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Ausgabe:

1939 Nr. 2

Spalte:

78

Autor/Hrsg.:

Köberle, Adolf

Titel/Untertitel:

Die Christusbotschaft 1939

Rezensent:

Feltrup, ...

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Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 2.

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Inspiration ist in der orthod. Kirche nicht genau und ver- j des Evangeliums ist. Die Diener der nicht episcopalen
bindlich bestimmt, sie ist ein göttlich-menschliches Phä- Gemeinschaften sind mit einem Mangel behaftet und ent-
nomen, eine Zusammenarbeit der lebendig machenden [ sprechen nicht vollständig dem apostolischen Amt nach
Gnade des heiligen Geistes und der menschlichen Tätig- dem Verständnis des Paulus und Ignatius. Karl H e i n-
keit der inspirierten Schriftstellen; diese Anschauung ri c h R e n g s t orf f - Klo s t e r Loccum, das Wort
entspricht auch der orthodoxen Auffassung vom Heil, das Gottes und die apostolische Sukzession er-
zu verstehen ist als eine deification de la nature humaine, kennt an, daß das Interesse an der apostolischen Sukzes-
so ist es auch mit dem Dogma von der Inkarnation in j sion aus einem echt theologischen Anliegen erwächst,
der Kirche: Die Verbalinspiration wird abgelehnt, die entwickelt aber dann in ausführlichen Darlegungen aus
Frage nach wesentlichen Irrtümern im N.T. aber sehr j dem N.T. eine von Ramsey grundverschiedene Anvorsichtig
behandelt. Immerhin ist im menschlichen schauung; wichtige Ausführungen über jtoeoßiHeQoi und
Wort die Offenbarung nur eine „partielle", auch bei den htUmonoi im N.T.

Büchern des N.T. gibt es Wertunterschiede. Henri Den III. Teil, Da s W o rt Go tt e s u nd d i e K i r-
Clavier-Montpellier, La Doctrine refor- clien bilden zwei französische Abhandlungen, beide wie-
mee sur la Parole de Dieu wendet sich zunächst der von Henri Clavier-Montpe liier, zunächst
gegen die weitverbreitete Anschauung, als ob die refor- ; La Parole de Dieu et l'Unite de l'Eglise Unlinierte
Kirche anstatt des Papstes in der Bibel einen pa- ) verseile d'apres la Doctrine de l'Eglise R e-
pierenen Papst sähe. Es wird nach Calvin und den Be- j forme e. Nach Calvin wird in starken Wiederholunkenntnisschriften
gegenüber der natürlichen Gotteser- ! gen die Einheit der unsichtbaren und sichtbaren Kirche
kenntnis und ihrer Mangelhaftigkeit die Notwendigkeit | durch das Wort zusammengesehen. Una sancta, l'unite en
der Offenbarung des Wortes betont. Dieu a voulu re- i Christ et en Christ seul. Calvin unterscheidet unter den

pandre, perpetuer et fixer sa Parole, l'Ecriture Sainte est
le produit de cette volonte und La Parole et l'Ecriture
SOnt tellement unies, qu'elles constituent un ensemble or-
ganique; elles sont entre elles comme l'äme et le corps

points fondamentaux und anderen inter ecclesias contro-
versas, die aber die Einheit des Glaubens nicht trennen.
Zeugnisse seiner liebevollen Gesinnung auch gegen seine
und des Evangeliums Feinde werden angeführt, trotz

inseparables l'une de l'autre, auch bei Calvin wird die Calvins „caractere complexe"; seine Bemühungen um

Verbalinspiration abgelehnt, ähnliche freie Äußerungen Vereinigung mit den Wittenbergern. Mit Recht können

über biblische Bücher wie bei Luther. Ein Abweichen von j sich die ökumenischen Bewegungen auf Calvin berufen,

dieser Anschauung in der Formula Conseusus Helvetici j Der letzte Beitrag desselben Verfassers L'action du

wird ausdrücklich als irrig bezeichnet. Bei dem Verhältnis I Langage sur la Diver Site et sur l'Unite de

von Wort und Sakrament: la doctrine reformee a ete i l'Eglise beginnt mit einer interessanten gelehrten Ab-

fixee par Calvin, qui elimine l'ultra-spiritualisme zwing- ! handlung über die Entstehung der Sprache und des der

lien et clarifie le realisme lutherien par des formules Sprache Eigentümlichen und Trennenden gegenüberande-

plus spirituelles. Die Darlegungen sind fast eine ganze ( ren Sprachen, er spricht von der Bedeutung der Bibel-

reforrnierte Dogmatik auf Grund der Institutio Calvins- [ Übersetzungen und gibt eine geistvolle Vergleichung der

Eine Ergänzung bietet J e a n d e S a u s s u r e - G e n e v e, , Eigenart der griechischen und lateinischen Sprache. Es

