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Ausgabe:

1940 Nr. 9

Spalte:

242-246

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Hirsch, Emanuel

Titel/Untertitel:

Die Auferstehungsgeschichten und der christliche Glaube 1940

Rezensent:

Bultmann, Rudolf

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Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 9 10

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1932, S. 18 A. 2). Das Oleiche gilt von der Aussage 4. Esr. 7,78,
daß der Geist nach dem Tode „zu dem zurückkehrt, der ihn gegeben
hat" (= Qoh. 12,7). Und äth. Hen. 39,4—8 ist m. E. mit Billerbeck
nicht auf die Präexistenz, sondern auf die Rostexistenz des
Messias zu deuten.

S. <J Z. 7 v. u. btm"133 'st Umschreibung des Gottesnamens;
statt: ,,es ist unerhört" übersetze: „Bei dem Allmächtigen!" — S. 9
Z. 4 v. u. lies statt „aus der ewigen Verdammnis": „aus der zwischenzeitlichen
Verdamm nis".

Wird man sonst der sorgfältigen Einzelinterpretation
des Vf.s gern folgen, so wird man doch dem Gesamtergebnil
der Arbeit nicht ohne eine Einschränkung zustimmen
können. M. bucht als Ergebnis die Stärke des Einflusses
der zeitgenössischen eklektischen Philosophie auf
das rabliinische Denken. Man wird hinzufügen müssen:
mindestens ebenso stark ist der durch seine Matcrialdar-
bietung geweckte Eindruck davon, wie tiefgreifend die
griechische Philosophie und der griechische Mythus dadurch
umgebildet und abgewehrt werden, daß die rabbi-
nischc Anthropologie konsequent alles fremde Out Unter
den alttestamentlichcn Glauben stellt, daß Gott der
Schöpfer, der Gesetzgeber, der Herr der Geschichte und
der Richter ist.

Göttinnen, z. Zt. Im Heeresdienst Joachim Jeremias

Brewitz.Dr Walther: 4000 Jahre jüdischer Geschichte. Leipzig:
Reclam 1939. (235 S.) kl. 8° — Reclams Universalbibl. 7446/48.

HM 1.05; geb. RM 1.45.

Die an Daten, Zahlen und sonstigen Tatsachenmaterial
überreiche Schritt ist bisher als Nr. 9 der Schriftenreihe
des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP herausgegeben
worden; sie erscheint nun bei Reclam in neuem
Gewände- Dem Thema ist in 3 großen Abschnitten zu
Leibe gegangen: 1. Die Juden bis zur Zerstörung Jerusalems
, 2. Die Juden in der Diaspora, 3. Die Juden-
emanzipation; hinzu tritt ein reichhaltiges Register sowie
eine graphische Darstellung der Nürnberger Gesetze.

Vt. bemüht sich um eine nüchterne und mallvolle
Darstellung, wie sie einer nationalsozialistischen Geschichtsschreibung
einzig würdig ist. Sie kommt etwa
in den grundsätzlichen Ausführungen der Einleitung
(vgl. S. 6), in der Zurückhaltung zur Frage der Ritual-
morde, in der Beurteilung der Gewalttaten an Juden,
ferner in der Herausstellung des stetigen christlich-jüdischen
Gegensatzes erfreulich zum Ausdruck, wird freilich
gelegentlich, vor allem in den die Zeit des Alten
Testamentes behandelnden Paragraphen, durch unsachliche
Urteile und Darstelllungen getrübt. Oberhaupt ist
dieser Abschnitt auch in seiner unverhältnismäßigen Breite
(Vi der Gesamtdarstellung! Wozu ausführlich die
Esthcrgeschichte usw.?) der schwächste des Buches; er
wird auch den Ergebnissen einer langen kritischen Forschung
oft nicht gerecht. Man vergleiche dazu etwa die
wissenschaftlich nicht mehr haltbare These von den
„blonden" Ainoritern (S. 11, hierüber zuletzt A. Jirku
in der Zeitschrift f. Rassenkunde Bd. II Heft 3/1935,
S. 225ff.), die merkwürdige These von der sumerischen
Oberlieferung über Abraham als den ersten König von
Ur (S. 12), die sog. ägyptische Tradition über Mose
(S. 15), das Fehlurteil über Goliaths Tod (S. 24, vgl. dazu
richtig H.Günther in „Die nordische Rasse bei den
Indogcrmancn Asiens, München 1934, S. 42), die seit
20 Jahren — seit dem Funde und der Veröffentlichung
der sog. Chronik des Nabopolassar — als falsch erwiesene
Datierung der Zerstörung Ninives auf das Jahr 600
(richtig: 612 v.Chr.) auf S. 36 u.a.m. Hier liegt eine
offensichtliche Schwäche des Buches. Des weiteren vermißt
der Leser das in diesem Zusammenhang doch gewiß
sehr notwendige Eingehen auf den Talmud, der —
im Gegensatz zum AT — kaum genannt wird, obwohl
es sich bei ihm doch um das eigentliche und charakteristische
Werk des beginnenden Judentums handelt. Schließlich
sei noch darauf verwiesen, daß der Begriff „Judentum
" selbst in der Diktion des Vf. gelegentlich etwas
Schillerndes, Unklares hat (vgl. m. E. richtig S. 42 —
Cyrus als Mitbegründer des heutigen Judentums — und

S. 44 — in der Esrareform wird der Jude im heutigen
Sinne eigentlich erst geboren — mit wohl schiefen Urteilen
wie auf S. 16, 20 f., 24, 39).

