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Ausgabe:

1940

Spalte:

238-239

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Vriezen, Theodoor C.

Titel/Untertitel:

Onderzoek naar de paradijsvoorstelling bij de oude semietische volken 1940

Rezensent:

Leeuw, Gerardus

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2;s7

Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 9/10

238

glückliche Ausspruch, dal) Israel seinen Monotheismus von der Bindung
au das eigene Volk nicht abzulösen vermocht hat. Von vermögen
ist nicht die Rede. Man hat einfach nicht gewollt. — Dali der Verf.
in manchen Gebieten der Religion nicht sehr gut bewandert ist, zeigt
sich auch in allerhand Einzelbemcrkungcn. Auch wer, wie Ref., die
römische Religion sehr hoch schätzt, wird, wenn er sie kennt, nicht
leicht von ihren „innigen" Riten reden. Genau so verhält es sich mit
dem „nüchternen, abstrakten" Kalvinismus.

• Dem allen stehen aber schöne Beobachtungen und
Bemerkungen gegenüber. Das Wunder heißt mit Recht
ein von Gott geübter Zauber. Die Vorliebe mancher Religionspsychologen
für das Krankhafte und Abnormale
wird recht schlagend gerügt. Die üblichen Entwicklungs-
schemata werden entschieden abgewiesen. Sehr schön ist
der Passus S- 22 f. wo dargetan wird, daß der Mensch
nur ein Verhältnis zu einer „Kraft" haben kann, wenn
er sie als „Wesen" erlebt.

Groningen G. van der Leeuw

De Lang he, R. : Les Textes de Ras Shamra-Ugarit et leurs
apports ä I 'Histoire des Origines israelites. Bruges: Ed.
Beyaert; Louvain: Biblioth. de l'Univ., Stfminaire biblique 1939.
(87 S.) gr. 8° — S.-A. aus Bulletin d'Histoire et d'Exegesc de
l'Ancien Testament, Fase. 7. Belg. frs. 23—.

Diese Schrift eines jüngeren Alttestamentlers und
Orientalisten von der katholischen theologischen Fakultät
der Universität Löwen stellt einen selbständigen und
wertvollen Beitrag zu den aktuellen Fragen der Ras
Schamra-Forschung dar.

Nach einigen einleitenden Ausführungen orientiert
der Verf. in einein 1. Teil (S. 9—45) allgemein über die
ugaritischen Texte. Eingehender äußert er sich dabei
über die alphabetische Schrift (S. 1 lff., die Frage nach
ihrer Herkunft bleibt offen), die Sprache (S.K)ff., ein
älteres Kanaanäisch; der Gegensatz zur Autfassung von
Friedrich und Götze ist nicht ganz scharf herausgearbeitet
) und, besonders verdienstlich, weil es sonst m.W.
noch nie so ausführlich geschehen ist, über das Alter der
Texte (S. 20ff., um 1500 v.Chr., wobei sich die Niederschrift
über einige Jahrzehnte erstreckt haben mag; eine
Schichtung der Texte wird nicht versucht). Weiter würdigt
er ihre allgemeine Bedeutung (S. 27ff.) für die Rolle
der Churriter, die Kultur und Religion der Phönizier,
sowie für das AT (hier S. 44 neben einigen bekannten
Berührungen Hiob 19,25—27 als „l'echo sans doute
transpose" von AIII/IV 8f. 20f. „da erkannte ich, daß
Aleyan Baal lebt, und daß Zbl-Baal der Erde existiert").

Der II. Teil (S. 45—87) untersucht im Hinblick auf
die von Virolleaud und DussauJ behaupteten Beziehtingen
zu Südpnlästina und der israelitischen Vorgeschichte die
I. Tafel des Krt-Epos auf Charakter, Verlauf und Schauplatz
der Handlung und kommt dabei zu völliger Ablehnung
jener Theorie: Es handelt sich um eine reine Familiengeschichte
mit Werbung und Heirat des Helden,
und der Schauplatz ist nicht Südpalästina. Krt, der überhaupt
eher Karitu als Kcret zu lesen ist, hat mit den
KerCtim des AT nichts zu tun. Ngb ist gleich dem Negeb
von Ez. 21, 2 f. und dem Negba der ägyptischen Texte
am Libanon zu suchen, die übrigen örtlichkeiten des
Epos mit de Vaux RB 46, 1937, 362ff. 540f. in Galiläa:
'Udm ist Aduinmim-Dämije, s(')rn Sarona usw. (S. 47ff.).
Im angeblichen Personennamen Trh ^ Terach sieht er

mit Gordon ein Appcllativum „Mitgift" (akk. terhatu),
in tu und nkr statt der Gottheiten Sin undNikkar ( "Nik-
kaf, Ningal) mit Gordon U. a. Infinitive.

Damit stellt sich de L. an die Seite der erklärten
Gegner der Südtheorie, Albright, üinsberg, Gordon usw.,
die diesen neuen Bundesgenossen mit Freuden begrüßen
werden. Am nächsten steht er freilich de Vaux, dessen
galiläische Lokalisation er auch gegen Albrights archäologische
Bedenken verteidigt. Über ihn hinaus geht er in
der unpersönlichen Deutung von trh; auch die von de
Vaux noch anerkannten Gleichungen mit Ascher und
Zebuion läßt de L. gleich Albright nicht gelten (S. 7 off.),
und ebensowenig Dhormes Autfassung von Danel als

Stammesheros von Dan (S. 82 ff.). Anderseits findet

Joüons Deutung von -ours-1 als Saf'elbildung von -ciu
seinen Beifall (S. 85 f.).

