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Ausgabe:

1939 Nr. 5

Spalte:

168-169

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Hulst, Alexander R.

Titel/Untertitel:

Het karakter van den cultus in Deuteronomium 1939

Rezensent:

Bentzen, Aage

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Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 5

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schon mehrere Jahre vor der seinen erschienen und von
ihm benutzt worden ist. Auch Schm. will nicht eigentlich
eine Missionsgeschichte Schwedens schreiben; seine
Absicht ist wesentlich quellenkritischer Art, und zwar
richtet sie sich besonders auf die Legende. Er will zeigen,
wie das, was die Legenden der ältesten schwedischen
Heiligen und Missionare über die Christianisierung des
Landes sagen (dies wird in dem einleitenden Kapitel
dargelegt), sich zu der geschichtlichen Wirklichkeit verhält
. Die Grundlage für diese (den dritten Teil des Buches
bildende) Untersuchung gewinnt der Verf. durch
eine Darstellung des geschichtlichen Ablaufs selbst (Teil
II: Ereignisse und Verlauf), die für die Christianisierungsgeschichte
zweifellos der wichtigste Teil ist; er verwertet
hier auf Grund der neuesten Forschungen und
kürzlich gemachter Funde neues, insbesondere archäologisches
und paläographisches Quellenmaterial.

Schm. legt ein stärkeres Gewicht als die übrigen Forscher auf die
Feststellung östlicher Beziehungen; außer Angaben der russischen Annalen
und einzelner schwedischer Runensteine zieht er Funde von russischen
Münzen und byzantinischen Schmuckstücken heran. Der kirchengeschichtliche
Teil seiner Untersuchungen ist besonders für die Zeil der kirchlichen
Organisation von Wert. Die endgültige Überwindung des Heidentums
in Schweden rechnet Schm. den Zisterziensermönchen als Verdienst zu.
Eine wichtige Quelle für die Geschichte der Bischofssitze findet er in der
Liturgie, deren Festlegung ebenfalls vor allein den Zisterziensern verdankt
wird. Im Gegensatz zu Ljungberg sieht T. Schmid die Übergangszeit
durch einen deutlichen Synkretismus (heidnisch-christliche Runensteine
u. a.) charakterisiert. In einem der letzten Abschnitte gibt er eine sehr
lehrreiche Untersuchung der schwedischen Bischofsreihen. In allen Teilen
verrät das Buch einen feinen geschichtlichen Spürsinn. Es schärft den
Blick für manche bisher übersehenen oder gering geachteten Urkunden
und zieht gewisse Linien in der Geistes- und Glaubensgeschichte des
Nordens anders als man sie früher gesehen hat.

Zum Schluß sei hier noch ein Werk angezeigt, das,
wenn es auch nicht die Bekehrungsgeschichte selbst zum
Gegenstand hat, doch für diese zum mindesten aus methodischen
Gründen von Bedeutung ist; ich meine
„D an marks K ir ke i den b e g y n d e n d e H o j -
m i d d e 1 a 1 d e r" von H al Koch, dem Professor für
Kirchengeschicbte an der Universität Kopenhagen. Von
den bisher erschienenen beiden Teilen behandelt der erste
(unter dem Titel: Kirke og Konge) das Verhältnis von
Kirche und Königtum, und der zweite (Kirkens Institutioner
) die kirchlichen Einrichtungen (Bischofssitze, Klöster
, Kirchenrecht, Domkapitel, Gemeinden usw.). Die
Darstellung umfaßt den Zeitraum zwischen 1060 und
1200, beginnt also erst mit dem Augenblick, wo die
Missionsperiode in Dänemark — unter Sven Estridsson
— mit der Organisation der Kirche zum Abschluß gekommen
ist. Aber abgesehen davon, daß auch die Zeit
der inneren Konsolidierung, die das 12. Jahrhundert
mit umfaßt, einen Teil der Bekehrungsgeschichte bildet,
fällt von ihr, wie gerade die Arbeit Hai Kochs deutlich
macht, nach rückwärts Licht auch auf die Christianisierung
selbst. Nicht nur stammen aus dieser Periode unsere
wichtigsten Quellenschriften, sondern — und dies
ist das Bemerkenswerteste — diese Schriften können nur
aus den politischen und kirchlichen Verhältnissen des
12. Jahrhunderts richtig beurteilt werden.

Was das bedeutet, ist erst in den letzten Jahrzehnten, vor allem
durch die Forschungen der Brüder Weibull in Schweden und des dänischen
Historikers Arup ins Licht gerückt worden. Die ältere dänische (und
deutsche) Forschung glaubte sich — trotz mancher Kritik im einzelnen —
in der Hauptsache doch auf Saxo stützen zu können, während man die ihm
widersprechenden Angaben (z. B. der Roeskilder Chronik) als unzuverlässig
betrachtete. Wir wissen heule, daß Saxo diese Bevorzugung in keiner Weise
verdient, daß seine Dänengeschichte wie alle anderen zeitgenössischen
Werke vielmehr von bestimmten politischen Tendenzen beherrscht ist,
die sich aus dem das 12. Jahrhundert beherrschenden Gegensatz zwischen
der Königsmacht und der kirchlichen Hierarchie ergeben. Indem die
Verf. der Geschichtswerke und Chroniken in diesem Streite Partei nehmen,
schildern und bewerten sie nicht nur die zeitgenössischen Ereignisse,
sondern auch die Vergangenheit im Lichte ihrer politischen Anschauung,
und es läßt sich zeigen, daß sie auch ihre Quellen dementsprechend
auswählen und benutzen.

