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Ausgabe:

1940

Spalte:

309-311

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

The imperial crisis and recovery A.D. 193-324 1940

Rezensent:

Instinsky, Hans Ulrich

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30!)

Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 11

310

— der Britannenkönig Calgacus (S. 17)! Ähnlich lauten
die Worte, die Sallust den König Mithridates in einem
Briefe schreiben läßt, und darin ist auch noch vom Ausplündern
der eigenen Bundesgenossen und Freunde die
Rede. Bei den großen Weltreichen wiederholen sich
eben die Mittel ihrer Erwerbung und ihrer Erhaltung,
ihre Wirkungen und die Stimmungen der von ihnen
„Befriedeten", aber auch die Keime des Verfalls und die
Ursachen des Untergangs.

In der bekannten und vielumstrittenen Schrift Anod idola dii non
sint heißt es in c. 5 von den Weltreichen: regna autem non merito
accidunt, sed sortc variantur. Auf den mehr stoischen als christlichen
Klang dieser Worte habe ich in meinen Cyprianischen Untersuchungen
l<J2ö, S. 11 f. A I und S. 54 f. A. 1 aufmerksam gemacht. Minu-
cius Felix (Oct. 25,12) und Tertullian (Apol. c. 26, ad nat. 11,17)
dagegen fassen gut christlich ihre Wechsel der Weltreiche von der
dispensatio Oottes her, wie es auch in Idola c. 8 heißt: qui universa
quaecunque sunt verbo iubit, ratione dispensat, virtute consummat.
Aber in c. 5 ist die Fassung entweder durch die in ad nat. II, 17
von der dispensatio Oottes stellenden Worte: sors temporum ita
volutavil regln, "der durch die Erinnerung an heidnische Urteile über
die Entstehung von Weltreichen (vgl. Fuchs S. 41 u. 43) veranlaßt.
Nebenbei bemerkt sind die von H. Diller im Philologus 90, 1935,
S. ()8 ff. für die Abhängigkeit dieser Schrift von Lactanz vorgebrachten
Gründe nicht so durchschlagend, wie Fuchs S. 86 meint,
und sie können durch andere Oewichte aufgewogen werden.

München Hugo Kocht

The Cambridge Ancient History. Vol. XII: The imperial
crisis and recovery a. d. 19 3—3 2 4. Ed. by S.
A. Cook, F. E. Adcock, M. P. Charlesworth, and N. H. Baynes.
Cambridge: Univ. Press 1939. (XXVII, 849 S., 10 Krtn., 2 Pläne,
2 chronol. Übersichten) gr. 8°. 35 s. — Volume of Plates V,
prepared by C. T. Seltman. Cambridge: Univ. Press 1939. (242 S.,
121 Taf.) gr. 8°. 15 s.

Oft genug ist es der Cambridge Ancient History vorgeworfen
worden, dal! es ihr nicht gelungen sei, ein unter
zentralen Gesichtspunkten geformtes Bild ihres Gegenstandes
zu vermitteln, da die Aufteilung des Stoffes
der einzelnen Bande unter eine größere Zahl von Mitarbeitern
dies von vornherein unmöglich mache. Man hat
sich während des fortschreitenden Erscheinens des Werkes
daran gewöhnt, dieses nicht nur an dem zu messen,
was es seiner Anlage nach nun einmal nicht sein kann,
und wird bei seiner Wertung jeweils mehr die Qualität
der einzelnen Abschnitte in Rechnung stellen, als immer
wieder die Frage nach seiner historiographischen Einheit
zu beantworten suchen. In dieser Feststellung liegt
ein Verzicht. Wollte man sich jedoch zu diesem nicht
entschließen, so wäre es schlechterdings unmöglich, den
XII. Band der CAH, der das ganze Werk beschließen
soll, gerecht zu würdigen. Dehn mehr als seine Vorgänger
ermangelt er der stofflichen und geistigen Einheit,
und seine zeitliche Abgrenzung wie auch die Aufteilung
des Stoffes scheinen vielfach weniger von dem sachlichen
Zwang der geschichtlichen Periodisierung als von der
Art der in Betracht kommenden Mitarbeiter bestimmt
zu sein. Zeitliche und räumliche Überschneidungen ergeben
sich in diesem Band besonders häufig. Aber sein
Reiz liegt nicht zuletzt darin, daß er ein anschauliches
Bild vom augenblicklichen Stand der Forschungen zum
3. nachchristlichen Jahrhundert und ihren mannigfaltigen,
noch getrennt fließenden Strömungen der politischen,
kulturellen, wirtschaftlichen und religionsgeschichtlichen
Betrachtungsweisen vermittelt. So ist er mehr als eine
Sammlung und Sichtung des Stoffes: vollständig und
recht gelesen kann er die gegenseitige Befruchtung der
einzelnen Disziplinen, die sich um das geschichtliche Verständnis
des 3. Jahrhunderts bemühen, entscheidend fördern
. Eine abschließende Darstellung dieses Zeitabschnittes
und der in ihm wirksamen Kräfte bleibt uns
vorläufig noch versagt.