L'In s pi rat io n de la Sainte Ecriturc, mit euer- ( wird hingewiesen auf die Schwierigkeiten, die durch die

gischer Scheidung von Inspiration und Revelation unter ; Vielsprachigkeit für die ökumenische Bewegung entste-

Polemik gegen liheralisme und illuminisme. Stark wird ; hen, und auf mancherlei Vorschläge zu ihrer Hebung,

die Inspiration des Schriftstellers und des Lesers zusam- Der Beitrag ist ein würdiger Abschluß des interessanten,

mengesehen. Eine ausführliche, durchaus unpolemische theologisch gründlich orientierten, sehr wertvollen Bu-

Abhandlung über Das Wortund die Kirche nach i ches.

römisch-katholischer Lehre, nach der alles Halle/S._Wilhelm Usener.

auf den Zusammenhang mit dem kirchlichen Lehramt an- Köberle, Prof. D. Adolf: Die Christusbotschaft. Predigten. Leip-

kommt, mit sehr wertvollen Literaturangaben und Ency- i zig: Dörffling & Franke 1937. (150 S.) 8°. RM3.50; geb. 4.50.

kliken, Katechismen, Kirchcnlehre und zeitgenössischen | in dem Vorwort zu einem früher erschienenen Pre-

kathohschen Werken ist der ausführliche Beitrag von ! digtband („das Licht der Welt" 1934) schreibt der

Karl Bauer-Münster, eine römisch-katholische | Verfasser: „Die Überwindung der modernen Predigtmü-

Glauhenslehre in nuce. Fr. Brunstäd-Rostock be- 1 digkeit wird in der Richtung zu suchen sein, daß wir

handelt die Sakramente in eingehenden Ausführun- Prediger noch viel rückhaltloser und ehrlicher als bis-

gen, er grenzt die lutherische Anschauung gegen man- her die Not des menschlichen Herzens beim Namen

eherlei fremdartige in die Abendmahlslehre hineingekom- ; nennen, und daß wir gemeinsam mit unseren Hörern aus

menen Elemente ab und versucht sie im Gegensatz zu diesen abgründigen Tiefen heraus an den Ort hilltreten,

Calvin als die schriftgemäße zu erweisen. wo das Licht in der Finsternis scheint". Liest man unter

Beim II. Teil, Das Wort Gottes und das Amt diesem Gesichtspunkt die vorliegenden Predigten, so

stellen die Leipziger E. Sommerlath, M. Doerne, wird man urteilen müssen, daß sie Musterbeispiele sind

D. Müller, das Wesen des Amtes nach luthe- < für das, was dort gefordert wird. Die Sprache ist, wie

ri sch er Auffassung Leitsätze auf, die sich zunächst immer bei K. anschaulich und fesselnd, die Gedankenfüh-

gegen verschiedene andersartige Auffassungen abgrenzen, rung klar und durch Bilder, Beispiele und Zitate wir-

die Rettung der Kirche und des Amts in einer Sicht klingsvoll belebt, die Themata packend und behältlich.

sehen. „Das von Christus gegebene Amt hat den Auf- Der Text wird wirklich ausgelegt. Dabei sind es fast

trag, den heilsschaffenden Christus gegenwärtig zu ma- : durchweg nicht leicht verständliche Schriftabschnitte. Um

chen", aber Christus ist nicht gegenwäritg ohne die Ge- so mehr bewundert man die Gabe des Verfassers, sie

meinde. Der Abhandlung von Fr. Lienhard-Basel, dem Menschen der Gegenwart so lebendig nahe zu

das Wesen des Amtes nach reformierter bringen, daß er sich wirklich angesprochen fühlt. Das

Auffassung wird durch die Bemerkung eingeleitet, Seelsorgerliche wie das im guten Sinn Lehrhafte kommt

daß die schweizerische Kirche keine offizielle Lehre vom voll zur Geltung. Der Fernstehende oder mit Zweifeln

geistlichen Amt kennt; er redet, ebenso biblisch wie Ringende findet hier Verständnis für seine Nöte, der

kirchengeschichtlich orientiert, von der Möglichkeit, Not- Satte und Sichere wird mit großem Ernst aufgerüttelt,

wendigkeit und Wirklichkeit des kirchlichen Amts unter der in christlicher Erfahrung Gereifte erfährt Förderung

scharfer Auseinandersetzung mit Barth und der Barth- und Vertiefung. Das Ganze ist, wie der Titel sagt,

sehen Theologie. Der englische Beitrag The World „Christusbotschaft" und zwar für unsere Zeit, der der

and Apostolic Succession von A. M. Kam- Verfasser in diesen Predigten eine nach Form und Inhalt

sey bemüht sich nachzuweisen, daß die apostolische Suk- wertvolle Gabe schenkt.

Zession der sichtbare Ausdruck einer wichtigen Wahrheit Medingen.___Fcitrup.