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Ausgabe:

1940

Spalte:

254-256

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Peitz, Wilhelm Maria

Titel/Untertitel:

Das vorephesinische Symbol der Papstkanzlei 1940

Rezensent:

Heussi, Karl

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Liturgie vor allem an Hand von Justin und Hippolyt.
Die Kapitel IV—VI befassen sich mit der Lehre von der
Eucharistie in den ersten Jahrhunderten (von Paulus bis
ins 3. s.): Leib und Blut Christi wurden immer wirklich
präsent in den Elementen gedacht. Auch der Opfergedanke
ist immer vertreten worden: die konsekrierten
Elemente wurden als Gedächtnis offeriert (Jiotelv - Opfern).
Schon im NT, auch bei Paulus, lassen sich diese Gedanken
nachweisen. Die Eucharistielehre des Paulus ist die
der Tradition. Im letzten Kapitel gibt der Verfasserdann
eine zusammenfassende Darstellung des Ursprungs der
Eucharistie, des Verlaufs des letzten Mahles Jesu: Jesus
wollte, daß seine Jünger auch nach seinem Tode die Ha-
burah feiern sollten und zwar als Gedächtnis an sein
Opfer. (Der Opfergedanke im Abendmahl stammt also
auch von Jesus). Seine Gedanken sind dann später —
vor allem von Paulus — nur ausgestaltet worden. In
9 Appendiccs werden noch Einzelfragen (vor allem textkritische
), die im Hauptteil angeschnitten waren, behandelt
.

Das Buch ist zum größten Teil eine dogmenge-
schiclitliche Untersuchung über die Abendmahlslehre und
ihre Entwicklung in der alten Kirche. Die Liturgiege-
schichte, der In dieser Frage eine wichtige, wenn nicht
sogar die wichtigste Stellung zukommt, wird nicht genügend
herangezogen. Leider ist es nicht möglich, die
Behauptungen des Verfassers immer nachzuprüfen, da
er die Quellen meist nur in Übersetzungen ohne Angabe
der Fundstellen wiedergibt. Es kann auch nicht Aufgabe
des Rezensenten sein, hier alle Einzelheiten, die anders
darzustellen oder zu deuten sind, als der Verfasser
es tut, anzuführen. Es ließe sich da vieles nachweisen.

Z. B, p. 224: Lietzmann hat (Messe und llcrrenmahl S. 177) in
der Liturgie des Hippolyt /wischen Ein a'tzungscr/ü hlung und Anamnese
Opfergebet einen Uruch festgestellt. Das läßt darauf schlies-
sen, daß hier zwei nicht zusammengehörende Gedanken zusammengestellt
sind. Der Verfasser nieint nun, dieser Bruch sei durch die Deutung
des ROlCltf (i" der Einsetzungser/ählung I. Cor. 11,24) als
„opfert" zu überwinden. Jedoch ist .toicIv hier sicher Ausdruck für
„die ganze Handlung des Nehmens (Brechens), Scgnens, Hcrum-
reicheus und Qenieliens des Brotes und des Weines", wenn auch in
beinahe kultischer Bedeutung (Lietzmann, An die Korinther 1 S. 57.
Vgl. auch Bauer, Wörtcrb. z. NT • s. v. rroieiv). Opfern bedeutet
es aber bestimmt nicht. So bleibt also bei Hippolyt der Bruch bestehen
.

Solche Einzelheiten lassen sich, wie gesagt, vielfach
nachweisen. Jedoch erscheinen vor allem die Hauptergebnisse
der Untersuchung als zweifelhaft. Der Verfasser
gibt als Endergebnis auf die Frage nach Ursprung
und Entwicklung der Eucharistie die Antwort: Jesus hat
— wie uns die Einsetzungsberichte erzählen — beim
letzten Mahl die Eucharistie als Gedächtnis und Opfer-
mahl gestiftet. Alle späteren Ausgestaltungen sind Entwicklungen
aus diesem Anfang heraus. Auch Paulus hat
nur weitergegeben, was er vorgefunden hatte. So bleibt
der Verfasser also ganz in der Linie der Forschung, die
oben kurz durch den Namen O. Casel charakterisiert
ist- (Daß er im Einzelnen davon abweicht — so wenn er
das letzte Mahl Jesu nicht als Passah-Mahl, sondern als
Habuiah darstellt — ist ein erfreuliches Zeichen für die
Selbständigkeit seiner Arbeit.) Er kann aber nichts entscheidend
Neues für diese Stellungnahme bringen. Vor
allem sind es zwei Punkte, gegen die man — nach den
Untersuchungen Lietzmann« — Widerspruch erheben
muß: 1. Die Stellung des Paulus. (Die Urgemeinde hat
neben dem Brotbrechen nicht die Feier der Eucharistie
gehabt. Erst bei Paulus findet sich diese so. Das hat
allerdings nichts mit der Echtheit der Einsetzungserzählung
zu tun.) 2. Der Opfergedanke in der frühen Zeit.
(Er ist nicht so weit verbreitet, wie der Verfasser es annimmt
.) Man hat auch oft den Eindruck, daß der Verfasser
die Probleme zu leicht sieht So bedeutet das
Buch, das an manchen Stellen eine brauchbare Obersicht
über die Probleme bringt, im Ganzen doch keinen Fortschritt
für die Forschung. Es bleibt ja überhaupt fraglich
, ob für solche Gesamtdarstellungen die Zeit schon

reif ist. Es sind vorläufig noch viele kleine Einzelfragen
zu klären (z. B. Epiklese und Opfergebete), ehe der
Blick für die Geschichte der früheren Eucharistie ganz
frei ist.

