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Ausgabe:

1939 Nr. 3

Spalte:

86

Titel/Untertitel:

Dictionnaire de Spiritualité, Ascétique et Mystique ; Fasc. 4 1939

Rezensent:

Völker, Walther

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Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 3.

86

listen (vgl. 19,35; 20,31), und insbesondere wird es
•die Katechumenen im Auge gehabt haben, die /war schon
die Elemente der christlichen Lehre kannten, aber noch
einer Einführung in die Einzelheiten des Lebens Jesu
bedurften. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß es daneben
ein polemisches Interesse verfolgt. Als Gegenstand der
Polemik hat man sich dann in erster Reihe irgend eine
doketische Häresie zu denken und daneben ev. die
Täufer.

Eine wirklich erschöpfende Kritik der vorliegenden
Arbeit müßte zugleich eine Kritik der traditionabstischen
Exegese überhaupt werden. So etwas zu leisten ist aber
hier selbstverständlich nicht der Platz, und wir müssen
uns deshalb darauf beschränken, einige Einzelbemerkungen
zu geben. — § 3 der Einleitung sollte angeblich
»das äußere Zeugnis vom Apostel Johannes als dem
Verfasser des 4. Evangeliums" behandeln, aber unter
dieser Rubrik werden auch mehr oder weniger sichere
Reminizensen des Evangeliums in der altchristlichen Literatur
gebucht, wobei die Oden Salomos merkwürdigerweise
ohne weiteres als „kirchlich" bezeichnet werden.

Die Versuche, die der Verfasser S. 47 ff. macht, die
Christologie des Jh mit der synoptischen zu harmonisieren
, überzeugen nicht. Zwar wird man heutzutage
auch außerhalb des konservativen Lagers vielfach geneigt
sein, das johanneische Christentum als einen legitimen
Sproß auf dem Bauin des Urchristentums zu betrachten
, aber das darf uns nicht für die Besonderheiten
des johanneischen Christusbildes gegenüber dem der
Synoptiker blind machen, Besonderheiten, die gewiß in
nicht wenigen Fällen als sekundäre Weiterbildungen zu
beurteilen sind. Es ist ja nicht nur so, daß die Gottheit
Christi im Johannesevangeliuim ungleich stärker als in
den drei ersten Evangelien betont wird, sondern dazu
kommt, daß sie vom Anfang der evangelischen Geschichte
an in voller Klarheit hervortritt, während nach
synoptischer Lehre sogar die Jünger erst spät davon
Kunde bekommen. Ebenso verfehlt ist es, den „qualitativen
Unterschied" zwischen den johanneischen und den
synoptischen Wundern leugnen zu wolLen. — S. 282 beruft
sich der Verfasser mit Unrecht auf Zahn als Vertreter
der absonderlichen Ansicht, daß 6,53 oüqI und
alua deswegen von einander getrennt seien, weil von dem
toten Leib Christi geredet werde. Zahn hat diese Ansicht
ausdrücklich abgelehnt. — Zum Begriff öixaiomnt],
16,8—11, wäre ein Vergleich mit den Ausführungen Bultmanns
in ZNW 1925, S. 128—130 nützlich gewesen. —
Mit einigem Erstaunen liest man S. 17, Anm. 2, den Hinweis
auf „Patres Apostolorum Opera" (!). — S. 475
steht incnacliim für mcnachcm. — In dem Zitat
aus Bengel S. 476 endlich (das übrigens Jh 14,16 und
nicht 14,26 gilt) soll es natürlich nicht pro aliqiüs,
sondern pro aliquo heißen.
Uppsala._ _Tomas Arvedson.

Michl, joh.: Die Engelvorstellungen in der Apokalypse des
Hl. Johannes. l.Teil: Die Engel um Gott. München: M. Hueber
1937. (XXIX, 255 S.) 8°. RM 18—.

Das Ziel der Untersuchung geht dahin, die Angelogie
der Apokalypse nach ihren verschiedenen Seiten hin darzulegen
. Verf. sieht die apokalyptische Engelwelt unter
3 Gesichtspunkten: 1. Die Engel um Gott. 2. Die Engel
im Dienste der Menschen. 3. Die Engel im Dienste der
Schöpfung. Im vorliegenden ersten Teil werden die Engel
um Gott ausführlich exegetisch und theologisch behandelt
. Bei der Durchführung überrascht die exakte
Kleinarbeit. Nach einer genauen Exegese werden die
alttestamentlichen und spätjüdischen Vorlagen untersucht,
daneben die Exegese in der Geschichte der kirchlichen
Auslegung verfolgt. Verf. geht aus von den 4 Wesen
c 4,6—8. Unter Ablehnung der durch Gunkel geläufig
gewordenen astralen Betrachtungsweise weist er ihren
Engelcharakter nach. Auch die 7 Geister von c. 1,4
sind als Engel anzusprechen, und zwar als die aus der
Masse der Engel herausgehobenen Engelfürsten. In
einem dritten Teil wendet sich Verf. den „vielen Engeln"

zu (5,11 f.; 7, 11 f.; 11,15; 14,1 u. ö.). Das Merkmal
all dieser Gruppen wird darin gesehen, daß es sich hier
weder um Umschreibungen des hlg. Geistes noch um
bloße Symbole, sondern um personhafte Engel handelt,
die im Dienste Gottes stehen. Der Wert des Buches
besteht nicht so sehr in seinen Ergebnissen, die z. T.
stark von der katholischen Tradition beeinflußt sind,
besonders bei der theologischen Deutung der Engel, wo
man z. B. ein Nachgehen der Frage, inwieweit das

