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Ausgabe: | 1940 |
Spalte: | 12-13 |
Kategorie: | Religionswissenschaft |
Autor/Hrsg.: | Adamovic̆s, Prof. Ludwig |
Titel/Untertitel: | Senlatvies̆u religʿija 1940 |
Rezensent: | Mensching, Gustav |
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Bonn g. Mensch ing
H Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 1 2 12
Unter den Bezeichnungen findet sich die zärtliche Der Verfasser, ursprünglich Prof. der Indologie ist
Anrede an den Erben als „Licht des Vaters" oder „Auge bestens bekannt durch wissenschaftliche Werke deines
seines Vaters". Zurufe der Geschwister an das Neuge- Fachgebietes z. B. durch die wertvolle Darstellung des
borene wurden zu Namen z. B.: „Unser Bruder", „Un- „Buddhismus" in zwei Göschenbändchen (3. A. 1928)
sere Schwester", „Unser Gott" und „Unsere Göttin". B. verzichtete später auf die akademische I ehrtätigkeit
Andere Bezeichnungen beziehen sich auf gute äußere und wurde Priester der Christengemeinschaft als" der
Eigenschaften des Kindes oder auf eine körperliche Ano- er 1937 starb. Aus dieser Entwicklung erklärt sich die
mähe. Es sind auch Namen nach Tieren, Schmuck- Eigenart der späteren Arbeiten B.s und auch der hier
stucken und sogar süßen Gerichten vertreten. Bei den zusammengestellten Aufsätze. Die rein wissenschaftlichen
Tiernamen werden meist kleinere Tierarten herangezogen, unter ihnen zeichnen sich durch einzigartige Einfühlungs-
so daß diese Benennung unbedenklich als Äußerung der fähigkeit und ein tiefdringendes und über das bloß philo-
Zarthchkeit angesehen werden darf. logisch Feststellbare hinausgreifendes Verstehen aus
Eine in den bisherigen Bearbeitungen nur zum klein- Das gilt z. B. besonders von den wertvollen Auslüh-
sten Teil richtig gewürdigte Gruppe der akkadischen PN rungen über das Nirväna und seine Deutung (S. 140).
sind die sog. Ersatznamen. Sie setzen alle den kurz vor , Problematisch aber werden die Betrachtungen des Ver-
der Geburt des Benannten erfolgten Tod eines Familien- ; fassers, wenn mit dem Christentum Vergleiche ange-
ghedes voraus. Das Neugeborene gilt als Ersatz oder stellt werden; denn dann zeigt sich eine Auffassung vom
Wiederverkorperung des 1 oten. Die akkadischen Ersatz- Christentum, die, von R. Steiner beeinflußt, in der
namen haben ihre Vorbilder /.. T. schon in der sumeri- Christengemeinschaft gepflegt wird, die aber religions-
schen Namengebung und weisen zahlreiche Entsprechun- i geschichtlicher Begründung ermangelt. So haben diese
gen im Onomastikon anderer semitischer Sprachen auf. vergleichenden Studien nur Wert für den, der die An-
Das Ersatzkind kann einfach „Tausch(gegenstand)" ge- schauungen der Christengemeinde teilt; auf objektiv wis-
nannt werden, oder es wird nach dem verstorbenen Ver- I senschaftliche Gültigkeit können sie keinen Anspruch
wandten als „Großvater", „Meine Großmutter", „On- erheben,
kel", „Ihre Tante", „Unser Vater" bezeichnet. Den gleichen
Sinn haben auch die Namen: „Mein Vater ist gut",
„Der Vater ist teuer", „Meine Mutter ist gut". Mehrere . „ , .
Verstorbene ersetzt das Kind, wenn ihm die Namen: . A d a m o v ifs, Prof. I ndwi«: Senlatvieäu rehgija velajä laikmetä.
„Die Brüder sind teuer" und „Die Brüder sind tot" ge- R,ga: Kn Barona biednbns Verhs 1<m- (70 s>'
geben werden. Auf die gleiche Situation deutet der he- .. Diesc, Un£r ."f8 ,de* W«a" Kirehenhistonke» über „die
P , . c. a, . c- t j- n •■ Religion der alten Letten in der spateren Eltenzeit' ist der relifrions-
kannte Konigsname Sin-ahhi-enba „Sin hat mir die Bru- ; geschichtlichen Forschung leider so gut wie unzugänglich, da sie in
der ersetzt". Die Bitte um Ersatz kann, wie die um den lettischer Sprache geschrieben ist. Sie könnte m. E. in mancher
Erben, im Namen bewahrt werden Z. B.: „Gib mir Er- , Hinsicht Aufschluß über die weithin für uns noch im Dunkel liegenden
satz, mein Gott!" und „Möge ich meinen Bruder (wie- Frömmigkeitsfoniien der alten Letten geben. Unsere Quellen dieser
der) sehen". Auf andere Formen der akkadischen Er- ! Oebiete sind recht dürftig. Wenn man z. B. die in Heft 13 des Reli-
satznamen einzugehen, müssen wir uns versagen. ! gionsgeschichtlichen Lesebuches von Bertholet abgedruckten Berichte
Daß Frauennamen gegenüber denen der Männer ge- '. ul'er d.ic, leU,i)scl,c «cli»ion, ******* so zeigt ein Bück in diese mit
„ , , ., . • ___■ „„u«., „____suL* erfreulicher Pragnanz gearbeitete Untersuchung, dal! es durchaus auch
wisse Besonderheiten aufweisen wurde schon erwähnt. fi QlK,lk,,;der Bftlettlgchen Re]igion ^ durch dj, ein wcsent.
