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Ausgabe:

1939 Nr. 4

Spalte:

134-136

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Nock, Arthur Darby

Titel/Untertitel:

[Saint] St. Paul 1939

Rezensent:

Opitz, Hans-Georg

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Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 4

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ist. Schmolle« Maßnahme ist durchaus zu begrüßen,
um so mehr als an manchen Stellen auch die Lesarten
der Handschriften berücksichtigt worden sind. Allerdings
glaube ich, daß mehr Worte aus der handschriftlichen
Überlieferung hätten geboten werden können, um
so mehr als die großen Konkordanzen in dieser Beziehung
nicht viel bieten. Aber darüber hinaus ist ganz besonders
zu begrüßen, daß sich der Herausgeber entschlossen
hat, einem schon früher geäußerten Wunsche
zu folgen und die lateinischen Übersetzungen der einzelnen
Worte aus der Vulgata in die Wortlisten einzufügen.
Allein durch diese Neuerung wird der Schmoller zu
einem unentbehrlichen Hilfsmittel. Ferner muß besonders
hervorgehoben werden, daß die Eigenart der Schmol-
lerschen Konkordanz, bei vielen Worten nur eine Auswahl
der Stellen ihres Vorkommens zu bieten, fast kaum
mehr sichtbar ist. Bei sehr wenigen und wirklich für das
Studium des NT nicht erheblichen Worten ist jetzt noch
ein Stern beigesetzt, der anzeigt, daß hier nicht alle
Stellen verzeichnet sind. Diese Vermehrung des Materials
der Konkordanz ist dadurch erreicht worden, daß
wie früher auch bei einer größeren Zahl von Artikeln
die weniger erheblichen Stellen nur durch bloße Nennung
des Ortes ohne ausführliche Textangabe verzeichnet
werden. Schließlich ist jedem Artikel ein Zeichen beigefügt
, falls das betreffende Wort nicht in der LXX vorkommt
. Daß die bewährte Methode, die einzelnen Wort-
artikel nach sachlichen Gesichtspunkten und nicht mechanisch
nach der Reihenfolge der Stellen im NT anzuordnen
, beibehalten wurde, gereicht dem bequemen Gebrauch
der Konkordanz nur zum Vorteil. Im Ganzen ist
jetzt ein höchst wertvolles Instrument geschaffen. Das
Erscheinen der neuen Auflage wird sicher von allen Seiten
begrüßt werden. Lateinische und englische Einleitungen
ermöglichen den Gebrauch des vorzüglichen Buches
auch außerhalb des deutschen Sprachgebietes.

Berlin H.-Q. Opitz

Lagrange, M.-J.: Introduction ä l'^tude du N.T. Deuxieme
Partie: Critique t ex tu eile 11: La critique rationelle.
Avec U collaboration da St. I.yonnct, S. J. Paris: J. Gabalda et Cic.
1935. (XVI, 685 S.) 8° = Stüdes Bibliques.

In diesem sehr stattlichen zweiten Band seiner Textkritik
(der erste Band, der die Materialien enthalten soll,
ist bis heute noch nicht erschienen), legt L. die Grundlagen
der Methode einer wissenschaftlichen Kritik am nt.-
üchen Text dar. Das Buch ist seit vielen Jahren die
Weitaus umfangreichste Erscheinung auf seinem Gebiet,
und darf nicht nur um seines Themas, sondern auch um
seines Verfassers willen von uns größte Aufnahmebereitschaft
beanspruchen.

Voran geht der Einzeldarstellung eine Einleitung, in
der Grundsätzliches über die bisherigen Textausgaben
und Rezensionen, sowie über die einzuschlagende
Methode gesagt wird. L. folgt der üblichen Einteilung
des Materials in 3 Gruppen, die er wie folgt charakterisiert
: B ist der Repräsentant der besten Gruppe, zwar
kein neutraler Text, abei eine Rezension nach ausgezeichneten
Handschriften (Merkwort: B = bon!). D ist
Repräsentant der geheimnisvollsten und mannigfachsten
Gruppe (D - divers!), hat seine ursprüngliche Heimat
wohl in Ägypten, und ist ebenfalls das Resultat kritischer
Arbeiten. A (= antiochien) ist der jüngste und verdor-
benste Text, der von Antiochien aus über Konstantinopel
s'ch überall hin verbreitet hat. (Für die Evangelien
tritt dann noch ein vierter Typ, der Text von Caesarea
hinzu, der eine vor-antiochenische Rezension darstellt,
Und von WH 565, Farn. 1, Farn. 13 u.a. repräsentiert wird).

