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Ausgabe:

1940

Spalte:

263-264

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Foerster, Erich

Titel/Untertitel:

Das Erbe der Flüchtlingsgemeinden 1940

Rezensent:

Weber, Otto

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263

Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 9/10

264

mag auch eine Chronologie der Schriften Tottings aufzustellen
(S. 136). Der dritte Teil endlich zeichnet die
Lehrrichtung dieses Spätscholastikers, der Weltgeistlicher
war und deshalb dem Einfluß keiner Ordensschule, aber
doch dem Einfluß der Hochschulen Prag und Paris, an
denen er dozierte, unterstand, während er der Hochschule
von Wien seine theologisch-philosophische Richtung
gab: es ist sicher kein Nominalismus, sondern weit mehr
Realismus mit einigen nominalistischen Beigaben, also
ein sehr gemäßigter Eklektizismus. Davon, daß Wien
eine Hochburg des Nominalismus war, kann gar keine
Rede mehr sein. Die Spätscholastik erweist sich auch in
diesem ihrem deutschen Vertreter als weit konservativer
und positiv-fruchtbarer denn ihr Ruf. Initien-, Handschriften
-, Personen- und Sachregister ergänzen die Arbeit
zu einer ausgezeichneten wissenschaftlichen Lei- '
stung. Besprechungen in der Zeitschr. „Scholastik" (1938,
416/8) und in der „Theol. Revue" (1938, 1—9) wird
der Leser verwerten können. Das Verzeichnis der Be- |
richtigungen ist erheblich zu vermehren; auf Wunsch
steht es dem Verf. zur Verfügung.

Tettnang (Württbg.) Wilhelm Koch

Bi Hing er, Martin: Das Philosophische in den Excitationes
des Nikolaus von Cues. Heidelberg: C.Winter 1938 (46S.)gr. 8°.
= Beiträge z. Philosophie 32. RM 2.20.

Die Heidelberger Akademie der Wissenschaften hat 1929 begon- I
nen, die Werke des großen Deutschen von Cues neu herauszugeben, |
und den Anfang mit seinen Predigten gemacht (Dies sanetificatus j
v. Jahr 1439, hrsg. v. E. Hoffmann und R. Klibansky). Das Haupt-
Predigtwerk liegt bisher erst noch in der alten Basler Ausgabe v. 1565
vor. Vorliegende Abhandlung untersucht nun die Philosophie, aus deren
Geist diese Excitationes gehalten wurden; Nikolaus v. Cues ist ja
auch als Prediger durch und durch Philosoph, christlicherPlatoniker.
Die Abhandlung fördert nichts Neues zu Tag, zeigt aber, wohlvertraut i
mit dem Schrifttum des universalen Denkers, in kurzen Abschnitten,
wie sehr Mystik und Tat, Leben und Denken in ihm geeint waren.

Daß „der cusanische Sündenbegriff den geborenen Sündenmenschen
nicht kennt" (S. 44), dürfte zu viel gesagt sein; er kennt
nicht „den durch die Sünde total verderbten Menschen". — S. 26, j
Z. 7 v. u. steht der üble Fehler „Origines" statt „ürigenes". Andere
Druckfehler sind ohne Bedeutung.

Tettnang (Württbg.) Wilhelm Koch

KIRCHENGESCHICHTE: NEUERE ZEIT

Foerster, Prof. D. Dr. Erich : Das Erbe der Flüchtlingsgemein- |

den. Tübingen: J. C. B. Mohr 1939. (32 S.) gr. 8° = Samml. gemein- i
verständl. Vorträge u. Schrift- a. d. Gebiet d. Theol. u. Religions-
gesch. 186. RM 1.50.

Das Heft gibt einen Vortrag wieder, den der Ver-
fasser im vorvergangenen Jahre anläßlich des 350 jährigen
Bestehens der evangelisch-reformierten Gemeinde in
Hamburg gehalten hat. In einem großangelegten, äußerst
klaren Überblick zeigt Foerster, wie der Versuch, die
Einheit, Ordnung und lehrmäßige Sauberkeit der Kirche
zu wahren, zunächst durch die im Papsttum gipfelnde
Episkopalgewalt und dann durch den Einsatz der Obrigkeit
unternommen wurde. Die Reformationskirchen ge- j
hen samt und sonders, unter Einschluß des ursprünglichen
Calvinismus, den zweitgenannten Weg. Calvin
weist zwar im Ansatz einen anderen: sein Kampf um die J
Selbständigkeit des consistoire gilt der Errichtung eines i
im Amt der Gemeinde selber wurzelnden echten Kirchenregiments
. Zur reinen Durchführung aber kommt
dieser Ansatz nur in den zahlreichen reformierten Flücht-
lingsgemeinden des 16. und 17. Jahrhunderts sowie in
den Kirchen, die deren Weg ebenfalls einschlugen (es
wäre etwa an den Niederrhein zu denken). Diese haben, j
gewiß nicht aus Prinzip, sondern unter dem Drang der
Verhältnisse, den dritten möglichen Weg beschritten, j
War die katholische Kirche eine „Nachahmung", die lutherische
und im allgemeinen die reformierte Kirche
eine „Abteilung" des Staates, so haben die Flüchtlings-
gemeinden eher den Typus des „Vereins". Sie haben es
tatsächlich vermocht, auf dieser Grundlage eine tragfeste
Ordnung aufzubauen, die freilich gegen die Gefahr
des Auseinanderbrechens einen geringeren Schutz
bot als'der lutherische und urreformierte Typ. Anderseits
aber vermochte die von den Flüchtlingsgemeinden geschaffene
Ordnung eben auch da standzuhalten, wo der
Schutz der Staatsgewalt fehlte. — Die Schrift ist glänzend
aulgebaut und in der üedankenführung klar und
überzeugend. Sie verrät den nicht unbegründeten Standpunkt
, daß auch für die heutige Gestaltung der Kirche
das Vorbild der alten Flüchtlingsgemeinden ein echtes
Erbe darstellt, das genutzt werden sollte. Fraglich dürfte
nur sein, ob der Ausdruck „Verein", den der Verfasser
zur Bezeichnung des dargestellten Kirchentyps
verwendet, wirklich dem Selbstverständnis der Flüchtlingsgemeinden
entspricht und ihre sachliche Bedeutung
für die heutigen Aufgaben der Kirche sinnvoll wiedergibt
. Selbst die Verwendung des wohl immer noch treffenderen
Analogiebegriffs der „Genossenschaft" hat doch
nicht unberechtigten Widerspruch gefunden, und man
kann wohl fragen, ob es im öffentlichen Recht überhaupt
einen geeigneten Analogiebegriff für die gemeinte Sache
geben kann.

