuführen
", scheint mir nicht zuzutreffen.
Zwickau i. Sa. O. Cl ein en

Grclner, Albert; Die Einführung der Reformation in der
Pflege Coburg 1520 1555. Nach archivar. Quellen bcarb. (H. 1 :
72 S.; H. 2: 121 S. H. 3: 317 S.) 8°. Coburg: Heimatglocken-
verlag 1938. geb. RM 10—.

Die drei Hefte, aus denen der Band besteht, sind
1926, 1929 und 1938 erschienen. Das l.Heft behandelt
das Leben des Ooburger Reformators Balthasar Düring vor
1528. Im 2. Heft wiederholt der Verfasser zunächst die Angaben
des 1. Heftes in kürzerer Form „für alle, die das |
1. Heft nicht in Händen haben, oder nicht mehr bekommen
können". Dann wird die Niederschrift über die Visitation
von 1528/29 im Ortsland Franken, die G. Berbig
im „Archiv für Reformationsgeschichte" Bd. 3—5 nach 1
dem im Coburgischen Staatsarchiv vorhandenen Original
abgedruckt hatte, ins Hochdeutsche übertragen, wiederge- .
geben und einige Ausführungen über den Lebcnsausgang
Dürings angefügt- Das 3. Heft enthält in der Hauptsache
die Lebensbeschreibungen von Johann Langer und Maximilian
Mörlin, der beiden Nachfolger Dürings in seiner
Eigenschaft als Coburger Superintendent, Wiedergabo
der Registraturen über die Visitationen von 1535/36,
1545/46 und 1554/65 auf Grund der noch nicht veröffentlichten
Akten, kurze Ausführungen über die Visitationen
in Henneberg-Schleusingen 1555, wohl nach
W. üermann, Joh. Forster [1894], schließlich einiges
über die Lateinschulen im Ortsland nach den Visitationsakten
von 1569/70 und 1573.

Man kann Vorgänge der Vergangenheit auf dreierlei
Weise wiedergeben: im geschichtlichen Roman, in volkstümlicher
Darstellung, die die Ergebnisse der bisherigen
Forschung weiteren Kreisen zugänglich machen soll, und
in wissenschaftlicher Darstellung, die auf Grund der
Quellen die Forschung weiterführt (was übrigens bei gewissen
Gegenständen sich durchaus mit der 2. Weise
vereinigen läßt); aber wenn man alle 3 Weisen miteinander
verbindet, muß das Ergebnis unbefriedigend sein.
Das ist leider hier der Fall. Auf dem Titelblatt des 1.
und 2. Heftes wird ausdrücklich gesagt, daß „Wahrheit
und Dichtung" geboten werden sollen, und in der Vorrede
zum 2. Heft wird das begründet. Dichtung ist es
z. B., wenn der Verfasser in Heft 2, S. 44—46 schildert,
wie es Düring zumute gewesen sein mag, als er 1528
als Visitator in seine Vaterstadt Königsberg in Franken
kam. Eine Darstellung „in rein wissenschaftlicher Weise
" lehnt er sehr entschieden ab, weil sie „nicht mehr
als ein Skelett ergeben" würde (Heft 1, S. 3), will seinen
Gegenstand vielmehr „nicht in geschichtlicher und
logischer Reihenfolge, sondern kunterbunt durcheinander
" (Heft 1, S. 4) bringen. Er will allgemein-verständi-
lich schreiben und im evangelischen Volk das Interesse
für die große Zeit der Reformation wecken. In der Tat
ist das Buch in manchen Teilen gut lesbar; nur stört es
sehr, daß häufig satzweise fast wörtlich wiederholt wird,
was schon eine oder einige Seiten vorher stand. — Der
Verfasser hat umfangreiche Quellenstudien Unternommen
und fördert allerlei neues Material zutage; aber er unterläßt
die Belegung durch seine Quellen völlig. Die Angabe
, daß er Akten aus den Coburger, Weimarer, Gothaer
und Würzburger Archiven benutzt hat, kann das nicht ersetzen
. So ist die Nachprüfung und wissenschaftliche Beurteilung
außerordentlich erschwert- — Als Gesamtdarstellung
nach Maßgabe des Haupttitels „Einführung der
Reformation in der Pflege Coburg" leidet das Buch vor
allem daran, daß es in seinem 1. Teil mehr die Geschichte
Dürings als die Coburger Reformation darstellt,
daß diese in ihrem Ablauf während der zwanziger Jahre
keineswegs klar wird und daß die Ergebnisse der Visitationen
zwar eingehend wiedergegeben, aber nicht genügend
verarbeitet sind. — Anzuerkennen ist, daß der
Verfasser sich bemüht hat, die Kenntnis der kirchlichen
Zustände sich anzueignen; aber neben richtig Gesehenem
stehen auch Mißverständnisse und Irrtümer.

Es ist schade, daß die Liebe, mit der der Verfasser
sich in seinen Gegenstand und insbesondere die Person
Dürings versenkt hat, sein schöner Eifer und die auf das
Studium der Quellen verwendete Mühe nicht zu einem
befriedigenderen Ergebnis geführt haben. Das Buch ist
eine bedeutsame Materialsainmlung für die Geschichte
der Reformation im Ortsland Franken, aber nicht mehr.
Weimar Rudolf Herr mann

Norvin, William: Kobenhavns Universitet i IWormationens og
Orthodoxiens Tidsalder. Andet Bind. Kopenhagen: Gyldendalske
Boghandel, Nordisk Forlag 1940. (VIII, 303 S.) 4°.

Zum vierhundertfünfzigjährigen Jubiläum der Kopenhagener
Universität hat William Norvin 1929 eine Geschichte
der mittelalterlichen nordischen Hochschule herausgegeben
(Kobenhavns Universitet i Middelalderen).
Daran schließt sich die Darstellung der Universitätsgeschichte
im Zeitalter der Reformation und der Orthodoxie
, deren 1. Band 1937 zum vierhundertjährigen Jubiläum
der Reformation der Kopenhageuer Universität erschien
(vgl. Th.L.Z. 1938, Sp. 280—282). Der jetzt vorliegende
2. Band gibt nicht die Darstellung der Geschichte
der Universität als Unterrichtsanstalt und als Forschungsinstitut
, sondern eine Sammlung von Akten, namentlich
Stiftungsurkunden, welche i.n Vorwort des 1.
Bandes in Aussicht gestellt war. Ob es dem verdienten
Gelehrten, der kurz nach dem Erscheinen dieses Bandes
im August 1940 verstorben ist, vergönnt war, seinem
großen Werk den geplanten Abschluß zu geben, weiß
ich nicht.