Von diesen Schwächen abgesehen ist aber der gewiß
nicht einfache Überblick über die jüdische Geschichte
während zweier Jahrtausende in der gesamten Welt —
nur die ja nicht gerade unwichtigen USA werden stiefmütterlich
behandelt — als geglückt, da klar und knapp,
wohlfundiert und übersichtlich, zu bezeichnen. Die Herausstellung
schon der römischen Zeugnisse über das jüdische
Zusammenhalten und das. Judentum als „Ferment
der Dekomposition" (S. 55, 62, 100 f.), die Verdeutlichung
der steten Hinwendung des jüdischen Gastvolkes
zum jeweils stärkeren Volk oder Stand, die Charakteristik
des Judentums als eines ewigen Volkes der Händler
, und Schacherer und anderes mehr ist dankenswert. Wir
begleiten an Hand der kenntnisreichen Darstellung des
Vf. das Judentum durch die Jahrhunderte und durch die
verschiedenen Länder und Nationen, werden auf besonders
charakteristische Einzelgeschehnisse aufmerksam gemacht
, erfahren die wechselnde Haltung der Kaiser, Könige
, Fürsten und der Geistlichkeit zum Judentum und
erleben schließlich die jüdische Emanzipation, deren
bedrohliche Auswirkungen und Folgen — besonders
eindrucksvoll hier die Schilderung der Revolte von 1918
und der ersten Nachkriegsjahre mit ihrer jüdischen
Machtentfaltung — erst der Nationalsozialismus mit starker
Hand beseitigte. Als griffbereites, knappes und volkstümliches
Handbuch über alle Fragen der jüdischen Aus-
j breitung seit der Zerstörung des 2. Tempels bis auf den
; heutigen Tag wird so das Büchlein auch weiter seinen
Weg machen und mit seinem reichen Material — unbe-
, schadet der gekennzeichneten Mängel — zur rechten
' Erkenntnis jüdischer Geschichte und jüdischen Wesens,
wie es sich seit zweitausend Jahren entwickelte, beim
deutschen Leser beitragen.

Kiel, z.Zt. Uffz. in einer Inf.-f-'ekleinheit Hartmut Schmökel

NEUES TESTAMENT

Hirsch, Prof. D. Emanuel: Die Auferstehungsgeschichten und
der christliche Glaube. Tübingen: J.C.B.Mohr 1940. (VII, 144S.)
8°. RM 4—

Der Verf. hat den von der Kirche so vielfach ignorierten
Anstoß ernst genommen, den „Anstoß, den die
nehmen, die nach Ehrlichkeit und Klarheit in ihrem Verhältnis
zur christlichen Wahrheit verlangen und niemals
im Gottesdienst eine saubere Rechenschaft von den Fragen
und Zweifeln zu hören bekommen, mit denen sie umgehen
" (S- 96 f.). Denn „es ist unter uns ein offenes
Geheimnis, daß Theologie und Kirche eine Gestalt christlicher
Lehre und Verkündigung pflegen, welche mit den
geschichtlichen Einsichten eben der deutschen evangelischen
Theologie in schlechter Übereinstimmung ist. Die
uns nötige Erneuerung der deutschen evangelischen Lehre
und Verkündigung zu einer dem heutigen Wahrheit*-
beuußtsein gemäßen Gestalt umfaßt als nicht das geringste
Stück auch die Aufgabe, Lehre und Verkündigung
in ein wahrhaftiges, menschlich anständiges Verhältnis
zu den Einsichten der historischen Theologie zu bringen"
(im Vorwort). Gewiß! Nur daß es hier statt des relativistischen
„heutigen Wahrheitsbewußtsein" einfach „Wahrhaftigkeit
" heißen sollte.

Die beiden ersten Stücke untersuchen kritisch die
neutestamentlichen Auferstehungsgeschichten und skizzieren
die Geschichte des ältesten Osterglaubens. Über
das erste Stück sei nur kurz berichtet. In der Analyse
der Ostergeschichten stimmt der Verf. mit weithin
vertretenen kritischen Meinungen überein, so darin, daß
der ursprüngliche Schluß des Mk. wegen seines Widerspruches
zur späteren Legendenbildung gestrichen ist,
daß die Erzählungen von jerusalemischen Erscheinungen
des Auferstandenen gegenüber denen von galiläischen
sekuncjär sind, und daß sich der Versuch einer Rekon-