Eine Sonderstellung nehmen außerdem die Sklaven- und : licl] relfcheres Biw die.es Beziri.s der ülgtmtinen pciigio»sgcschichte
Beamtennamen ein. Die ersteren enthalten u. a. Wun- möglich wird.
sehe für den Herrn (die Herrin) des Sklaven wie: Mein D|e teMe wichdg( Ulld ^f«^^ deut,chc Publikation über
Herr möge leben (gesund sein)", lerner Bitten: „Schau dieses ocbiet stammt zwar erst aus dem Jahre 1936. Es handelt
mich gnädig an, o Herrin!" und Vertrauensäußerungen • sieb aber um ein Werk aus dem Nachlaß von w. Mannhardt, der
wie: „Ich vertraue auf die Herrin" und „Meine Herrin ■ 1880 starb, und trägt den Titel „Letto-preußische Oötterlehre". Darin
ist meine Hilfe". Inhalt der Beamtennamen, die beson- findet sich wertvolles Material auch über die lettische Religion. Aber
ders in neuassyrischer Zeit gebräuchlich Sind, ist das ; seil dc" Forschungen Mannhardt's ist man in Lettland selbst mit Eifer
Wohlergehen von König und Land: „Der König möge ! und Erfolg •bemüht gewesen, vor allem a«f Urund der in der sehr um-
ewig leben!" und „Sin, schütze das Land!". ; fan*reich?n Sammlung der lettwehen Volkslieder Damas) enthalte-
imj; iwuu.. . " ' , ,>.... • nki • neu religiösen und mythologischen Elemente ein vertieftes und erwci-
Uber das Vorkommen der Gotter m PN sei nur ge- ^ ^ lettiKher ]<eligion 7U gcwinncn.
sagt, daß in der Namengebung immer die großen Gotter | |)k, Schdft otene Dargtel, behandelt fol dc Pro.
Wie Assur, Nabu Und Mardllk beliebter waren als die blemgeWete deren ,,lo()c Aufzahlung hier zugleich einen Eindruck
kleinen. In den PN einer Stadt tritt am häufigsten deren : von den arundelementen der lettischen Religion vermitteln möge:
Hauptgott auf, SO Steht in Namen aus der Stadt Assur Qlaube an unpersönliche Macht, das Jenseits und der Seelenkult, Gei-
der gleichnamige Gott im Vordergrund. j sterglaube, Dievs, altlettische Mythologie, Himmels- und Lichtgätter,
Besondere Aufmerksamkeit wurde den Namen ge- j Laima und andere Schicksalsgottheiten, Gottheiten des Landhaus, Kult
schenkt, die als theophores Element eill VerwandtschaftS- ; der Familie, Geburt und Tod, Kultzeiten und Kultorte,
wort (Vater, Mutter, Bruder) enthalten, wie: „Mein Va- ; Im einzelnen wäre natürlich manches zu beanstanden, /. B. die
ter hat mir gegeben". Es ergab sich, daß — entgegen , allgemeineren und grundsätzlichen Ausführungen über Mythos und
der von Noth, ZDMG NF 6 S. 32—45 Ulld in seinem ! D°gma (Abschnitt 4) und über den Pantheismus und seine Bewertung
Buche, Die israelit. Personennamen im Rahmen der ge- ^ Ermüdungssymptoni einer Kultur. - Sonderbar ist auch dal als
' x, ■ c cc cc j. i -t-u Kronzeuge für die Ana yse der Idee des Hei igen (S. 5z) nicht H.
me.nsennt Namengebung S. 66 ff. vertretenen These - ^ 0eduke]] mid Wortprägungen verwendet werden, zitiert
die betreffenden Worte in den meisten Fallen keine : wird sond(,rn ein unbekannter lettischer Autor.
Gottheit sondern den leiblichen Verwandten des Namen- , Endudi sd no£h _ obwoh) das njchts ,nit dem reiigiongge.
tragers bezeichnen. „Mein Vater kann in gewissen Fal- schichtlichen wert und Wesen der Arbeit zu tun hat - bedauernd
len sich auch auf den Schutzgott des Benannten oder auf festgestellt, daß die großzügige Art mit den nichtlettischen Eigen-
den Herrn des Sklaven, der den Namen trägt, beziehen. [ namen umzugehen, indem man sie phonetisch transkribiert und dann
Es bleibt ZU untersuchen, ob auch in verwandten he- noch lettisiert, die wissenschaftlich notwendige Identifizierung der ge-
bräischen Namen wie und ^a"™ der leib- 1 meinten Person glatt aufhebt. Wer käme z. B. darauf, in „v. d.
Lövs" den holländischen Religionshistoriker van der Leeuw zu vermuten
, dem man von seinem Namen nur den Anfangsbuchstaben gelassen
hat. Phonetisch ist diese Umschreibung auch nicht richtig, denn der Name
liehe Bruder — es würden dann Ersatznamen vorliegen
— gemeint ist.
Hasel J. J. Stamm i wird „Leu" ausgesprochen und außerdem gibt es den Buchstaben ,,ö"
nicht im Lettischen, sodaß es also „Levs" heißen müßte, wodurch
Beckh, Prof. Dr. Hermann: Indische Weisheit und Christentum.
Gesammelte Studien. Stuttgart: Verlag Urachhaus [1938]. (166 S.)
8° = Theologie und Kultus, Heft 9. RM 3.30; geb. RM 4.50.
dann, vorausgesetzt, daß der ö-Laut richtig wäre, die phonetische
Gleichheit von Schreibung und Aussprache wieder aufgehoben würde.
Man sollte sich daran gewöhnen, Eigennamen als Eigentum zu he-