Daraus ergibt sich auch für die Erforschung der
Bekehrungszeit die Forderung, die Bewertung der gesamten
schriftlichen Überlieferung einer Revision zu unterziehen
. Diese Aufgabe fällt, wie gesagt, nicht in den
Rahmen des Koch'schen Werkes, doch hat er hier und da
i an solchen Punkten, wo er auf die ältere Zeit zurückgreift
, Fingerzeige gegeben, die um so wertvoller sind,
j als sie ein nüchternes Urteil auch gegenüber gewissen
I Übertreibungen der neuen kritischen Schule verraten. Im
| großen und ganzen aber folgt er der durch Weibull und
I Arup vorgezeichneten Linie; die veränderte Auffassung
I der quellenkritischen Probleme und die sich daraus er-
| gebenden neuen Gesichtspunkte haben ein in vielen Punk-
! ten von dem bisherigen abweichendes Geschichtsbild zur
Folge. Es kommt hinzu, daß K. stärker als seine Vorgänger
bemüht ist, die dänische Entwicklung als ein
j Glied der großen europäischen Geschichte zu betrach-
j ten. So bedeutet sein Werk in mancher Hinsicht den
| Beginn einer neuen Aera in der dänischen Kirchenge-
j Schichtsschreibung. Wir haben in Deutschland allen An-
! laß, von dem regen Leben, das in der Religions- und
| Geschichtswissenschaft des skandinavischen Nordens
j spürbar ist, Kenntnis zu nehmen. Bücher wie die von
| Ljungberg und Hai Koch kommen sowohl durch die
[ Erschließung neuer Quellen wie durch die methodische
i Schärfe ihrer Untersuchungen zu Ergebnissen, die auch
für die Glaubensgeschichte der deutschen Stämme be-
j rücksichtigt zu werden verdienen.

ALTES TESTAMENT

Hülst, Alexander Reinard: Het Karakter van den Cultus In
Deuteronomium. Academisch Proefschrift. Wageningen: H. Veen-
mann & Zonen 1938. (VIII, 167 S.) gr. 8°. Fl. 3.50.

Der Verf. bestimmt den Begriff „Kultus" als „Das
| Ganze aller heiligen Handlungen und Gebräuche, welche
dem Verhältnis zwischen Gott und Mensch Ausdruck
i geben, und welche innerhalb einer bestimmten Gemein-
! schaff durch diese oder durch bevollmächtigte Vertreter
verrichtet werden". Diese Bestimmung umfaßt auch die-
j jenigen kultischen Akte, welche der Einzelne vollziehen
j kann. Denn das Individuum kommt von der Gemein-
| schaff nie los. Auch sein Gottesumgang trägt einen
objektiven und geordneten Charakter (cf. Mensching,
I Das heilige Wort S. 111).

Das Ziel der Arbeit definiert der Verfasser so, daß
er nicht nur die in Frage kommenden Stellen im Dtn.
untersuchen will, sondern vor allem auch die Stellung
des Kultes in der dtnomischen Gedankenwelt und seine
j theologische Bedeutung bestimmen will. Mit der letzten
I Bestimmung berührt er die aktuelle Frage des „theo-
J logischen Verständnisses" der biblischen Schriften. Er
j sucht das Buch „aus sich selbst heraus" zu erklären,
indem er in Anschluß an von Rad (Das Gottesvolk im
Dt.) u. a. und im Gegensatz z. B. zu Herbert Breit
(Die Predigt des Deuteronomisten) die literarkritisch-
| religionsgeschichtliche Arbeit nicht im Verhältnis des
j „entweder-oder" zur „theologischen Exegese" setzt, sondern
die erstere Arbeit als „die notwendige und uner-
! läßliche Vorbedingung" (Hempel, AT. und Geschichte,
i S. 80) der letzteren betrachtet.

Diesen gesunden wissenschaftlichen Prinzipien entspricht nun das
, ganze Buch. Das Problem der Theologen, welche das fünfte Buch Mose
| hervorgebracht haben, war das Problem des Kulturwechsels: Wie konnte
j das heilige Volk Gottes, welches aus der Wüste ins sogenannte „Kultur-
; land" hineinzog, weiter als Gottesvolk in den neuen Umgebungen leben,
i ohne der Erwählung untreu zu werden? Das Dt. betrachtet das „Kulturland
" als Gabe Gottes an Israel. Es kapituliert nicht, aber es flieht auch
nicht. Es sieht im Kulturland und im Leben dort eine Gabe und Aufgabe
• für das heilige Volk. Dieser Aufgabe wird der Kultus dienstbar gemacht.

Hülst untersucht in den Kapn. II bis VIII den Gottesbegriff und sein
! Verhältnis zum Kult, besonders die Frage von dem Verhältnis zwischen
Gottesbegriff und Zentralisationsforderung; die Feste; das Verhältnis
| zwischen Individuum und Gemeinschaft, zwischen Kult und Geschichte,
wobei die „Historisierung" der Feste stark hervorgehoben wird: die
„Heilsgeschichte" der Erlösung von Ägypten verdrängt als Deutung der
I Feste die alten Vorstellungen des Agrarkultes; weiter wird die Bedeutung
j des heiligen Wortes und der Tradition als das Dominierende im dtno-
: mischen Kult sehr anschaulich gemacht (die Formulare von Kap. 26, das
Lesen des Gesetzes im siebenten Jahr, Kap. 31; der Sitz im Leben des