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Ausgabe:

1939 Nr. 2

Spalte:

57

Autor/Hrsg.:

Hamann, Johann Georg

Titel/Untertitel:

Hauptschriften 1939

Rezensent:

Reich, G.

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57

Theologische Literaturzeitung 1939 Nr. 2.

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war, wie er aber andererseits „zwischen alter und neuer
Zeit" steht (75). „Letzte Geschiedenheit" Wesleys von
Luther findet S. im Gottesbegriff, wo bei W. fortschreitende
Entwicklung von anthropozentrischem zu theo-
zentrischem Denken festzustellen ist. Im Gegensatz zu
Luthers Spannung zwischen Deus absconditus und Deus
revelatus ist Gott für W. einlinig „der alles zur Vollendung
führende Schöpfer".
Soltau. Wilhelm Oberdieck.

Hamann, Magus des Nordens: Hauptschriften. Hrsg. von Otto
Mann. Leipzig: Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung [o.J.] (X1.V1II,
462 S., 1 Abb.) kl. 8°. RM 4-25-

Die Hamannforschung hat sich im Wesentlichen seither
an die Ausgaben von Roth (1821—25) und Gilde-
meister (1857—73) halten müssen, da die schon vor
dem Weltkrieg beabsichtigte kritische Gesamtausgabe
durch die deutsche Kommission der Wissenschaften
immer noch aussteht.

Um so begrüßenswerter ist es daher, wenn O. Mann
die Hauptschriften des Magus des Nordens, deren Herausgabe
schon Goethe geplant hatte, in einer ebenso
handlichen wie erstaunenswert vollständigen Ausgabe
ediert hat. Seine Ausgabe wird der Theologe mit besonderem
Dank begrüben, denn ihre systematische Anordnung
führt den Leser vom Biographischen zur „so-
kratischen" Seinsweise Hamanns und von hier aus zu
seiner Lebensmitte, seinem Gottesverhältnis, von dem
aus das Licht fällt auf sein Verhältnis zu den einzelnen
Bezirken des geistigen und kulturellen Lebens. Durch
diese wohldurchdachte Systematik der Anordnung von
Hamanns Werk wird die Ausgabe zugleich zu einem
zuverlässigen Deuter und zu einer pädagogisch weisen
Einführung in den Reichtum des Denkers.

Die ausgezeichnete Einleitung des Herausgebers bestimmt
in knappen und scharfen Umrissen den geistigen
Hintergrund, von dem aus Hamanns Werk erst verständlich
wird.

Bonn. O. Reich.

Scheuermann, Wilhelm: Ein Mann mit Gott. Das Lebenswerk
loh Friedr. Oberlins. Berlin: Rowohlt 1937. (265 S., 12 TafJ
8o RM 4.80; geb. 5.80

Nachdem vor kurzem erst die Gestalt der Gehilfin
überlins, der Luise Scheppler, von M. Buch für weitere
Kreise geschildert worden war, legt nun Wilhelm
Scheuermann ein volkstümliches Lebensbild des großen
Reformers im Steintal vor, dessen Name sehr rasch weit
über die Grenzen seines Heimatlandes gedrungen ist,
so daß er neben Albert Schweitzer wohl die bekannteste
Figur der elsässischen Kirchengeschichte der letzten hun-
dertfünfzig Jahre genannt werden kann. Der Verfasser,
der seine erste Lebenszeit im Elsaß verbracht hat und
mit dem Steintal durch Jugenderinnerungen verknüpft
ist, wie die Widmung des Buches zeigt, beabsichtigt
nicht, eine wissenschaftliche Biographie dieser auch theologisch
höchst interessanten Persönlichkeit zu bieten,
stellt sich vielmehr die Aufgabe, die deutsche Öffentlichkeit
mit seiner Person und Leistung vertraut zu machen,
Oberlin als „einen Mann mit Gott" zu zeichnen, der
„durch sein Streben der Nachwelt unentrückbar zeitnahe
bleibt". Das ist ihm aufs beste gelungen. In schlichter
Sprache, die von innerer Hingabe an ihren Gegenstand
zeugt, wird die Vielseitigkeit seines pädagogisch-sozialen
Wirkens erzählt, das so bald das Staunen der Welt auf
sich ziehen sollte. In einer Zeit, wo man Ödland zu
fruchtbarem Boden umwandelt, muß man besonderes
Verständnis für Oberlins Tätigkeit haben, der dort in
den Vogesen eine Wüste umschuf zu einer Oase und
nahezu primitive Menschen mit dem Geist christlicher
Kultur erfüllte. Ein Wegebahncr im wörtlichen und
im übertragenen Sinne. Von ihm kann man auch lernen,
wie man die Folgen einer Inflation zu mildern vermag,
wie überhaupt seine Stellung zur Französischen Revolution
mit ihren Hoffnungen und Enttäuschungen und
Erfahrungen den Leser besonders anziehen wird. Die

, Abbildungen, meist zeitgenössische Stiche, aber auch
1 Zeichnungen von Oberlin selbst, stellen eine wertvolle

Ergänzung dar, die der Verbreitung des Buches, das
: ein Volksbuch im besten Sinne genannt werden kann,
I zu gute kommen wird. Wir wissen als Elsässer dem

Verfasser für seine schöne Arbeit Dank und wünschen

ihr den verdienten Erfolg.

