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Ausgabe:

1940

Spalte:

188-192

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Manichäische Handschriften der Staatlichen Museen Berlin 1940

Rezensent:

Bauer, Werner

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Theologische Literaturzeitung 1940 Nr. 7/8

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die Kreise, in denen die spätjüdische Psalmendichtung
entstanden ist, und die Frage ihrer praktischen Verwendung
zu untersuchen. Die Antwort lautet: es handelt
sich um den Kreis der Weisen, der für Entstehung und
Verwendung in Frage kommt- Beweisstücke dafür sind
zunächst Form und Inhalt der spätjüdischen Psalmen;
wir haben da die Stilform und die Dogmatik der Chokh-
ma. Eben daß die Weisheit hier eine vorherrschende
Rolle spielt, ist das Neue in der spätjüdischen Psalmendichtung
gegenüber der kanonischen; wenn bei dieser
auch Einzelheiten aus der Weisheitsliteratur nicht ganz
fehlen, so haben sie doch mehr den Wert von zufälligen
Motiven. — Die „Weisen", um deren Kreis es hier geht,
sind identisch mit den „Schriftgelehrten". Die spätere
Psalmendichtung gehört also nicht dem Laientum, sondern
dem gelehrten Stande an. Der Verf. erhärtet seine
These aus dem Buche Sirach sowie aus der Feststellung
auch sonstigen Einflusses der Psalmen auf die
Weisheitsdichtung.

Bei der Frage nach dem „Sitz im Leben" geht der Verf. von
dem Satz Mowinckels aus, daß es sich bei allen alttestamentlichen
Psalmen um • Kultusdichtung handele. Bei den spätjüdischen Psalmen
liegt das nun anders. Sie dienen der erbaulichen Belehrung in den
Zusammenkünften der „Weisen" und sind ausdrücklich dafür geschrieben
worden. Diese spätjüdische Verwendung ist nicht ganz neu, sondern
hat bereits eine Tradition besessen. So ist z. B. Ps. 1 eine
solche „Schulhymne"; auch Ps. 73 gehört dazu. Es ist also so, daß
eine gewisse Anzahl der kanonischen Psalmen einen nichtkultischen
„Sitz im Leben" hatte. Da diese Weisen ja überhaupt die Tradierung
der biblischen Schriften pflegten, würde auf solche Weise, nach des
Verf. Meinung, auch der imaginäre Nabistand verschwinden, der angeblich
bei manchen Psalmen in die Erscheinung tritt; vielmehr sind
es die Weisen, die als Nachfolger der Propheten wirkten und sich als
deren Nachfolger auch fühlten. In diesem Sinne spricht der Verf.
von der „ethischen Aktualisierung der alten Propheten" (S. 142).

Man wird den Ergebnissen, aufs Ganze gesehen, nur
zustimmen können. Im Einzelnen fällt aut, daß von den
Oden Salomos gar kein Gebrauch gemacht wird. Methodisch
wichtig ist, daß hier von der späteren Periode auf
die frühere (ich würde sagen: von der „Nachgeschichte
" auf die Vorgeschichte) zurückgegangen wird. Es
erschließt sich von da ein Stück organischer Entwicke-
lung der späteren Religionsgeschichte des AT. Das sachliche
Hauptergebnis ist: neues Licht auf den Stand der
„Weisen", deren Bedeutung für Volk und Schrifttum
der Bibel nicht hoch genug zu veranschlagen ist.

Hofgeismar (Marburg) H. W. Hertzberg

NEUES TESTAMENT

Lake, Kirsopp, and Silva Lake.-Monumenta Palaeographica vetera.
First Series: Dated Greek MinusculeManuscripts to the Year 1200.

Boston, Mass., U. S. A.: Academy of Arts and Sciences. Fase.
VII—IX 1937. 1938. (Taf. 421—673) 2".

Von den Monumenta Palaeographica Vetera, die im
Jahrg. 62, 1937, Sp. 160 f. in einer Besprechung der
sechs ersten Faszikel dem Leser der ThLz. vorgestellt
worden waren, sina nunmehr drei weitere Lieferungen
erschienen. Für Zweck und Gesamtcharakter, an denen
sich natürlich nichts geändert hat, darf aut die frühere
Rezension verwiesen werden.

Die drei neuen Mappen bringen in der Hauptsache
Proben aus Handschriften, die der Vatikanischen Bibliothek
gehören. So weit als möglich ist auch diesmal wieder
die chronologische Anordnung angewendet worden.
Die Manuskripte, die sich dafür nicht eigneten, stehen
am Schluß,in Fsz. 9. Dieses bringt außerdem Proben
aus der Kgl. Universitätsbibliothek von Messina und aus
der Kgl. Nationalbibliothek von Neapel. Den Schluß
bilden zwei Handschriften des Britischen Museums, die
früher übersehen worden waren.
Güttingen Walter Bauer

Kittel, üerhard: Christus und Imperator. Das Urteil der ersten
Christenheit über den Staat. Stuttgart: W. Kohlhammer 1939.
(IV, 56 S.) 8°. RM 1.20.