Des Kritikers Urteil ist natürlich mitbedingt durch
seine eigene Stellung zur ganzen Frage. Warum ich der
Südtheorie und speziell jener Ausdeutung des Krt-Epos
äußerst skeptisch gegenüberstehe, habe ich in meiner
Besprechung von Dussauds Buch ThLZ 1938, Sp. 12 ff.
ausgeführt; ich urteile auch heute nicht anders. So kann
ich denn de L.s Bestreitung jener Aufstellungen in allein
wesentlichen zustimmen. Das gilt allerdings zunächst nur
von ihrer negativen Seite. Es ist eine Sache für sich, wie
weit man auch den positiven Ausführungen folgen kann.
Auch sie verdienen sicher ernsthafte Beachtung, und was
de L. S. 48ff. über Charakter und Verlauf der Handlung
des Epos sagt, gehört zum Besten, was ich darüber kenne
. Dagegen habe ich gegen jene galiläische Lokalisierung
trotz der sehr gesciiickten Verteidigung immer noch
Bedenken: die Gleichsetzung von 'Udm mit Adummim-
Damije ist unbefriedigend und Mb bleibt ohne jede Entsprechung
, so daß auch die andern Gleichungen auf
Zufall beruhen könnten.

Unverständlich ist mir, warum de L. seine Untersuchung
nicht auf andere Texte ausgedehnt hat, die Material
zu ähnlichen Hypothesen geliefert haben. Den Text
IV AB, den Dussaud Syria XVII 283ff. gut am Hule-
See lokalisiert, streift er S. 82ff., um die daran geknüpfte
Vermutung von Dan als kanaanäischem Stamm zurückzuweisen
. Dagegen geht er auf die von Dussaud Dec.
99 f. behauptete „Bestätigung" von Richter 17f. nicht
J ein, obwohl es sich gelohnt hätte, die auch in. E. bestehende
Beziehung etwas genauer zu fassen: nicht die Erzählung
selber, wohl aber gewisse Voraussetzungen derselben
finden ihre Bestätigung. — Vor allem aner vermisse
ich jede Bezugnahme auf den Text C oder SS
(in der Ausgabe Bauers Nr. 60), wo Dussaud Asdod,

Qades Barnea, das Schilfmehr und in Sb'ny den Heros
eponyinos von Beersaba zu finden vermeint (Dec. 60ff.).
Daß de L. diese Gleichungen günstiger beurteile als
die im Krt-Epos, kann man sich schwer denken, da sie
jedenfalls nicht besser fundiert sind; auch de Vaux RB
46, 541 f. lehnt sie ab. Durch solche Ausdehnung der
Untersuchung hätte die Arbeit an bleibendem Werte
noch gewonnen. — Auf S. 1 ist „mont Casius" zu lesen,
und auf S. 16 Z. 17 „parfait" statt „present". Die
Ausführungen über Nqmd-Niqmedas S. 23 ff. sind jetzt
nach Dossin Syria XX 169 ff. zu berichtigen.

Basel W. Baumgartner

Vriezen, Dr. Th. C. : Onderzoek naar de Paradljsvoorstelling
bij de oude Semietische Volken. Wageningen : Veenman & Zonen
1937. (IV, 232 S.) gr. 8°. Fl. 3.90

Diese ausführliche und sorgfältige Schrift hat zunächst als
Materialsammlung Wert. Das ganze babylonische, phönizische und
israelitische Quellenmaterial, soweit es sich auf die Raradiesvorstcllung
und Verwandtes bezieht, ist hier zusammengetragen. Die Texte werden
ausführlich wiedergegeben, die babylonischen und phönizisehen
in originali und in eigener, wortgetreuer Übersetzung. Die Besprechung
, die von gewaltiger Belesenheit und höchster philologischer
Genauigkeit zeugt, kommt einem Kommentar sehr nahe.

Die religionsgeschichtliche Deutung des Materials steht nicht auf
gleicher Höhe. Der Verf. geht vom richtigen Grundsatz, aus, daß
eine Religion ein organisches Ganze ist, dessen Teile nur im Zusammenhang
des Ganzen sich deuten lassen. Infolgedessen legt er großen
Nachdruck auf die Eigenheit der babylonischen bzw. israelitischen Religion
, und verficht die These, dal! die Raradiesvorstellungcn in diesen
beiden sich, trotz aller Verwandtschaft, nicht auseinander erklaren,
lassen, sondern selbständig betrachtet werden wollen. Wir können
dem allen nur zustimmen. Wenn er aber die weitere Konsequenz zieht,
daß religiöse Teilvorstellungen nicht miteinander verglichen werden
können, weil ein bestimmter Gedanke in der einen Religion etwas
ganz anderes vorstelle wie in der anderen, so geht er damit entschieden
viel zu weit. Eine richtige Würdigung der religiösen Vorstcllungs-
wclt ist m. E. nur dann zu erreichen, wenn man sowohl das Eigene,
wie auch das Gemeinsame in Betracht zieht, m. a. W. sowohl historisch
-analytisch, wie phänomenologisch-synthetisch zu Werke geht.