Wimmenau._(__Georg Wolf.

Gerhardt, Martin: Theodor Fliedner. Ein Lebensbild. Bd. 2. Düsseldorf
: Buchh. der Diakonissenanstalt 1937. (912 S., 8 Taf.) 8°. RM 12—.

An die Spitze unseres Referates setzen wir billiger
Weise einige Sätze, die wir bei Anzeige des ersten Bandes
(Theol. Lit.-Ztg. 1934 Nr. 7 Sp. 125 f.) geschrieben
haben: „Es handelt sich um ein Werk von außerordentlichem
Ausmaße, das Jedem, der nur in einer Hinsicht
mit der Kirchengeschichte des IQ. Jahrhunderts zu tun
hat, wertvollste Einblicke vermittelt. Es ist geradezu erstaunlich
, welche Fülle bekannter, angesehener Persönlichkeiten
, die irgendwie den Lebensweg des Vaters der
deutschen Diakonissenarbeit gekreuzt haben, in die Kir-
; chengeschichte eingegangen sind." Auch in diesem Bande
I spannt der Verfasser das Ausmaß seiner Darstellung sehr
| weit, und es gibt kaum ein kirchengeschichtliches Ereig-
| nis um die Mitte des 19. Jahrhunderts, bei dem Fliedner
nicht beteiligt ist. Und wenn auch Persönlichkeit und
Geist Fliedners nicht an die Wicherns heranreichen, so
hat doch G. mit diesem nun abgeschlossenen Werke ein
! würdiges und in wissenschaftlich, literarischer wie ge-
I schichtlicher Hinsicht durchaus gleichwertiges Gegen-
i stück zu seiner dreibändigen Wichern-Biographie geschaffen
.

Zeitlich umfaßt dieser Band die Jahre von der Eröffnung
des Diakonissenhauses und der Krankenanstalt
, mit der Einlieferung des ersten Kranken am 16. Oktober
1836 bis zum Heimgange Fliedners am 4. Oktober 1864.
[ Aber G. bietet keineswegs eine nach der Zeitfolge geord-
< nete pragmatische Darstellung. Wie schon das erste Kapitel
in der Behandlung der Vorgeschichte und der
I grundsätzlichen Fragen wenigstens anderthalb Jahrzehnte
| vor dem Beginn des Kaiserswerther Diakonissenwerkes
[ einsetzt, so sind auch die anderen Kapitel rein sachlich
I und nicht chronologisch ausgerichtet, so 2. Grundlegung
des Diakonissenwerkes (S. 57—149), 3. Ausbreitung der
| Diakonie bis zur Niederlegung des Gemeindepfarramts
(S. 150—280), 4. der evangelische Volkserzieher (S.
! 281—395), 5. wider Rom (S. 396—441), 6. weltweites
I Wirken (S. 442—580) und 7. das letzte Jahrzehnt
I (S. 581—815). Diese sachliche Aufteilung des unermeß-
' liehen Stoffes hat freilich den Verfasser hier und da ge-
I zwungen, den geschichtlichen Rahmen jeweils mit ein
paar Worten erneut anzudeuten; aber die dadurch beding-
[ ten Wiederholungen sind kaum als solche lästig zu
empfinden. G. weiß jeweils dem historischen Rahmen
! andere Lichter aufzusetzen. Im Anschluß an den Text
folgen auf S. 816—866 Nachweise und zwar aus den
ungedruckten Quellen in den staatlichen, kirchlichen und
privaten Archiven und aus der mit minuziöser Genauig-
I keit herangezogenen Literatur. Obwohl G. schon im
Text hier und da die Quellen, namentlich Fliedners
Schriften, Aufsätze und programmatische Äußerungen
I reichlich zitiert, so hätte man hier an Stelle ganz kurzer
! Aktensignaturen gelegentlich eingehendere Mitteilungen
gewünscht. Nach nur wenigen Nachträgen und Berich-
I tigungen folgen dann auf S. 869—912 Namensverzeichnis
I und Sachregister für den ersten und den zweiten Band,
so daß für das Eindringen in Fliedners Werk durch
j G.'s Leistung das denkbar Beste geschehen ist.

Und es ist selbstverständlich, daß in dieser Biographie
das bleibende und die weite Welt anregende
; Werk des Mannes die Hauptbeachtung beansprucht; das
! Persönliche, das Familienschicksal und das in Biographien
von Arbeitern im Reiche Gottes oft nicht un-
| bedenkliche Erbauliche treten ganz und gar in den Hintergrund
. Es ist nun freilich unmöglich, den Inhalt
dieses Buches mit Schlagworten zu skizzieren. Nur einige