[ apok. Weltbild die Angelogie beeinflußt, vermißt. Ferner
tritt die Religionsgeschichte zugunsten der Tradition zu
stark zurück. Die Bedeutung der Untersuchung ist vielmehr
darin zu suchen, daß sämtliche in Frage kommenden
Stellen so gründlcih nach allen Seiten hin untersucht
werden, daß in Zukunft keine Exegese der Apoka-

: lypse an dieser Monographie vorübergehen kann, allein
schon wegen der wertvollen und reichhaltigen Sammlung
einschlägiger Zitate aus den Kirchenvätern. Hervorgehoben
sei, daß die gesamte Literatur über die Apok.

i von kath. wie evang. Seite verarbeitet ist.

Osterwald (Hannover). C r e u t z i g.

Dictionnaire de Spiritualite, Ascetique et Mystique. Doctrine el
histoire. Publie sous la direction de Marcel Vi II er, S. J., assistö
de F. Cavallera et J. de Guibert, S. J., avec le concours d'un
grand nombre de collaborateurs. Fase. 4: Ascese, Asc£tisme (suite)
bis Basile (saint). Paris: G. Beauchesne 1935. (Sp. 961 —1280). Lex. 8°.
Die vorliegende 4. Lieferung des umfassenden Lexikons
zur katholischen Mystik zeichnet sich durch eine
Reihe hervorragender Artikel aus, die von ersten Sachkennern
bearbeitet sind. Erwähnen möchte ich zunächst
den umfangreichen Beitrag Ascese, Ascetisme (Sp. 961
bis 1010), der fast ein Sechstel des Heftes beansprucht.
M. Viller, S. J. leitet den geschichtlichen Teil mit einer
Schilderung der Askese und ihrer Entwicklung in der
alten Kirche ein, J. de Guibert, S. J. spinnt den Faden
bis in die Gegenwart fort. Beiden Autoren kann
man in ihren verhältnismäßig kurzgefaßten, aber wohlabgewogenen
Ausführungen hervorragende Sachkenntnis
nachrühmen. J. de Guibert, S. J. behandelt anschließend
die theologischen Fragen der Askese (Sp.
998: „l'ascese n'est pas un but, mais un simple moyen,
et un moyen qui, pour necessaire qu'il soit, reste d'un
ordre fort humble"), Willwoll, S. J. die psychologischen.
Im nächsten Artikel ergreift wieder J. de Guibert, S. J.
das Wort, um der Frage der theologie ascetique nachzugehen
(Sp. 1010—1017). Diese Darlegungen sind besonders
in terminologischer Hinsicht bedeutsam (cf. Sn.
1013).

P. Pourrat hat den kleinen Aufsatz Attributs divins
(meditation des) beigesteuert (Sp. 1078—1098), F. Ver-
net gibt eine lange Liste geistlicher Autobiographien,
die für die letzten hundert Jahre besonders reichhaltig
ausgefallen ist (Sp. 1141 — 1159) und ein bequemes
Nachschlagewerk darstellt. Freilich ist durch die Berücksichtigung
der reichen Konvertiten-Literatur die streng
mystische Linie verlassen.

Aus der Fülle der historischen Beiträge möchte ich
besonders zwei hervorheben, den von G. Bardy über
Athanase (Sp. 1047—1052) und den von Ch. Boyer,
dessen Name in der Augustin-Forschung Klang hat,
über Augustin (Sp. 1101 — 1126). Beide Artikel sind
aufschlußreich, und namentlich der letztere zeichnet sich
durch eine ungewöhnliche Stoffbeherrschung, eine reiche
I Literaturkenntnis und ein feinsinniges Verständnis für
das „geistliche Leben" dieses „Fürsten der Mystik"
aus, wie ihn Butler in seinem liebevoll geschriebenen,
auch von Ch. Boyer des öfteren herangezogenen Werke
,Western Mysticism' nennt.

Der beschränkte Raum dieser Zeitschrift verbietet
es, auf Einzelheiten einzugehen. Ich halte von den bisher
besprochenen Lieferungen die vorliegende für die
wertvollste. Man wird mit Gewinn und Nutzen in Ihr
lesen, und man wird dankbar sein für die reiche Belehrung
, die man aus ihr schöpfen darf.

Halle a. S. _Walther Völker.