Nach dieser Einleitung, in der auch über die möglichen
Fehlerquellen der Handschriften ausführlich gehandelt
ist, geht der Verf. zu den einzelnen Schriftengruppen
über, und bespricht jede für sich. Dabei nimmt
Über die Hälfte des Bandes Buch I über die Evangelien
e'n. Zur Orientierung sei die Einteilung dieses Buches
genannt: I bespricht die Rezension D; II — die Rezension
B; III — die Gruppe A; IV — den Typ von
Caesarea; V — den Evangelientext mehrerer griechischer
Kirchenväter; VI — die syrischen Übersetzungen; VII
— die lateinischen; VIII — die coptischen, IX — die
gothische, X — die armenische und georgische Übersetzung
. Ebenso verfährt L. bei Buch II über die
AGesch., bei Buch III über die Paulusbriefe, bei IV über
die katholischen Briefe und bei Buch V über die Apk. —
Durch den Aufbau seines Werkes, in dem die Textgruppen
B und D also z. B. fünf Mal besprochen werden
müssen, wiederholt L. sich zwar mit Notwendigkeit hie
und da; doch ist die Last dieser Wiederholungen durch
die Bequemlichkeit, die sie dem Benutzer bieten, reichlich
aufgewogen.

So hat L. ein ungeheuer brauchbares Arbeitsbuch
geschaffen, das man gerne immer wieder zu Rate zieht,
um sich über Charakter und Lesarten der einen beschäftigenden
Handschriften zu orientieren. Sehr wohltuend
ist dabei, daß der Verf. dem Typ B zwar wohl den Vor-
! zug gibt, ihn aber nicht mehr als neutralen, bezw. unbe-
j rührten Text ansieht, wie es früher ja gerne gemacht
wurde. Ebenso wohltuend ist seine Aufgeschlossenheit
für den Typ D. Daß L. alles Material, einschließlich
j der neuesten Funde herangezogen hat, ist selbstverständ-
i lieh. Sein Werk wird jeder, der sich mit nt.licher Textkritik
beschäftigt, mit Gewinn benutzen.

Riga H. Seesemann

Nock, Arthur Darby: St. Paul. London: Thornton Butterworth
1938. (256 S.) 8° = The Home University Library of Modern
Knowledge. Geb. 2 s. 6 d.

Es hat den Anschein, daß wir in Deutschland an
Literatur über Paulus und seine Lehre etwas übersättigt
sind. Die Untersuchungen über die Voraussetzungen
und die Prinzipien der Lehre des Paulus herrschen bei
uns vor. Die Interpretation hat sich im Ganzen darauf
beschränkt, die Struktur der Gedankenwelt des Paulus
zu zergliedern. Das ist als Nachwirkung der reformatorischen
Theologie begreiflich. Durch F. C. Baur ist
aber die engere systematische Fragestellung bei der Erforschung
der Briefe des Paulus in das umfassendere
Gebiet der Geschichte des ältesten Christentums gelenkt
worden. Über ein halbes Jahrhundert bis an die
Schwelle des Weltkrieges haben auch die von Baur angeregten
Probleme und ihre Lösungen die gelehrte Arbeit
angeregt. Aber eine große Paulusmonographie im
Stile Baurs ist nicht hervorgebracht worden. Daher
hat nicht ohne Recht irgendjemand gesagt, nach F. C.
Baur sei kein Buch über Paulus erschienen. Das trifft

I zu — gleichwohl erinnert man sich daran, daß Weizsäckers
Apostolisches Zeitalter durchaus um die Persönlichkeit
des Paulus und sein Werk herum angelegt ist.
Und Boussets Paulusbild in seinem Kyrios Christos be-

I schäftigte die Forschung außerordentlich. Doch hat
Bousset durch seine These von der Abhängigkeit des

| Paulus von einer vorchristlichen Gnosis und seine Er-

| klärung des frühen Christentums aus der Religionsgeschichte
des Hellenismus die Bereitschaft gemindert,

I Paulus als Persönlichkeit darzustellen und seine Eigenart
zu erfassen. Deißmanns Paulus war auch keine Ermunterung
zu solchem Unternehmen, da hier Paulus
psychologisch über die Gebühr isoliert und vereinfacht
wurde. Eduard Meyer und Lietzmann haben es letzthin
als einzige dennoch versucht, die unvergleichliche
Individualität des Paulus aus der Entwicklung des Urchristentums
verständlich zu machen und gleichzeitig

I durch die uns allein quellenmäßig erfaßbare Persönlichkeit

j des Paulus die Anfänge des Christentums wiederum
zu erleuchten. Doch hat die allgemeine systematischtheologische
Problematik den Rest der aus der Vorkriegszeit
nachklingenden Erörterung aufgesogen. Die Anteilnahme
an Paulus wurde insbesondere durch die systematische
Theologie der Nachkriegszeit wachgehalten; ich
meine, das bedeutendste Zeugnis ist Bultmanns Paulusartikel
in der 2. Auflage der RGG. Die angelsächsischen