Der Band wird eröffnet durch eine knapp und übersichtlich
angelegte Darstellung des Septimius Severus und
seiner ersten Nachfolger Caracalla, Macrinus und Elaga-
bal. S. N. Miller stellt mit Recht das kaiserliche Haus

| und das Heer als die Kräfte heraus, deren Zusammen-
und Widerspiel das Gesicht dieses Zeitabschnittes bedingen
. Die Zusammenstellung des sachlich Bemerkenswerten
wird dabei gegenüber einem wirklich farbigen Entwurf
des geschichtlichen Bildes bevorzugt: selbst die in
der nahezu ein Jahrhundert beeinflussenden Persönlichkeit
des Severus wirksamen Kräfte werden mehr liand-
buehmäßig notiert als mit überzeugenden Strichen in seinem
Wirken aufgezeigt.

Senat und Heer sind die beiden Schlagworte, die den
folgenden Abschnitt bezeichnen. Er umfaßt die Zeit vom
Beginn der Herrschaft des Severus Alexander bis zum
Tode des Philippus Arabs und wird durch W. Enßlin
angemessen gewürdigt. Hier, wie in den Kapiteln X und
XI, in denen Enßlin das Ende des Principates und die
Reformen Diokletians behandelt, ist besonders die umfassende
Kenntnis der institutionellen Elemente hervorzuheben
, deren Entwicklung geschickt mit der Darstellung
der Kriege und der Herrscherpersönlichkeiten verflochten
wird.

Die folgenden Kapitel unterbrechen den zeitlichen
Zusammenhang und behandeln sehr knapp die Steppen-
| Völker Asiens und ihre Berührungen mit dem Westen
(L. Halphen), etwas ausführlicher das Sassauiden-
Reich und seine Kämpfe mit Rom (A. Christensen
! und W. E n ß 1 i n). Eine nicht wenige neue Gesichts-
| punkte erschließende Darstellung der Bewegungen der
germanischen Völker am Rhein und an der unteren Do-
j nau in der Mitte des 3. Jahrhunderts, von A. Alföldi
verfaßt, leitet über zu dem nächsten Abschnitt, in dem
i der gleiche Verfasser die eigentlich kritischen Jahrzehnte
j (249—270) des Kaisertums behandelt. Seine zahlreichen
! Untersuchungen zur Geschichte dieses Zeitraums fortführend
und krönend, weiß Alföldi hervorragend diese
so verworren erscheinende Epoche aufzuhellen und die
in ihr weithin wirkenden Vorgänge des politischen, kriegerischen
und geistigen Geschehens sichtbar zu machen.

Ohne besondere Begründung, warum sie gerade hier
I eingefügt ist, folgt die Behandlung der wirtschaftlichen
j Entwicklungen von F. Oertel. Naturgemäß greift sie
i über den zeitlichen Rahmen des Bandes vielfach hinaus
und macht die Einordnung der Provinzen in die Wirt-
j schaff des Reiches und ihren Einfluß auf diese vor allem
deutlich. Von den einzelnen Provinzen erhält Britannien,
von R. G. Collingwood mit umfassender Beherr-
i schung des archäologischen Materials behandelt, eine
eigene Würdigung.

Für die folgenden Kapitel ist es schwer, selbst in
einem nur aufzählenden Referat eine einigermaßen zusammenhängende
Linie aufzuzeigen. Wer sich über Diokletian
unterrichten will, muß dies bei drei verschiedenen
Verfassern (Mattingly, Enßlin, Baynes) tun. Beson-
■ ders verzweigt wird die Darstellung durch die notwen-
, dige Einbeziehung der re'ligionsgeschiichtliichen Entwicklungen
und die breiteren Raum beanspruchende Berücksichtigung
der Kirchengeschichte. So geschieht es, daß
; beispielsweise die Christenverfolgung des Decius dreimal
(Alföldi, Lietzmann, Baynes) erörtert wird1. Ähnliche
Überschneidungen häufen sich. Das Interesse des Lesers
muß sich also ganz dem einzelnen Beitrag zuwenden,
und die Liste der hervorragenden Verfasser bürgt ihm
dafür, daß er im einzelnen für das das entschädigt wird,
was er in der Gestaltung des Bandes als eines ganzen
vermißt-

Um dieses Urteil zu begründen, halten wir uns auch'
I weiterhin an die Folge der Kapitel. Das Wiedcrerstar-
ken der kaiserlichen Macht von der Zeit Aurelians bis
zum Aufstieg Konstantins beschreibt H. Mattingly,
indem er besonders den numismatischen Quellen wichtige
Aufschlüsse abgewinnt. W. Enßlin behandelt in
zwei bereits erwähnten Kapiteln das Ende des Principats
und die neue Ordnung, die Diokletian geschaffen hat.
| Dann treten die religionsgeschichtlichen Fragen beherrschend
hervor: zunächst gibt A. D. Nock einen meister-
I haft geformten Abriß heidnischer Kulte und heidnischer