Göttingen Otto Weber

H o f i n g e r, Johannes: Geschichte des Katechismus in Österreich

von Canisius bis zur Gegenwart. Mit bes. Berücks. d. gleich*, gesamtdeutschen
Katechismusgeschichte. Innsbruck-Leipzig: Felizian
Rauch 1937. (XV, 393 S.) gr. 8° — Forschgen. z. Oesch. d. inner-
kirchlichen Lebens. Hrsg. v. Dr. H. Rahner. 5./6. Heft. RM 8.30.
Noch kein Heft der neuen „Forschungen" an der kath.-theol. Fakultät
der Universität Innsbruck (die inzwischen aufgehoben wurde)
ist in der ThLZ besprochen worden. Mit dem vorliegenden Doppelheft
hat sie ihre Arbeit auf dem Gebiet der Katechetik betreten und des
f Franz Xaver Thalhofer Arbeit (Entwicklung des kath. Katechismus
in Deutschland von Canisius bis Deharbe, 1899) auf alt-österreichischem
Boden angefaßt und bis zur Gegenwart fortgesetzt (für das.
Ahreich leistete die Fortsetzungsarbeit von Deharbe (f 1871) bis zur
Gegenwart W. Busch (Mülheim-Ruhr) durch seine Monographie: Der
Weg des deutschen kathol. Katechismus von Deharbe bis zum Einlicits-
katechlsmus (1936). In ihrem Hauptbestand ist Hofingers bahnbrechende
Arbeit eine Beschreibung und Beurteilung der Katechismen
Felbigers und Strauchs in Sagau (später in Wienund ein bedeutender
Beitrag von bleibendem Wert zu der noch fehlenden Monographie
des um den kathol. Katechismus im alten Österreich höchst Verdienten,
wenn auch einseitigen, Augustiner-Abts Ignaz Felbiger von Sagau und
seines, durch Tiefe des Gemüts ihn übertreffenden und ergänzenden,
Mitarbeiters Benedikt Strauch. Hofinger hat ganze Arbeit gemacht.
Auch die Fortsetzer von Thalhofer und Busch können von Hofinger
noch Vieles aufnehmen und lernen. Die Arbeit ist aus umfassender
Archiv- und Bibliotheksbenützung herausgewachsen und verrät in Darstellung
und Kritik eine ausgezeichnete Schulung und eine streng
wissenschaftliche Haltung. Die Quellen, aus denen sie geschöpft hat
— sämtliche bis 1777 erschienenen deutschsprachigen und sämtliche
von 1777—1894 gedruckten östreichischen Katechismen und ähnliche
Werke samt den Liedern, Kommentaren, Schriften über die kateche-
tische Methode — und die beigezogene Literatur darüber sind im
Anhang aufgezählt; der Anhang enthält auch das Verzeichnis der
benützten Archive und Bibliotheken und das Register der Personen
und Sachen. Das Buch Hofingers ist auch musterhaft sorgfältig gedruckt
; die wenigen Versehen kann der Leser selber berichtigen. Im
übrigen sei auf die zwei Besprechungen in der Theol. Revue (1937,
494 f., v. W. Busch) und besonders in der Innsbrucker Zcktschr. f.
kath. Theologie (1938, 130/34 vom Lehrer Hofingers: J. A. Jungmann
) verwiesen. Das Werk ehrt den Schüler und seine Schule.
Tettnang (Württbg.) Wilhelm Koch

lokale KiR<;m<;(;i;saiiaiTE

May, Otto Heinrich: Niedersächsische Lebensbilder. 1. Bd. Im

Auftr. d. Histor. Komm. hrsg. Hildesheim: A. Lax 1939. (XVI,
454 S., zahlr. Abb. auf Taf.) gr. 8° = Veröff. d. Komm. Histor.
f. Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippe u. Bremen
22. KM 6.80; geb. RM 8.60.

In gediegener Ausstattung mit vortrefflichen Abbildungen
liegt der im Auftrage der Historischen Kommission
für Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg
-Lippe und Bremen herausgegebene erste Band „Niedersächsische
Lebensbilder" vor, dem mehrere Bände fol-