Hinter diesem anspruchslosen Titel verbirgt sich eine
j ganze Theologie, und zwar eine Theologie, welche im
| besten Sinne des Wortes zeitgemäß ist. Die Schrift behandelt
das Thema: Stellung der ersten Christenheit
zum Staat. Das Ergebnis, zu dem der Verfasser kommt,
ist ein doppeltes: er sieht die Christusbotschaft einmal
in scharfem Gegensatz gegen die Überbewertung der natürlichen
Ordnungen, also auch der Ordnung des Staates
, bis hin zur Vergottung, und er sieht sie sodann
in ebenso scharfem Gegensatz gegen jede Entwertung
I dieser Ordnungen bis hin zur Verteufelung derselben
. Dieses Ergebnis wird an Hand der Exegese einschlägiger
Stellen gewonnen wie Mk. 12, 13 ff., Römer
13, lff. u.a.; es wird dann weiter verfolgt bei Tertullian,
Polykarp und durch die Apokalypse des Johannes. Mit
der bei Kittel gewohnten Gründlichkeit und Sicherheit
wird das Urteil gebildet, wobei das Neue nicht so sehr
in der These selber liegt als vielmehr in der Gegenüber-
I Stellung und gleichzeitigen Verbindung der Begriffe
Christus und I mperator. Die Entscheidung über
I die Stellung der Christen zum Staat fällt daher mit der
j Entscheidung über die Frage: wer war Christus? Die
Schrift bietet im Einzelnen sehr beachtliche Hinweise;
wertvoll ist auch die Beilage über die „dämonistische"
I Deutung von exousia in Römer 13, lff.

Schneidemühl Hans Pohlmann

Bornhäuser, Prof. D. Karl: Jesus imperator mundi (Phil. 3,17
bis 21 und 2, 5—12). Vortrag vor den theologischen Fachschaften
von Groningen, Kampen, Amsterdam, Utrecht und Leiden. Gütersloh:
C. Bertelsmann 1938. (35 S.) 8°. RM 1—.

Karl Bornhäuser veröffentlicht mit vorliegender
Schrift Ausführungen, die er als Vortrag vor den theologischen
Fachschaften von Groningen, Kampen, Amsterdam
(städt. Universität), Utrecht und Leiden gemacht hat.
Es handelt sich dabei um die sogen, „zeitgenössische"
Auslegung des Neuen Testaments, die er an Phil. 3, 17
bis 21 und 2,5—12 veranschaulicht. In einem Nachtrao-
I behandelt er dann noch die Epistel des 4. Advents (Phif.
4, 4—9), sodaß der Leser klar und eindeutig erfährt, was
er unter der zeitgenössischen Auslegung versteht. Es ist,
kurz gesagt, der Blick auf den Empfänger, d. h. die
Frage, an was für Menschen ein Brief gerichtet ist und
was bei diesen und dem Verfasser unausgesprochen als
„gemeinsam gegenwärtig" vorausgesetzt werden kann. So
bemüht B. sich, mit den Ohren der Hörer zu hören. Der
Grundsatz ist zweifellos richtig, wenn er auch nicht überspannt
werden darf. Es ist keine Frage, daß der Verfasser
auf diese Weise zu überraschenden Ausdeutungen
des Philipperbriefes kommt. Die Grundthese ist die:
die Empfänger des Briefes sind in überwiegender Mehrheit
Veteranen!

Die kleine Schrift ist sowohl für die Exegese des
Philipperbriefes als auch für das Verständnis der „zeitgenössischen
" Auslegung sehr wertvoll.

Schneidemühl Hans P o h 1 m a n n

KIRCHENGESCHICHTE: SPÄTANTIKE

Handschriften, Manichäische, d. Staatl. Museen Berlin. Hrsg. im
Auftrage d. Preuß. Akad. d. Wiss. unter Leitung von Prof. Carl
Schmidt. Bd. I: K e p h a 1 a i a. 1. Hälfte. Lfg. 1 — 10 (S. 1 —
244). Stuttgart: W. Kohlhammer 1935—1940. je Lfg. RM 6—.

Nicht lange nach dem ThLZ 65, 1940, S. 85—88 angezeigten
Teil des Manichäischen Psalmbuches der ehester
Beatty Sammlung ist nun auch Bd. I der Kephalaia,
deren Handschrift sich in den Staatlichen Museen zu Berlin
befindet, fertig geworden und damit ein weiterer wich-
I tiger Teil des berühmten Fundes vollständig an die
Öffentlichkeit getreten. Die Ausgabe, deren äußere Anordnung
die gleiche ist wie bei dem Psalmbuch, war von
H. J. Polotsky begonnen worden, an dessen Stelle mit
S. 103 A. Böhlig getreten ist. Diesem verdanken wir auch
die, für das Verständnis des Textes sehr wichtige, aus-