Berlin Wilhelm S c Ii n e e m c 1 c h e r

Pe i t z, WilhelmM., S. J.: Das vorephesinische Symbol der Papstkanzlei
. Rom: Herder 1930. (VIII, 128 S., 2 Uebersichtcn) gr. 8"
= Miscellanea Hist. Pontificiae, Vol. I: Uber Diurnus, Fides
Romana I. Lire 35—.

Peitz trat im Jahre 1918 mit einer Studie über den
Liber diurnus hervor (SB der Wiener Akademie, phü.-
hist. Kl. 185,4), in der er die Anschauung verfocht, daß
diese Sammlung von Vorlagen für die Ausfertigui.g
päpstlicher Aktenstücke auf die Zeit vor Gregor d. Qr.
zurückgehe. Daran knüpfte sich eine lebhafte Debatte, in
der M. Tangl (Neues Archiv 41, 1919, 750—752),
H. Steinacker (Miscellanea Francesco Ehrle vol. IV,
1923, 105—176) und L. Santif Aller (bes. in den Mitteilungen
des Instituts 49, 1935, 225—306) Peitz entgegentraten
. Da dieser weitere Untersuchungen angekündigt
hatte, blieb das Problem in einer gewissen Unsicherheit
. Nun ist P. nach mehr als zwanzig Jahren
mit der vorliegenden Untersuchung hervorgetreten. Sie
gilt in der Hauptsache den Formularen 73 und 85 des
Liber diurnus, daneben 84; das Interesse richtet sich auf
den Bekenntnistext, ist also weithin dogmengeschichtlich
. Peitz tritt für eine „innere Entwicklung" der Formulare
ein (S. 9) und glaubt die geschichtlichen Anlässe
für die einzelnen Texterweiterungen aufzeigen zu können.
In Kap. 1 wird der gedankliche Aufbau der drei genannten
Formulare festgestellt und die Entstellungszeit von
F. 84 ermittelt (vor 680, wahrscheinlich Nov. 642, Erhebung
Papst Theodors I.); F. 84 ist aber von 73 und
85 abhängig (S. 17). Die weitere Untersuchung gilt nur
73 und 85. In Kap. 2 sucht der Verfasser zunächst in
drei Beweisgängen zu zeigen, daß 73, 133—143 vorchal-
cedonensisch ist (Sommer 449); dieser Abschnitt erweist
sich aber als ein nachträglicher Zusatz, folglich ist der
vorausgehende Bekenntnistext vorchaleedonensisch (S.
28); das Gleiche gilt für 85, 136—146 (aus der Zeit
der Weihe des Papstes Hil.arus 461). 73, 22—24 (hier
werde Cyrill von Alexandria als noch lebend erwähnt)
stamme aus dem Juli 432, 73, 20—21 aus der Zeit des
Hormisdas, — vor allem aber: 73 = 85, 46—132 sei ein
vorchalcedonensisches Glaubensbekenntnis der päpstlichen
Kanzlei, die vor 449 beglaubigte Form der Fides
R o m a n a. In Kap. 3 sucht der Verfasser noch höher
hinauf zu gelangen. Er zeigt, daß 85,107—118 cyrillisch
ist und dem von der Synode zu Ephesus 431 angenommenen
Schreiben des Alexandriners entstammt;
der früheste Termin für den Einschub wäre der 31. 7.
432. 73, 99—104 ist älter, als das Konzil von 431,
es ist aus der Zeit vor 422; 73, 94—95 stammt nach
P. aus den Jahren 430 oder 431. Das ursprüngliche Bekenntnis
war für Päpste und Bischöfe einheitlich; schon
längst vor dem Ephesinum, im Zeitalter des Apollinaris,
habe sich die Verselbständigung des bischöflichen (F. 73)
und des päpstlichen Bekenntnisses (F. 85) angebahnt
(S. 40). Cyrill wäre demnach abhängig von der Fides
Romana, ebenso das Unionssymbol von 433 (S. 42ff.);
das um 400 noch einheitliche, später in F. 73 und F. 85
gespaltene Formular war ja die Synodika, mit der die
neugewählten Päpste ihren Amtsantritt der östlichen
Kirche mitteilten (S. 44)! Dem scheint freilich das 85,
57 begegnende Filioque zu widersprechen; aber dieses
ist nach P. römisch, es gehörte schon um 400 zur
Fides Romana (S. 47ff.); daß es im Osten nicht durchdrang
, ist Schuld der immer bewußteren stolzen Auflehnung
des Orients gegen jenes Dogma, das auf dein
Vaticanum seinen endgültigen Ausdruck gefunden hat
(S. 50). In Kap. 4 wird eine Reihe nachträglicher Zusätze
zum ursprünglichen Text ermittelt; hier spielt die
Honoriusfrage herein (S. 67; P. legt Wert darauf, daß
Honorius nur abiectus, nicht auathematizatus sei); fast